Donnerstag,
15. Juli 2010
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Hello
America, I’m here again!
Ich habe wie
ein Bär im Winterschlaf geschlafen und bin wieder gesund und wohlauf.
Ich fühle mich, als wäre nie etwas gewesen. Wie von Craig befohlen bin
ich um 6 Uhr munter, mache mit den Hunden eine letzte Runde und dann
brechen wir mit den drei Corvettes auf. Frühstück
gibt es erst nach zweihundert Kilometern, direkt nachdem wir den
Missouri überquert haben, leider kein Buffet,
das gibt es hier erst ab halb elf, aber bis dahin sind wir längst schon
wieder weg. Unterwegs lernen wir auch noch Brent und Brenda in einem
schwarzen Corvette C 6 Coupe kennen, die sich uns anschließen. Craig hat sich mit ihnen
vorab verabredet. Auf
der Autobahn sind mit uns zusammen hunderte Corvettes unterwegs auf dem
Weg zum eigentlichen Treffpunkt in Spearfish. Der
so hochgelobte Supercharger
in der C4 enttäuscht mich etwas. Wie alle Turbos braucht er erst
einmal eine gewisse Drehzahl, auf jeden Fall deutlich über 3.000 UpM,
um dann endlich die angeforderte zusätzliche Power
abzugeben. (Meine Corvette zu Hause macht das einfacher und schneller
und mindestens genauso beeindruckend.) Leider kann ich ihn immer nur mal
beim kurzen Beschleunigen, nach dem Abbiegen oder beim Auffahren auf die
Autobahn zeigen lassen, was er kann. Heute
fahren wir die längste Etappe, weit über achthundert Kilometer, genau
nach Westen. Dazu überqueren wir die unsichtbare Zeitgrenze von Central Time nach
Mountain Time
und müssen/dürfen unsere Uhren eine Stunde zurückstellen;
leihweise haben wir eine Stunde gewonnen. Gut, daß die Sonne noch über
uns ist, sonst würden wir stundenlang geblendet. Die Autobahn ist
meistens holprig, manchmal sogar grottenschlecht, aber bei unseren
niedrigen Geschwindigkeiten geht es gerade so. Achthundert Kilometer!
Damit wäre ich in Deutschland schon fast durchs Land, hier gerademal
durch einen US-Staat (South‑Dakota). Gut, daß die US-Autos alle
über einen Tempomat verfügen. Wenn es ihn noch nicht gäbe, müsste
ihn uns der liebe Gott dringend schenken…
Amis
können einfach kein Auto fahren. Craig fährt mal schneller, mal
langsamer, oft muß ich den Tempomat korrigieren. (Vielleicht hört er
auch etwas im Radarwarner.) Es fehlt Amerikanern aber auch oft an der
Souveränität des gleichmäßigen Fahrens, doch ohne Übung (und das
entsprechende Gen) können sie diese ja auch gar nicht haben… Mais
und Soja werden jetzt immer mehr von Rinderherden auf relativ grünen
Weiden und von goldgelben Getreidefeldern abgelöst. Die Landschaft wird
wie eine Kulisse langsam rechts und links an mir vorbeigeschoben. Die
bisher flache Umgebung wird ganz leicht hügelig. Schilder warnen, daß
in Baustellen die Strafen für zu schnelles Fahren einfach verdoppelt würden.
(Sollte man bei uns auch einführen!) Wir
machen eine Schleife durch den Badlands N.P. für 15 $ pro Fahrzeug. Glühende
Hitze schlägt uns jedes Mal entgegen, wenn wir aussteigen. Weit über
90°F (32°C) herrschen hier. Zweiunddreißig Grad sind ja eigentlich
noch nicht einmal so viel, aber die Sonne brennt hier viel stärker als
bei uns.
Endlich
tauchen im Dunst ganz vorne am Horizont richtige Berge auf. In Rapid
City fahren wir von der Autobahn runter und auf normalen Straßen durch
den waldreichen (und schattigen) Custer State Park. Eigentlich sieht es
hier wie im Schwarzwald aus. Wenn uns nicht gerade die vier Präsidenten
vom Mount Rushmore so stoisch mit ihren versteinerten Mienen anblickten. Eine
Baustelle: Die einspurige Verkehrsregelung ist hier ganz pragmatisch gelöst,
es gibt keinen Flagman
mehr, auf jeder Seite steht in Sichtweite ein Stoppschild, wer
zuerst kommt und anhält, fährt auch zuerst weiter. Endlich haben wir
mal wieder Kurven und Hügel unter den Rädern, aber leider gibt es jede
Menge Blödmänner, die nur gerade Straßen befahren können. Die
meisten Amis können einfach kein Auto fahren; oft sitzen auch Kinder,
Asiaten oder Frauen am Steuer, (manchmal sind alle drei Faktoren in
einer Person vereinigt), da darf man offensichtlich nicht viel erwarten
– und muß sich in Geduld üben...
