Tag
3 Donnerstag,
14. April 2011 Ein
Tag in Petra Petra
ist eine weit über 2.000 Jahre alte Nabatäerstadt. Die alten Nabatäer
waren ein Volk von Kaufleuten und haben zwischen 300 vor und 300 nach
Christus gelebt. Es gab keine Sklaven und keine Menschenopfer, wer fleißig
gearbeitet hat, wurde gut bezahlt, Faule wurden bestraft. (Müßte man bei
uns auch einführen...) Unseren
Weckruf erhalte ich pünktlich um
6:30 Uhr, Abfahrt um 8:00 Uhr. Wir behalten heute unsere Zimmer im
Hotel und fahren erst Morgen endgültig weiter. Kühl ist es heute Morgen
mit 17 Grad, aber ich bin sicher, es wird heiß. Die
Reiseleiter bemühen sich, alle Fragen zu beantworten und alle Anliegen zu
erledigen. Vor
dem Eingangstor der Ausgrabungsstätte herrscht großer Andrang, wieder
sind viele Sprachen zu hören, auch viele Asiaten sind da. Der Eintritt
ist inzwischen sehr teuer geworden und kostet lt. Atef unglaubliche fünfzig Dinar,
also ca. fünfzig Euro pro Person. Und das bei niedrig geschätzten
oft drei- bis fünftausend Besuchern pro Tag, also bestimmt über einer
Mio. Besucher jährlich. Hier sprudelt auf jeden Fall eine reiche
Geldquelle. (Fast wie Graceland, nur daß man hier, im Gegensatz zu Elvis' Haus,
bestimmt vergleichsweise eher niedrige Unterhaltskosten hat.) Für
Interessierte hier eine etwas ausführlichere Information über die
Gestaltung der Eintrittspreise in Petra: www.Reisenews-Online.de, 15.01.2010:
Besucher
(individuell oder in der Gruppe), die eine Übernachtung in Petra
vorweisen können bzw. mit einer Kreuzfahrt unterwegs sind, zahlen für
ein Ein-Tages-Ticket jetzt 33 Jordanische Dinar (JD; entspricht derzeit
ca. 32,5 EUR), für zwei Tage 38 JD (ca. 37 EUR) und für drei Tage 43 JD
(ca. 42 EUR). Ab
dem 1. November 2010 sind es für einen Tag 50 JD (ca. 49 EUR), für zwei
Tage 55 JD (ca. 54 EUR) und für drei Tage 60 JD (ca. 59 EUR). Tagesbesucher
zum Beispiel aus Israel oder Ägypten müssen noch tiefer in die Tasche
greifen: Für ein Ticket zahlen diese dann 40 JD (ca. 39 EUR), ab dem 1. März
2010 60 JD (ca. 59 EUR) und ab dem 1. November 2010 sogar 90 JD (ca. 88
EUR). Petra
Syrien - Google-Suche mit vielen Fotos Wer
möchte, darf das erste Stück des Weges auf einem Pferd reiten. Nur ganz
wenige Besucher trauen sich; ist ja klar, ich muß es natürlich
probieren. Aber der Sattel ist etwas hart und unbequem. Weil
ich dadurch etwas vor meiner blauen Gruppe bin, schließe ich mich einfach
der roten Gruppe an, die etwas vorneweg läuft – und sie erlauben es
ausnahmsweise auch. Es herrscht offenbar strenge Gruppendisziplin… Man
wandert dann durch den „Siq“, eine tiefe enge teils nur zwei Meter
breite und über 1,2 Kilometer lange Sandsteinschlucht mit hohen
Felswänden. Teilweise läuft man auf den uralten Pflastersteinen. Ich war
schon früher davon hellauf begeistert. Ein bißchen fühle ich mich an
den Antilope Canyon in der Nähe von Page erinnert. Nur die vielen Leute
stören etwas. Hier wie dort. Dazu kommen jede Menge Reiter und Kutschen,
die sich mit uns zusammen durchquetschen. Die armen Pferde und Esel tun
mir leid, die sich auf dem Rückweg reichlich bergauf quälen müssen. Und
bergab eigentlich auch, denn das Kopfsteinpflaster ist sehr rutschig für
die bedauernswerten Tiere mit ihren eisenbeschlagenen Hufen. Ich
entdecke ja gerne irgendwelche Tierfiguren in Steinen und Bergen. Hier
