Sonntag, 7. November 2010
Safford, AZ – El Paso, NM  (253 Meilen)


Auch heute stehe ich, wie jeden Tag, zusammen mit der lieben Sonne um halbsieben auf. (Meistens bin ich dann um kurz nach acht schon wieder unterwegs.) Deshalb nehme ich mir, wenn irgendwie möglich, immer mein Hotelzimmer in östlicher Richtung. Dann werde ich wenigstens von der Sonne geküßt. Es gibt immerhin ein Continental Breakfast. Eine alte Dame kommt mit mir ins Gespräch. Merkwürdig, sie hält mich wegen meines Akzents wirklich für einen Kanadier.

Jeden Morgen ist es jetzt kälter. Heute Morgen ist es um die 50°F frisch, also so um die  10°C.

Im hiesigen WalMart erwerbe ich eine weitere, noch dunklere Sonnenbrille, die zweite. Sie mildert die Sonnenstrahlung etwas besser. Und ich hoffe, daß sich die Augen gestern etwas regeneriert haben. Deshalb beschließe ich, mein ursprüngliches Ziel nun doch anzusteuern und fahre wieder in südöstlicher Richtung zurück zur mexikanischen Grenze runter.

Leider bringt die neue Sonnenbrille auch nicht viel, die Augen schmerzen wieder ab elf Uhr, jeder der vielen Sonnenreflexe aus dem Armaturenbrett bereitet mir zusätzliche Höllenqualen. (Warum haben die Ford-Konstrukteure hier nur so viele Chromteile eingesetzt? Die fallen einem sonst nie auf.) Deshalb kaufe ich mir unterwegs in einer kleinen Tankstelle Klebeband. Leider haben sie hier kein normales Isolierband, es gibt hier nur ein durchsichtiges rotes Klebeband, mit dem man Risse in Rücklichtern überkleben kann. Ich nehme es doppelt, klebe es links und rechts in den äußeren Sichtbereich der Gläser und habe jetzt natürlich nur noch einen sehr engen Sichtwinkel.

(Ich bin ja inzwischen längst ein erfahrener Traveller: Deshalb habe ich für Notfälle immer ein bißchen Werkzeug, Draht, Kordel und Klebebänder dabei, um einfache Reparaturen vornehmen zu können. Nur diesmal nicht, „brauch ich ja bei einem neuen Auto nicht!“ dachte ich Blödmann zu Hause beim Packen.)

Das Klebeband hilft, aber nur wenig. Ich mache jetzt auch oft abwechselnd ein Auge zu, eins ganz und das andere halb, damit sich die Augen schnell etwas erholen können, was aber nicht ganz ungefährlich ist, denn ich sehe mit dem halben Auge natürlich nur noch ungenügend; z.B. Kleinteile oder drahtige Reifenreste, die ständig auf der Straße herumliegen, würden so natürlich viel zu spät von mir erkannt werden.

 

USA Reise November 2010

 

Ich bin inzwischen in New Mexiko, auf einer schmalen Straße, der 9, die haarscharf und wirklich nur zwei, drei Meter neben der unsichtbaren Grenze entlang läuft. Ein Wunder: Keine Check Points weit und breit. Kein einziger! Aber ein „Blimp“, ein Luftschiff aus Gummi schwebt an einem Seil hoch oben in der Luft.

Prallluftschiff – Wikipedia

Ich nehme an, daß hiermit alles überwacht wird, noch schärfer als bisher, nur nicht so lästig. Muß ja so sein, wenn die Grenze so hautnah an der Straße verläuft.

Hier gibt es keinen einzigen Baum, keinen Schatten, nur Wüste, Steppe und kahle Berge. Offensichtlich habe ich die richtige Straße ausgewählt, nur ein, zwei Autos pro Stunde kommen mir entgegen. Aber: Trotz aller Einsamkeit sieht man immer mal wieder einen Radfahrer, auch hier, obwohl im Umkreis von hundert Meilen nur wenige Häuser stehen – und die sind meistens verlassen.

Nachmittags mache ich eine Pause am Straßenrand, die meinen Augen ganz gut tut, ich kann danach die Klebeband-Vierecke von der Brille für eine Stunde wieder runtermachen.

Als ich am späten Nachmittag die Grenze zwischen New Mexico und Texas überquere, sind es nur noch ein paar wenige Autobahn-Kilometer durch El Paso hindurch und ich bin am heutigen Motel8 für 68 $. Ich esse in einem miesen Arby‘s auf der anderen Straßenseite. Leider kann ich kein Fenster in meinem Zimmer öffnen.

 

USA Reise November 2010

 

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