Montag, 27. April 2009
Amarillo – Carrizozo, 477 Meilen

Das Continental-Breakfast im Hotel ist etwas knapp. Ich amüsiere mich darüber, wie hier von der Frau am Buffet alles kleinlich abgezählt wird, Toast (2), Rührei (1 Löffelchen), und Bacon-Scheiben (2). Nein, ich bekomme, außer Marmelade, nichts mehr nach! Trotzdem fröhlich pfeifend und noch guter Dinge begebe ich mich dann mit meinem Gepäck ans Moped. Was ist denn das??! Eine Saukälte schlägt mir entgegen! Warum ist das denn so kalt heute morgen? Nur 50° F = ca. 10° C. Mannomann! Da heißt es, umzudisponieren und etwas Warmes anziehen. Sogar den Helm muß ich wegen der Kälte wieder aufsetzen; seit der Grenze nach Texas hatte ich ihn nur noch hinten festgeschnallt. Aber wenigstens ist der Himmel mal wieder makellos blau.

 

Von Nashville nach Phoenix

 

Mein Vorhaben, das für heute morgen geplante Museum of Modern Art muß ich zu meinem größten Bedauern leider stornieren, montags ist es geschlossen. Dabei wäre der Eintritt dank eines Coupons kostenlos gewesen. Na, dann sehe ich mir halt nur „Madame Queen“ an, nein, keine Frau, schon gar keine nackte, nur eine Lokomotive, ein wahrhaftiges Ungetüm der berühmten Santa Fe Railway, die hier ringsum eingezäunt in der Gegend herumsteht. Einmalig, es soll sich um einen Prototyp handeln, (für Insider: 2-10-2), gewaltig, dick und schwarz beeindruckt sie allein durch ihre üppigen Ausmaße; sämtliche technische Daten werden automatisch zu Superlativen. Ihren Namen trägt sie jedenfalls zu Recht.

David Richardson Photography : photos : Madame Queen...

Von Nashville nach Phoenix

Von Nashville nach Phoenix

 

Der heutige Tag bringt nur noch gerade Straßen, sehr breit, sehr gerade, aber wenigstens nach wie vor mit wenig Verkehr. Bald passiere ich die Grenze nach New Mexico. Die Uhr muß hier eine Stunde zurückgestellt werden. Ich habe wieder eine Stunde gewonnen. Immer heißer wird es jetzt, längst sind Helm, Jacke und Handschuhe wieder ausgezogen und verstaut. Hier gibt es nur noch endlose Rinderweiden, keine Bäume, keine Berge, selten mal ein Windrad, mit dem Wasser gefördert wird. Oder einen „Pferdekopf“, der mit seiner stoischen Auf- und Abbewegung Öl fördert – ohne jemals müde zu werden. Ab und zu mal ein paar Häuser der jeweiligen Ranch. Ganz selten mal ein Auto oder ein Lkw, die mir begegnen, zum Überholen gibt es gar nichts.

 

Von Nashville nach Phoenix

 

In Roswell mache ich endlich Station. Erst das kostenlose Roswell Museum & Art Center, weil ich Kunst-Museen so sehr liebe - und weil es mir von den freundlichen Leuten im Visitor Center nebenan empfohlen wird. Und dann für 5 $ Eintritt, natürlich, deswegen habe ich dieses Zwischenziel schließlich gewählt, das berühmte UFO Museum mit dem noch berühmteren Außerirdischen aus der einzigen Fliegenden Untertasse, die jemals gefunden worden ist, äh, gefunden worden sein soll:

Virtual tour of UFO Roswell Museum, New Mexico

 

Von Nashville nach Phoenix

Von Nashville nach Phoenix

Von Nashville nach Phoenix

 

Auch diesmal bin ich ein wenig enttäuscht, habe schon wieder irgendwie mehr erwartet. Aber der Weg nach Roswell hat sich dann doch noch gelohnt, hier finde ich, (in der Beziehung bin ich ja ein Trüffelschwein), die 246, eine einsame Straße mit vielen leichten Kurven und sanften Hügeln. Herz, was willst Du mehr? Endlich kann ich die GoldWing wieder machen lassen was sie will: Fahren, und zwar schnell. Trotz der vielen Kurven schnellt die Tachonadel doch immer wieder auf 80 und sogar 100 mph, ja, das macht uns beiden reichlich Spaß und Freude. Die GoldWing hupt vor Freude und das Motoröl blubbert vor Behagen. Die Schleife ist allerdings nur ca. 140 km lang, äh, kurz.

So eine GoldWing macht unheimlich Spaß. Wieder denke ich: Wenn sie nicht schon erfunden wäre, müßte man sie dringend erfinden. Da kommt einfach kein anderes Motorrad mit – solange man gleichzeitig Komfort und Schnelligkeit haben möchte.

Die Hügel hier sind alle Weideland, golden in der Sonne glänzend. Halblinks vor mir ein großes Gebirge. Immer wieder eine Cattle Ranch, eine an der anderen angrenzend. Auch hier macht es Freude, ein Rind zu sein und im unendlichen Land grasen zu dürfen.

Wenn Uwe noch mitfahren würde, käme er hier vor Fahrspaß ganz aus dem Häuschen – ich bin es natürlich schon längst. New Mexico ist übrigens gar nicht so flach, wie ich immer gedacht habe. Die Berge da vorne sehen aus, als wären sie extra für mich hierher gestellt worden. Aber dazu morgen mehr. Obwohl ich etwas müde bin, kann ich es krachen lassen.

Die GoldWing gleitet zufrieden über die Senken und Anhöhen der Straße. Mein Vertrauen in die GoldWing ist unerschütterlich, habe ich doch schon weit über 300.000 km auf GoldWings abgespult. Die schlanke Silhouette eilt durch die Kurven wie ein Berglöwe. Oft streifen die Leichtmetall-Felgen hie und da ein Büschel zähes Gras.

 

Von Nashville nach Phoenix

 

Später wandelt sich die Landschaft, erst tauchen Wacholderbüsche auf, „Junipers“, erst verstreut in der Gegend, dann immer mehr und dann verwandeln sie sich nach und nach in Nadelbäume. Die Fußrasten dürfen hier kratzen so viel sie wollen, denn die Straße ist sehr griffig. Petrus hört auf meine Reklamation und läßt es nachmittags etwas kühler werden.

In Capitan habe ich leider keine Zeit mehr, das Smokey Bear Museum zu besuchen und hebe es mir für ein anderes Mal auf. Um 6 pm checke ich in Carrizozo im Chaparall Motel für 40 $ ein.

 

Von Nashville nach Phoenix

 

Motel und Zimmer sind sehr einfach aber OK, das Motel gegenüber sieht auch nicht besser aus, und es gibt hier weit und breit nur diese beiden zur Auswahl. Wenigstens geht das Fenster auf. Ein einfaches Abendessen bekomme ich gegenüber. Dann gebe ich dem Körper was der Körper haben will: Schlaf. Elf Stunden Schlaf. Das Zimmer ist so einfach, daß es hier noch nicht einmal eine ordentliche Zudecke gibt, aber die habe ich ja immer dabei…

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