Mittwoch,
17. November 2010 |
Heute
heißt es früh aufstehen, um sechs bin ich angezogen und checke aus.
Obwohl das Zimmer von zu Hause aus bezahlt worden ist, muß ich noch 1,13
$ für den Zimmersafe bezahlen. (Es ist geradezu drollig wie man überall,
fast überall, besch…, äh, betrogen wird.) Das Auto ist rasch beladen
und ich fahre die wenigen Kilometer zum Airport, wo ich das Auto bei Hertz
geradezu aus den Händen gerissen bekomme. Die Rückgabe bei Hertz ist ja
immer sehr rasch und einfach. 4.391
Meilen (7.065 Kilometer) gefahren, Verbrauch
(lt. Anzeige) 29,2 mpg =
ziemlich exakt 8 Liter auf 100 km. Der
Mustang hat sich erneut bewährt und mir viel Spaß gemacht; als Cabrio
ist er ausreichend schnell, das Getriebe ist gut abgestuft und paßt
hervorragend dazu, das Dach ist leicht (elektrisch) zu öffnen, die
Bedienung ist einfach und der Kofferraum vergleichsweise groß, die
Federung genau richtig, nicht zu weich, nicht zu hart, und dazu kommt ein
wahrhaft kleiner Wendekreis. Mehrmals bin ich von den Leuten mit einem
freundlichen „Nice car!“ angesprochen worden. Leider
bin ich wohl die meiste Zeit mit falscher Uhrzeit rumgefahren, die Uhr im
Auto zeigt eine Stunde später an. Im Prinzip nicht schlimm, hier hätte
es aber fatal wegen des Flugzeugs werden können. (Aber ich habe mich ja
glücklicherweise auf die Uhr im Handy verlassen.) Ich bin da oft etwas
unsicher, es werden hier im Land überhaupt oft falsche und total falsche
Uhrzeiten angezeigt; man kann da nie allzu sicher sein… Mein
Bus wartet schon und bringt mich zu meinem United
Check‑In‑Schalter. Dort checke ich mich am Computer ein, gebe
die beiden Taschen auf und erhalte meine drei Bordkarten ausgespuckt. Da
ich diesmal Business bzw. hier sogar First Class fliege, (weil es bei
United kein Business gibt), kann ich mit besonders cooler Lässigkeit an
der bestimmt über hundert Meter langen Warteschlange zur Extrabehandlung
vorbeischlendern und bin auch sogleich durch die Security-Kontrolle. Mein
Weg führt mich direkt zur Red-Carpet-Lounge von United Airlines zu einem
ausgedehnten Frühstück. Endlich gibt es mal wieder Gemüse, das im Mund
knirscht und knackt und nichts Synthetisches, nichts weichgekochtes Undefinierbares. Jetzt kann mir nichts mehr
passieren, (glaube ich noch…), alles ist gutgegangen, kein Unfall, kein
Strafzettel, nichts kaputtgemacht, nichts vergessen und nichts verloren,
immer noch kein Tier überfahren. Pures Vergnügen, bis auf meine
wehleidigen Augen, bis auf „ein paar“ Kontrollposten, bis auf ein paar
eintönige Landstraßen, und bis auf ein paar zu geradlinige Autobahnen.
Insgesamt bin ich glücklich und zufrieden, nach vierzehn Tagen Abenteuer
kann ich mich endlich entspannen und loslassen. Das Flugzeug ist eine alte
schmutzige B 757. Fast
so schmutzig wie mancher deutscher ICE. („Ssenk ju for trewelling wiss
deutschebahn.“) Ich saß kürzlich in einem, bei dem die oberen
Verkleidungen mit transparentem Klebeband fixiert worden waren, damit sie
nicht weiter runterfallen. Ich wollte mir gar nicht vorstellen, wie es
unten, bei den Fahrgestellen vielleicht ausgesehen hat… Mir
fällt auf: Amerikanische Fluggesellschaften fliegen offenbar gerne mit
amerikanischem Boeing-Gerät. (Obwohl, der Boeing-Firmengründer kam ja
auch aus Deutschland). Ich sitze ganz vorne, in der ersten Reihe, und weil
die Tür zum Cockpit offensteht, frage ich mal wieder wegen eines
schnellen Fotos. Ich darf tatsächlich, beide Piloten unterbrechen ihre
Startvorbereitungen und stehen extra für mich auf; ich wähle diesmal den
linken Sitz des Kapitäns.
Dann
geht es auch schon los, wir ziehen eine lange Schleife nach Süden und
umfliegen San Diego in elegantem weitem Bogen. Deutlich ist alles zu
erkennen, der Hafen mit drei Flugzeugträgern, die berühmte
Coronado-Bridge, Häuser und Straßen, die Skyline mit den paar
Wolkenkratzern.
