Montag,
15. November 2010
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Meine
Dusche ist riesig und reichte eigentlich für zwei, drei zusätzliche
Gespielinnen, gerne bliebe ich noch länger drunter, notfalls auch
alleine, ich möchte gar nicht mit dem Duschen aufhören. Dazu gibt es
dann ein gepflegtes Hot Breakfast. Ich bin froh und glücklich, hier
abgestiegen zu sein und nicht, wie sonst gerne, gespart zu haben. Von
Twentynine Palms aus kann man auf kurzem Weg in den Joshua Tree National
Park reinfahren. Leider ist der Eintritt erneut vergleichsweise teuer, fünfzehn
Dollar, egal wie viel Leute im Auto sitzen. Aber die bezahle ich
ausnahmsweise mal gerne, der Park und die Eintrittsgebühr lohnen sich
immer wieder, obwohl ich hier schon mindestens vier, fünfmal drin war.
(Der Joshua ist einer meiner Lieblingsparks, klein und übersichtlich,
trotzdem vielfältig, hier fühle ich mich schon fast wie zu Hause.) Es
ist zwar wie immer sonnig, aber kalt und windig hier oben. Ich habe sogar
Sorge, daß der Wind das Stativ mit der Kamera umwerfen könnte. Die
Felsen liegen seit meinem letzten Besuch unverändert herum.
Ich
finde heute immer wieder Stellen, wo ich noch nicht war, auch Stellen, wo
ich schon oft war und trotzdem jedes Mal wieder hin will, z.B. die Jumbo
Rocks, diese Felsen muß ich einfach bei jedem Besuch im Park sehen und
besonders meinen steinernen Freund, den kleinen Elefanten, streicheln.
(Ein Verrückter muß den Platz entweihen und ausgerechnet hier sein Zelt
davor aufstellen. Dabei gibt es millionenfach bessere Plätze dafür.)
Vor
dreizehn Monaten lag ich noch, vom blöden GBS gelähmt, im Krankenhaus
und jetzt laufe ich hier herum, als wäre nie etwas gewesen. Mein Leben
schien (fast) am Ende. Ist das nicht ein Wunder? Ich bin immer wieder froh
und dankbar darüber und würde am liebsten lauthals jubilieren – aber
ich darf die Tiere hier im Park nicht so schlimm erschrecken. Heute
kann ich auch endlich mal die staubigen Seitenwege im Park befahren. Ich
bedaure, eine weithin sichtbare und so deutliche Staubwolke hinter mir
herzuziehen…
Am
Barker Dam Nature Trail stelle ich den Wagen ab und mache mit großem
Vergnügen die hier angebotene Exkursion. Es sind ja nur anderthalb
Meilen, die sich aber unbedingt lohnen. Es gibt eine kleine sechzig Jahre
alte Staumauer früherer Rancher und noch ältere (offenbar nicht mehr
originale) Petroglyphen (Felszeichnungen) zu besichtigen. Ein paar
besonders zutrauliche Tiere wagen sich ganz in meine Nähe, darunter ein
Pocket Gopher (Erdhörnchen) und eine Art Salamander.
Dieser
wunderschöne Tag im Park läßt mich alles Mißbehagen über lächerliche
Polizeikontrollen und eintönig-gerade Straßen vergessen. Mittags
geht es dann weiter auf der 247 durch die Steppe und dann links ab auf
meine Lieblingsstraße: Die 18 führt an der Mitsubishi Cement
Corporation, einer riesigen Zementfabrik vorbei, schwingt sich steil bis
auf 7.000 feet ins Gebirge rauf und führt dann am romantischen Big
Bear Lake entlang.
Ich
muß mich entscheiden, links oder rechts um den See zu gondeln. Linksrum
kenne ich, deshalb fahre ich rechtsrum und wähle damit ausnahmsweise mal
den richtigen Weg. Warum? Am Ende des Sees wird eine neue Straße über
die Staumauer gebaut und ich hätte an der Baustelle bis zu einer halben
Stunde warten müssen.
Diese
Wartezeit bleibt mir also erspart und ich sause weiter. Neue Abgründe tun
sich mal wieder vor mir auf; die 18 heißt hier deshalb „Rim of the
World“ und bietet eine grandiose Aussicht die steilen Berge hinunter ins
San Bernardino Valley. Bestimmt ist sie weltweit einmalig. Auch diese Straße
ist bestens asphaltiert und hat keinerlei Ausbesserungen oder Flickereien.
Der Mustang gleitet darüber wie auf Schienen. Enge Kurven sind außen oft
überhöht und man kann sie deshalb mit wahnwitziger Geschwindigkeit
nehmen ohne rauszufliegen. Viele schöne Aussichtspunkte ergänzen den
guten Eindruck, den diese Straße bei mir immer wieder hinterläßt. Ich
bin der König der Welt, nein, besser, viel besser, „I’m the Master of
the Universe“!
Ab
Crestline ist es jetzt die 138, die mit einer interessanten Straßenführung
zwischen hohen Kiefern, fast schon kleinen Redwoods, durchführt, später
am Silverwood-Lake vorbeigeht und dann noch einmal herrlich enge Kurven
bietet.
Die
Schule ist aus und viele gelbe Schulbusse wuseln hier herum. Ich habe Glück,
sie biegen alle schnell wieder ab und behindern mich nicht. Sie schwirren
überall im Land herum, ich habe wieder unzählige von ihnen gesehen,
viele werden übrigens von Frauen gesteuert. Sie fahren jeden Tag ein paar
hundert Meilen, um die Kinder einzusammeln und dann noch einmal so viel,
um sie wieder nach Hause zu bringen. Es muß ein Riesengeschäft sein,
diese Busse herzustellen. (Nebenbei: Und die Autos für die Border Police,
davon muß es zigtausende geben.) Ich
muß dann für zwanzig Meilen rechts auf die sehr lebhafte I 15
abbiegen und bin kurze Zeit darauf in Hesperia. Hier kenne ich vom letzten
Mal ein schönes großes Motel, es ist auch noch da, doch ich werde tief
enttäuscht, es wurde zwischenzeitlich von der Firma Motel 6
aufgefressen und entsprechend umbenannt. Immerhin: Mit 51 $ ist es
deutlich günstiger als früher. Mein Fenster läßt sich öffnen. Das
damals so angenehme und freudespendende Restaurant im Haus steht leer; es
sieht mich mit toten Augen traurig an und wird wohl noch lange vergeblich
auf den Kuß des Prinzen warten müssen, der es endlich wieder aufweckt. Deshalb
muß ich gegenüber bei den Farmers Boys essen gehen, es gibt Fish and
Chips. Im
Fernsehen sehe ich mir vier aktuelle aufeinanderfolgende Episoden der
Orange Choppers an; sie ziehen sich ganz schön lang hin, vier Minuten
Sendung werden regelmäßig von vier Minuten Werbung unterbrochen, da
braucht man reichlich Geduld und Ausdauer. Und Wertschätzung für Paul
Sr., Paulie, Mikey und die anderen Mitstreiter. Aber die habe ich ja. Orange
County Choppers – Wikipedia |