Donnerstag,
19. Juni 2008 Nach
den obligatorischen Fotos des Sonnenaufgangs lege ich mich ausnahmsweise
noch einmal in unsere kuschelige Heia und schlummere noch einmal ein,
denn hier ist es zu schön (und auch zu teuer), um einfach so früh
wegzufahren. Auch
heute verschieben wir unser Frühstück und vollziehen es lieber ein
paar Meilen weiter, ganz allein, direkt am Uferstrand des Pazifiks. Wir
klappen unsere beiden Stühle auf und frühstücken natürlich hier draußen.
Ab und zu treibt der Wind ein bißchen Gischt der Brandung durch die
Luft zu uns herüber. Die vorbeifahrenden Leute hupen uns manchmal zu,
um uns zu sagen, daß sie gerne mit uns tauschen würden - wir wollen
aber nicht mit ihnen tauschen. Eine Gruppe Pelikane fliegt in Längs-Formation
dicht vor uns am Strand entlang, ein paar kleinere Vögel hinterher,
alle wie an einer Kette aufgereiht, dazu die wilde Brandung, also, das
ist schon ein Frühstück, wie ich es selten in meinem Leben erlebt
habe. Wir können übrigens genau erkennen, daß es sich um Pelikane
handelt, denn jeder trägt einen Füller im Schnabel… Obwohl
wir den ganzen Weg am Pazifik entlang aufgepaßt haben, sehen wir leider
den Stellplatz des damals von uns so hochgeschätzten Mr. Rockford
nicht; wahrscheinlich stand sein Wohnwagen in Wirklichkeit ganz
woanders. Tipp:
Die
Abzweigung zum Mulholland Highway
kommt vorbei. Den haben wir vor ein paar Jahren ab hier Richtung Los
Angeles befahren und diese wunderschöne Straße durch die Berge kann
ich jedem Traveller nur bestens empfehlen. Auf dem Weg nach L.A.
empfiehlt es sich ganz besonders, diese Straße statt des hier nur noch
langweiligen Highway 1 zu nehmen. Endlich
brauchen wir uns nicht mehr so oft die Nase zu schneuzen, die Kleenex-Tücher
sind schrecklich dünn und reißen entweder schon beim Aufmachen der
Packung, oder beim Rausholen, sonst beim Entfalten oder spätestens beim
Reinschneuzen. Wir
müssen durch einen kleinen Tunnel und schon schlägt die Hitze wieder
voll zu, weil uns jetzt einige Hügel vom Pazifik abschirmen. Hinter
Santa Maria denken wir an
Ernst und Elisabeth, die hier von einem verrückten Autofahrer auf ihrer
Harley einfach so und völlig unnötig umgefahren worden sind. Aber zum
Glück geht es beiden wieder gut. Wir durchqueren hier endlos lange Gemüseanbauflächen. An
San Louis Obisbo geht es
vorbei, an Morro Bay mit dem
berühmten Morro Rock, und sind wieder an dem von uns beiden so sehr
geliebten Pazifik. Direkt unterhalb von Hearst
Castle halten wir an einem der Aussichtspunkte, um die dort
herumliegenden See-Lions zu beobachten. Sie aalen sich auf dem Strand,
noch dichter als Ölsardinen zusammengepreßt und dazu auch noch
teilweise aufeinanderliegend. Manche bewerfen sich ab und zu unbeholfen
mit Sand, andere machen sich etwas breit, um etwas mehr Luft zum Atmen
zu haben, der eine oder andere reißt einfach so sein Maul auf, es ist
immer Bewegung in der Gruppe, also hier könnte ich stundenlang bleiben
und zusehen.
Aber
wir müssen weiter, es wird schon wieder Nachmittag, und das schönste
Stück des Highway No. 1
liegt noch vor uns. Wir haben ihn schon zweimal in südlicher Richtung
befahren, und diese Richtung kann ich auch „als richtig“ empfehlen.
