Donnerstag,
19. Juli 2007
Sioux Falls - Spearfish |
Wir
leiten die Aufstellung hunderter Corvettes, die dann alle in einer
unendlich langen Karawane durch South-Dakota nach Spearfish fahren.
Unterwegs erlebe ich den Badlands-N.P. Um
5 am (5 Uhr morgens!! Bin ich hier in Urlaub oder nicht?!) schreit unser
Wecker! Wir müssen uns ranhalten. Craig wurde schon eine Woche vorher
von Mike gefragt und hat sich natürlich sofort bereit erklärt,
Parkplatzwächter zu spielen. Ich soll ihm dabei helfen. Also schnell
fertigmachen und Motor starten. Der 8-Zylinder brabbelt lange im
Leerlauf dumpf vor sich hin und weckt beim Warmlaufen bestimmt sämtliche
Leute auf dieser Seite des Motels. Craig kennt da kein Erbarmen und
packt gemächlich unser Auto. Wir
suchen erstmal den Parkplatz am Sioux Empire Fairgrounds. Baustelle,
keine Schilder, aber wir finden ihn. Zwei Corvettes sind schon da. Mike
ist der Oberanführer hier; Connie ist natürlich auch wieder dabei. Wir
werden kurz instruiert und da kommen auch schon die ersten Corvettes.
Wir dirigieren sie in lange ordentliche Reihen. Sogar einige Frauen
sitzen am Steuer. Ich kann mit meinem Job bald aufhören, aber Craig
macht das in seinem etwas knapp sitzenden Muscle-Shirt weiter sehr gut,
manchmal muß eine ganze Kolonne im Gänsemarsch hinter ihm herkriechen.
Ich schüttle innerlich etwas mit dem Kopf und halte es für ein bißchen
übertrieben. Als
er ganz zum Schluß, ein paar hundert Corvettes sind schon da, seinen
Dienst quittiert, stellen sich die Nachzügler tatsächlich kreuz und
quer auf. Es sind halt Amis. Einer der Lieblingssätze Craigs lautet „like
a herd of turtels“, also „wie eine Herde Schildkröten“… Um
8 geht’s dann los mit dem „Worlds Longest and Largest Corvette
Caravan“, also dem weltgrößten Corvette-Bandwurm. Am Vormittag
treffen sich viele von uns nach 150 Meilen zum Frühstück in
Chamberlain, wo wir den Missouri überqueren. Und dann geht es rasch
weiter, denn es liegen nochmal 300 Meilen vor uns. Hier ändert sich die
Landschaft gemächlich, es bleibt nicht mehr so flach, überall ganz
kleine Hügel und Prärie. Auf
dem Interstate Kurze
Rast Unterwegs
gibt es mehrere Baustellen, eine davon ist 18 Meilen lang, je nur eine
Fahrspur. Ist aber kein Problem, bei dem wenigen Verkehr gibt es einfach
keine Staus. Die Baustellen sind meistens an Brücken, auffällig viele
von ihnen werden gerade repariert. Den
ersten Lkw sehe ich überhaupt erst nach Stunden. Da sämtliche
Fahrzeuge mit 75 Meilen (plus ein paar mehr) etwa gleichschnell fahren,
ist alles ganz easy. Wenn der andere vor einem stur links fährt, überholt
man einfach rechts. Alles kein Problem, niemand regt sich auf. Außer
Craig, wenn ihm z.B. mal wieder eine Corvette zu langsam fährt. Mir
wird spätestens jetzt erneut klar, die Amis mußten den Tempomat
erfinden, bei diesen langweiligen Straßen mit so wenig Verkehr, dazu
noch das sture Tempolimit. Da muß ja jeder Gasfuß ständig
Einschlafen. Ein paar Arbeiter auf der Baustelle gegenüber machen eine
La Ola-Welle, als wir mit den Corvettes vorbeikommen. Der
(Die?) Interstate I90 geht schnurgerade westwärts. Immer zig Meilen
geradeaus. Zur Abwechslung dann selten mal ein winzigkleiner Knick. Es
ist schrecklich langweilig. Draußen glühendheiß, wieder um 95°F,
also über 35°C. Für den Fall, daß man einschläft, gibt es am
rechten Straßenrand Rillen am Übergang zur Standspur; manchmal kriege
ich sie zu hören – und zu spüren… Und
Reklameschilder. Jede Menge. Besonders vor den zwei, drei größeren
Orten unterwegs. Nach dem vielen Mais und Soja vorgestern gibt es
inzwischen nur noch bereits abgeerntete Getreidefelder und hügelige
Viehweiden. Nach dem vielen Grün dominiert jetzt die Farbe Goldgelb. Craig
eilt sich. Inzwischen habe ich mich an die Klimaanlage im Auto etwas gewöhnt.