habe ich wieder einmal Glück und erkenne einen riesigen liegenden
Elefanten, (oder sind es zwei?): Nach
einiger Zeit öffnet sich die enge Felswand ganz unerwartet zu einem etwas
breiteren Spalt und der Wanderer erkennt die prunkvolle Fassade eines
phantastischen Tempels im hellen Sonnenlicht. In Wirklichkeit ist es das
monumentale „Schatzhaus“. Ich lausche erstmal den Erklärungen unseres
Guides. Hier wurde ein imposantes Grabmal („Khazne al-Firaun“) für
einen König aus dem massiven Felsgestein eines Berges geschlagen, das 40 Meter
hoch und 30 Meter breit ist, mit mächtigen Säulen und allem Drum
und Dran. Vielen
Menschen dürfte Petra im Übrigen vor allem dadurch gut bekannt sein, daß
das Schatzhaus im Film „Indiana Jones und der letzte Kreuzzug“ als
monumentaler Eingang zum Gralstempel diente und Harrison Ford zusammen mit
Sean Connery „hineinging“, obwohl in Wirklichkeit nur eine kleine
leere rechteckige Höhle hinter der Fassade liegt. Überall
hier in Petra sind unzählige (über hundert) eindrucksvolle Gebäude und
Tempel aus den herumstehenden Berghängen herausgemeißelt worden. Außerdem,
(natürlich, so etwas darf nicht fehlen, wo Menschen früher zusammen
kamen,) ein riesiges Amphitheater mit tausenden von Sitzplätzen. Als
Zugabe bekommt jeder beeindruckte Besucher massenhaft prachtvolle Torbögen,
Treppen, Bäder, Grabhöhlen und Bewässerungskanäle geschenkt. Ich bin
restlos fasziniert von der Kunst der alten Nabatäer! Ich frage mich dann
immer, wie die Leute das früher gemacht haben. Wie haben die nur all die
Steine und Felsen mit ihren primitiven Werkzeugen und in dieser Perfektion
bearbeiten können? Und transportiert? Die hatten ja noch nicht einmal ein
einfaches Blatt Papier, keinen Bleistift, keinen Zollstock, noch nicht
einmal einen professionellen Hammer mit einem vernünftigen Stiel.
Geschweige denn all die anderen notwendigen Werkzeuge. Was wird wohl aus
unserer Zeit nach weiteren zweitausend Jahren noch in dieser Perfektion zu
sehen sein? Und
die Natur wetteifert mit den Menschen und zeigt uns phantastische
Sandsteinfelsen in allen Rot- und Brauntönen, an manchen Stellen wie
gemalt, an manchen Stellen wie riesige Edelsteine. Hier
kommt mir, wie schon damals bei meinem ersten Besuch vor ein paar Jahren,
der Begriff „eine Inflation der sensationellen Anblicke“ in den Sinn,
weil es einfach zu viele der eindrucksvollsten Sehenswürdigkeiten gibt.
Ich bin jetzt zum zweiten Mal hier und bin erneut total ergriffen und vor
Begeisterung ganz aus dem Häuschen. Ich
bin auf einem fremden Planeten. Es
dauert Stunden, die naheliegendsten Baudenkmäler aus der nabatäischen, römischen
und griechischen Geschichte auch nur kurz und von weitem anzusehen. Vieles
muß ungesehen bleiben. (Man sollte für Petra am besten drei Tage
einplanen, oder wenigstens zwei.) Die Sonne brennt, für ein längeres
Verweilen ist es inzwischen längst zu heiß. Die Leute fotografieren, bis
die Kameraobjektive glühen. Ich auch. Aber die unzähligen Besucher stören
immer mehr. Und noch mehr die massenhaften fliegenden Händler, darunter
viele Kinder. Alle wollen etwas verkaufen, Geld tauschen, bieten Pferde-
oder Eselritte oder Kutschfahrten an. Es ist alles etwas unangenehm. Unser
Mittagessen erhalten wir in einem Restaurant unten im Tal. Ingrid füttert
zwischendurch ein paar wilde Katzen aus extra für sie mitgebrachten Sheba-Dosen.