Heute fahren wir ausnahmsweise mal in nördlicher Richtung, also auf der
dem Meer abgewandten Seite. Mit unserem breiten Dampfer ist es anfangs
nicht ganz einfach, denn hier sind fast nur unbeholfene Touristen
unterwegs, die mit ihren Leihwagen natürlich nicht richtig umgehen können,
die die zahllosen Kurven schneiden, oder die in den Kurven zu weit auf
unsere Spur kommen. Der Klügere gibt nach, also muß ich gelegentlich
in den Kurven bis zum äußerst rechten Rand der Straße (und manchmal
noch weiter) ausweichen. Dazu fahren wir auch noch gegen die
tiefstehende Sonne mit entsprechender starker Blendung. Aber auf alles
das kann ich keine Rücksicht nehmen und bleibe auf dem Gas. Alles
geht gut, es gibt keine Probleme, nur, daß sämtliche Campingplätze
voll sind. Der eine oder andere ist auch noch zusätzlich für Autos
unserer Länge gesperrt. Aber das ficht uns (noch) nicht an, erst einmal
erfreuen wir uns an der einzigartigen Landschaft mit ihren wunderschönen
Ausblicken. Auch die Redwood-Bäume sind später wieder da. Und natürlich
unzählige Eichen- und Nadelbäume. Busted flat in Baton Rouge, waiting for a train Janice Joplin singt auf einer unserer CDs „Me and
Bobby Macgee“ und diese Musik und ganz besonders die rauhe Stimme von
Janice paßt ganz hervorragend zu dieser schroffen Küstenlandschaft,
die uns beide immer wieder aufs Neue so sehr fasziniert. Tipp:
Achtung, rechtzeitig tanken, hier gibt es nur eine
einzige Tankstelle auf 120 km. Ich
bleibe erst einmal gelassen, denn ich hoffe noch auf Big Sur, unserem Lieblingsort an der gesamten Pazifik-Küste, hier
habe ich von unserer letzten Reise noch ein oder zwei Campingplätze in
Erinnerung.
Bisher war ich mir nie sicher, wie Big Sur korrekt
ausgesprochen wird. Ein Einheimischer erklärt uns an einem der
Aussichtspunkte, daß es sich um eine ursprünglich spanische
Bezeichnung für „Großer Süden“ (el sur grande) handelt. Deshalb
wird es Big Suuhr
ausgesprochen. (Und auf gar keinen Fall Big Söör! Dadurch, daß viele Leute es so falsch aussprechen, wird
es nicht richtiger.) Übrigens: Henry Miller hat hier lange mit einem
Freund und bis zu seinem Tod gelebt. J.
Doll schreibt hierzu auf seiner im übrigen ebenso bemerkenswerten wie
informativen USA-Info-Seite www.kalifornien-tour.de: „Big
Sur ist da, wo sich Berge und Pazifik zu einem dramatischen Rendezvous
treffen. Hier ist die schönste Begegnung von Land und See, die es auf
der Erde gibt.“ Diese zwei Sätze schrieb der Schriftsteller Robert
Louis Stevenson, der hier Anregungen für sein Buch "Die
Schatzinsel" fand. (Und
dem ich ja seit meiner Frankreich-Wanderung sehr verbunden bin; W.R.V.) In
den zwanziger und dreißiger Jahren wurde hier die Straße mit Dynamit
aus den Felsen der Santa Lucia Mountains gesprengt. Teile des Highway
No. 1 wurden 18 Jahre lang von Strafgefangenen gebaut. Für zwei Tage
dieser Knochenarbeit wurde den Sträflingen ein Tag ihrer Haft erlassen.
Der Highway an der Big Sur Coast war ab 1937 durchgehend befahrbar. Der
eine der beiden Campingplätze ist natürlich auch schon längst voll,
und der andere für unser langes Auto ungeeignet. Was machen? Ich fahre
einfach ein, zwei Meilen zurück zu einem Parkplatz mit Rangerstation
(„Big Sur Station“), auf dem die Leute ihre Autos abstellen können,
um von dort aus Wanderungen unternehmen zu können. Ein paar Autos
stehen hier ganz einsam und allein herum und fahren nachts auch nicht
mehr weg. Hier, unter vielen Redwood-Bäumen, schlagen wir unser
Nachtlager auf, auch wenn Übernachtungen hier auf dem Platz ausdrücklich
verboten sind. Wir haben ein ungutes Gefühl und essen ganz leise und
vorsichtig im „Windschatten“ unseres WoMos, dann noch ganz
vorsichtig schnell die abendliche Zigarre, immer in Gefahr, daß ein
strenger Ranger kommt und Ärger macht oder uns zumindest vertreibt, und
wo sollen wir dann in der Nacht hin?? Ich
will es kurz machen, alles geht gut, niemand pocht in der Nacht ans
Auto, wir können durchschlafen.
|
vorige Stationnächste Station |
USA Reise 2008 Übersicht |