On
the Butter Side of Life Ich
fahre durch Illinois, Iowa, Minnesota, Wisconsin und |
Freitag,
2. Juli 2010 |
Die
beiden Lufthansa-Piloten lassen mich mal wieder („Aber nur
ausnahmsweise!“) einen kurzen Blick in ihr Cockpit
werfen. Mein Flug in einem Airbus A330-300 verläuft problemlos,
bestimmt, weil ich mal wieder vorne in der Business-Class sitze und mich dort verwöhnen lasse. Startzeit ist pünktlich
11:35 Uhr, Ankunft planmäßig 1:45
pm in Chicago O’Hare.
Die tatsächliche Flugzeit beträgt 9,45 Stunden. (Der Rückflug soll übrigens
und hoffentlich wegen der günstigeren Luftströmung eine Stunde kürzer
sein.) Im
Flugzeug muß man jetzt nur noch eine Karte (die weiße Zollerklärung)
ausfüllen, die zweite (grüne) ist abgeschafft. Deshalb wird vom Immigration-Officer
auch der kleine grüne Kartenabschnitt nicht mehr in den Reisepaß
geklammert: automatisch mit abgeschafft. Mit
dem dazugehörenden Shuttle-Bus lasse ich
mich zur Hertz-Autovermietung fahren und mir das von zu Hause aus
angemietete rote Chrysler Sebring Cabrio mit schwarzem Stoffdach aushändigen.
Natürlich will man mich wieder zu teuren Zusatz-Versicherungen überreden,
aber da ich ja nur einen Tag mit dem Auto unterwegs bin, verlasse ich
mich lieber auf mein Glück, daß nichts passiert, und belasse es bei
den im Mietpreis enthaltenen Versicherungen. Es dauert etwas, bis alles
Gepäck eingeladen, die kleinen Dinge verstaut sind und ich mich häuslich
eingerichtet habe. Dann noch schnell das Navi (mein uraltes TomTom GO
910) anschließen und los. Fuck! (= Das ist aber blöd!) Das Navi bekommt keinen Strom! Ich
suche nach einer anderen Steckdose, finde aber keine. Zurück zum
(spanischen) Wagenmeister. Der brummt („Sprechen“ kann man das nicht
nennen, was aus seinem Mund kommt, und von Freundlichkeit hat er auch
noch nie etwas gehört, (ausländische?) Kunden sind für ihn
offensichtlich ein lästiges Übel), also, der Wagenmeister nuschelt mir
mit, daß viele Sebrings dieses Problem haben, man kenne das schon, die
Steckdosen funktionieren oft nicht und ich soll „ohne“ fahren, was
ich aber kategorisch ablehne. (Zuhause finde ich heraus, daß die
Ursache meistens an einer bestimmten Sicherung liegt.)
Das
bedeutet, alles wieder ausräumen, sämtliches Gepäck wieder mit dem
Lift nach unten befördern, Auto umtauschen. Langer Rede kurzer Sinn, es
dauert natürlich noch einmal lange, bestimmt zwanzig Minuten, trotz
Vorbeidrängens an der Warteschlange, bis ich endlich ein jetzt
schwarzes Ford-Mustang Cabrio erhalte; es ist noch fast neu, nur 5.000
Meilen auf der Uhr. Steckdose funktioniert, also Dach aufreißen, sämtliches
Gepäck verstauen, erneut häuslich einrichten,
einsteigen, Tür schließen, Zündung an, Motor starten, der
Urlaub hat endgültig begonnen! Der Auftrag, der von mir zu erfüllen
ist, lautet: Let’s have fun!
(= Viel Spaß!) Und los
geht’s; der Mustang hat einen erstaunlich kleinen Wendekreis.
Sonnig
und ganz schön heiß ist es in Chicago, aber auf der Interstate
(oder heißt es „auf dem Interstate“? Ist so eine
Interstate eigentlich männlich oder weiblich??), also auf der
Interstate 90
macht mir das nichts aus, ich fahre ja offen und bleibe fröhlich
gut gelaunt. Ein paarmal muß ich kleine Beträge Toll
= Autobahngebühr (zweimal 80 Cent, einmal 1,60 $) bezahlen.
