Tag 5

Samstag, 16. April 2011
Ein fauler Tag am Toten Meer

Heute haben wir alle frei und dürfen aufstehen, wann wir wollen. Endlich bekomme ich mal mein Frühstück draußen im Freien auf der schattigen Terrasse. Die meisten Leute unserer Gruppe frühstücken unverständlicherweise lieber drinnen. Die Sonne begrüßt mich mit freundlichem Strahlen.

Von ein paar neuen Bekannten erhalte ich den Geheimtipp, mir an der Rezeption einen Bademantel auszuleihen.

Anschließend geht’s ans Meer runter, ans Tote Meer. Kein einziger Fisch kann darin leben. Es gibt genug Liegen mit dicken weichen gelben Handtüchern am Strand. Jetzt heißt es mutig sein. Es ist noch früh, noch ist kaum jemand hier unten zu sehen. (Sehr gut, für den Fall, daß ich mich blamiere!) Erstmal muß man sich bereitstehende Plastikschuhe überziehen, denn es liegen unheimlich viele Steine unter der Wasseroberfläche. Hier sollte man besser nicht stolpern und ins Wasser plumpsen. Wer Salzwasser schluckt, wird sich in aller Regel übergeben. Und das möchte ich nicht. Dazu war das Frühstück zu gut.

Mashallah! (Gott schütze mich!) Ganz vorsichtig wate ich über diese blöden Steine soweit hinaus, bis ich mich langsam ins Wasser gleiten lassen kann. Die Plastikschuhe sind viel zu groß und mit Wasser gefüllt viel zu schwer und drohen ständig, von den Füßen runterzurutschen. Leider gibt es keinen Steg ins Wasser hinein.

Aber dann, tatsächlich, man schwimmt immer oben, auch ich, naja, OK, Fett schwimmt ja sowieso immer oben, aber hier besonders leicht. Tauchen wäre unmöglich. Das Wasser ist nicht zu kalt.

 Orient April 2011

Stimmt, Atef hatte Recht, das Salz brennt wie Feuer in einem kleinen Kratzer meines Ellbogens. Warnung: Atef hatte geraten, im Wasser nur Goldschmuck anzulassen; Silberschmuck würde sofort unansehnlich werden.

Schade, was ich leider erst nach meiner Rückkehr zu Hause im Internet herausfinde: Das Sonnenbaden am Toten Meer wird sogar von Hautärzten empfohlen, da das Licht hier aufgrund der Lage tief unter dem Meeresspiegel kaum noch schädliche UV-Strahlen enthält. Da hätte ich mich gar nicht so stark mit Sonnencreme einschmieren müssen. (Hätte man uns ja irgendwie mitteilen können.) Und wer Neurodermitis, Schuppenflechte oder eine der vielen anderen Hautkrankheiten hat, soll hier auch ganz gut aufgehoben sein.

Die großen Steine am Ufer sind oft dick mit Salz bekrustet. Es sieht aus, als wären sie mit dickem Eis überzogen.

Orient April 2011 

Trotzdem, die Sonne brennt kräftig, deshalb „schwimme“ ich bald zurück und humple über die Steine zurück an Land. Hier stehen große Tontöpfe herum, mit weichem schwarzem Schlamm aus dem Toten Meer. Damit soll man sich nach dem Abtrocknen einschmieren, solange, bis man schwarz wie ein Neger ist. Logisch: Wenn man zu zweit ist, geht das natürlich besser, besonders auch hinten auf dem Rücken. Nach einiger Zeit wäscht man es dann wieder ab. Das Ganze soll gut für die Haut sein, ich spüre (und sehe) aber keinen Unterschied zu vorher. Dann liege ich noch einige Zeit faul auf meiner Liege herum und genieße den schönen Tag. Hier läßt es sich aushalten. Die Erde dreht sich hier langsamer.

Orient April 2011 

Riesenschreck: Als ich dem Boy ein Trinkgeld geben will, merke ich, daß mein Portemonnaie weg ist. Habe ich das irgendwo liegen lassen? Verloren?! Ich wetze so schnell es geht zurück ins Zimmer und ‑ da liegt es ja ganz friedlich, ich Blödmann hatte es auf dem Schreibtisch liegenlassen. Mannomann, ich werde jeden Tag vergeßlicher und zerstreuter…

Nach dem Mittagessen ziehe ich mich aufs Zimmer zurück und schlummere ein bißchen. Im ZDF quält man mich schon wieder mit einer lästigen Kochshow. Deshalb suche ich mir den Discovery‑Channel, und ich bin genau richtig, denn ich erwische den Anfang einer ganz neuen OCC‑Folge, die ich noch nicht gesehen habe. Es gibt die Folge mit dem FARO‑Bike. Die Bilder sind arabisch untertitelt. Nubbie ist immer noch dabei, Junior hat jetzt immerhin schon eine CNC‑Maschine, Vinnie kann sich ein paar Sekunden auf einem Einrad halten. Alle fünf Minuten unterbrochen von Hinweisen auf die nächsten Sendungen, aber sonst glücklicherweise keine Werbung. (Werbung trägt ja, wie so Vieles im Fernsehen, nur noch weiter zur Verblödung der Menschen bei und ich verweigere ich mich ihr so gut es geht.)

