Sonntag, 3. Mai 2009 Camp Verde – Phoenix, 213 Meilen |
Ich
fahre erst ein Stück Autobahn
und
dann nach Prescott rüber und auf der 89 weiter Richtung Wickenburg.
Hier erlebe ich eine neue superschöne Straße mit sehr vielen Kurven,
durch Wälder und einen hohen Berg hinab. Allzu viel Lust macht es mir
allerdings nicht, ich fühle mich immer noch schrecklich schlecht. Aber
ich werde trotzdem genug abgelenkt. Heftige Rückenverspannungen habe
ich, zum ersten Mal, so etwas kannte ich bisher kaum. Ich muß gestern
total verklemmt gefahren sein. Hier
ist schon wieder einmal „die schönste Motorradstrecke in den USA“.
Jede neue ist halt auch die schönste. (Ich muß irgendwann mal eine
Aufstellung über die schönsten Motorradstrecken in den USA machen.)
Auf jeden Fall sind hier mindestens genausoviel Kurven wie auf dem berühmten
„Deals Gap - Tail of the Dragon“. Nur mit dem wichtigen Unterschied,
daß es hier deutlich weniger störenden Verkehr gibt, sodaß man hier
also erheblich mehr Spaß hat - bzw. haben könnte.
Heute
ist glücklicherweise Rückgabetag. Ich könnte jetzt nicht mehr viel
fahren. Und schon gar nicht irgendwo für ein paar Tage bleiben. Ich
habe einfach die Schnauze voll, fühle mich nach der schrecklichen Nacht
total am Ende. Von
Wickenburg ist es nicht mehr weit nach Phoenix, Arizona. Kurz vor
Phoenix bin ich wieder im Saguaro Gebiet. Saguaros sind Kakteen, Säulenkakteen,
die bis zu 200 Jahre alt und bis zu 15 m hoch werden können; manche von
ihnen sollen über acht Tonnen schwer sein. Ihre Blüten öffnen sich
nur nachts und werden von Fledermäusen bestäubt. Dazwischen
lungern viele andere ebenso unrasiert-stachlige Sukkulenten-Kollegen
herum, manchmal sogar die von mir so geliebten „pelzigen“
Teddybear-Chollas. Deren Stacheln schmerzen übrigens am meisten, weil
sie mit Widerhaken ausgestattet sind. (Haiko kann das sehr gut bestätigen.
Hier ein besonders lesenswerter und witziger Reisebericht von ihm über
seine Fahrt durch den Süd-Westen der USA:
Außerdem
gibt es dort, im Forum
USA-talk.de, von ihm noch einen ebenso
humorvoll wie interessant! Beide kann ich jedem USA-Interessierten nur
empfehlen! Aber Vorsicht: Totlachgefahr! Bei weitem die zwei besten
USA-Reiseberichte, die ich je gelesen habe! Mit vielen wertvollen Tips.)
In
Phoenix auf der Stadtautobahn gibt es eine ganze Reihe Blitzer, was für
die USA völlig unüblich ist. Phoenix ist also keine sehr freundlich
eingestellte Stadt, jedenfalls nicht gegenüber Autofahrern. Einmal
werde ich sogar geblitzt, mitgeblitzt, schon wieder gleichzeitig von
vorne und hinten, weil links neben mir einer zu schnell fährt, und das,
obwohl jede einzelne Blitzerfalle mit Schildern angekündigt wird.