Über
einen kleinen Umweg erfahre ich, daß sich Mr. Tilley persönlich,
Erfinder der gleichnamigen patentierten (teuren) Hüte für Globetrotter,
hier in Petra aufhält und einen seiner Hüte dessen glücklichem Besitzer
signiert. Der Kenner weiß, welche Hüte ich meine. Auf meinem Foto trägt
er natürlich eine seiner eigenen Kopfbedeckungen: Danach
steigen wir zu zwölft und unter Ingrids Führung einen steilen und oft
engen Bergpfad mit achthundert Treppenstufen zum Monastir Ed-Deir
(Kloster) hinauf; in Wirklichkeit ist es ein weiterer monumentaler
Grabtempel. Auf den ersten Blick ist er dem Schatzhaus sehr ähnlich. Ich
spüre es ganz deutlich: Ich war ja schon ein paarmal an Magischen Orten.
Petra ist auch einer! Ganz sicher! Der
weitaus größere Teil (28 Leute) unserer beiden Gruppen ist derweil unten
geblieben; wir anderen quälen uns steil bergauf. Als es besonders eng und
steil wird, reichen mir zwei kleine Mädchen die Hand zur Hilfe; das
kostet dann gleich je einen Euro… Dann
geht es noch ein bißchen weiter hinauf, jetzt ohne größere
Anstrengungen, und, Ingrid verspricht es und es ist zu meiner
Erleichterung auch wahr, ohne weitere Stufen bis an ein paar atemnehmende
Aussichtspunkte. Steil kann man hinunterblicken und das Jordantal ganz
weit im Westen vermuten ‑ leider ist es viel zu dunstig, trotz
des Windes. Sogar hier oben gibt es ein „Restaurant“. Zur Belohnung
spendiert Ingrid hier oben jedem erfolgreichen „Bergbesteiger“ einen
Drink aus ihrem Firmenbudget, das sie zur freien Verfügung dabei hat. Ich
höre, wie eine Frau nach einer Toilette fragt. Als Antwort bekommt sie
„Nature…“ und den pragmatischen Rat, auf die Windrichtung zu achten.
Ich empfehle daher jedem Petra-Besucher, rechtzeitig vorher die im Übrigen
akzeptablen Toiletten im Tal zu besuchen. Ich
erfahre, daß die letzten Einwohner Petras zwischen 1960 und 1980
umgesiedelt wurden. Für sie wurden in der Nähe stabile Steinhäuser
errichtet, die man drüben auf einer Anhöhe sehen kann. Petra
war lange dornröschenmäßig unter hohem Wüstensand begraben. Erst 1812
hat der Schweizer Johann Ludwig Burckhardt die Stadt wiederentdeckt. Viele
Geheimnisse sind noch immer mit Sand und Geröll bedeckt und warten sehnsüchtig
darauf, später im Laufe der Zeit endlich wieder freigelegt zu werden. Für
zukünftige Forscher soll es hier auf jeden Fall noch viel auszugraben und
zu entdecken geben. Schreck:
Bei all der Kurzweil ist es inzwischen später Nachmittag geworden. Ich
bin etwas zurückgeblieben, als ich unten endlich auf die Uhr eines
anderen Besuchers spähen kann. Um fünf Uhr sollen wir spätestens am Bus
sein. Die anderen Leute unserer Gruppe sind schon lange nicht mehr zu
sehen, da heißt es Gas geben, es geht leicht bergauf, wieder im Strom
vieler anderer Menschen, die alle zusammen mit mir zu ihren Bussen zurückstreben.
Dazwischen einheimische Guides, Kinder, Esel, Pferde, Kutschen. Leider bin
ich mal wieder etwas spät dran, wie immer, ich weiß auch nicht, warum
mir das immer wieder passiert. Aber die Mitreisenden im Bus haben später
ein Herz mit mir und meckern nicht bzw. kaum… Um
18 Uhr sind wir zurück im Hotel. Ich bin ganz schön groggy. Abendessen
um sieben; Zigarre um neun. |