Donnerstag,
11. November 2010 |
Dann
geht es stracks zum heutigen ersten Höhepunkt, zu den berühmten Carlsbad
Caverns. Und weil heute der besagte Veterans Day ist, werden mir zur
Feier des Tages die 6 $ Eintritt erlassen. In einem Expreß-Aufzug
geht es mit wahnwitzigen vierzehn Stundenkilometern zweihundertdreißig
Meter hinunter. Geht es hier zum Mittelpunkt der Erde? Nein, auch nicht in
eine Parallelwelt, nur in eine dunkle Tropfsteinhöhle. Die
Haupthöhle soll die größte Grotte der westlichen Hemisphäre sein.
(Achtung, amerikanischen Superlativen nicht immer bedingungslos glauben;
die Amis verwenden sie gerne. Oft auch unberechtigt…) Geteerte
Wege mit Edelstahl-Geländern führen die Besucher durch die herunterhängenden
Stalagtiten und durch die aus dem Boden wachsenden Stalagmiten. Ich
wandere größtenteils ganz alleine und unbelästigt durch die dunkle,
naja, ich korrigiere mich, durch die spärlich beleuchtete Höhle; nur am
Eingang und auf dem kurzen Wanderweg gibt es ein paar weitere Besucher.
Hier
zwei Links dazu: und Carlsbad-Caverns-Nationalpark
– Wikipedia Nach
anderthalb Stunden in der feuchten kühlen Grotte bin ich einmal
rundgelaufen und darf den Orkus auf demselben Weg verlassen, wie ich
gekommen bin. (Warme feuchte Höhlen sind mir lieber.) Hier oben im
Sonnenlicht ist es fast ebenso kühl wie unten. Es war interessant aber
nun nicht besonders aufregend. Ich
habe extra für die Höhle und eigentlich unnötigerweise Pullover und
lange Hose angezogen, die ich auf dem Parkplatz diskret wieder gegen
bequemere Klamotten tausche. Eine
lange breite gerade Straße, die 62/180 führt mich in westlicher Richtung
zurück nach El Paso. Unterwegs versuche ich noch, den Guadelupe Mountains
NP zu besuchen, er ist aber leider nur Wanderern zugänglich, kann nicht
befahren werden. Mittags muß ich das Dach schließen, zu starke Sonne. Schon
wieder eine Inspection Station. Diesmal vom Sheriff. Sämtliche Autos in
beiden Richtungen werden gestoppt. Da man dann auch oft alle möglichen
Fragen beantworten muß, empfiehlt es sich eigentlich nicht, ohne oder mit
nur minimalen Englisch-Kenntnissen hierher in den äußersten Süden der
USA zu fahren. Weiter nördlich ginge es natürlich eher mit spärlichem
Englisch. Wer
mich kennt, der wird bestätigen können, daß ich eine humanitäre
Einstellung habe und überhaupt ein frieden- und freiheitsliebender Mensch
bin - und der weiß auch, daß mir diese Gängelei deshalb gewaltig auf
die Nüsse geht. Tony Roy singt eins meiner Lieblingslieder “I’m
back on the road again, twohundred miles to go…” und versöhnt mich
mit allen Widrigkeiten. Laubbäume
sind auch hier noch sehr selten. Es gibt immer mal ein paar mit
herbstgelben Blättern, aber sie machen sich meistens rar. Mittags ist es
65°F warm bzw. kalt. Noch
eintöniger ist dann die nach Norden gehende 54, es gibt leider keine
andere Möglichkeit, ich muß nach Alamogordo und dann wieder ein paar
Meilen südlich auf der 70 zum White Sands NM, es bleibt wirklich keine
Wahl. Ich kenne den Park ja bereits, aber früher mußte ich mit dem
Motorrad schon nach ein paar Meilen umkehren, weil es dann nur noch eine
Sandpiste gab. Aber erst einmal freue ich mich über die gesparten 3 $
Eintritt, also zusammen heute am Veterans Day 9 $ Eintritt gespart. White
Sands National Monument - Deutsch Hier
liegen eindrucksvolle schneeweiße Sandhügel dekorativ herum. Um korrekt
zu sein, es ist strahlendweißer Gips, der vom Wind aus einem (vor
Jahrmillionen) getrockneten See hierher getragen wird/wurde. Man darf die
„Berge“ überall besteigen, was man anhand vorhandener Fußspuren auch
deutlich sehen kann. Meine Spuren im Sand von damals sind wirklich auch
noch deutlich zu erkennen…
Ich
nutze die Gelegenheit, mit dem Auto endlich mal bis ans Ende fahren zu können.
Die früher weiche „Sand“piste wird inzwischen feucht gehalten und ist
deshalb steinhart; es ist ja schließlich Gips. Sie sieht wirklich aus wie
eine festgefahrene winterliche Schneedecke. Man kann sie also jetzt auch
(vorsichtig) durchaus motorradmäßig befahren. Schön ist es hier, es
gibt zwar immer noch überall herumkletternde störende Touristen und
parkende Autos, aber bestimmt nicht so viele wie im Sommer. Wenn einem mal
keine Leute im Bild herumklettern, stören allerdings Klohäuschen
zwischen den Hügeln. Ich weiß nicht, was man sich dabei gedacht hat.
Aber
insgesamt habe ich Glück: Der Sonnenuntergang nähert sich mit großen
Schritten. Die Sonne geht dann zwar nicht ganz so spektakulär unter wie
erhofft, aber ich bin trotzdem sehr zufrieden. Zum ersten Mal höre ich
Deutsch, eine kleine Gruppe deutscher Leute, eine Reisegesellschaft aus
Bayern mit ihrem amerikanischen Guide. Die sind dann ganz besonders über
den Sonnenuntergang begeistert. Sie übernachten wie ich in Las Cruces;
morgen werde ich ihren Van mit dem markanten Anhänger noch einmal auf der
Autobahn überholen. In
Las Cruces wähle ich erneut ein Best Western aus und muß mich dafür
durch die sehr langgezogene Stadt durch dunkle Straßen und an unübersichtlichen
Baustellen vorbei bis ans andere Ende quälen. Das Zimmer kostet neunzig Dollar.
Zum Abendessen hole ich mir eine schwer zu bestellende Pizza in einem
PizzaHut und verzehre sie genüßlich auf meinem Zimmer. Nur wenige Meter
entfernt, auf der anderen Straßenseite, verläuft die Bahnlinie, aber
auch hier stört mich nachts das Tuten der Züge kaum. (Es ist übrigens
immer dieselbe Bahnlinie; sie verläuft offenbar quer durch den
Kontinent.) Immerhin: Ich kann wenigstens das kleine Badezimmerfenster öffnen
– und ein weiteres ließe sich vorne im Zimmer unten am Boden zum Gang
hinaus öffnen, aber da könnte ja jeder reingekrochen kommen, deshalb
lasse ich es lieber zu. Der Architekt muß ein gestörtes Hirn gehabt
haben…
Im
Fernsehen sehe ich mir zwei aufeinanderfolgende Charles Bronson-Filme an
und stelle fest, daß seine synchronisierte Stimme viel besser zu ihm paßt
als seine echte eigene. Aber: Abwechselnd fünf Minuten Film, fünf
Minuten Werbung, immer wieder. Das nervt. Gewaltig.
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