Dienstag,
28. Oktober 2008 |
Ich
habe die Nacht überlebt, man hat mich nicht ermordet, auch nicht
ausgeraubt, sogar das Moped ist unbehelligt geblieben. Ich frühstücke
in einem kleinen Lokal am Straßenrand. Kurz danach sehe ich eine (in
den USA unheimlich seltene) Radarfalle mit zwei Kameras am rechten Straßenrand,
halte kurz an, fotografiere sie – und werde beim Losfahren geblitzt!
Von vorne und von hinten! Obwohl ich nicht schnell bin! Schon gar nicht zu
schnell! Ich bin mal gespannt, was da noch nachkommt!
Ich
fahre heute wieder durch reichlich Wald über die 260 und dann erneut
durch eintönige Wüste über die 377 bis Holbrook. Vor der Stadt
schwenke ich rechts in östliche Richtung und fahre noch einige Meilen
bis zum südlichen Eingang in den Petrified Forest N.P., den ich bisher
noch nicht gesehen habe. Unterwegs sehe ich reichlich nahe an der Straße
eine ganze Herde scheues Rehwild, die dann zu meiner Erleichterung,
nachdem ich vorbei bin und gehupt habe, im Rückspiegel wieder in ihre
Einsamkeit zurück galoppieren. Vor
dem Park-Eingang gibt es zwei Läden, in denen man zu sehr hohen Preisen
versteinertes Holz, wunderschön farbig poliert, erwerben kann. Dann
bezahle ich am Park-Entrance die 5 $ Eintritt. Der Ranger ermahnt mich
dringend, auf gar keinen Fall irgendwelche Steine aufzunehmen oder gar
einzustecken, seien sie auch noch so klein. Das ist hier im Park außerordentlich
streng verboten! Und wird auch überwacht. Aber da besteht bei mir ja
keine Gefahr, ich habe nämlich keine Lust, am Flughafen nach dem
Durchleuchten meines Gepäcks festgenommen zu werden. Ich frage den
Ranger auch gleich noch mal wegen der korrekten Uhrzeit, die Zeitangabe
im Display ist tatsächlich in Ordnung. Sommerzeit „Daylight Saving
Time“ gibt es hier in Arizona nicht, außer ganz oben im Norden, bei
einigen Navajo-Stämmen. Ich
bekomme hier etwas ganz anderes zu sehen als ich erwartet habe. Unter
„Forest“ habe ich mir schattenspendende Bäume mit munter plätschernden
kühlen Bächen vorgestellt, aber auch hier ist alles nur steinige Wüste,
von Anfang bis Ende des Parks. Gleich nach der Einfahrt gibt es das
unbedingt ansehenswerte „Rainbow Forest Museum“, das eine
umfangreiche Sammlung vieler versteinerter Bäume bietet. Petrified-Forest-Nationalpark
– Wikipedia
Dann
fahre ich durch eine wunderschöne naturbelassene farbige Wüstenlandschaft
mit einigen anhaltenswerten Aussichtspunkten. Ganz am Schluß gibt es
den „Newspaper Rock“, weil es dort viele Petroglyphen geben soll. Es
gibt drei kostenlose(!) Teleskope, aber ich bin zu blöd und finde damit
nur ein einziges kleines Zeichen der Steinzeitmenschen auf den Felsen.
Danach
überquere ich die Santa Fe-Railroad und die Autobahn I-40. Hier beginnt
die Wilderness Area mit weiteren wunderschönen interessanten
Aussichtspunkten. An einem ist ein Erinnerungspunkt an die Route 66, die
früher hier wohl auch einmal vorbeigekommen ist; ein uraltes Autowrack
und eine einzementierte Cadillac-Stoßstange erinnern noch daran. Mit
ein paar Harley-Fahrern komme ich kurz ins Gespräch und muß
schmunzeln, weil sie etwas angesäuert sind. Sie waren die Nacht zuvor
im Indianergebiet und konnten kein Bier bekommen. Amis denken also auch
nicht immer rechtzeitig daran, Alkohol vorher einzukaufen – genau wie
ich.
Allzu
viel Zeit habe ich nicht, deshalb halte ich überall nur kurz an und
fahre gleich wieder weiter. Nach einer kleinen Schleife verlasse ich den
interessanten Petrified Forest N.P. und stoße auf die I-40. Hier muß
ich inmitten vieler Lkw 32 Meilen nach Westen reiten. Große Schilder am
Rand der Autobahn weisen darauf hin, daß es am Jeronimo Trading Post
den weltgrößten versteinerten Baum geben soll, aber ähnliche Schilder
habe ich schon zweimal an anderen Stellen sehen können… In
Winslow biege ich endlich wieder von der reichlich befahrenen Autobahn
ab, fülle erneut meinen Tank und halte kurz im Historic District an der
berühmten Straßenecke „The Corner“ an. Die Eagles haben sie in
ihrem ersten Song berühmt gemacht: "Standin' on a corner in Winslow,
Arizona" heißt es da in einer Verszeile. Winslow
Chamber of Commerce - Visiting Winslow
Nach
diesem kurzen Stopp fahre ich auf der 87 weiter und dann viel später
auf der 260 nach Süd-West. Ich bin hier, wie meistens auf meiner Reise,
auf 1.000 bis 2.000 Meter Höhe (3-6.000 feet) und nicht zuletzt deshalb
wird es heute am Spät-Nachmittag wohl auch wieder kühl. Ich muß doch
jetzt wirklich schon zum zweiten (und letzten) Mal auf dieser Reise die
Jeansjacke mit den langen Ärmeln anziehen…
Heute
abend sehe ich schon wieder zwei Rehe direkt am Straßenrand äsen und
hoffe, daß sie ihren Weg unbeschadet durch den Zaun zurück in ihren
Wald finden. Kurz vor Camp Verde verabschiede ich mich vom Tonto
National Forest, in dem ich jetzt einige Tage unterwegs war; schön war
es hier, in den tiefen Wäldern mit vielen wohlriechenden „Junipers“
– Wacholderbüschen. Es geht elf Meilen ständig bergab und es wird
mit jedem Höhenmeter endlich wieder wärmer. Die Sonne geht seitlich
vor mir hinter der Bergkette im Westen unter; ihr letztes Licht hüllt
die Bergspitzen in glühende Farben, von gelb bis dunkelrot, während
der Nachthimmel darüber schon ein tiefdunkles Blau zeigt. Ich
übernachte in einem Super8 für 64 $ und esse ein (schlechtes)
Senior-Menü (ab 55 Jahre) im Denny’s. Auch hier habe ich wieder zwei
riesige Betten zur Auswahl und stelle erneut mal wieder fest, daß hier
in den USA so ein Bett manchmal größer ist als bei uns das ganze
Hotelzimmer… Im
Fernsehen sehe ich, wie übrigens schon die ganze Zeit, unheimlich viel
Werbung für die Election (Wahl des nächsten US-Präsidenten). Und Joe
the Plumber ist auch allgegenwärtig. An allen Ecken gibt es natürlich
entsprechend viele Wahlplakate, und nicht nur für den Präsidenten,
nein, auch mal wieder für alle anderen County-Beamten, Sheriffs usw.
Aber diese Wahlplakate ist man ja langsam gewohnt, die findet man in
Amerika auf jeder Reise. Viel
lieber sehe ich mir aber im TV neue aktuelle Folgen von meinen Freunden,
den Orange County Choppers auf TLC an. |
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