Weil
der Himmel wolkenlos bleibt, kann ich später die Sanddünen mit allen
Details erkennen, durch die ich vor vierzehn Tagen noch gefahren bin. Dann
ein paar Teststrecken, offensichtlich für Autos, rund und oval, mitten in
der Wüste. Später erkenne ich im Hintergrund ganz deutlich Monument
Valley mit den (winzig kleinen) markanten Felsen und bin darüber sehr
begeistert, dann Phoenix mit seinen riesigen Kreisen ineinander
verschlungener (verschachtelter?) Straßen und Albuquerque. Alles da unten
ist braune Wüste, später gibt es ein paar grüne Waldinseln und ein paar
schneebespitzte Berge in den Rocky Mountains, bis dann ein dichter
Wolkenteppich unter das Flugzeug gezogen wird und das Ende der Show verkündet.
Die Wolken sind so dicht, daß sie mich an eine Winterlandschaft erinnern,
es fehlen nur noch ein paar Schifahrer und Lifte. Später ändert sich das
Ganze in eine weiße Wüste aus Tälern, Bergen und Ebenen. Und noch später
sehe ich einen leibhaftigen Bryce-Canyon, der sich in eine Hochebene mit Tälern
und Brücken verwandelt.
Der
Typ neben mir tippt unablässig auf seinem Handy herum und nervt mich
damit. Warum habe ich eigentlich immer Spinner neben mir sitzen und nie
mal einen normalen Menschen? Das
Essen im Flieger ist OK, (gehört sich ja auch in der First Class!) und
die Stewards und Stewardessen sind freundlich; ich werde reichlich verwöhnt,
genieße es und lasse es mir hier gefallen. Unter
anderem sehe ich hier einen Film über Macy’s Thanksgiving-Parade alljährlich
in New York. Es gibt sie seit vielen Jahrzehnten. Eigentlich eine schöne
Sache, da würde ich gerne mal dabei sein… Schließlich
muß ich nach ein paar Stunden in Chicago umsteigen. Die Stadt empfängt
mich mit dunstig kühlem Nebel. Ich habe drei Stunden Aufenthalt, die ich
natürlich wieder im Red-Carpet-Club verbringe. Tja, und blöd wie ich
bin, bleibe ich ein paar wenige Minuten zu lang dort, denn mein Weg zum
Flugzeug ist 15 Minuten lang, die ich nicht eingerechnet hatte. Als ich am
Boarding-Schalter ankomme, sind die Flugzeugtüren gerade verschlossen
worden! Ohne mich! OHNE MICH??! Schon wieder eine Katastrophe! Meine
beiden Taschen sind wieder rausgeholt worden und stehen jetzt auf dem
dunklen Landefeld oder sonst irgendwo herum! Und dabei sind es noch exakt
sechzehn Minuten bis zum Start! Holy
Shit! So eine Sch…! Angeblich hat man mich mehrmals ausgerufen, aber
eben nur hier in dieser Lounge hier, nicht drüben in der Lounge im
anderen Terminal. Wie soll ich wissen, daß es hier zwei Lounges gibt?!
Schuld sind die, ich bitte um Entschuldigung, blöden Weiber in der
anderen Lounge, die zwar penibel meine Zugangsberechtigung geprüft aber
kein Wort über die zweite, besser zu meinem Ziel passende Lounge
verschwendet haben. Was
jetzt? Am Ticket-Schalter wird mir gesagt: „Kein Sitz im nächsten
Flieger nach London frei!“ Ich bettle und bitte, biete alle meine Überredungskünste
auf, sehe sie mit meinen treuesten Hundeaugen und mit meinem dümmsten
Gesicht an; ich muß doch heim, habe Termine. Die Frau hat sichtlich
Probleme, telefoniert zeitweise mit zwei Hörern am Kopf herum, sie gibt
sich Mühe, wirkt jedoch nicht allzu kompetent auf mich, aber immerhin,
sie weist mich nicht einfach ab. Nach
einer halben Stunde, die Warteschlange der Leute hinter mir wird immer länger,
die Frau ist alleine am Schalter, erst ganz zum Schluß erhält sie Verstärkung,
ich halte den Verkehr ganz schön auf, nach einer halben Stunde endlich
Erlösung: Sie hat nun doch einen Business-Platz im nächsten
United-Flieger nach London gefunden, (warum nicht gleich??), er geht nur
eine Stunde nach dem verpassten Flugzeug gleich hier (nur höchstens dreißig
Meter entfernt!) am selben Flugsteig ab und das Boarding läuft schon! Das
Leckerli: Die Umbuchung kostet nichts. Nothing. Sie ist für lau. Also
habe ich mich mal wieder viel zu schnell geärgert und mir unnötige
Sorgen gemacht. Bei sowas habe ich ja immer Glück. Wie letztes Jahr ja
schon mit dem Flug nach Mexiko… Jetzt
geht es mit einer B 767-300 von United zum Nachtflug (siebeneinhalb
Stunden/ viertausend Meilen) über den Atlantik nach London. (Ja, stimmt,
wiedermal ungefähr so viele Meilen wie ich mit dem Auto gefahren bin. Nur