Im Wagen ist es saukalt, aber ich habe mich damit abgefunden und es geht
irgendwie. Obwohl, auf dem roten Lederpolster schwitzt mein Rücken
ununterbrochen. Craig hat seine Skrupel überwunden und „rast“ nun
mit 85 Meilen (130 km/h). Manchmal denke ich, er will schneller sein als
die Sonne, die mit uns gemeinsam durch die gelbe Prärie nach Westen
zieht. So müssen sich früher die Siedler auf ihrem Weg nach Westen gefühlt
haben… Aber
dann, nach endlosen Meilen, biegt Craig in Cactus Flat links ab. Bald
kommt ein Kassenhäuschen. Wir sind am Eingang zum Badlands
National-Park. Ich habe noch nie davon gehört und bin mal gespannt, was
mich hier erwartet. Erstmal gibt es einige Diskussionen mit dem Ranger
am Parkeingang, weil mein National Pass vom letzten Jahr dummerweise von
Ingrid unterschrieben ist, sie aber nicht dabei ist. Aber ich schaffe
es, uns beide durchzumogeln. (Leider läuft er in diesem Monat ab. Der
neue soll statt bisher 50 $ nun offenbar 80 $ kosten. Ob sich das dann
noch für uns lohnt?) Schon
nach kurzer Zeit ändert sich die Landschaft. Ein unwirtliches Gebiet öffnet
sich, meistenteils grauer Fels und Sandstein, weiches Sedimentgestein,
oft mit farbigen Schichten, oft ins rötliche rein. Viele seltene Tiere
sollen zu sehen sein. Durch Erosion entstanden hier bizarre
Gesteinsformationen, absolut sehenswert. Der geneigte Leser und die
geneigte Leserin finden z.B. hier mehr Informationen: Auf
deutsch: http://www.nps.gov/archive/badl/language/german.pdf
(Der Link ist bestimmt virenfrei, da von der US-Regierung…)
Badlands
N.P. Die
Außentemperatur nähert sich den vollen 100°F, also nahezu 40°C.
Trotzdem halten wir öfters zu Fotostopps an. Ich kann mich hier mal
wieder nicht sattsehen und bin voll beigeistert. Dazu die unzähligen
Corvettes in ihren vielen Farben, voran natürlich die roten und gelben,
die alle die gleiche Idee hatten und sich die Fahrt etwas unterhaltsamer
gestalten wollen. Wahnsinn. Ich bin ganz aus dem Häuschen und will auf
jeden Fall irgendwann noch einmal wiederkommen. In
einem Prospekt lese ich dazu später: Die
Badlands sind ein geologisches Wunder, das aus einem Labyrinth zahlloser
Berge, Canyons und Rinnen besteht, die über viele Millionen Jahre
hinweg durch Erosion entstanden sind. Viele wild lebende Tiere tummeln
sich hier. Nach
einer Stunde sind wir durch, müssen uns ja auch ranhalten. Aber
trotzdem machen wir noch kurz Station in Wall. Unzählige, wirklich unzählige,
Reklameschilder an der Autobahn haben schon drauf hingewiesen: Wall Drug
Store, ein alter und riesiger Westernladen. Hier gibt es jede Menge
Touristen und Touristen-Kitsch, aber auch kostenloses Eiswasser für den
dürstenden Reisenden. Für ein paar Fotos lohnt sich ein kurzer Stopp
aber allemal. Rasch
sind wir wieder auf der Autobahn. Im Dunst vor uns tauchen Berge auf,
hohe Berge, die Rocky Mountains. Und schon bald passieren wir Rapid
City. Jetzt sind wir genau eine Meile hoch, also ca. 1.600 Meter. Hier
ändert sich auch endlich die Landschaft, es wird bergiger und auch
etwas kurviger. Aber es ist wohl keine sehr gesunde Gegend hier,
zumindest für Bäume, viele sind braun, tot, abgestorben. Bald