Der Verkehr läuft unterdessen zähflüssig, aber das Fahren in fremder
(feindlicher?) Umgebung macht trotzdem Spaß, obgleich die Autobahn wie
fast alle amerikanischen Autobahnen sehr holprig und teilweise
mangelhaft ist. Ein paar LKWs sind etwas aufdringlich und ein paar hin-
und herspringende PKWs frech – aber so etwas stört mich nicht, schon
gar nicht beim Cruisen. So ein Mustang gehört auf jeden Fall in die Gruppe der
vergnügungsorientierten Fortbewegungsmittel. An
der Ausfahrt nach Woodstock zögere ich, aber dann fällt mir noch
rechtzeitig ein, daß das „richtige“ Woodstock ja in der Nähe von
New York liegt.
Das
Sirius-Radio (= Satelliten-Radio) kannte ich bisher noch nicht aus
eigener Erfahrung, ich hatte hier ja auch noch nie einen Leihwagen,
immer nur Motorräder, aber es bewährt sich, alle Sender kommen überall
hervorragend rein und es gibt um die hundert Sender zu empfangen. Die
meisten Sender haben eine feste Musik-Kategorie, ohne viel Gequatsche,
ohne nervige Werbung und ohne langweilige launefressende stündliche
Nachrichten. (Muß aber offenbar meistens mit einem kleinen Extra-Betrag
bei den Autovermietungen bezahlt werden. In meinem Fall 5 $, was ich
gerade noch OK fand.) Außerdem stehen natürlich auch noch die normalen
Radiosender zur Verfügung. Zu
meiner zusätzlichen Erbauung und Abwechslung habe ich von zuhause auch
noch meine heißgeliebten musikalischen MP3-Freunde mitgenommen, die mir
gerne aufspielen möchten, sie klopfen alle schon ganz aufgeregt von
innen an das Gehäuse des USB-Sticks und wollen endlich rausgelassen werden. Erfreulicherweise
verfügt das Auto über eine entsprechende Schnittstelle. (Meine
Lieblingsmusik ist ein wichtiger Bestandteil meiner Lebensfreude. Ohne
sie könnte ich wahrscheinlich kaum überleben. Musik ist Massage für
meine Seele. Ohne Musik wäre ich längst tot: Ich bin ein
Musik-Junkie.) Benzin
ist zurzeit vergleichsweise günstig, meistens zwischen zweieinhalb und
drei Dollar pro Gallone; Diesel übrigens auch so um die drei Dollar und
darüber, hat aber immer den höchsten Preis unter allen Benzinsorten.
Insgesamt also alles nicht so teuer wie noch vor zwei Jahren, wo ich im
Juni 2008 mit dem riesigen Schluckspecht-Wohnmobil für das billigste
Benzin meistens um die viereinhalb Dollar bezahlen musste – und acht
Gallonen (ca. dreißig Liter auf hundert Kilometer) rausgeblasen habe,
um halbwegs in Fahrt zu bleiben. Ich habe aktuell übrigens für den
Liter (bei 2,50 $/Galon) circa
0,52 Euro errechnet. Aber nach der Ölkatastrophe im Golf könnte sich
das möglicherweise vielleicht demnächst ändern. Ab
Rockford tausche ich die langweilige Interstate
gegen einen ländlichen kurvigen Highway.
Unter schattigen Bäumen fahre ich nachmittags lässig erst am
romantischen Rock River und dann am Mississippi entlang. In Savanna überquere
ich den Fluß und damit zugleich die Grenze von Illinois nach Iowa. Die
rote Sonne versinkt ganz allein für mich im spiegelnden Mississippi. In
Clinton übernachte ich in einem Super8-Motel und natürlich, wie immer,
wenn vorhanden, im 2nd floor (1.
Stock). (Im Erdgeschoß fühle ich mich mit meinem obligatorisch offenen
Fenster immer etwas unsicher, und reingucken kann (könnte) auch jeder,
der draußen vorbeiläuft. Das mag ich nicht und deshalb vermeide ich es
nach Möglichkeit.)
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