Sonntag,
7. November 2010 |
Jeden Morgen ist es jetzt kälter. Heute Morgen ist
es um die 50°F frisch, also so um die 10°C. Im hiesigen WalMart erwerbe ich eine weitere, noch
dunklere Sonnenbrille, die zweite. Sie mildert die Sonnenstrahlung etwas
besser. Und ich hoffe, daß sich die Augen gestern etwas regeneriert
haben. Deshalb beschließe ich, mein ursprüngliches Ziel nun doch
anzusteuern und fahre wieder in südöstlicher Richtung zurück zur
mexikanischen Grenze runter. Leider bringt die neue Sonnenbrille auch nicht viel,
die Augen schmerzen wieder ab elf Uhr, jeder der vielen Sonnenreflexe aus
dem Armaturenbrett bereitet mir zusätzliche Höllenqualen. (Warum haben
die Ford-Konstrukteure hier nur so viele Chromteile eingesetzt? Die fallen
einem sonst nie auf.) Deshalb kaufe ich mir unterwegs in einer kleinen
Tankstelle Klebeband. Leider haben sie hier kein normales Isolierband, es
gibt hier nur ein durchsichtiges rotes Klebeband, mit dem man Risse in Rücklichtern
überkleben kann. Ich nehme es doppelt, klebe es links und rechts in den
äußeren Sichtbereich der Gläser und habe jetzt natürlich nur noch
einen sehr engen Sichtwinkel. (Ich bin ja inzwischen längst ein erfahrener
Traveller: Deshalb habe ich für Notfälle immer ein bißchen Werkzeug,
Draht, Kordel und Klebebänder dabei, um einfache Reparaturen vornehmen zu
können. Nur diesmal nicht, „brauch ich ja bei einem neuen Auto
nicht!“ dachte ich Blödmann zu Hause beim Packen.) Das Klebeband hilft, aber nur wenig. Ich mache jetzt
auch oft abwechselnd ein Auge zu, eins ganz und das andere halb, damit
sich die Augen schnell etwas erholen können, was aber nicht ganz ungefährlich
ist, denn ich sehe mit dem halben Auge natürlich nur noch ungenügend;
z.B. Kleinteile oder drahtige Reifenreste, die ständig auf der Straße
herumliegen, würden so natürlich viel zu spät von mir erkannt werden. Ich bin inzwischen in New Mexiko, auf einer schmalen
Straße, der 9, die haarscharf und wirklich nur zwei, drei Meter
neben der unsichtbaren Grenze entlang läuft. Ein Wunder: Keine Check
Points weit und breit. Kein einziger! Aber ein „Blimp“, ein Luftschiff
aus Gummi schwebt an einem Seil hoch oben in der Luft. Ich nehme an, daß hiermit alles überwacht wird,
noch schärfer als bisher, nur nicht so lästig. Muß ja so sein, wenn die
Grenze so hautnah an der Straße verläuft. Hier gibt es keinen einzigen Baum, keinen Schatten,
nur Wüste, Steppe und kahle Berge. Offensichtlich habe ich die richtige
Straße ausgewählt, nur ein, zwei Autos pro Stunde kommen mir entgegen.
Aber: Trotz aller Einsamkeit sieht man immer mal wieder einen Radfahrer,
auch hier, obwohl im Umkreis von hundert Meilen nur wenige Häuser stehen
– und die sind meistens verlassen. Nachmittags mache ich eine Pause am Straßenrand, die
meinen Augen ganz gut tut, ich kann danach die Klebeband-Vierecke von der
Brille für eine Stunde wieder runtermachen. Als ich am späten Nachmittag die Grenze zwischen New
Mexico und Texas überquere, sind es nur noch ein paar wenige
Autobahn-Kilometer durch El Paso hindurch und ich bin am heutigen Motel8 für
68 $. Ich esse in einem miesen Arby‘s auf der anderen Straßenseite.
Leider kann ich kein Fenster in meinem Zimmer öffnen.
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