Sonntag, 19. April 2009 Florence – Jackson, 298 Meilen |
Alabama
liebt uns ganz und gar nicht! Pünktlich zu unserer Abfahrt setzt Regen
ein - und zwar reichlich! So etwas bin ich von den USA gar nicht
gewohnt. Aber ich habe ja meine neuen Schuhe und die bewähren sich
jetzt gleich sehr gut. Außen: Naß, sehr naß. Innen: Absolut
wasserdicht! Da kann es schütten, soviel es will. Meine Füße bleiben
trocken! (Schuhe sind überhaupt der einzige neuralgische Punkt an einer
GoldWing bei Regen, alles andere bleibt sowieso größtenteils trocken
– solange man mindestens 80 km/h fährt.) Der Weather Channel sollte
also recht behalten. Wir konnten uns schon reichlich Bilder von Überschwemmungen,
schwerem Hagel und anderen Wetterkatastrophen reinziehen.
Heute
am Sonntag gibt es noch weniger Verkehr auf dem Natchez Trace-Parkway
als gestern. Wegen des Regens halten wir unter einer Brücke an, aber da
er nicht aufhören will, geben wir nach und machen uns bald wieder auf
die Weiterfahrt. „Regen ist schließlich auch nur Wasser“ wie Haiko
es auf den Nenner bringt. Fotos sind so natürlich nicht möglich.
Trotzdem jauchze ich unterwegs vor Freude, denn es ist wenigstens nicht
kalt. Gut, daß Uwe mich nicht hören kann, er würde mich schon wieder
für total bekloppt erklären.
Unter
diesen widrigen Umständen tut es uns nicht leid, Alabama schon gleich
wieder nach 60 km verlassen zu müssen und die imaginäre Grenze nach
Mississippi zu überqueren. In Tupelo müssen wir natürlich Station
machen. Hier ist immerhin das Haus, in dem Elvis (1935) geboren worden
ist. Elvis? Ja, Elvis Presley – The King Of Rock’n’Roll! Was
heißt übrigens „Haus“? Wer sagt Haus zu dieser kleinen weißen Hütte,
kleiner als mein Wohnzimmer, kleiner als eine Doppelgarage? Trotz oder
wegen des kurzen Platzregens überrede ich Uwe, uns noch eine halbe
Stunde unterzustellen und zu warten, bis der Elvis-Laden um eins
aufgemacht wird. Aber das hätten wir uns sparen können, genug
Elvis-Devotionalien habe ich ja schon damals in Graceland eingekauft.
Den Eintritt fürs Museum sparen wir uns dann auch, denn nach Rücksprache
mit ein paar Leuten scheinen sich die zwölf Dollar nicht zu lohnen.
Eine äußere Besichtigung der Anlage mit dem alten Plymouth dürfte
also den meisten Reisenden ausreichen. Im Prospekt lese ich, daß Elvis
1946 eigentlich ein Gewehr (.22 Caliber Rifle) bei Forrest L. Bobo,
einem Hardware-Store, kaufen wollte. Mutter Gladys überredete ihn dann,
sich statt dessen mal lieber die Gitarre daneben anzusehen, die er dann
gleich ausprobierte. Das Gewehr wurde übrigens gar nicht erst von der
Wand genommen… Tupelo,
Nashville, Memphis (und Graceland) – all diese wichtigen Elvis-Orte
zwischen Geburtsort und letzter Ruhestätte liegen hier ziemlich dicht
beieinander. Was ein Glück für die meisten Menschen! Was wäre sonst
aus Elvis geworden? Und was aus uns ohne Elvis?? Ja, OK, es soll
Menschen geben, die Elvis Presley nicht kennen, nicht mögen, nichts von
ihm wissen wollen. Ich verzeihe ihnen. Aber Elvis hat nun mal die Welt
mit seiner Musik verändert! Etwas nachdenklich bin ich beim Losfahren,
denn ich vermisse ihn sehr.
Aber ich tröste mich, denn wir wissen ja alle: Elvis lebt!
