Freitag,
12. November 2010
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Später
biege ich auf die kleine 61 ab und mache einen Kurzbesuch im durchaus
sehenswerten City of Rocks State Park. Auch hier bliebe ich gerne etwas länger,
doch es würde wieder sechs Dollar Eintritt kosten, und das für egal wie
kurze Zeit. Ich habe keine Lust, mich mit irgendeinem der vielen Ranger
rumzustreiten und fahre nach zehn Minuten
und ein paar schnellen Fotos gleich wieder raus und weiter nach Norden.
Immer noch keine größeren Probleme mit den Augen.
Ich
will zum Gila Cliff Dwellings NM. Da ich mir unter „Dwellings“ nichts
vorstellen kann, will ich mich überraschen lassen. Die Straße ist
schmal, ganz schmal, und oft sehr steil, erst steil rauf und dann lange
runter, und ich bin mal wieder ganz alleine unterwegs. Die bisher beste
Etappe ist jetzt mal wieder hier diese. Hui und zisch, so geht es durch
die Kurven und rauf und runter. (Reifen quietschen ja heutzutage kaum
noch.) Die Straße ist wunderbar griffig. Mustang, Reifen und Fahrer
bilden ein vorbildliches Team. Endlich gibt es wieder Kurven. Endlich gibt
es wieder Spaß. Ich muß ganz schön kurbeln. Die Mustang-Sitze bieten
ausreichenden Seitenhalt. Schade, daß ich nicht in einer Corvette sitze,
die würde auch die Querbeschleunigung in g anzeigen. Längst steckt
wieder ein breites Grinsen in meinem Gesicht. Ein ganz breites; ich
glaube, eine (kleine) Banane paßte schon wieder quer in meinen Mund
rein… Aber
alles hat ein Ende, leider auch diese Straße. Jetzt erfahre ich endlich,
was es hier zu bestaunen gibt: Alte, uralte Behausungen früherer längst
ausgestorbener indianischer Ureinwohner, der Mogollon, (noch nie gehört,)
die ungefähr von 250 n.Chr. bis 1400 gelebt haben sollen. (Kann man
das schon „prähistorisch“ nennen? Ich glaube nein.) Natürlich kostet
es mal wieder Eintritt, schon wieder die berühmten sechs Dollar.
Ich
will eigentlich „nur mal kurz“ über die Holzbrücke, aber da kommt
schon eine Rangerin und will das Geld aus mir rauspressen. Ich quatsche
mit ihr ein bißchen und sie lädt mich ein, zu ihr in ihr Häuschen zu
kommen – nein, nein, leider nicht „dafür“, - nur um mir ihre kleine
Ausstellung zu zeigen. Sie hat dann sogar eine deutsche Info zu den
Dwellings zur Hand, die übrigens vom Google-Übersetzer mit
„Wohnungen“ übersetzt werden; es sind aber eigentlich „Behausungen,
bewohnte Höhlen“ damit gemeint. Vielleicht hätte ich diesmal ja
bezahlt, aber ich habe eigentlich keine Zeit und sause lieber zurück.
Falls ich noch einmal hierher komme, werde ich mir alles in Ruhe ansehen. Schreck:
In einer Kurve kommt mir ein Auto entgegen. Von vorne ist es ja so gut wie
nie erkennbar, aber an der Seite steht es groß und deutlich: Sheriff. Da
habe ich ja nochmal Schwein gehabt. Einen Sheriff brauche ich eigentlich
nicht, schon gar nicht einen so entgegenkommenden… Noch
einer wird ja wohl nicht unterwegs sein, deshalb gebe ich gleich wieder
wie gewohnt kräftig Gas und habe meinen Spaß dabei. Den
Rest der Straße kenne ich noch, vergesse ja einfach keine Straße und
keine Kurve hier in Amerika, obwohl ich doch sonst so extrem vergeßlich
bin. Der Weg führt mich nach Silver City und dann über eine
stinklangweilige 180 nach Norden rauf und über die Grenze nach Arizona.
Welcher Blödmann hat eigentlich beschlossen, hierher zu fahren? Hmm, ach
so, das war ja ich selbst! Och, ist doch ganz interessant hier… Das
Thermometer weigert sich heute beharrlich, über die 68°F zu klettern.