Leider komme ich etwas zu spät wieder runter. Ingrid sucht mich schon länger. Es hätte noch eine ältere Dame gegeben, Frau Luchs, die gerne mit mir im Taxi zur Jesus-Taufstelle gefahren wäre. Jetzt ist es ein bißchen zu spät dafür, um fünf wird da geschlossen. Schade. Wir bleiben deshalb hier, trinken zusammen Kaffee und unterhalten uns ein bißchen. Sie ist vor ein paar Jahren nach Rhodos ausgewandert. (Zuhause lese ich später nach, daß es wohl mindestens drei völlig verschiedene und weit voneinander entfernte Stellen geben soll, wo Jesus getauft worden sein könnte, z.B. auch eine „drüben“ in Jericho. Das wäre mir dann zu wenig authentisch gewesen, sodaß ich es im Nachhinein doch nicht sehr bedaure, diesen Ort hier nicht gesehen zu haben. Und: Ich finde noch nicht einmal einen konkreten Link zur „Taufstelle Jesu“.)

Hier möchte ich noch einen Hinweis zur Organisation geben, weil es mir gerade einfällt: Ingrid hat auf dem ersten Teil der Reise, bis Damaskus, die Oberaufsicht, dazu haben wir in jedem der beiden Busse einen einheimischen Guide.

Überraschung: Während des Kaffeetrinkens unten an der Bar im Garten bekommen wir eine Einlage der Royal Jordanian Falcons gezeigt, die uns mit vier rot/weißen Tiefdeckern des Typs Extra 300 LP eine Flugshow mit allem Drum und Dran vorführen, natürlich auch mit weißen Rauchfahnen, und das Ganze direkt über unserer Hotelanlage. Leider weiß ich jetzt den Grund dafür nicht mehr, aber es gab einen. Die Kunstflug-Flugzeuge werden übrigens in Hünxe/Deutschland am Niederrhein gebaut.

Royal Jordanian Falcons

Orient April 2011

Danach mache ich kurz vor Sonnenuntergang noch einmal alles, was ich auch schon vormittags gemacht habe: „Schwimmen“ im Toten Meer und anschließende Schlammpackung. Wieder ist kaum ein Hotelgast hier unten am Wasser zu sehen. Es ist den meisten wohl zu beschwerlich, die Weicheier baden lieber oben in den Pools. Hier gibt es wenigstens eine wackelige Plattform aus ein paar zusammengesteckten Plastikbehältern.

Orient April 2011 

Orient April 2011

Zum Schluß bekomme ich noch einen herrlichen Sonnenuntergang vorgeführt. Die Wasseroberfläche sieht aus als wäre sie aus Quecksilber. Nur ein paar Kilometer sind es bis ans israelische Ufer rüber.

 Orient April 2011

Beim Abendessen sehe ich die uniformierten Piloten vom Nachmittag bei uns im Speiseraum sitzen.

Zum abendlichen Bauchtanz auf einer der Terrassen des Fishing Club gönne ich mir außer einem großen Bier selbstverständlich auch eine Zigarre und genieße das letzte Mal den Panorama-Blick über das Tote Meer hinüber bis nach Jerusalem. Angenehm: Die Musik der Live-Kapelle ist nicht zu laut. Der Vollmond von gestern lächelt auch heute Abend wieder gutmütig zu mir herunter. Gestern war es leicht dunstig, heute gibt es eine total klare Fernsicht nach Israel hinüber. Schade, morgen geht es weiter.

Wirklich eine angenehme Anlage, ganz nach meinen einfachen Vorstellungen. Hier könnte ich sehr gut meinen Urlaub verbringen. Wer Wert auf normalen Luxus legt, dem kann ich dieses Hotel als einziges empfehlen. (Und ich habe auf vielen Reisen viele Hotels kennengelernt. Halt, stopp, nein, ich habe noch ein weiteres perfektes und daher empfehlenswertes Hotel in meiner Sammlung: Es ist in Großarl/Österreich.)

-        The Jordan Valley Marriott Resort & Spa

www.edelweiss-grossarl

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