Samstag, 03. Juli 2010
Clinton – Waterloo (285 Meilen)
Waterloo – Prairie du Chien (119 Meilen)

 


Den Rest bis Waterloo fahre ich bei sonnigem Wetter auf kleinen hügeligen Landstraßen. Erneut stelle ich fest: Iowa ist wirklich der eintönigste US-Staat, fast alle Straßen sind schnurgerade und schachbrettartig angeordnet, sie gehen meistens nur von Nord nach Süd bzw. von Ost nach West. Nur selten (und hauptsächlich am Rand zu den Nachbarstaaten) gibt es ein paar wenige kurvige Straßen. Und dazu nur Mais und Sojabohnen. Selten sehe ich mal ein paar wenige Rinder. Im Vergleich zu den meisten anderen US-Staaten ist Iowa einfach nur langweilig. Klingt komisch. Ist aber so. Hier wollte ich noch nicht mal leben wenn ich tot wäre.

Der nächste Abschnitt dieser Reise beginnt damit, daß mein Freund Craig noch nicht zu Hause ist, seine Frau Laurel empfängt mich. Essen und Trinken lehne ich höflichkeitshalber erst einmal ab, bin ja schließlich gut erzogen (jetzt bitte kein höhnisches Gelächter meiner angeblichen Freunde!) - und bekomme dann auch nichts mehr angeboten. Offenbar wird Gastfreundschaft in den USA kleiner als bei uns geschrieben.

Craig kommt dann bald aus dem Büro und wir begrüßen uns herzlich. Wir fahren sogleich zu seinen Freunden Mars und Cathy. Deren Söhne kommen auch vorbei, um sich den komischen Kraut (= Deutschen) anzusehen. Ihre beiden Hunde lieben mich sogleich, ein großer braver Dobermann und ein kleiner süßer Italian Greyhound. 

Hier übernehme ich sie, die schwarze 1500er GoldWing, meine Reisebegleiterin für die nächsten Tage. Leider ist sie nicht allzu gepflegt, eigentlich gar nicht, um ehrlich zu sein, überhaupt nicht, sie ist vielmehr schmutzig und verkommen, riecht sogar ein bißchen streng, aber immerhin erhielt sie vor ein paar Tagen auf meine Bitte und extra für mich nach dreizehn Jahren neue Schuhe (= Reifen). Ihre Scheibe ist derart zerkratzt, als hätte man sie ihr mit Schleifpapier bearbeitet. Aber das alles turnt  (= schreckt) mich nicht ab, vielmehr setze ich mich auf sie drauf, mach sie an und wir fahren zusammen los.

Es geht zurück zu Craig, wo ich das Moped bepacke, den Rest dort lasse und endlich los sause. Lossausen will, denn die Steckdose fürs Navi funktioniert nicht mehr. Nennt man das Duplizität der Ereignisse?  Gut, daß ich zuhause das Kabel zum direkten Anschluß an die Batterie doch noch eingepackt hatte. Craig schließt es an, wobei uns sein inzwischen hinzugekommener und bei  John Deere  arbeitender Freund David unterstützt. Hier in Waterloo/Iowa ist der Hauptsitz von John Deere,  und daher gibt es hier in Waterloo eine entsprechend große, nein, riesige Fabrikanlage. Dann geht’s aber endlich los.  Rock ’n‘ roll!  (= Auf geht’s, Buam!) 

 

USA Reise Juli 2010

 

‚Wo komme ich eigentlich her, was will ich hier und wo will ich überhaupt hin?’  frage ich mich wie schon so oft in meinem Leben. Aber auch heute und an dieser Stelle es ist noch nicht zu spät dafür. Ich würde sagen, es ist gerade der richtige Zeitpunkt für solch existentielle Fragen. Ich bin ab sofort der Herr des Universums und die ganze Welt steht mir zu Verfügung. OK, ganz Amerika. Naja, ganz Amerika auch nicht gerade, aber immerhin ein Umkreis von 500 Kilometern. Die Entscheidung fällt mir diesmal schwerer als sonst, weil es hier einfach keine lockenden Straßen oder sonstigen Highlights  gibt. Ich sehe ein letztes Mal in der Iowa-Karte nach und entscheide mich für den Mississippi. Und ab geht die Post! Das Moped stinkt ganz schön, äh, schlimm nach Abgas.

 

USA Reise Juli 2010

USA Reise Juli 2010

 

Über romantische Straßen fahre ich, ohne lästigen „Hut“ (= Helm) auf dem Kopf, durch Oelwein und Strawberry Point, Orte, deren Namen mir so gut gefallen. Ein mir von früher noch bekanntes Motel hat angeblich kein Zimmer mehr frei. Später komme ich durch Little Switzerland und über die große eiserne Stahlgitterbrücke rüber nach Prairie du Chien am Mississippi. Mist, heute am Vorabend des höchsten amerikanischen Feiertages sind hier weit und breit sämtliche Motels ausgebucht, auch das inzwischen fünfte. About the USA - Feiertage > > Independence Day/ Unabhängigkeitstag (4. Juli)

Aber ich schaffe es dann doch noch, eine Mitarbeiterin am Registration Desk  (= Empfang) eines Best Western-Motels zu beschwatzen und von ihr ein sehr schönes Zimmer („das letzte freie Zimmer, weil ein Gast nicht gekommen ist“) für schlappe 95 $ zu erhalten. (Tipp: Vorher BW-Kundenkarte besorgen, dann wird das Zimmer oft bis zu zehn Prozent billiger. Und man wird, wie man sieht, meistens etwas besser bedient; ohne Karte hätte ich das Zimmer vielleicht nicht bekommen – oder teurer bezahlt.)

Ich muß mich beeilen, Duschen/Schwimmbad/Duschen mit Aus- und Anziehen in exakt 23 Minuten, ich bin spät, es geht gleich los, die Sonne ist schon zur Ruhe gegangen und es dämmert bereits. Schnell sitze ich wieder auf dem Moped und sause zurück zur Brücke und über den Fluß. Denn vorhin habe ich schon gesehen, daß sich hier alle Leute versammelt haben, um sich ein Feuerwerk anzusehen und da muß ich doch dabei sein!

 

USA Reise Juli 2010

 

Naja, allzu sehr begeistert bin ich dann hinterher nicht, ich habe schon bessere Feuerwerke gesehen – und abgebrannt. Der Abschußplatz  ist auch viel zu weit weg. Danach noch ein Besuch bei McDonald‘s. Es ist fast Mitternacht. Gähn, schon wieder ein reichlich langer Tag.

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