Mittwoch, 22. Oktober 2008
Von Hesperia nach Joshuah Tree, 210 Meilen


Im Motel gibt es am Morgen ein „Hot-Breakfast“, dem ich natürlich angemessen zuspreche. Insgesamt war die Übernachtung hier ein recht wohltuender Aufenthalt und bestimmt seinen Preis wert. Wenn es auf der Reise nicht schlechter wird, werde ich sehr zufrieden sein.

Danach erfolgt ein kurzer Einkauf im „Target“, einem riesigen Supermarkt. Ich kaufe das dringend benötigte Nasenspray (mit Wasser gefüllt), denn meine Nase ist seit dem Moment der Landung wegen der außerordentlich trockenen Luft total zugeschwollen. (Wird wohl auch immer schlimmer bei mir.) Dazu ein paar meiner Lieblinge: Avocados. Hier gibt es sogar Bio-Avocados, die einzeln in Folie eingepackt sind und sich als außerordentlich gut herausstellen werden.

Avocado – Wikipedia

Erst geht es für ein kurzes Stück auf die Autobahn und dann biege ich links ab auf den Highway 18 Richtung Lucerne Valley. Ich bin jetzt in den San Bernardino Montains. Schon wieder eine superschöne Straße, erst geht es durch braune Hügel mit vielen schönen Kürvchen, neu asphaltiert, und dann am romantischen Silverwood Lake entlang.

 

USA Reise Okt/Nov 2008

 

Aber dann kommt es: Die Straße wird ab Crestline zu einer außerordentlich kurvigen Panoramastraße, fast waagerecht oben an einer recht hohen Bergkette mühselig herausgemeißelt, rechts geht es viele hundert Meter sehr steil runter, mit weiter Aussicht auf San Bernardino mit seinem riesigen internationalen Airport (hab’ noch nie von ihm gehört) und noch viel weiter, viele zig Meilen weit. Die Erde ist wirklich eine Scheibe und ich kann hier bis zu ihrem Rand schauen! Gut, daß Ingrid nicht dabei ist, sie stände mit ihrer Höhenangst bestimmt unendliche Qualen aus. Ich dagegen habe einfach nur Vergnügen an den Abgründen, die sich neben mir auftun.

 

USA Reise Okt/Nov 2008

 

Gestern war die SR2 (State Road) ja schon eine Art Geheimtipp, die SR18 hier ist es aber auf jeden Fall. Eigentlich müßte man hier eine Durchfahrtsgebühr verlangen, so schön ist die Straße. Und ich würde sie auch noch gerne bezahlen! Die Straße trägt zu Recht den Namen „Rim of the World“ – Rand der Welt - und gehört zu den hiesigen Scenic Byways. Die Ausblicke sind atemberaubend schön! Was habe ich für ein Glück, diese aufregenden Straßen zu finden! Und meinen Heidenspaß!

 

USA Reise Okt/Nov 2008

 

Ist es wahr, daß es ein Paradies für Motorradfahrer gibt? Und daß das Betreten sooo einfach ist? In vielen Träumen bin ich hier schon gefahren, aber jetzt ist es tatsächlich Wirklichkeit geworden, zur greifbaren Wirklichkeit. Ich staune immer mehr darüber, wie eben die Ebene unter mir ist, so flach wie der Boden einer Tortenschachtel, und die Berge ringsum sind die Wände der Pappschachtel. Dazu ein schachbrettartiges Straßengeflecht, alles weit weg und doch deutlich erkennbar, trotz des leichten Dunstes.

Danach komme ich am wunderschönen romantischen Big Bear Lake vorbei. Hier bestaune ich postkartenmotiv-geeignete bunte Holzhäuser, die sich im Wasser spiegeln, und, dazu hervorragend passend, schöne Felsen im See, die wahrscheinlich extra vom Touristenbüro hierher ins Wasser gerollt worden sind, um das ganze Ensemble noch idyllischer zu machen.

 

USA Reise Okt/Nov 2008

USA Reise Okt/Nov 2008

 

Die Straße führt noch einige Zeit durch angenehme Baumlandschaft und dann bergab, bevor es ab Lucerne Valley wüst wird, es geht wirklich kerzengerade hundert Kilometer durch einsam-heiße Wüste nach Yucca Valley, meinem heutigen Ziel.  Kurz vor der Stadt sieht es aus wie im Joshua Tree National Park, so viele Joshua-Bäume stehen hier in der schönen Landschaft herum. Und die passenden Felsen gibt es  kostenlos dazu.

Die Entscheidung für das heutige Motel ist einfach, es gibt hier nämlich keine große Auswahl, eigentlich gar keine, nur ein einziges Motel: Das High Desert Motel. Der Inhaber ist genauso unfreundlich wie das Haus alt ist, und die Zimmer sind natürlich entsprechend schäbig. Draußen las ich „All Rooms Newly Remodeled“ – alle Räume kürzlich renoviert – aber wer weiß, wie viele Jahre das Schild schon auf dem Buckel hat. Ich falle halt immer wieder viel zu leicht auf so was rein. Mein Zimmer ist auf jeden Fall zu teuer für die verlangten 54 $.

 

USA Reise Okt/Nov 2008

Ich bin noch relativ früh am Nachmittag, daher nutze ich die Zeit für eine kurze Stippvisite im Joshua Tree N.P. Das Kassenhäuschen ist unbesetzt, deshalb entfällt der Obolus für den Eintritt. Jetzt an einem Herbst-Nachmittag sieht es hier ganz anders aus als sonst, denn bisher war ich immer im Sommer und meist am späten Vormittag im Park. Gut, daß ich heute endlich einmal mehr Zeit habe; die Farben der Felsen und Bäume sind jetzt natürlich sehr viel angenehmer, viel weicher. An manchen Felsen sehe ich Kletterer herumklettern. Eine Frau stürzt vor meinen Augen sogar ab, ist aber nicht schlimm, sie ist natürlich angeseilt, es sind auch nur ein, zwei Meter. Aber ich bin ganz schön erschrocken.

 

USA Reise Okt/Nov 2008

 

Zu dieser späten Jahreszeit gibt es hier kaum noch Verkehr, ich bin fast ganz allein im Park unterwegs. Leider wird mein Benzin knapp, die Anzeige leuchtet schon längere Zeit, irgendwie habe ich vorhin mal wieder geschlafen und nicht auf die Tankanzeige geachtet. Aber alles geht gut, mit dem wirklich letzten Tropfen Sprit erreiche ich gerade noch den nächsten mich rettenden Ort Twentynine Palms, tanke dort und fahre dann außen auf der 62 zurück nach Yucca Valley.

Dieser Ort liegt im Sterben, es gibt hier kein geeignetes Lokal mehr für mein Abendessen, außer einem winzigen Subway in einer Tankstelle, doch dazu habe ich keine Lust, deshalb beschließe ich kurzerhand, heute abend lieber hungrig zu Bett zu gehen.
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