11. Tag, Mittwoch, 22. August 2007 

Mas du Seigneur 1

Heute würde ich zwar gerne etwas faul sein und ein bißchen länger schlafen, aber es geht nicht, um halb neun bin ich schon wieder wach. Das Frühstück ist wie immer kurz. Dann suche ich nach Christian, er hat sich noch in seinem Büro versteckt, die Tür ist noch immer zu. Aber ich will ja weg und bimmle an der Glocke – und werde auch gnädig hereingelassen. Wir machen die Abrechnung, so ein Esel ist auch nicht gerade billig, aber die Investition hat sich bezahlt gemacht und geradezu gelohnt, denn ich hatte den schönsten Urlaub in meinem Leben, verbunden mit genügend Abenteuer.

Der Abschied von Christian und Sophie und der Frau ohne Namen fällt erwartungsgemäß etwas kühl aus. Dann bringe ich das Gepäck zum Auto und fahre erleichtert los. Ich bin froh, alles, oder zumindest die größten Anstrengungen hinter mir zu haben und rolle gemütlich durch die Gegend zu – ja, genau, Yvonne und Serge in Mas du Seigneur. Ich erkenne eine ganze Reihe Stellen im Gelände wieder, wo ich überall gelaufen bin, da, und da, und da oben. Wahnsinn, ich erkenne immer mehr bekannte Stellen und Straßenabschnitte. Vom Auto aus sieht alles nach nichts aus. Eigentlich würde ich ja gerne bei Robert und Fabienne noch mal kurz anhalten, traue mich dann aber leider doch nicht.

Der Esel, der Hund und ich

 

Die Serpentinen rauf nach Mas du Seigneur sind unheimlich eng, ich komme mit dem Lexus so gerade noch um die Kurven. Glücklicherweise kommt mir kein Auto entgegen. Oben am Parkplatz stelle ich das Auto ab und werde wieder freundlich empfangen und umarmt. Leider, leider gibt es immer noch kein freies Zimmer für mich, alle sind schon lange bestellt und vergeben. Ist aber nicht schlimm, ich darf im „Chalet“ unten im Garten schlafen. Das Chalet ist eine etwas größere Holzhütte mit zwei Doppelbetten. Es gibt kein Waschbecken und natürlich auch keine Toilette hier, keine Dusche, noch nicht einmal einen Spiegel, alles das ist oben am Pool. Nadine, eines der beiden Au-pair-Mädchen aus Österreich, zeigt mir alles. Sie hat hier auch schon geschlafen. Vor Spinnen sollte man allerdings keine Angst haben, die soll es hier öfters geben…

Ich höre einfach nicht so genau hin, es wird schon gut gehen. Die Zeit drängt, Hanni und ich wollen los, wandern! Serge hat mir einen schönen Weg gezeigt, es geht erst den Berg rauf und dann einen langgezogenen breiten Weg hinunter ins Dorf nach Chamborigaud. Inzwischen weiß ich, daß diese breiten Wege auch als Feuerschneisen dienen.

Unten am Fluß gibt es ein paar lauschige Plätzchen, es ist den ganzen Tag wieder sonnig und warm. So ohne Esel läuft es sich auch ganz gut, eigentlich viel leichter, aber Vanille fehlt uns trotzdem. Ein kleines Schloß taucht auf, am Zaun wächst über fünf Meter hoher Bambus. Ich habe zwar schon davon gehört, aber so hautnah habe ich ihn noch nie gesehen. Ist schon erstaunlich, wie dick und stabil die Stämme sich anfühlen.

Und dann geht es doch schon wieder die „37“ Serpentinen hoch. Vorhin mit dem Auto war das einfacher. Aber ich flitze geradezu mit Hanni durch die Kurven bergauf, kürzlich mit dem Esel ging das alles viel langsamer. Ein paar Motorräder kommen von unten, drei 1200er BMWs aus Berlin, ich winke ihnen schon mal zu, bis gleich, oben trinken wir einen zusammen.

Nach einiger Zeit kommen noch mehr Mopeds an, schon wieder schwarze BMWs, einer kommt mir etwas bekannt vor, ach, ist ja witzig, das sind ja die drei von eben! Ich weiß nicht, wie sie es geschafft haben, hier noch einmal vorbeizukommen, es gibt doch eigentlich nur die eine geteerte Straße hier. Ich rufe ihnen noch mal zu: Ihr müßt den Berg ganz rauf!

Oben sind sie dann. Es sind drei dufte Kumpels aus Berlin, mit dem Autoreisezug von Frankfurt über Narbonne hier in die Gegend gekommen und waren noch ein paar Tage woanders. Drei Frankfurter Harleyfahrer, davon einer eine Frau, Christine, sind schon zwei Wochen hier. Sie haben ihre Harleys auf zwei Anhängern hergebracht und machen jeden Tag eine Ausfahrt in die Umgebung. Und noch drei weitere deutsche Mopeds sind zur Zeit hier. Also dieses Haus „Mas du Seigneur“ von Yvonne und Serge Hornung (http://www.mas-du-seigneur.com) ist ausreichend von Motorradfahrern erprobt und kann auch von mir bestens empfohlen werden, wenn auch die Serpentinen mit einem schweren Moped und Sozia und Gepäck hintendrauf zu einem kleinem Problem werden können, also, hoch- und runterfahren, wie es die Igel machen: Gaaanz vorsichtig!

Der Esel, der Hund und ich

Die drei Berliner. Und Yvonne.

Schnell noch ein kurzes Nickerchen; die Bettwäsche duftet wundervoll angenehm in meiner Nase. Dazu die frische Luft durch wie weit offene Tür, wir sind ja ganz allein!

Heute abend ist es nicht zu kalt, um draußen zu essen. Jeder hat sich einen Pullover mitgebracht. Es gibt nach dem Aperitif Hirse mit Oliven und Tintenfisch, auf den ich aber gerne dankend verzichte, ein Törtchen mit Wildschwein, Pilzen und Soße, (Hanni schmeckt das Wildschwein ganz besonders gut), und Obst mit Vanillesoße.

Die Frankfurter meckern über meine Zigarre. Also gehe ich rüber zum Kinderbett und sitze da viel gemütlicher als auf den inzwischen ziemlich harten Gartenstühlen. Tja, irgendwann ist auch die längste Zigarre zu Ende, dann müssen wir uns tatsächlich im Dunkeln zu unserem Häuschen vortasten. Die Frankfurter wollen mich wieder etwas besänftigen, obwohl ich ihnen natürlich gar nicht böse bin, und bieten mir ihre Taschenlampe an, Yvonne hat auch eine, aber es gibt ein paar kleine Solarlämpchen am Weg und das Abenteuer ist ja auch noch nicht zu Ende, also Hanni und ich suchen uns durch das Dunkel unseren Weg, tasten uns über Stock und Stein, über Holzstangen, durch hohes Gras und über wacklige unregelmäßige Treppenstufen, alles geht gut, bald sind wir im Häuschen.

Die Nacht wird etwas unruhig. Hanni knurrt und bellt dauernd, Wildschweine sollen hier nachts herumlaufen. Ich mache unsere Tür lieber zu und öffne nur das Fenster.

Der Esel, der Hund und ich

Der Esel, der Hund und ich

Unser "Chalet"...

 

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