Samstag,
03. Juli 2010
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Der
nächste Abschnitt dieser Reise beginnt damit, daß mein Freund Craig
noch nicht zu Hause ist, seine Frau Laurel empfängt mich. Essen und
Trinken lehne ich höflichkeitshalber erst einmal ab, bin ja schließlich
gut erzogen (jetzt bitte kein höhnisches Gelächter meiner angeblichen
Freunde!) - und bekomme dann auch nichts mehr angeboten. Offenbar wird
Gastfreundschaft in den USA kleiner als bei uns geschrieben. Craig
kommt dann bald aus dem Büro und wir begrüßen uns herzlich. Wir
fahren sogleich zu seinen Freunden Mars und Cathy. Deren Söhne kommen
auch vorbei, um sich den komischen Kraut
(= Deutschen) anzusehen. Ihre beiden Hunde lieben mich sogleich, ein
großer braver Dobermann und ein kleiner süßer Italian
Greyhound. Hier
übernehme ich sie, die schwarze 1500er GoldWing, meine Reisebegleiterin
für die nächsten Tage. Leider ist sie nicht allzu gepflegt, eigentlich
gar nicht, um ehrlich zu sein, überhaupt nicht, sie ist vielmehr
schmutzig und verkommen, riecht sogar ein bißchen streng, aber immerhin
erhielt sie vor ein paar Tagen auf meine Bitte und extra für mich nach
dreizehn Jahren neue Schuhe (= Reifen). Ihre Scheibe ist derart
zerkratzt, als hätte man sie ihr mit Schleifpapier bearbeitet. Aber das
alles turnt
(= schreckt) mich nicht ab, vielmehr setze ich mich auf sie
drauf, mach sie an und wir fahren zusammen los. Es
geht zurück zu Craig, wo ich das Moped bepacke, den Rest dort lasse und
endlich los sause. Lossausen will, denn die Steckdose fürs Navi
funktioniert nicht mehr. Nennt man das Duplizität der Ereignisse?
Gut, daß ich zuhause das Kabel zum direkten Anschluß an die
Batterie doch noch eingepackt hatte. Craig schließt es an, wobei uns
sein inzwischen hinzugekommener und bei
John Deere arbeitender Freund David unterstützt. Hier in Waterloo/Iowa
ist der Hauptsitz von John Deere,
und daher gibt es hier in Waterloo eine entsprechend große,
nein, riesige Fabrikanlage. Dann geht’s aber endlich los.
Rock ’n‘ roll! (=
Auf geht’s, Buam!) ‚Wo
komme ich eigentlich her, was will ich hier und wo will ich überhaupt
hin?’ frage ich mich wie
schon so oft in meinem Leben. Aber auch heute und an dieser Stelle es
ist noch nicht zu spät dafür. Ich würde sagen, es ist gerade der
richtige Zeitpunkt für solch existentielle Fragen. Ich bin ab sofort
der Herr des Universums und die ganze Welt steht mir zu Verfügung. OK,
ganz Amerika. Naja, ganz Amerika auch nicht gerade, aber immerhin ein
Umkreis von 500 Kilometern. Die Entscheidung fällt mir diesmal schwerer
als sonst, weil es hier einfach keine lockenden Straßen oder sonstigen Highlights
gibt. Ich sehe ein letztes Mal in der Iowa-Karte nach und
entscheide mich für den Mississippi. Und ab geht die Post! Das Moped
stinkt ganz schön, äh, schlimm nach Abgas. Über
romantische Straßen fahre ich, ohne lästigen „Hut“ (= Helm) auf
dem Kopf, durch Oelwein und Strawberry Point, Orte, deren Namen mir so
gut gefallen. Ein mir von früher noch bekanntes Motel hat angeblich
kein Zimmer mehr frei. Später komme ich durch Little Switzerland und über
die große eiserne Stahlgitterbrücke rüber nach Prairie du Chien am
Mississippi. Mist, heute am Vorabend des höchsten amerikanischen
Feiertages sind hier weit und breit sämtliche Motels ausgebucht, auch
das inzwischen fünfte. About
the USA - Feiertage > > Independence Day/ Unabhängigkeitstag (4.
Juli) Aber
ich schaffe es dann doch noch, eine Mitarbeiterin am Registration
Desk (= Empfang)
eines Best Western-Motels zu beschwatzen und von ihr ein sehr schönes
Zimmer („das letzte freie Zimmer, weil ein Gast nicht gekommen ist“)
für schlappe 95 $ zu erhalten. (Tipp: Vorher BW-Kundenkarte besorgen,
dann wird das Zimmer oft bis zu zehn Prozent billiger. Und man wird, wie
man sieht, meistens etwas besser bedient; ohne Karte hätte ich das
Zimmer vielleicht nicht bekommen – oder teurer bezahlt.) Ich
muß mich beeilen, Duschen/Schwimmbad/Duschen mit Aus- und Anziehen in
exakt 23 Minuten, ich bin spät, es geht gleich los, die Sonne ist schon
zur Ruhe gegangen und es dämmert bereits. Schnell sitze ich wieder auf
dem Moped und sause zurück zur Brücke und über den Fluß. Denn vorhin
habe ich schon gesehen, daß sich hier alle Leute versammelt haben, um
sich ein Feuerwerk anzusehen und da muß ich doch dabei sein! |