Samstag, 18. April 2009 Nashville – Florence, 173 Meilen |
Der
Weather Channel verspricht uns kein besonders gutes Wetter für unsere
Gegend. Dabei ist der Himmel wolkenlos blau, wenn es später auch etwas
dunstig wird. Während
wir auf unser Taxi warten, sehe ich mir noch einmal den Buddy Killen
Cyrcle an, nur ein paar Schritte von unserem Motel entfernt: Ein Denkmal
mit lauter nackten, eisernen, überlebensgroßen Menschenfiguren, die fröhlich
mit einander spielen, inmitten der Insel eines Kreisverkehrs. Debby und
Bellinda haben uns schon gestern abend, typisch für die prüden USA, über
kontroverse Diskussionen wegen der „zu realistischen“ Details der
nackten Figuren berichtet. Mir gefallen sie jedenfalls…
Unser
heutiger Taxifahrer kommt frisch aus dem Irak und lebt erst seit ein
paar Tagen hier in Nashville. Entsprechend umständlich gestaltet sich
unsere Fahrt zur Motorradvermietung; er muß Handy, Funkgerät und Navi
zu Hilfe nehmen. Um 10 Uhr sind wir endlich am Ziel. Die
Firma EagleRider entwickelt sich immer mehr zu einer kleinkarierten und
kundenunfreundlichen Firma. Nicht nur die Übergabe der beiden Mopeds an
uns dauert wie üblich wieder sehr lange. Nein, dieses Mal müssen wir
die Taxifahrt von unserem Hotel nach EagleRider auch noch selbst
bezahlen; bisher war der Transport zur Übernahme unserer Motorräder
stets im Mietpreis enthalten. Unsere entsprechende Frage wird von Ronnie
mit völliger Entrüstung abgelehnt. Noch schlechter: Die Firma sitzt in
Franklin, 20 km außerhalb der Stadt, also „jwd“ (= janz weit draußen).
Großspurige Reklame machen, während der Kundendienst (nämlich
„Dienst am Kunden“) immer mehr eingeschränkt wird. Ich bevorzuge
und empfehle deshalb immer mehr andere Motorrad-Vermieter, wie auch
schon auf meiner letzten Fahrt nach Mexiko. Mann, was war das dort eine
angenehme Anmietung unserer Mopeds! Geradezu ein Vergnügen! Ist halt
ein kleinkarierter Laden hier. Wir bleiben aber trotzdem gut gelaunt,
denn gleich beginnt unser Urlaub.
Doch
eine Verzögerung gibt es noch: Die Reifen an den beiden GoldWings sehen
nicht mehr allzu gut aus. Immerhin haben wir eine Fahrt mit mindestens
5.000 Kilometern vor uns, immerhin ein Drittel der normalen
amerikanischen Lebenserwartung. Wir fordern deshalb neue Reifen; sie
sind am Lager und Ronnie spendiert sie uns auch ohne groß rumzumachen.
Für beide Mopeds. Aber das bedeutet jetzt natürlich, noch länger
warten zu müssen. Zur Entschädigung für die Wartezeit leiht er uns
zwei kleine Shadows, damit wir damit die Gegend etwas unsicher machen können.
Leider bin ich etwas durcheinander und lasse meinen Rucksack mit meinen
gesamten Wertsachen im Restroom bei EagleRider stehen, was mir unterwegs
im WalMart nach einer viertel Stunde doch immerhin schon einfällt. Also
zurück, die beiden roten Ampeln kann ich dabei leider nicht berücksichtigen.
Ich habe Glück, der Rucksack steht noch dort, wo ich ihn vergessen
hatte. Der Urlaub fängt ja schon mal gut an…
Uwe
hat mich schon ein paar Mal darauf aufmerksam gemacht, dass es unterwegs
regnen könnte und auch im TV gab es ein paar entsprechende Hinweise
darauf zu erkennen, deshalb kaufe ich mir hier im Wal-Mart für 28 $ ein
Paar angeblich wasserdichte Schuhe. (Mit schlechtem Wetter habe ich gar
nicht gerechnet, hatte ich bisher eigentlich noch nie auf meinen Reisen
in den USA, jedenfalls nicht im Sommer, und habe mich deshalb auch gar
nicht darauf eingestellt.) Nach
unseren Einkäufen können wir um so entspannter durch die ländliche
Umgebung fahren und es genießen. Die Sonne scheint (noch) warm und so
macht uns die Spritztour reichlich Spaß. Obwohl: Die Mopeds sind wohl
eher für Zwerge ausgelegt. Bei mir geht es ja noch, aber Uwes Haltung
sieht definitiv nicht allzu bequem aus. Als
wir wie vereinbart um eins zurückkommen, sind unsere beiden GoldWings
natürlich immer noch nicht fertig. Ausgerechnet jetzt fällt den Leuten
ein, daß beide Mopeds auch noch gewaschen werden müssen. Es
ist fast drei Uhr nachmittags, als wir unsere Pferde gesattelt, sprich
die Mopeds bepackt haben und endlich losreiten/losfahren können. Wir
müssen etwas suchen, um den wirklichen Beginn (eigentlich ist es das
offizielle Ende) des Natchez Trace-Parkways zu finden, eine
entsprechende Beschilderung ist zu meinem Erstaunen nämlich nirgends zu
sehen. Unsere beiden GoldWings haben ausnahmsweise beide ein eingebautes
Navi (sowie Sitz- und Griffheizung), aber auch im Navi gibt es keine
Hinweise zum Natchez. Auf jeden Fall brauchten wir unsere von zu Hause
mitgebrachten Navis nicht anzubauen. Der Natchez ist übrigens ein alter
Handelsweg der Indianer zwischen den Städten Natchez und Nashville.
Wir
sind ja nicht blöd, deshalb sind wir dann doch bald auf dem richtigen
Weg. Der Natchez-Parkway begrüßt uns mit leichtem Regen. Die Leute bei
EagleRider haben uns wirklich reichlich Zeit gestohlen. Aber ein, zwei
Stunden später ist es dann wieder halbwegs trocken und wir können
unsere Fahrt genießen. An den unzähligen Overlooks halten wir oft an.
Auch einen Wasser“fall“ gibt es, der aber diese Bezeichnung ganz
augenscheinlich zu Unrecht trägt, denn er tröpfelt nur etwas vor sich
hin. Wir
fahren durch eine endlose Parklandschaft, die einfach jeden begeistern
muß. Wir beide sind es. Dieses gemütliche Fahren auf einer gepflegten
Straße mit immer neuen leicht geschwungenen Kurven ist angenehm und
macht sofort gute Laune.
Am
späten Nachmittag überqueren wir die Grenze nach Alabama, wo wir schon
wieder mit etwas Regen empfangen werden. Deshalb suchen wir nach einem
Motel. Aber das ist hier gar nicht so einfach, jede neue von weitem
sichtbare Leuchtreklame entpuppt sich beim näheren Hinkommen als
Versammlungshaus für eine der vielen religiösen Sekten, „Kirche“
will ich dazu nicht sagen. Erst in Florence finden wir dann endlich ein
Motel und darin ein Zimmer für (dank Triple-A-Card) ermäßigte 66 $.
Schon wieder läßt sich kein Fenster öffnen. Soll das auf unserer
Reise jetzt immer so bleiben? Abendessen
gibt es in einem mexikanischen Restaurant in der Nähe, wo wir ganz
passabel essen: Uwe Krabben als „Catch of the day“ und gegrillte
Austern für mich. Hier darf ich doch tatsächlich meine Zigarre mitten
im Lokal rauchen. |