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Freitag,
6. Juni 2008 Die
Sonne scheint fröhlich in unser Zimmer und beleckt unsere Gesichter. Glücklicherweise
konnten wir unser Fenster die Nacht über öffnen. Deshalb baden wir
geradezu in frischer, kühler, sonniger Luft. So sollte jeder Morgen
sein! Wider Erwarten haben wir königlich in unseren breiten
Doppelbetten mit den vielen Kissen geschlafen. Im
Holiday Inn hätten wir kein Frühstück umsonst bekommen - hier schon,
wenn auch natürlich nur Continental Breakfast, aber es gibt reichliche
Auswahl. Danach haben wir Zeit, ich habe natürlich schon gleich um 8 am
bei unserer Autovermietung Roadbear angerufen; deren Bus holt uns aber
leider erst gegen 12 am ab, denn er kommt nur einmal über die Bay herüber,
bringt heimfliegende Kunden zum Flughafen und holt gleichzeitig neue
Kunden in den umliegenden Hotels ab.
Naja,
so voller guter Laune und ebensolcher Erwartungen und voll mit reichlich
Frühstück warten wir geduldig vor uns hin. Wir sitzen vor dem Best
Western Nachbar-Hotel in der immer wärmer werdenden güldenen Sonne;
unser Quality Inn nebenan hat noch nicht einmal eine Bank draußen.
Endlich
kommt der Van vom Wohnmobil-Vermieter. Ein paar weitere Leute werden
noch kurz auf dem Weg an einem anderen Hotel aufgepickt und dann sind
wir auch schon auf der endlos langen Brücke (San
Mateo – Hayward Bridge) über die San
Francisco Bay rüber nach Hayward,
wo unser Vermieter Roadbear sitzt. Marcel, unser Fahrer, ist Deutscher
und hat eine GreenCard gewonnen. Er erzählt uns, wie knapp die Amis zur
Zeit mit ihrem Geld auskommen müssen. Er auch zusammen mit seiner Frau,
er hat zwei Jobs, sie noch mehr. Alles wird hier ständig teurer, genau
wie bei uns, während die Einkommen natürlich nicht steigen. Vor allem
Energie, Lebensmittel und Benzin sind hier in letzter Zeit sehr teuer
geworden. Also wirklich alles wie bei uns. Aber die Amerikaner kannten
das bisher noch nicht so extrem.
Der
Chef bleibt an seinem Schreibtisch sitzen, er ist Ami und spricht kein
Deutsch; er ist mittelalt, so klein wie ich, und überhaupt ein
unsympathischer Typ, mit fettig-langem Haarzopf; bestimmt fährt er eine
Harley. Er lehnt jegliches Entgegenkommen gleich rundweg und von
vorneherein rigoros ab, man kann mit ihm über nichts verhandeln. Für
die Rückgabe sehe ich insoweit Probleme auf uns zukommen, daß hier die
Rückflugleute grundsätzlich nur einmal täglich und erst gegen 12 Uhr
mittags zum Flughafen gefahren werden. Unser Flug startet aber bereits
um 12.40 Uhr mittags. Der Boss läßt uns mitteilen, daß wir uns
entweder ein Taxi für ca. 75 $ nehmen sollen, oder die U-Bahn mit
einmal umsteigen – wie soll das gehen, mit unseren schweren Koffern? Na,
darüber regen wir uns erst einmal noch nicht auf, denn jetzt kommt die
kurze Einweisung am Wohnmobil, einem „Winnebago Sightseer“. Mann,
ist der groß! Jetzt, wo wir direkt davor stehen, kriege ich doch etwas
Bammel, so ein Gerät habe ich bisher selten gefahren, eigentlich noch
nie. Aber ich kann ja alles fahren! Das Auto ist fast so groß wie ein
Ozeandampfer!! Und genauso weiß! Andrea weist uns beide ein. Und dabei
wird jedes kleine Kratzerchen penibel aufgenommen. Ich werde mehrmals
und ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, daß ich für das Auto voll
