Freitag, 24. April 2009 Cameron – Brenham, 282 Meilen |
Heute
geht es sonnig weiter, immer direkt am Strand des Gulf of Mexico
entlang. Wir versuchen, ein Stück auf den Strand zu fahren, versinken
aber gleich im weichen Sand, Uwe gräbt sich sogar ein bißchen ein,
schafft es aber selbst, sich wieder rauszuwühlen. Ich kann mein Moped
gar nicht erst abstellen, der Seitenständer wird sofort vom Sand
aufgefressen. Ich bin froh und erleichtert, als ich ohne Umzufallen und
entsprechender Blamage wieder zurück auf der Straße bin. Aber mein
rechtes Handgelenk schmerzt noch immer seit meiner Mexiko-Reise, jetzt
noch erheblich mehr.
Hier
sind die Hurrikan-Schäden noch viel, viel schrecklicher als gestern:
Nichts steht mehr, alles weg, Häuser, Bäume, Mobile Homes,
Tankstellen, Restaurants, Geschäfte, Supermärkte, alles was Menschen
je hier gebaut haben, alles, wirklich alles zerstört, alles platt,
alles dem Erdboden gleich gemacht, alles verschwunden, über zig
Kilometer weit. Hier sind ja, wie überall in USA, sämtliche Häuser
aus Holz gebaut, womit sie ein leichtes und appetitanregendes Fressen für
jeden Hurrikan sind. Deshalb sind jetzt hier nur noch steinerne
Fundamente oder Fragmente der ehemaligen Bauten zu sehen. Ein großes
Auto liegt, auf die Seite gekippt, immer noch im Wassergraben neben der
Straße. Wenn überhaupt, dann haben nur Palmen überlebt, die biegen
sich offensichtlich und geben genug nach. Der Sand ist überall
schmutzig grau. Unendlich viele Müll- und Schuttberge liegen überall
herum. Ein paar wenige Häuser sind offenbar gerade wieder aufgebaut
worden, diesmal aber auf höheren und stabil aussehenden Betonstelzen.
Ich bewundere die Leute für ihren Optimismus. Aber die Menschen haben
offenbar gelernt, denn ich sehe auch ein paar neu errichtete
Stahlskelette. Diese Häuser werden dem nächsten Hurrikan eher trutzen
können. Obwohl die Sonne scheint, sind wir beide tief deprimiert.
In
Port Arthur überqueren wir die Grenze nach Texas. Eine Straße ist
gesperrt, deshalb müssen wir ein langweiliges Stück Autobahn fahren. Erneut
gibt es Fähren, die größte nach Galveston rüber ist mal wieder
kostenlos, sonst kostet es manchmal Fährlohn, dann aber immer nur 1 $.
(Sollte man bei uns auch einführen! 1 Euro pro Fahrzeug, das kann jeder
bezahlen. Aber statt dessen will man bei mir zu Hause am Mittelrhein
eine neue Brücke bauen und unser einmaliges UNESCO-Weltkulturerbe
unwiederbringlich verschandeln!)
Hier
in Galveston besuchen wir nur das Visitor-Center in der alten Ashton
Villa und erhalten dort ein paar gute Informationen für die
Weiterfahrt, die uns aber zunächst leider nicht weiterhelfen, denn wir
haben hier über 100 km endloses Stadtgebiet der Houston-Area mit viel
Stop and Go zu durchqueren. Houston ist die viertgrößte Stadt der USA,
entsprechend ist das Umland, durch das wir uns jetzt hier quälen müssen.
Schade, wir hätten uns beide besser beraten und anders entscheiden
sollen, nämlich diese Gegend hier sehr großzügig zu umfahren – oder
gleich wie die Beulenpest zu meiden... Abends
machen wir Station in Brenham. Jetzt hatten wir ein paar Tage schönes
Wetter, aber heute abend fängt es schon wieder mal an zu nieseln. Alle
Motels sind belegt, mit etwas Mühe bekommen wir noch ein teures Zimmer
im La Quinta für 142 $, wobei der Preis sogar noch heruntergehandelt
ist. Unterwegs dorthin werde ich hautnah Zeuge eines kleinen Unfalls auf
der regenfeuchten, glitschigen Kreuzung, werde davon aber nicht
tangiert. Wir
essen gegenüber bei Applebee’s sehr gut zu Abend; auch hier alles
voll. Wir müssen warten, bis wir endlich einen Tisch zugeteilt
erhalten. Während des Essens fahre ich mein Moped zurück ans Hotel und
laufe zurück, damit ich mir noch ein weiteres Bier reintun kann.
Endlich haben wir auch mal wieder einen Föhn im Zimmer, und endlich
kann ich draußen mal wieder eine meiner ersehnten Zigarren rauchen. Für
den Fall, daß man „aus Versehen“ das eine oder andere Teil aus dem
Zimmer mitnehmen sollte, gibt es eine Preisliste: TV-Fernbedienung
nur 10 $, Föhn
25 $, Duschvorhang
25 $, Bedspread
(Überdecke fürs Bett) 80 $, usw. usf... |