In
Keystone, einer alten Goldgräberstadt, machen wir kurz Rast und ich
erfahre hier, daß Goldsucher nie wirklich reich geworden sind. Reich
wurden nur diejenigen Leute, die ihnen Klamotten, Werkzeug und
Ausstattung verkauft haben. Und nur sie sind auch reich geblieben… Als
ich von den Restrooms (Waschraum) zurückkomme, sind die andern alle verschwunden.
Ich fahre ein bißchen herum, finde aber niemanden mehr. Soll das ein
Spaß sein?! Oder haben sie sich plötzlich in Luft aufgelöst? Also zurück
zum Ausgangspunkt und Warten. Craig hat offenbar bemerkt, daß ein Auto
fehlt und kommt nach einer langen Viertelstunde zurück und wir fahren
weiter an unser Ziel in Spearfish, das wir gegen 6
pm erreichen. Das (unsympathische) Hausmeister-Ehepaar ist bereits
da und erwartet uns und zeigt uns das Haus, das Craig für die paar Tage
vergleichsweise günstig mieten konnte. Das Haus liegt auf der Spitze
eines höheren Berges inmitten vieler Nadelbäume. Zwei Schneisen ermöglichen
eine wundervolle Aussicht nach Spearfish hinunter. Es gehört einem
bekannten Eisfabrikanten. Leider ist seine Frau kürzlich verstorben und
er möchte nicht mehr hier wohnen und es deshalb für eine halbe Million
Dollar verkaufen, was ich gut verstehen kann. Trotzdem ist es schade,
ein so schönes luxuriöses Haus herzugeben. Das Haus ist noch vollständig
eingerichtet, mit sämtlichen Privatsachen der Besitzer. Ich
habe Glück und bekomme das zweitschönste Zimmer des Hauses, ein
Eckzimmer mit der eben schon erwähnten wundervollen Aussicht (nach
Norden, Osten, Süden) und einem langen hölzernen Balkon. Die andern
haben beides nicht. (Das allerschönste (riesige) Zimmer direkt neben
meinem gehört natürlich dem Hausherrn.) Es ist das Zimmer der
Hausherrin, sie nähte offensichtlich mit großem Vergnügen Quilts,
riesige Dinger, sie hängen überall im Haus herum; in mehreren
Schränkchen sind die dazugehörenden Nähsachen. Dazu steht ein neuer
unausgepackter (IKEA)‑Schrank verlassen in einer Zimmerecke und
wartet wie Schneewittchen darauf, endlich erweckt und aus seinem flachen
Karton geholt und zusammengebaut zu werden. Es ist, als wären die
Hausbesitzer gerade nur für ein paar Minuten weggegangen. Draußen
am Baum hängen viele verschiedene (Vogel-)Futterhäuschen, die täglich
befüllt werden; ein Reh kommt morgens und abends ans Haus und wird gefüttert.
(Leider gab es unterwegs schon wieder zwei tote Rehe am Straßenrand.
Diese liegen da für immer, niemand räumt sie weg. Genauso wie die
Reifenteile, die stets überall auf den Autobahnen herumliegen und
bekanntlich auch viele gefährliche Drahtstücke verstreuen.) Erdnüsse
gibt es für Squirrels (Eichhörnchen) und Tiere, deren Namen ich nicht verstehen
konnte. Wir
beeilen uns beim Autoausladen und fahren runter zum Holiday-Inn, wo die Convention
Hall und unser
Versammlungs-Platz ist. 2010
Black Hills Corvette Classic - Sioux Falls to Spearfish Von
einigen Leuten werde ich auch hier, wie schon in Sioux Falls,
wiedererkannt und freundlich mit meinem Namen begrüßt. (Sollte ich
2007 etwa einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben…?) Heute Abend
gibt es ein Bar-B-Q mit
Kartoffelsalat, Bohnen, weicher eklig-schwabbeliger Bratwurst und Softbrötchen.
Abgestandene Softdrinks gibt es kostenlos, alle anderen muß man
bezahlen. Ich esse zwar alles, habe aber verständlicherweise ein paar
schlimme Befürchtungen – die sich aber nicht bestätigen, diesmal
vertrage ich wieder alles und es bleibt auch alles da, wo es hingehört
- bzw. durch muß. Hunderte
Corvettes stehen hier auf dem Parkplatz herum und ich habe Zeit, sie mir
in der untergehenden Sonne mal in Ruhe anzuschauen. Viele C5 sind dabei,
sehr viele, vielleicht sind es die meisten. Dann natürlich die
aktuellen C6‑Modelle, die Hälfte sind (teurere) Z06, die andere Hälfte
„normale“ C6, der Rest ZR1. Alle früheren Modelle sind auch
vertreten, aber nach unten hin natürlich jeweils abnehmend.
Callaway-Corvettes (ein Tuner) gibt’s auch, die Firma hat auch einen
eigenen Stand auf dem Parkplatz.
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