Gibt es hier keine Erderwärmung? Bei uns zu Hause vermisse ich sie auch
schon lange. Wo findet die eigentlich statt? Unterwegs
sehe ich mal wieder einen einsamen Wanderer am Straßenrand. Diese Typen
wandern mit schwerem Gepäck entlang den Straßen und Autobahnen, es ist
gar nicht so selten, daß man sie sieht. Vor ein paar Tagen gab es schon
einen in der Wüste.
Am
späten Nachmittag erreiche ich Alpine, Arizona. Kürzlich kam ich noch
durch Alpine, Texas. So ist es ja oft in Amerika, es gibt fast jeden Ort
mehrmals in den einzelnen US-Staaten, manchmal sogar im selben Staat. Als
hätten sie früher keine Lust gehabt, einen eigenen Namen für ihren Ort
auszusuchen. Amis sind oft sehr pragmatisch, ebenso oft stellen sie sich
aber auch ziemlich blöd an. Also,
hier in Alpine, AZ finde ich ein kleines einfaches Motel, die „Mountain
Hi Lodge“. Es ist niemand in der Registration, nur ein kleiner Zettel
und ein Telefon. Ich muß eine Nummer wählen und Jenny meldet sich. Sie
kommt dann auch gleich auf einem Golf-Kart angeschnurrt und gibt mir ein
einfaches und eiskaltes Zimmer. Leider läßt sie sich nicht erweichen,
den Preis zu ermäßigen. Die Amis wissen halt immer, wenn es keine Wahlmöglichkeit
gibt, können sie nach Belieben zuschlagen. So
ist es hier und so ist es auch z.B. bei den Tankstellen. Einsame
Tankstellen, z.B. hier oben in den Bergen oder in der Wüste, setzen einem
gerne die Daumenschrauben an und nehmen einem gerne zusätzliche 50 Cent
und mehr ab. Apropos Benzin, die Benzinpreise haben tatsächlich
angezogen. Ich hatte es ja schon nach der Ölkatastrophe im Golf befürchtet.
Das teure Kalifornien verlangt zurzeit deutlich über drei Dollar (3,20
bis 3,50 $) für die Gallone billigstes Benzin. Die angrenzenden Süd-Staaten
sind etwas billiger, wollen aber auch schon mindestens 2,60 $ haben. Hier
muß ich also den geforderten Preis fürs Zimmer bezahlen. Es ist einfach
aber zufriedenstellend eingerichtet. Allerdings: Im Bad gibt es keine
Heizung, man muß die Badezimmertür offenlassen. Auch hier, wie immer in
Amerika, ist mein Bett riesig und so breit, daß ich mit ausgestreckten
Armen nicht gleichzeitig beide Seiten erreichen kann. OK, ich bin klein
und zierlich. Trotzdem, ich liebe diese Betten. Alpine Area Chamber of Commerce Zum
Abendessen fahre ich in ein Café einfach ein paar hundert Meter die Straße
runter. Zur Abwechslung des täglichen Einerleis gibt es heute mal köstliche
Hühnerbrust mit Spaghetti und Tomatensoße, dazu saftig-würziges Garlic
Bread, ich habe alles in bester Erinnerung. Und dann das eine oder andere
Bier. Naja, es ist erst ein belgisches Blue-Moon Weizenbier der und
dann ein Moose Drool Brown Ale einer Brauerei aus Montana: Ich
mag keins der hier üblichen Biere, Bud und Miller und wie sie alle heißen,
höchstens mal ein Sam Adams, deshalb labe ich mich besonders gerne an
diesen beiden Fläschchen köstlich kühlen Gerstensafts und freue mich über
ein entspanntes Abendessen. Natürlich,
die Augen brennen wie jeden Abend. (Frustrierend:
Ich habe immer noch keine einzige Zigarre geraucht, obwohl ich hunderte
dabei habe, naja, hunderte sind es nicht gerade, aber immerhin fünfundzwanzig.
Es ist jeden Abend viel zu kalt, um gemütlich eine Stunde draußen
rumzusitzen. Ich werde die Kiste komplett wieder nach Hause mitnehmen. Schade:
In diesem Jahr habe ich noch nicht einmal zehn Zigarren geraucht, entweder
zu kühl/kalt, zu ungemütlich, zu wenig Zeit oder alles zusammen. Wie
schnell doch ein Jahr vorbei ist!) |