verantwortlich bin und für jede kleine Schramme bezahlen muß. Auch für
Steinschlag in der Scheibe oder für Reifenpannen. Auch auf überstehende
Äste soll ich achtgeben, die verkratzen mit Vorliebe die komplette
Seite. Und die riesige Vorderscheibe zieht jeden kleinen herumfliegenden
Stein magnetisch an. Also immer aufpassen und vorsichtig sein! Sogar
aufs Dach müssen wir dann noch gemeinsam klettern, um eventuelle Schäden
aufzunehmen, aber nirgendwo sind welche. Also muß ich extrem aufpassen. Die
Technik ist einfacher als ich vorher gedacht hatte. Tipp: Im Internet kann man bei RoadBear und bei der Konkurrenzfirma
El Monte RV das deutsche Handbuch runterladen. Deshalb bin ich über das
meiste schon vorab informiert. Unser
Dampfer ist ein „Class A“-Motorhome und 30 Fuß lang (ca. 10 m),
eckig und weiß wie ein Schuhkarton. Hinten befindet sich das
Schlafzimmer mit Doppelbett, („großem“ Doppelbett habe ich beim
Korrigieren gestrichen, denn so groß ist es dann später gar nicht), dann
die Dusche, separates WC mit Wasserspülung und Waschbecken, natürlich
warm und kalt, dann weiter vorne auf der rechten Seite die Küche mit
Kochplatte, Herd, Kühl- und Eisschrank, alles (auch die
Warmwasserheizung) gasbetrieben - oder mit Strom, falls angeschlossen,
Mikrowelle, (aus verständlichen Gründen nur elektrisch), und die
einzige Tür ins Freie mit automatisch ein- und ausfahrender kleiner
Treppe. Auf
der gegenüberliegenden Seite der Eßtisch mit vier (schmalen) Sitzen,
dazu noch eine Sitzbank, und schließlich ganz vorne zwei bequeme breite
Einzelsitze mit großem Abstand dazwischen. Hinter dem rechten
Vordersitz ist ein weiterer bequemer Sessel; alle drei Sessel sind
drehbar. Ein Flachbild-Fernseher befindet sich über den beiden
Vordersitzen. Im Armaturenbrett noch ein kleiner Bildschirm für die Rückfahrkamera
und das Radio mit CD/DVD-Player. Genug
Schränke, Schubladen und Fächer gibt es, dazu sehr viele Steckdosen,
aber natürlich nur für US-Stecker. Dann eine große Klimaanlage und
eine Fernsehantenne zum Kurbeln auf dem Dach; eine kleinere Klimaanlage
wird vom Motor betrieben. Was
uns gleich heftig stört, ist die Plastikfolie auf dem gesamten Fußboden,
von hinten bis vorne, auch vorne unter den Pedalen: Das Auto soll später
verkauft werden, und deshalb muß der Teppichboden geschont werden. Eßecke
und Sitzbank können mit dem „Slide-Out“ elektrisch etwa einen Meter
an der linken Seite nach außen gefahren werden; dadurch wird der
Wohnraum größer. Ich werde darauf aufmerksam gemacht, daß der
Slide-Out vor Abfahrt eingefahren sein sollte, sonst ist er ab… Alle
nötigen Küchenutensilien sind vorhanden, Töpfe, eine Pfanne, Besteck,
Teller, Tassen, Gläser, auch Toaster, Kaffeemaschine und Bügeleisen. Fünf
Schlüssel gibt es, was mich mal wieder wundert, denn das ist ja
heutzutage nicht mehr Stand der Technik. Ein
Convenience-Set und zwei Campingstühle habe ich vorab bestellt, sie
liegen schon bereit, stellen sich aber als sehr mager heraus: Nur ein
kleines und ein größeres dünnes altes abgenutztes blaues Handtuch für
jeden, ein Bettlaken, Bettbezug mit dünner Einlage, und zwei ganz
mickrige Kopfkissen, das ist alles, das hatte ich mir doch deutlich
besser vorgestellt, zumal „Convenience“ ja Bequemlichkeit heißt.
