Samstag, 25. April 2009 Brenham – Snyder, 553 Meilen |
Der
Samstagmorgen ist trüb aber noch trocken. Wir haben beschlossen, uns
hier zu trennen. Uwe möchte ein paar Städte sehen, ich genau das
Gegenteil, nämlich durchs Land fahren und dabei möglichst viele Meilen
„abreißen“. Unterwegs wollen wir uns dann wieder treffen. So hat
jeder das, was er möchte und es gibt erst gar kein Gemecker oder gar
Rumzicken untereinander. Schade,
ein bißchen leid tut es mir, mich jetzt von Uwe zu trennen und wie früher
wieder allein rumzufahren, ich habe mich schon zu sehr an ihn gewöhnt.
Schließlich tanken wir stets zusammen „aus einem Schlauch“ und so
genieße ich unter vielen anderen Dingen auch die Bequemlichkeit, von
ihm betankt zu werden. Worüber sich nicht zuletzt mein Rücken immer
wieder freut – und auch mein in Mexiko verstauchtes Handgelenk macht
sich immer mal wieder lästig bemerkbar. (Bin fast schon ein
Halbinvalide.) Und zu Zweit hat man ja sowieso viel mehr Spaß. Aber wir
sehen uns ja bald wieder. Die
von mir ausgewählte Straße tröstet mich über den „Verlust“: Ich
habe als Ziel Abilene, nordwestlich und über 800 km entfernt, mit den
entsprechenden Zwischenzielen im Navi eingegeben und kann jetzt einfach
lossausen. Und zwar im wörtlichen Sinn. Die ganze Zeit mußten wir
meistens mit etwas verhaltenem Tempo fahren, eigentlich seit unserer
Abfahrt, vor allem der Natchez Trace war natürlich streng limitiert
(ich glaube mit 45mph), dort und danach durften wir eigentlich nie
schnell fahren. Hier geht das schon eher. Gleich
ein paar Minuten nach der Abfahrt komme ich an einer Farm vorbei. An der
Einfahrt ein Schild mit ihrem Namen: „LIL’ BIT OF HEAVEN“. Der
Name ist Programm, denn genau das bekomme ich heute, ein kleines Stück
vom Himmel, ich sause mit größter Lust über meist schmale Sträßchen,
die meist noch nicht einmal einen Mittelstrich besitzen, so eng sind
sie, und bin dabei viel zu schnell, was aber nichts macht, hier gibt es
so gut wie keinen Verkehr und schon gar keinen Sheriff. Auf jeden Fall
habe ich genug Gelegenheit, ein bißchen am Profil (meiner Reifen natürlich)
zu arbeiten.
Ganz
selten sehe ich mal ein Auto, meist aber nichts, auch nur ganz selten
mal ein winziges Dorf, alles ist tot und verlassen, öde und leer,
geradezu trostlos, wer soll auch außer mir hier noch herumfahren? In
einem schäbigen kleinen Supermarkt kaufe ich mir „dringend benötigte“
Bio-Avocados und ebenso lebensnotwendige Gemüsesaftdosen. Beides liebe
ich nun mal… Bald
ist es wieder sonnig, wenn die Straßen jetzt am Nachmittag leider auch
wieder breiter und gerader werden. Aber ich hatte ja den halben Tag
meinen Spaß. Der Wind bläst hier etwas heftiger. Ich sehe unendliche
Viehweiden, riesig, grün, mit wenigen Rindern, die es gut haben und die
hier nach Belieben weiden können. Pferde gibt es, auch Esel, sogar
Ziegen und Schafe, auch selten mal ein paar Longhorn-Rinder mit riesigen
Hörnern.
Schön
ist es hier, mit gefällt’s, das Navi erledigt für mich die ganze
Arbeit und ich brauche ihm einfach nur zu folgen. (Noch einmal: Das
wirklich allerwichtigste bei der Programmierung eines Navigationsgerätes
ist es, genügend Zwischenziele einzugeben!) Zweimal komme ich auf
ungeteerte Straßen („unpaved“), die hier aber harmlos und gut zu
fahren sind, wenn natürlich auch etwas bedächtiger. Wenn dem Moped
hier etwas passierte, ich hier mal umfiele, ich wüßte nicht, ob und
wann jemand käme, um mir zu helfen. Deshalb: Einfach für die kurze
Zeit lieber etwas Vorsicht walten lassen.
Kurz
vor Snyder sehe ich die ersten und einzigen Windkrafträder auf dieser
Reise, aber nicht ein paar, nein, gleich Hunderte stehen davon in der
Gegend herum. Zuhause stelle ich fest, daß dies meine längste
Tagesetappe auf der Reise war, 550 Meilen = ca. 880 km. Nicht schlecht für
einen alten Mann wie mich, aber ich bin ja auch nicht zum Vergnügen
hier… (Soll eine meiner witzigen
Bemerkungen sein, natürlich bin ich nur zum Vergnügen hier,
bitte nicht wieder jede Menge e-mails schicken! - Ja, ich weiß, meine
Witze sind manchmal schwer zu verstehen.) Ich
übernachte hier in Snyder für 65 $ und esse etwas weiter entfernt, am
andern Ende der Stadt, ausnahmsweise mal bei McDonald’s für
unglaublich günstige 3,25 $! Vor meinem Zimmer sitzend genieße ich
dann noch ein letztes kühles Corona aus unserem gemeinsamen Vorrat und,
natürlich, meine Zigarre dazu. Im Weather Channel wird für morgen
Regen angekündigt. Aber das haben die ja schon oft auf meinen
USA-Touren und es ging doch immer gut.
|