Mittwoch,
18. März 2009
San Ignacio – Catavina (248 Meilen) |
Leider
ließ sich zum ersten Mal auf unserer Reise heute Nacht kein Fenster öffnen,
trotzdem war die Nacht OK. Nach dem Frühstück im Hotel fahren wir noch
einmal kurz ins Dorf mit seiner berühmten Kirche, einer alten
Franziskanermission. Riesige Lorbeerbäume stehen um den großen Platz
herum und spenden uns kühlen Schatten, während sie, sehr gelassen, auf
uns runterschauen. Dann
geht es auch schon wieder auf die Piste, vorbei an Las Tres Virgenes, den drei Jungfrauen, erloschenen Vulkanen. Die
Straße ist lang und gerade, sehr lang und sehr gerade, hinzu kommt
heftiger und geradezu gemeiner Seitenwind. Die entgegenkommenden Lkws
machen die Sache noch schlimmer und schleudern uns harte Windstöße
entgegen, vor denen es keinen Schutz gibt. Ein Zitat Schiller’scher Prägung
fällt mir ein: „Mut wächst mit der Gefahr“. Und ich meine damit:
Man muß halt durch! An der GoldWing klappert es jetzt immer mehr vorne
unter dem Armaturen“brett“. Links
über dem Pazifik dräuen tiefe Wolken, aber bei uns bleibt es trocken,
wenn es auch wieder deutlich abkühlt, je mehr wir nach Nord-Westen
kommen. Aber wir nähern uns ja auch wieder dem Pazifik, und der ist nun
mal sehr kalt. Die Berge auf der rechten Seite sind so hoch, daß sogar
die Alpen vor Neid erblassen würden; ihre Gipfel verschwinden etwas im
Dunst. Mittags machen wir Rast in Guerrero Negro in dem uns von der
Herfahrt noch gutbekannten Hotel. Zum Glück ist es hier wieder warm und
sonnig. Ich esse Austern und Tortillas mit Guacamole. Doris erwirbt ein
Vögel-Buch. Kurz
nach der Abfahrt werden wir an der Süd-Nord-Grenze von Militärleuten
gestoppt und aufgefordert, endlich pro Person ein Einreiseformular
(Visum) für Mexiko auszufüllen. Demnächst sollen/müssen wir
umgerechnet ca. 20 US-$ auf einer beliebigen Bank einzahlen, sonst dürfen
wir später nicht mehr ausreisen. Fotografieren ist hier verboten,
trotzdem mache ich ein schnelles Foto. Später
beim Tanken fährt einer von uns für ein Foto nochmal ein kurzes Stück
zurück und bleibt nach dem Wenden prompt im Tiefsand stecken. Es ist
aber kein Problem, ein paar von uns schieben und ziehen ihn rasch wieder
aus der zugeschnappten Falle raus. Doris
möchte jetzt auch noch die Harley von Jan ausprobieren. Claudia fährt
deshalb mit mir. Die Windstöße der entgegenkommenden Lkws sind jetzt
fast noch härter als am Vormittag, obwohl ich auf meiner GoldWing ja
noch relativ gut geschützt bin. Ich bedauere Claudia und die andern
unserer Gruppe, aber es läßt sich ja leider nicht ändern, sie müssen
da durch. Obwohl wir manchmal reichlich Speed drauf haben, jammert
Claudia nicht und hält brav durch. Nur meine Fotos der Militärkontrollposten
bringen sie etwas in Sorge um mich. Aber es geht alles gut, wir werden
nicht verhaftet. Die
Straße erlaubt hier großzügige Fahrt. Ein Polizeiauto kommt plötzlich
und unerwartet hinter einer Kurve hervor und begegnet uns, und, obwohl
wir diesmal etwas schneller sind als erlaubt, passiert uns nichts, gar
nichts. Später erzählt mir ein Amerikaner, daß es nur selten mal ein
Ticket für zu schnelles Fahren gibt, und dann kostet es auch stets nur
pauschal umgerechnet 7,25 US-$. Es
wird noch wärmer und der heftige Wind läßt nachmittags endlich nach,
sodaß unsere Fahrt etwas erträglicher und sogar angenehmer wird. Die
in der Sonne faul herumliegenden Berge erinnern mich immer wieder
deutlich an Monument Valley. Unser
heutiges Hotel in Catavina ist wieder ein typisch mexikanisches Haus.
Man könnte es leicht mit dem gestrigen verwechseln, so ähneln sich
beide. Der „Ort“ selbst besteht nur aus ein paar vereinzelten Hütten
in der Wüste. Wir
schauen uns schon mal die uns umgebende Wüste an. Ruhig ist es hier,
viele hochgewachsene Säulen-Kakteen schauen stumm auf uns herunter –
oder wir auf andere kleinere Kakteen. Schade, daß in Mexiko unendlich
viel Müll überall herumliegt, auch hier in dieser einsamen Wüste. Am
späten Nachmittag rollt ein roter Bus an, es sind deutsche Rotelianer,
die alle gleich aussteigen und auf unsere Restrooms (=Toilette) im Hotel
rennen. Dann werden Klamotten aus und in die Koffer umsortiert. Anschließend
wird Abendessen gemacht und die Betten für die Nacht vorbereitet. Und
dann wird an langen Holztischen zu Abend gegessen. Da ich das alles
schon öfters im Fernsehen gesehen habe, freue ich mich, das ganze
Geschehen nun endlich einmal hautnah und mit einem kühlen Corona in der
Hand miterleben zu dürfen. Leider wirken die Leute nicht sehr redselig,
geradezu abweisend, deshalb dränge ich ihnen erst gar kein Gespräch
auf. Wir
essen dann später gegenüber in einem sehr einfachen Lokal. Ich bin
noch satt von den Austern und hoffe immer noch, daß keine Nachwirkungen
schlimmer Art eintreten. (Ich hatte früher in Las Vegas schon einmal
heftig juckenden Ausschlag bekommen und stets die Austern dafür
verantwortlich gemacht.) Mit den Essensresten der andern kann ich dann
noch ein paar Hunde füttern. Hunde
gibt es übrigens in reicher Vielzahl auf unserer ganzen Fahrtstrecke,
in allen Größen, meistens sind sie brav und gutmütig. Tiere gibt es
aber noch mehr, meistens sind es Kühe, an und manchmal sogar auf der
Straße, eine tote Kuh lag schon am Straßenrand, niemand kümmert sich
darum, sie verwest langsam. Pferde gibt es auch, auch ein totes Pferd
lag schon am Straßenrand, genauso Ziegen. Man sollte deshalb immer
scharf auf Tiere aufpassen, die plötzlich hinter einer Kurve auf der
Straße herumlaufen könnten. Wir haben Gottseidank stets reichliches Glück
gehabt. Nach
unserem Abendessen statte ich der Wüste noch einmal ganz allein einen
kurzen Besuch ab. Ich hatte gelesen, daß die Wüste in den Nächten zu
leben beginnt. Ich werde auch nicht enttäuscht. Geräusche um mich
herum, nah und fern, und die in einer großen Zahl kräftig leuchtenden
Sterne machen diesen an sich viel zu kurzen Ausflug zu einem tollen
Erlebnis für mich, an das ich mich gerne noch lange zurück erinnern
werde. Kein einziges Flugzeug stört hier mit seinen blinkenden
Positionslichtern meinen Blick bis ans Ende unseres Universums. Da die
Stromgeneratoren des Hotels weithin zu hören sind, muß ich ganz schön
weit laufen und das ohne Taschenlampe… |