Daher mein Tipp: Handtücher
und Bettzeug von zu Hause mitbringen (wir hätten dafür sogar einen
Koffer mehr mitnehmen können) oder hier kaufen und später verschenken. Aber
jetzt wollen wir endlich los! Es juckt mich! Also, Plätze im
Kommandostand einnehmen und los geht’s. Unsere Lieblingsfreunde kommen
auch mit, ganz vorne natürlich Elvis P. und Tina T., unter vielen
anderen aber auch Andrea B., Neil D., ein paar Monkeys, Dave Dee, Dozie,
Beaky, Mick und Tich. Und Ich. Und Ich! Aishe ist auch übrigens auch
dabei. Ingrid
zuliebe lasse ich auch einen Herrn Roger W. zusteigen. Drafi D. will
eigentlich nicht mit, ich überrede ihn aber, ohne ihn fahre ich nicht,
er ist schließlich der wichtigste gute Freund! Herrn Howie C. lasse ich
aber nicht mit rein, der darf nicht mit, der muß draußen bleiben! Wer
unter der geehrten Leserschaft sonst noch Lust hat, mitzufahren und überhaupt
dabei zu sein, der hat jetzt noch Gelegenheit, mit einzusteigen, unser
Wohnmobil ist ja groß genug. Aber Achtung, wir begeben uns mit Herrn X.
N. zwischendurch auch mal 20.000 Meilen übers Meer und reiten mit Frau
Turner auch mal auf den Flügeln einer Nachtigall. Und mit Manuela
wollen wir zwischendurch auch mal einen heißen Bossa Nova tanzen. Doch
erst einmal müssen wir noch schnell in einem nahe gelegenen Supermarkt
Lebensmittel und Haushaltssachen einkaufen. Für (relativ) preiswerte
158 $ (ca. 100 EUR) erhalten wir einen riesigen Einkaufswagen voll
lebensnotwendiger Dinge, darunter ein saftig-heißes, fleischiges
gegrilltes Huhn, (nicht einer dieser toten bedauernswerten mageren Käfigvögel
vom deutschen Grill), Fleisch, Wein, Bier, zwei große Kästen „Diet-Pepsi“
(= Pepsi Light), Klopapier (muß im WoMo unbedingt einlagig sein!),
viele Rollen Küchenpapier, Obst, Gemüse, (vor allem auch einige
amerikanische schwarze Avocados für mich, mmmh!), Chips zum Knabbern,
Kleinkram wie z.B. Einwegteller und –besteck, ein paar Kerzen für
abends, eine Tischdecke usw. usw. Uns beiden jedenfalls erscheint der
Großeinkauf im Vergleich zu den heimischen Preisen eigentlich noch
preiswert. Ingrid
ist ja leider nur eine Frau und kann schon allein deshalb natürlich
keine Karten lesen. Folglich bin ich hier auf der Brücke Käpt’n und
Navigator in Personalunion; sie übernimmt dafür die Rolle der
Kamerafrau. Unser TomTom-Navi schließe ich an, während Ingrid noch
beim Einkaufen ist, und lege es in die mitgebrachte rutschfeste Schale
auf das Armaturenbrett; gut, daß ich faul war und den Saughalter in der
Corvette nicht abgemacht habe, das TomTom wäre viel zu weit von mir
entfernt, so ist es viel bequemer. Ich bin dann sehr erleichtert, daß
das TomTom sofort genügend Satelliten empfängt, um gleich
loszuarbeiten. Ich war vorher im Zweifel, denn wir haben ja das riesige
Autodach über uns. Aber da es aus Kunststoff ist, kommen die
Satellitensignale problemlos zu uns durch. (So ein Navi dürfte also
auch in einem Alkoven-WoMo zufriedenstellend arbeiten. – Nur für den
Fall, daß sich das jemand für seine zukünftige Reise fragt.) Dann
legen wir mit unserem Dampfer endlich ab und stechen in See. Die ist
auch gleich heftig, denn es ist Stau auf der Autobahn. Naiv, wie ich
bin, wollen wir über die Oakland-Bridge,
dann die Golden Gate Bridge und
zum krönenden Abschluß über die