Wenn
Engel reisen, dann kriegen sie auch das Wetter, das sie verdient haben:
Natürlich Sonne. Die kommt dann am frühen Nachmittag extra für uns
heraus. Die feuchten Klamotten trocknen rasch im Fahrtwind und ebenso
schnell bessert sich auch unsere Laune, die ja im übrigen gar nicht
schlecht war, (siehe weiter oben), denn Regen macht einem ja auf einer
GoldWing nichts aus!
In
einem Pizza-Hut fragt ein provokantes Werbeplakat: „Wo steht die größte
Autofabrik der Welt: Japan? No! Germany? No! Detroit? No!“ Sie steht
hier im Staat Mississippi und gehört Nissan, ca. 500.000 Fahrzeuge
sollen hier im Jahr gebaut werden. (Naja, jetzt, 2009, wahrscheinlich
auch nicht mehr…)
Schildkröten
sehe ich gelegentlich über die Straße krabbeln. Ab und zu und
eigentlich gar nicht mal so selten, schlängeln sich sogar Schlangen über
die Straße, es gibt dicke und dünne, kurze und lange, eigentlich wie
bei den Menschen, Frauen können das sicher bestätigen… Auch
an einem riesigen See, dem „Ross Barnett Reservoir“ kommen wir
vorbei.
Der
Natchez führt uns am späteren Nachmittag durch Jackson, der Hauptstadt
des US-Staates Mississippi. Wir haben Zeit und können uns die Stadt
ansehen. Mir fällt auf, in welch schlechtem Zustand hier mal wieder die
Straßen der Stadt sind. Aber das ist ja in den USA fast immer so, die
tollsten Hochhäuser und katastrophale Straßen direkt davor und drum
herum.
Ob
es das „Jackson“ aus dem Lied von Lee H. und Nancy S. ist? Hier ist
der Songtext: Lee
Hazlewood & Nancy Sinatra – "Jackson" Unser
Zimmer finden wir im Hampton Inn am Stadtrand. Ich kann den Zimmerpreis
immerhin um volle 50 $ auf 77 $ runterhandeln. (Später stellen wir
fest, daß dieser „Superpreis“ mit einem entsprechenden Coupon der
eigentliche Normalpreis gewesen wäre…)
Etwas überrascht sind wir dann über den Zustand unseres
Zimmers: Sollen wir etwa in diesen ungemachten Betten schlafen? Ist der
Zimmerpreis deshalb so niedrig? Nein, gottseidank wird das Zimmer noch
aufgeräumt werden; es war einfach nur vergessen worden. Also müssen
wir noch etwas warten und wollen erstmal essen gehen. Doch leider gibt
es hier in diesem County sonntags kein Bier! Nirgends! Sonntags nie!
Keinen Tropfen! Sonntags gibt es hier keinerlei Alkohol! Gelegentlich
sind die Amis wirklich sehr merkwürdig.
Wir
müssen deshalb reichliche sechzig Kilometer hin- und herfahren, damit
wir in der Stadt Jackson (= anderes County) an einer Tankstelle etwas
Bier bekommen, denn so trocken wollen wir abends auch nicht sein. Schon
gar nicht gezwungener Weise. Als wir endlich den Weg zurück gefunden
haben, gehen wir im Applebee’s nebenan essen. Hier gibt es natürlich
auch kein Bier am Sonntag. In der Speisekarte steht es zwar, aber es
darf unter gar keinen Umständen vom Personal (Todesstrafe!) an uns
herausgegeben werden. Ein
Polizeiauto steht vor unserem Hoteleingang, der schwarze Bulle steht
drinnen an der Registration und flirtet mit der Angestellten. Sein Motor
läuft die ganze Zeit, über eine Stunde lang, während ich meine
Zigarre draußen rauche. Das Wort „Klimaschutz“ ist in den USA
offensichtlich immer noch nicht angekommen. Aber meine Bierflasche muß
ich in eine lächerliche Papiertüte stecken, sonst bringt er mich
sofort in den Knast… Hier
im Hotel können wir endlich zum ersten Mal unser Fenster öffnen.
Entweder deshalb oder wegen der weichen Kissen schlafen wir sehr gut.
Endlich haben wir mal ein schönes Zimmer mit Flat Screen und allem. |