taucht Sturgis auf. Ja, es ist das „berühmte“ Sturgis. Jetzt, ohne
die Harleys und die dazugehörige Bike Week, ist der Ort absolut
verschlafen und nichtssagend. Craig deutet mit dem Finger auf eine
unscheinbare Firma: Hier werden die berühmten Lehmann-Trikes
hergestellt. Sieht eigentlich nicht nach viel aus. Im Internet lese ich
dann später, daß Lehmann tatsächlich hier und in Kanada produziert. Nur
noch ein paar Meilen, und wir haben unser Ziel erreicht: Spearfish,
Holiday Inn Convention Center. Hier in der Nähe stoßen South Dakota,
Montana und Wyoming zusammen. Unsere Karawane ist angekommen, mit viel
Glück kriegen wir den wirklich allerletzten Parkplatz vorne, sonst müßten
wir ganz weit hinten parken. Auf
der Landkarte sehe ich, daß hier, nur ein paar ganz wenige Meilen
entfernt, bei Belle Fourche, der geographische Mittelpunkt der USA sein
soll. Ost- und Westküste sehen auf der Karte eigentlich nicht gleich
weit aus, ganz im Gegenteil, deshalb glaube ich es erst nicht, aber
Craig erklärt mir, daß dabei auch Alaska und Hawaii irgendwie mitberücksichtigt
worden sind. Zu
Fuß können wir zu unserem Motel rüberschlendern, um dort
einzuchecken. Dann
zurück und erstmal zur Registration, Armbänder an die Handgelenke und
überhaupt die ganzen Formalitäten. Ich werde schon wieder von allen möglichen
Leuten freundlich begrüßt und fotografiert. Mike und Connie sind natürlich
auch wieder da und haben die Ober-Organisation. Dann
besuchen wir den Saal mit den Verkäufern. Hier habe ich mir ja etwas
mehr vorgestellt, es sind höchstens fünf, sechs Händler da, nur einer
mit wirklichen Corvette-Teilen. Ich bin total enttäuscht, habe ich mir
doch ein wahres Eldorado für jeden Corvette-Freak vorgestellt.
(Corvetteteile-Kataloge sind zum Teil ähnlich umfangreich wie
Quelle-Kataloge, und es gibt jede Menge davon…) Ich kann mich nicht
recht entschließen, bin total lustlos, kaufe dann aber doch auf Craigs
Rat hin gleich ein paar Sachen für mein Auto zuhause. Und richtig,
manche sind schon die letzten, wirklich die letzten – oder einzigen,
morgen hätte ich sie schon nicht mehr bekommen. Amis sind halt oft
merkwürdig. Dann
schlendern wir rüber zum großen Platz vor dem Convention Center und können
dort essen und trinken und mit vielen Leuten quatschen. Wieder werde ich
über Lautsprecher bekannt gegeben, alle Leute applaudieren mir, was mir
natürlich ganz gut gefällt. Und wieder muß ich mich mit allen möglichen
Leuten fotografieren lassen. Ich muß unbedingt dran denken: Nächstes
Mal unbedingt Autogrammkarten mitnehmen… Irgendwann
haben wir genug vom Rumsitzen, und jetzt wird es auch allerhöchste
Zeit: Wir putzen endlich unser Auto heraus. Craig hat natürlich alles
dabei, zwei, drei verschiedene Flaschen und genug Lappen. Mühsam und
mit viel Schweiß, zumindest meinerseits, wienern wir unsere Corvette
blitzblank. Jetzt müssen wir uns wenigstens nicht mehr so schämen.
Aber, wie immer, wir sind müde und legen uns bald in unser (eiskaltes)
Zimmer. Ich
bin froh, wenn ich endlich wieder im Flugzeug nach Hause sitze… Übernachtung
in Spearfish = 490 Auto-Meilen.
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