Richmond – San Rafael Bridge tuckern, es ist ja erst 3 pm. Übrigens,
die Brücken kosten nur beim Reinfahren nach SF so um die 5 $ Toll, (Gebühr),
das Rausfahren aus der Stadt ist, so weit ich das weiß, immer
kostenlos. So war mein Plan, aber der Stau zieht sich bis zum Horizont
hin, deshalb ändere ich kurzentschlossen unseren Kurs, biege rechts ab,
auf die Interstate 850, und so segeln wir ostwärts. Übrigens: Bei
Roadbear habe ich von unserem Plan mit den drei Brücken erzählt, da hätten
die mir dann gleich von Freitagsrummel, Rush-hour usw. erzählen und überhaupt
davon abraten können, wenn sie nur ein kleines bißchen
kundenfreundlicher oder –interessierter eingestellt gewesen wären. Nicht
lange, und schon wieder zappeln wir im Stau, wir immer in der Mitte,
rechts und auf unserer Spur Lkws, bei uns in der Mitte und links die
Pkws und Vans. (Lkws dürfen grundsätzlich nur die beiden rechten
Spuren benutzen – aber wir sind keiner. Hoffe ich!) Spaß macht das
Fahren im Stau eigentlich nicht. Wir sitzen in gleicher Höhe wie die
Trucker, aber das wird auch bald langweilig. Deshalb ändere ich erneut
unseren Kurs und fahre hinter Pleasanton von der Autobahn runter. Aber auch hier auf der Landstraße
Stau, es ist Freitag-Nachmittag-Verkehr ins Wochenende, das hätte ich
bedenken müssen. Mitten durch den Stau quält sich dann, von hinten
kommend, auch noch ein Krankenwagen mit Blitzlichtern und Sirene durch
die Autos durch und auch an uns vorbei… Jetzt
habe ich die Schnauze voll und sehe im TomTom nach einem Campingplatz.
Und richtig, 20 km voraus gibt es einen! Na, nichts wie hin, Fahrt
aufnehmen und Kurs weiter Ost-Südost. Wir müssen auf eine Nebenstraße
abbiegen und sind dann auch sofort aus dem Stau heraus. Endlich fährt
es sich etwas leichter. Mann, wie viele Kabel über der Straße hängen,
die habe ich bisher nie gesehen. Hoffentlich sind die alle hoch genug…
Krrrrks,
ich mußte einem entgegenkommenden Lkw auf der schmalen Landstraße
ausweichen und schon kratzt ein überhängender Ast rechts am WoMo
entlang! Na, das fängt ja schon gleich gut an. Ich halte an einer
Ausweichstelle und sehe mir die Bescherung an. Wir haben noch mal Glück
gehabt, es ist nichts zu sehen, obwohl es deutlich und von vorne bis
hinten gekratzt hat. Ich muß unbedingt noch mehr auf das Auto
aufpassen! Der
Campingplatz heißt offiziell Carnegie
State Vehicular Recreation Area und liegt kurz vor Tracy. Beim Ranger am Eingang müssen wir zehn $ Eintritt bezahlen.
Er warnt uns schon gleich vor starkem Wind. Hier
auf dem Platz können sich Enduro- und Quadfahrer aller Altersklassen,
also auch noch ganz kleine, nach Herzenslust austoben. Verschiedene Wege
für Anfänger, Fortgeschrittene und Erfahrene führen durchs Gelände
und in die nahen Berge hinauf. Aber da es Abend wird, wird es bald
ruhiger. Nur der Wind läßt nicht nach, sämtliche Bäume sind schief
in Windrichtung gewachsen.
Unser
erstes Abendessen in der Fremde und in einem Wohnmobil gestaltet sich
als gut und interessant. Eigentlich ist es schön, jederzeit sein Essen
zubereiten zu können. Später dazu noch mehr. Wir
haben etwas Schutz neben unserem Ozeandampfer gefunden. Hier sind wir
relativ gut gegen alle Unbill geschützt. |
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