daß ich zwei Wochen dafür gebraucht habe.) Alle Business-Plätze sind
tatsächlich besetzt, nur hinten bei den Economy-Leuten gibt es noch ein
paar freie Sitze. 16 (sechzehn!) Flugzeuge warten hinter uns auf dem
Taxiway auf den Start. Wir hatten großes Glück und nur drei Flugzeuge
vor uns gehabt. Eine Startbahn wird gerade umgebaut, deshalb
wahrscheinlich der Stau. Die United-Stewardessen erscheinen mir mal wieder
alt, sehr alt, eine ist uralt und hat schneeweiße Haare. Schon
wieder Essen und Trinken, obwohl ich eigentlich noch satt von dem vielen
Essen den ganzen Tag über bin. Ich habe Glück und bin der erste, der
diesmal, von hinten ausgehend, bedient wird. Alle Achtung: Hier werde ich
sogar mit meinem Namen angesprochen. Zum Schluß bekomme ich auf meine
entsprechende Bitte sogar drei leckere Nachtisch-Portionen. Obwohl
mein Platz erst vor ein paar Minuten auf mich gebucht worden ist, sitze
ich (gottseidank) schon wieder wie immer am Fenster. Allerdings, und das
ist völlig neu, rückwärts. Rückwärts? Rückwärts wie in der
Eisenbahn?? Ja, genau so, rückwärts, es gibt hier mehrere solcher
Zweier-Sitzreihen. Habe ich noch nie gesehen und ich bin ja schon ganz schön
rumgekommen. Die Stewardess meint, es sei keine große Umstellung – und
ich muß ihr auch sofort recht geben. Die Sitzverstellung gefällt mir
hier ganz besonders. Es gibt nur wenige Knöpfe und die sind eindeutig.
Meinen Sitz kann ich rasch und besonders einfach zur ebenen waagerechten
Liegefläche verstellen; ich werde also auch auf der Seite liegen können.
Ganz anders als im Airbus: Dort gibt es viele, zu viele Knöpfe, die
meisten mit unlogischer Vierfachfunktion, es dauert immer, bis man dort
seinen Sitz wunschgemäß eingerichtet hat. Und der Sitz dort wird nie
ganz eben oder gar waagerecht. Hier ist es also ganz einfach und ich
schlafe nach dem Film auch sofort ein. Der
Typ neben mir verweigert seine doch eigentlich luxuriöse Bordmahlzeit und
verzehrt stattdessen ein großes dickes mitgebrachtes Brötchen. Nach
Jude, Hindu oder Moslem sieht er eigentlich nicht aus, und die kriegen ja
auch alle ein ihrer Religion angepasstes Essen. Vegetarier auch. Ich habe
mal nachgesehen: Insgesamt gibt es, zumindest bei der LH, 20 (zwanzig)
verschiedene Mahlzeiten zur Auswahl! Je nach Glaubensrichtung. Man soll es
nur vorher bestellen. Man muß sich wirklich nichts mitbringen. Also schon
wieder ein „Verrückter“. Nach dem Brötchen macht er sofort seinen
Sitz flach und schläft. Ich sehe mir noch in Ruhe einen witzigen
Actionfilm an und gehe dann auch schlafen. Kurz
vor London wache ich auf. Schade, mein Blick geht geradewegs in die Galley
(Bordküche) und ich muß weinenden Herzens dabei zusehen, wie sämtliche
angebrochenen Weinflaschen brutal und herzlos ausgeschüttet werden. Aufs
Frühstück verzichte ich, bin noch satt. London
ziert sich etwas und hat sich mit einer Decke aus weißen Wolken schamhaft
zugedeckt. Die Landung in Heathrow ist deshalb unspektakulär. Nochmal
drei Stunden Lufthansa-Lounge, die aber rasch vergehen. Habe ja auch ein
spannendes Buch dabei. Logisch: Diesmal passe ich auf, daß ich
rechtzeitig zum Boarding komme. Angeblich gibt es hier in der B 737-300/500
keinen Business-Platz für mich, aber diese eine Stunde halte ich auch
hinten aus, zumal ich eine Zweier-Reihe für mich ganz allein bekommen
habe. Nach
dem Start immer noch Wolken über London. Durch ein kleines Wolkenloch
sehe ich, daß wir genau über der Themse sind. Schade. Nix mit Tower
Bridge oder so. Erst nach der City reißt die Wolkendecke etwas mehr auf
und läßt mich wenigstens noch einen Blick auf die Queen Elizabeth II
Bridge erhaschen, bevor wieder alles zugezogen wird.
Während
des gesamten Fluges ab Chicago mache ich mir Sorgen um mein dort
ausgeladenes Gepäck und befürchte Unbill. Ob sie es in meine beiden
Maschinen gepackt haben? Oder steht es noch in Chicago oder ist im
Nirgendwo? Gar im Nirwana? Doch alle Sorgen sind unnötig, in Düsseldorf
stehe ich noch keine zehn Sekunden am Band, da kommen schon wieder beide
Taschen angerollt. Ganz anders als kürzlich in Bodrum, wo wir eine halbe
Stunde aufs Gepäck warten mussten. |