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Tag, Dienstag, 21. August 2007 Von Mas du Seigneur zurück nach Castagnols |
Es regnet! Draußen ist alles grau und
naß. Aber was ist denn mit meinem Rücken? Wie ein junger Gott springe
ich aus dem Bett! Mein Rücken ist geheilt!! Hoffentlich hält das an.
Unten im Dorf soll es ja einen Wunderheiler für solche Dinge geben,
aber es sieht so aus, daß ich ihn gar nicht aufsuchen muß. Ein kurzes Frühstück, das Wetter wird wohl vorerst doch nicht
besser, also los! Der Esel wird gesattelt, die Wunden an seinem Bauch
sind gut verheilt, dann die für Regenwetter mitgenommene grüne
Plastikplane drüber spannen, und ab geht die Post. Serge verabschiedet
uns noch und schon quälen wir uns langsam den Berg hinauf zum Col de la
Tourette, über 900 Meter hoch. Der Esel kommt heute einfach nicht in
die Hufe. Ich muß wieder kräftig ziehen. Gott sei Dank nieselt es nur,
es ist eigentlich gar nicht so schlimm. Ist doch auch alles in Ordnung,
solch Unbill ficht mich einfach nicht mehr an. Ich staune immer wieder
über mich selbst, so ausgeglichen war ich selten. Was ein paar Tage
Ruhe doch ausmachen können. Und der Esel läuft jetzt auch wieder
besser. Ah, nisch schlimm so eine petit Regen. Da bin isch ier viel mehr
gewöhnt. Mit die Plastik über meine Rücken fühle isch misch wohl genüg. Hanni macht der Regen auch nichts aus, sie hüpft naß und
frohgemut wie immer herum. Doch plötzlich ist sie ganz aufgeregt und
lauscht: Und tatsächlich, eine Horde Wildschweine hat sich hinter ein
paar Bäumen versteckt und rast jetzt im Schweinsgalopp weg von uns, in
den Wald und den Berg hinunter. Schade, Foto ist einfach nicht möglich,
geht alles zu schnell. Hanni ist brav und rennt auf meinen Zuruf nicht
hinterher. Ab und zu wird es jetzt immer mal wieder trocken, aber Regenjacke
und Plastikplane bleiben angezogen. Dann wird der bisher breite Weg
wieder eng, sehr eng und sehr felsig. Das ist hier mal wieder das
schlechteste Stück, aber das war es ja schon mehrmals. Hier müssen wir
alle drei ganz schön über hohe Felsen klettern. Wie immer in solchen
Situationen ist der Esel ganz besonders treu und brav und folgt mir
lammfromm und bereitwillig auch über hohe Felsstufen auf und ab. Und dann sind wir endlich wieder am Col de Clerguemort, wo wir
schon mehrmals waren. Jetzt geht es über einen breiten Weg nur noch
sanft bergab nach Hause. Der Esel läuft jetzt gut, trotzdem, wenn auch
schnell noch überall alles erreichbare Grünzeug geknabbert wird.
Etwas wehmütig bringe ich nach heute wieder „nur“ ca. zehn
Kilometern, wie immer reichlich erschöpft, um vier den Esel zu seinen
Kollegen in den Pferch, wo er auch freudig begrüßt wird. In einer
Reihe folgen uns ein paar Esel zum Sattelplatz, wie sonst Gänse,
mindestens vier, fünf in einer Reihe, sieht witzig aus, ich ganz vorne,
sieht nur leider niemand, es ist niemand da. Ich nehme das Sattelzeug ab
und sehe erst einmal nach Vanilles Bauch. Es ist alles gutgegangen und
hat sich nicht verschlimmert. Ich bin ganz alleine hier zugange, bringe
alles an seinen Platz und gebe Vanille zum Abschied noch einen Klaps
aufs Hinterteil. Schade, schon Schluß, zwei Wochen gemeinsam überstandener
Strapazen verbinden uns. Vanille war ein braves Mädchen! Gar nicht stur
und störrisch „wie ein Esel“. Mach’s gut, meine liebe Vanille,
bis nächstes Jahr! Au revoir, meine Meister. Du as misch gut beandelt. Isch werde jetz
Esanelle, Suzette, Irisette, Mirabelle et alle andere Mädchen ersählen,
was wir ünterwegs alles so erlebt aben. Aber ers einmal eine schnelle
Bad in die Staub. Adieu mon cher ami! Die Packtaschen habe ich schon oben am Haupthaus stehenlassen,
zusammen mit Hanni, die wieder darauf aufpassen muß. Sophie ist da, ich
darf wieder in mein altes Zimmer. Wie immer, schnell ausziehen und erst
einmal schlafen. Ich bin froh und erleichtert und auch etwas stolz,
alles so gut gemeistert zu haben. Nichts Schlimmes ist passiert, keine
Verletzung, kein böses Erlebnis. Es war einfach alles nur schön,
wunderschön! Am frühen Abend melde ich mich bei Christian zurück. Er will
gerade die Tür zu seinem Häuschen schließen, wie jeden Abend gegen 7
Uhr, dann ist er für niemand mehr zu sprechen. Überhaupt ist er etwas
introvertiert, nicht gerade unfreundlich, aber auch nicht so herzlich
wie z.B. Robert und Fabienne oder Serge und Yvonne unterwegs und wie ich
es mir eigentlich in einer solchen Umgebung wünschen würde. Er ist
bestimmt ein kleiner König hier in der Region, wahrscheinlich hat er
die meisten Esel zum Vermieten. Aber ich hörte inzwischen, daß er
zuverlässig und beim Geld sehr korrekt sein soll, und das ist ja auch
überaus positiv. Zum Abendessen sind wir diesmal zu
viert, ein Papa mit zwei kleinen Mädchen und ich. Die Frau ohne Namen
hat uns Karottensalat mit Oliven, eine hohe Lasagne und ein exotisches
Fruchteis mit pürierter Melone zubereitet. Wie immer hat sie nur das
Essen zubereitet. Die Gäste müssen hier abends grundsätzlich den
Tisch decken, nach dem Essen alles abräumen und das Geschirr spülen.
Na super, diesmal bin ich dran, kann mich nicht drücken. Also spüle
ich. Und trockne fast alles ab und räume es auch weg. Der Typ stellt
sich ein bißchen blöd an, das ist ja sonst mein Part. Ist aber OK, ich
bin ja gut drauf. Ich liege um halb zehn schon wieder im Bett, der Papa
und die Kinder machen noch lange Zeit Krach unten und dann nebenan in
ihrem Zimmer.
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