Samstag,
12. September 2009
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Um
neun Uhr geht es wieder gutgelaunt los. Au
revoir, Monsieur. Um die Ecke kaufe ich im winzigkleinen Supermarkt
ein paar Flaschen Trinkwasser. Direkt hinter dem Ort beginnt der Weg
gleich steil, sehr steil. Was heißt steil, der Weg geht fast senkrecht im
Zick-Zack und unter unzähligen Bäumen an einem Berg bis auf über 1.000
Meter hoch. Noch Stunden später höre ich die Hunde aus unserem Ort und
sehe weit unten im Tal unser Dorf und unser Hotel. Hanni macht die
Steilheit des Berges nicht viel aus, aber sie hat ja auch einen
Vier-Pfoten-Antrieb. Bei
jedem Schritt müßte eine Kalorie verbrannt werden. (Wäre schön!) So
gesehen machte die Quälerei Sinn. Eine F.X. Mayr-Diät ist bedeutend
teurer. Jedenfalls äußerte meine Freundin Elfie entsprechende
Andeutungen. Trotzdem, ich habe bestimmt schon jede Menge abgenommen.
Endlich
sind wir oben angekommen. Hier oben bestaune ich ein „Kunstwerk“ aus
mehreren senkrechten Stangen aus schwarzem Holz. Wer außer mir soll das
sehen und dann auch noch bewundern?
Ab
hier geht es zum Glück eben und leicht bergab auf einem Fahrweg weiter.
Das Leben ist schön. Doch dann eine inzwischen ganz ungewohnte Begegnung.
Zum ersten Mal kommen mir zwei Menschen entgegen. Die Sonne strahlt ganz
schön heftig. Gut, daß ich mich wie immer dick eingecremt habe. Wie so
oft frage ich mich auch jetzt wieder, ob Hunde Sonnenbrand bekommen können.
Ich glaube, so etwas irgendwann mal gelesen zu haben. Neger sollen
(prinzipiell) ja auch Sonnenbrand bekommen können. (Und ich sage ausdrücklich
„Neger“, denn für mich bleibt ein Neger ein Neger, zumal ich es auf
keinen Fall abwertend meine. Und, man möge mir meine Unflexibilität
nachsehen, auch für Eskimos, Lehrlinge, Putzfrauen und, ganz neu, auch für
Hausfrauen werde ich mir auf keinen Fall neue Bezeichnungen angewöhnen!)
Am Nachmittag dann ein neues Drama! Der „Weg“, der im übrigen kaum zu erkennen ist, geht schon wieder sehr steil nach unten, dazu liegt hier jede Menge Schiefergeröll herum, also höchste Gefahr auszurutschen und sich zu verletzen. Trittsicher erscheinende Steine entpuppen sich immer wieder als gefährliche Gesellen, die mir ständig unter den Füßen wegrutschen. Endlich sind wir unten im Tal an einem Haus. Hier ist bestimmt der Hof, in dem wir übernachten. Aber keiner da, die Tür ist unverschlossen, niemand antwortet auf mein Rufen. Ich warte eine viertel Stunde auf der Terrasse und suche dann erneut nach Menschen. Zum Glück finde ich jemand in einem der zahlreichen Anbauten. Nein, wir sind falsch hier, wir müssen noch ein Stück am Bach runter. Um
4 Uhr sind wir am Ziel, einem außergewöhnlich sauberen und aufgeräumten
Ensemble, das aus mehreren zusammenhängenden Häusern besteht. Bonjour,
Monsieur. Der Chef zeigt mir gleich unsere Räumlichkeiten. Das Zimmer
ist fantastisch, schön, modern, riesig, sonnig, sauber und besonders
liebevoll eingerichtet. Das Wasser im Kühlschrank ist kostenlos, das Cola
(lecker, in kleinen Glasfläschchen!) muß man bezahlen. Alles das ist
recht erstaunlich für französische Verhältnisse. Nur Fernsehen gibt es
keins, weil die Antenne nur terrestrische Sender empfängt. (Brauch ich
auch nicht.)
Doch was ist das? Qu’est-ce que c’est? Mein Gepäck ist nicht da! Immer noch nicht da! Doch das ist mir egal, ich will jetzt erstmal nur Schlafen. Der Hund darf nicht aufs Bett! Pas de chiens sur le lit! Der Patron verbietet es ausdrücklich. Wie soll ich das Hanni erklären? Trotzdem, ich verspreche es natürlich, ich würde jetzt alles versprechen, nur, um meine Ruhe zu haben… Nach zwei Stunden Schlaf wache ich erholt auf und sehe mal vor die Tür. Richtig, Gepäck ist da. Später stellt sich heraus, daß es am Morgen ein Mißverständnis gab. Der Wirt hatte ein falsches Ziel verstanden und das Gepäck dorthin gebracht. Der neue Patron hat das telefonisch geklärt und freundlicherweise meine beiden Taschen über viele unwegsame Wege hergeholt! Schön ist es hier, wunderschön, und so ruhig, geradezu eine Idylle, ich fühle mich nach dem Schläfchen sehr wohlig, hier würde ich gerne deutlich länger bleiben. OK, morgen und eine weitere Nacht bleiben wir ja noch hier, aber dann geht es leider wieder weiter. Mal
sehen, was es hier zu essen gibt. Der Patron wartet schon auf Hanni und
mich. Wir sitzen im Freien, in einem winzigen Innenhof, durch Mauern und Wände
gegen die abendliche Kühle geschützt. Bon
Appétit! (Guten Appetit!) Das
Abendessen ist einfach, aber sehr schmackhaft: Es gibt nur einen Salat mit
Oliven, Schafskäse und Tomaten. Dazu ein einfacher aber ausgezeichneter
Rotwein, wie es ihn in Frankreich ja noch manchmal gibt. Gegen den Durst
ein herrlich kühles Wasser aus der Leitung, das etwas „sauer“ (im
Gegensatz zu basisch) sein soll. Ich merke nichts davon. Als Nachtisch
gibt es selbstgemachte Prune-Tarte,
dünner Kuchenteig, der mit Renecloden (Pflaumen) belegt ist. Der Patron lebt hier übrigens ganz allein. Von ihm erfahre ich, daß ich mit dem Wetter Glück habe, erst Mitte nächster Woche soll es kühler und regnerischer werden. Vor
meinem Zimmer steht eine bequeme Gartenliege. Dazu hole ich mir nach dem
Abendessen eine bereitliegende Decke und kann mit größtem Genuß meine
Zigarre rauchen und den Sternen bei ihrer Wanderung durch den Himmel
zusehen. Hanni hat eine Extra-Decke, in die sich hineinkuschelt. Nur ihr Köpfchen
guckt noch raus. Schade, aber das wird für lange Zeit meine letzte
Zigarre sein. Zum Glück weiß ich nicht, welch schlimme Zeit demnächst,
zu Hause, auf mich zukommen wird…
Bon nuit, gute Nacht. Erneut ist unsere Zimmertür nicht abschließbar. Zu unser beider Sicherheit stelle ich aber einen kleinen Holzschemel davor. Der machte genug Krach, falls ein Fremder die Tür aufschöbe. Hanni knurrt des Nachts mal wieder öfters… |