Samstag, 6. November 2010
Nogales, AZ – Safford, AZ  (249 Meilen)


Juchhu, ich bin nicht blind geworden! Die Augen sind wieder wie neu! Ich könnte vor Freude Bäume ausreißen! Wenn es hier welche gäbe…

Nach dem hauseigenen Hot Breakfast muß ich ein paar Besorgungen machen. Aber erst einmal finde ich einen zusammengefalteten Dollar-Schein auf dem Parkplatz. (Ich finde in Amerika ja ständig Geld, sonst zwar meistens nur Münzen, das meiste auf den Motel-Parkplätzen, aber da kommen schon reichlich Dollar und andere Währungen zusammen…)

Hier am Ortsrand gibt es einen WalMart, wo ich endlich die dringend benötigten Augentropfen, Nasenspray, Getränke und eine neue stärkere Sonnenbrille erwerbe.

Auch heute gibt es natürlich nur Sonne, viel Sonne, zu viel Sonne. Die Nacht war sehr kalt, saukalt, morgens mußte ich sogar das Fenster zuschieben und die Heizung anmachen. (Ich decke mich auf meinen Reisen ja immer nur mit meiner stets mitgenommenen Frotteedecke zu.) Jetzt, beim Abfahren, sind es auch erst 53°F (11°C).

Weil ich mir aber doch inzwischen ernsthaft Sorgen um meine Augen mache, frage ich mich, ob ich meine Planung ändern soll. Ich wollte ursprünglich ja nur nach Osten fahren. Das würde bedeuten, schon gleich am Morgen grelle Sonne in die Augen. Das sollte ich wohl besser mal vermeiden. Ich halte die Schmerzen kaum noch aus. In Tombstone halte ich erst gar nicht an, denn ich habe die Schnauze endgültig voll und biege kurzerhand ab. Ich fahre jetzt nach Norden, über die 82 und 83 (Patagonia Scenic Highway) zurück zur Autobahn I 10 und dann weiter nach Norden rauf und über die 191 nach Safford. Mein Dach schließe ich ab elf Uhr, um die Augen zu schonen. Sie danken es mir mit etwas weniger Schmerzen.

Ich überlege schon, ob ich nicht überhaupt meine Planung über den Haufen werfen und einfach nach Norden in die Gegend des Grand Canyon fahren soll. Aber die letzten Wetterberichte sahen nicht gut aus, es soll dort oben schon reichlich viel Schnee geben und der würde sich nicht gut mit meinen Sommerreifen vertragen. Der Norden Arizonas muß daher tabu bleiben. Colorado auch. Alles viel zu hoch. (BTW: Phoenix und Tuscon und andere Großstädte will ich auch nach Möglichkeit vermeiden und mache lieber große Bögen drumrum.)

Heute muß ich wieder mindestens fünf lästige Border Police Stations über mich ergehen lassen. Die gehen mir inzwischen immer mehr auf den Sack. Die Beamten fragen mich jedes Mal, ob ich Citizen (amerikanischer Bürger) bin, woher ich komme und wohin ich will. Was soll das? Ich habe keine Lust, korrekte Antworten nach dem Woher/Wohin zu geben, erfinde lieber etwas. Wen geht das etwas an? Deshalb denke ich mir immer neue Ziele aus, die auch immer kommentarlos akzeptiert werden, z.B. Seattle oder Boston, weit entfernte Städte, ganz oben im Norden bzw. Nordosten. Warum fragen die Spinner dann überhaupt?? Diese armen Menschen können sich gar nicht vorstellen, daß ein Tourist einfach so zum Spaß hier durch ihre öde Gegend fährt. Sie blättern dann immer sichtbar hilflos in meinem Paß herum und überlegen krampfhaft: Kann ich den Typ jetzt verhaften? Soll ich ihn erschießen? Oder muß ich ihn laufen lassen? Nur gut, daß sie sich dann immer richtig entscheiden. Bei einer Kontrolle muß ich den Hut abnehmen, bei einer anderen sogar die Sonnenbrille, wieder ein anderer fragt, wo ich geschlafen hätte?! Was geht das diese Leute an? Mit Verlaub: Das sind ja vielleicht A…löcher! Mannomann, da kann ich mich drüber aufregen. „Von denen krisch isch Plack!“ Ist doch wahr…

Um drei Uhr nachmittags  nehme ich mir ein Zimmer im Motel8 für runtergehandelte 58 $ und lege mich zu einem Nickerchen hin, weil ich sehr müde bin. Beim Einchecken muß ich dem Typ „Germany“ buchstabieren; soo blöd sind hier tatsächlich viele Menschen. Ich wundere mich bei diesen Gelegenheiten immer wieder darüber, wie Amerika zum mächtigsten Land der Erde werden konnte. Aber ständige TV-Werbung und fortwährendes Fastfood läßt halt viele Hirne schrumpfen und verblöden.

Ich selbst werde jetzt aber auch so langsam zu einem richtigen Schussel, denn beim Gepäck-Ausladen lasse ich, zum ersten Mal, den Zimmerschlüssel auf dem Bett liegen und muß mir einen neuen besorgen, der dann aber nicht funktioniert. Der dritte öffnet mir dann wieder meine Zimmertür.

Abends sind meine Augen wieder OK und ich fühle mich total ausgeschlafen. Nebenan esse ich schlecht in Jerry’s Restaurant, aber es gibt wenigstens einen kleinen Preisnachlaß für Motelgäste.

Im TV kommt ein Bericht über die Eröffnung der neuen imposanten und aufregenden Brücke über den Hoover-Dam gestern oder vorgestern. Wieder einmal eine Superleistung der Amerikaner! Alle Achtung! Also das haben sie einwandfrei gemacht. Wir haben vor zwei, drei Jahren noch leibhaftig die dortige halbfertige Brücke und die Bauarbeiten gesehen. Hier gibt es viele interessante Fotos darüber und man kommt wirklich aus dem Staunen über die großartige Ingenieurleistung nicht heraus:

hoover dam bridge

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