Mittwoch,
11. März 2009 Guerrero Negro – Loreto (279 Meilen) |
Eisiger
Fahrtwind peitscht uns in die Gesichter, harte Wellen hämmern gegen
unsere kleine Nußschale. Der Bug steigt ständig in die Höhe, nur um
dann um so härter wieder aufs Wasser aufzuschlagen. Immer und immer
wieder. Warum bin ich Blödmann eigentlich nicht zu Hause im Hotel
geblieben?? Von unserer Gruppe bin ich der einzige hier im Boot. Alle
andern sind in einem anderen Boot, das aber keinen Platz mehr für mich
hatte, weil ich wie immer mal wieder etwas langsam und somit der letzte
war. Ich sitze steuerbords. Und
dann sehen wir sie, immer wieder taucht eine der friedlichen Wal-Mütter
mit ihrem „kleinen“ Baby neben unseren Booten auf. Ab und zu lassen
sie sich sogar streicheln. Nur nicht von mir, weil ich auf der falschen
Seite sitze. Aber einer hat Erbarmen, kommt auf die rechte Seite des
Bootes – und läßt sich tatsächlich lange von mir streicheln. Ich ändere
daher meinen zweiten Vornamen ab sofort in „Walstreichler“, oder
noch besser, füge meinem Namen „der die Wale streichelt“ bei. Also
habe ich ausnahmsweise doch mal auf der richtigen Seite gesessen. Leider
kann ich nicht streicheln und gleichzeitig fotografieren. Schade. Ich
habe mir so einen Grauwal immer glitschig wie einen Fisch vorgestellt,
ja, ich weiß, es ist ein Säugetier, und so faßt sich eine Wal-Mama
auch an, wie eine behaarte Frau, äh, wie eine Tiermama, eine ganz
riesige, bis zu 15 m lang und entsprechend schwer, weit über 30 Tonnen.
Doch
sie fühlt sich eigentlich gar nicht naß an – und schon gar nicht
glitschig!! Eher etwas ledrig. (OK, ich erspare es mir, jetzt noch
einmal den Vergleich mit einer Frau zu erwähnen…) Auf jeden Fall fühlt
sich so ein Wal merkwürdig und interessant an, ungewohnt, geradezu
einmalig! Wir sind alle total fasziniert. Wale sollen übrigens früher,
ganz ganz früher, Landtiere gewesen sein, sog. Paarhufer, deshalb die
Haare, die ihnen trotz Evolution immer noch geblieben sind. Inzwischen
freue mich natürlich längst, die Tour hier mitgemacht und hautnah
erlebt zu haben. Die Wale sind übrigens nur im Frühjahr hier, am
besten sollen Februar und März sein, sonst sind sie die meiste Zeit
viel nördlicher im Eismeer zu Hause. Auf
dem Rückweg fahren die Boote noch an einer vollbesetzten eisernen
Liegefläche mit schläfrigen Seelöwen vorbei. Die
Rückfahrt im Bus dauert leider genausolange wie der Hinweg. Ich
erfahre, daß eine Mitfahrerin im andern Boot von Seekrankheit befallen
worden war und den Walen (und/oder Neptun) eine Spende geopfert hat,
d.h. rückwärts gegessen hat. Jetzt
ist endlich Zeit zum Frühstück. Und dann geht es wieder weiter, ab
hier erneut landeinwärts, durch weite Sandwüsten mit vielen Kakteen
und großen Gebirgen im Hintergrund. Wir fahren heute von der West- zur
Ostküste rüber. Die Straße ist jetzt nur noch eine einzige Gerade mit
ganz seltenen winzigen Knicken. Unser Mittagessen nehmen wir unterwegs
in Ciudad Insurgentes ein. Kurz
vor Santa Rosalía geht es eine Paßstraße hinab und wir können
endlich mal wieder durch ein paar gute Kurven hindurchwedeln. Die Straßen
hangelt sich an schroffen Felswänden entlang den Berg hinunter. Claudia
sitzt heute nachmittag ausnahmsweise mal im Auto. Wir fahren durch die
wilde Landschaft am warmen Golf entlang und genießen ein paar
traumhafte Ausblicke auf verschwiegene Sandbuchten, während die Sonne
langsam tiefer sinkt. Nach den endlos langen
Geraden gibt es endlich wieder mal ein paar Kurven, aber es sind zu
wenige und es sind auch keine Herausforderungen dabei. Trotzdem: Dies
ist definitiv die für mich schönste Etappe der ganzen Reise. Wie
jedes Mal muß man eine hohe Stufe vom staubigen Straßenrand zum
Asphalt rauffahren. Und weil ich das Moped etwas schonen und ihm nicht
wehtun möchte, fahre ich langsam, ganz langsam, zu langsam rauf und die
Maschine fällt um. Ja, ich weiß es auch: „Ist
Dein Moped zu schwer, bist Du zu schwach!“ Wenn so eine Peinlichkeit
passiert, dann natürlich mir… Vor
Wut über meine erneute Blödheit hebe ich das Moped alleine hoch. (Wut
über sich selbst verleiht offensichtlich Bärenkräfte!) Aber natürlich
ist dem Moped nichts dabei passiert, es ist ja eine GoldWing! Unser
Hotel für heute abend entpuppt sich als ungewohntes Nobel-Hotel.
Eigentlich ist es ein großes Golf-Resort. Es liegt inmitten einer
riesigen Baustelle, ein komplett neuer Ort wird hier gebaut, aber nach
etwas Sucherei in der Dunkelheit ist es bald gefunden. Die
Zimmer sind sehr gut ausgestattet, endlich mal wieder mit Föhn und
allem Drum und Dran. Abendessen im Hotel-Restaurant. Unser erster Drink
ist gratis. Meine
Zigarre kann ich am Nebentisch rauchen. Jan ähnelt Heintje, Volker
ginge als Bruder von Marius Müller-Westernhagen durch, sinniere ich,
allein am Tisch sitzend und die andern beobachtend, vor mich hin. Wenn
mir das blöde Moped nicht umgefallen wäre, wäre ich jetzt glücklich. |