Ich
suche ein Motel in Flughafennähe und lande schließlich in einem Best
Western, für 94 $ die Nacht. Dann räume ich mein Gepäck aus dem Moped
aufs Zimmer und fahre weiter zu EagleRider. Dank
des Navis finde ich auch bald die EagleRider-Station in Scottsdale. Tja,
EagleRider ist hier, der Laden sieht aber ziemlich verlassen aus. Aus
dem toten Fenster blicken mir traurig drei einsame Papierblätter
entgegen, die EagleRider-Leute sind umgezogen. Na, nicht schlimm denke
ich, fahr ich halt dorthin, hab ja Navi. Aber nach Eingabe des neuen
Ziels sehe ich, die sind zwar immer noch in Scottsdale, aber trotzdem
ist es 22 km entfernt. Soviel zu den Entfernungen hier in Amerika. Uwe
erzählt mir später übrigens, daß Phoenix-Area das größte zusammenhängende
Stadtgebiet der ganzen USA sein soll. Irgendwann
bin ich dann aber doch am endgültigen Ziel. EagleRider ist hinten in
einem ziemlich großen Harley-Laden untergebracht.
Cory
nimmt mein Moped ab und ich erlebe hier die kürzeste und angenehmste
Moped-Rückgabe aller Zeiten. Vorher hatte ich mich schon aufgeregt über
die bestimmt wieder langwierige Rücknahme und vor allem über das
endlose Suchen neuer Kratzer oder anderer Schäden, nur um sie mir dann
teuer berechnen zu können. Aber nichts dergleichen geschieht, erstens,
weil ich wieder sehr sorgsam mit der GoldWing war, und zweitens sucht
Cory aber auch gar nicht erst, sieht nur kurz nach, Kollege Kameron (mit
„K“) schreibt den neuen Meilenstand auf - und fertig. So kann es
also auch gehen. Diesen EagleRider-Laden hier kann ich also bestens
empfehlen. Den in Santa Monica von meiner letzten USA-Reise 2008 natürlich
nicht, da rate ich allen Leuten, die mich danach fragen, immer dringend
ab. Die zocken einen da unverschämt ab. Ich
habe 5.438 Meilen (= 8.750 km) gefahren, soviel wie noch nie auf einer
meiner bisherigen USA-Reisen. Damit man eine bessere Vorstellung für
die Entfernung bekommt: Die direkte Entfernung Phoenix – Frankfurt
beträgt 5.600 Meilen. Nur gut (für Uwe und mich), daß im Mietpreis
der Motorräder sämtliche Meilen enthalten sind. Cory
ist überhaupt ein supercooler sympathischer Typ. Er ist überall (überall?)
tätowiert und nennt mich „Brother“. Also mir gefällt die Rückgabe
unter solchen freundlichen Umständen. So geht es also auch. Während
ich bei einem Eistee so vor mich hinwarte, kommt Uwe an. Braungebrannt
und guter Dinge. Schade, wir wollten uns ja unterwegs wieder viel eher
treffen, aber irgendwie war es leider nie möglich, wir waren immer viel
zu weit von einander entfernt. Spätestens heute morgen wollten wir dann
zusammenkommen, aber mit meinen Depressionen hat auch das leider nicht
geklappt. Er muß sein Moped also hier ausräumen und das Gepäck auf
dem Weg in unser Hotel mitnehmen. Nach
unserem Wiedersehen überrede ich Uwe, statt eines teuren Taxis lieber
den Bus zu nehmen. Die Leute bei EagleRider können uns allerdings
keinen Rat hierzu geben, keiner von ihnen ist bisher je Bus gefahren.
Obwohl die Haltestelle wirklich gleich gegenüber und keine 50 Meter
entfernt ist. Ich hatte ja schon letztes Jahr nach der Motorrad-Rückgabe
eine einfache Busfahrt zurück in mein Hotel, warum soll das hier nicht
auch gehen? Leider
müssen wir in der Hitze ganz schön lang warten, bis ein Bus kommt und
uns mitnimmt. Dann müssen wir in der Stadt noch mal auf den zweiten Bus
warten, aber mit ihm kommen wir dann endlich bis zum Airport. Dort
bestelle ich uns den Hotel-Shuttle-Bus und so gelangen wir in unser
Hotel. Statt geschätzter 50 $ haben wir nur jeder 1,25 $ bezahlt. Und
Zeit haben wir ja genug.
|