Sonntag,
8. März 2009
Los Angeles – Ensenada (225 Meilen) |
Am
nächsten Morgen frühstücken wir getrennt und versammeln uns dann um 9
Uhr zum Briefing. Jetzt sind auch endlich die beiden fehlenden „Österreicher“
da. Es sind in Wirklichkeit zwei entzückend sympathische Österreicherinnen
und ich bin natürlich ganz erfreut darüber. Sie heißen Doris und
Claudia.
Die
Mopeds werden bepackt, die Taschen und Koffer werden im Van verstaut,
und los geht es! Doch zuerst einmal eine Aufstellung der Protagonisten
dieses Abenteuers: Unser
holländischer Tour-Guide, Jan;
er fährt auf einer blauen GoldWing voraus. Dann
die beiden österreichischen Mädchen, Doris
und Claudia, auf einer gelben 1200er BMW. Leider fehlt ihr das
Topcase, sodaß sich Claudia immer gut festhalten muß. Es
folgen Heike auf einer
kleinen schwarzen Harley „Sportster“ 883 und
ihr Mann Volker auf einer
roten Harley „Road King“. Dann
„die beiden Holländer“
auf einer roten Harley „Ultra Classic“. Und
dann meine Wenigkeit auf einer roten GoldWing, die diesmal sogar ein
Navi und Sitz- und Griffheizung hat. Dann
folgt als Letzter Thomas auf
einer schwarzen GoldWing. Zum
Schluß Sharon im weißen Van
mit dem Anhänger und der Ersatz-Harley „Road King“ darin. So
setzt sich unser Troß endlich in Bewegung, das Abenteuer hat begonnen. Der
Freeway 5 runter nach San Diego ist heute, am Sonntag, schön frei, wir
kommen prima durch. Ein kurzes Stück sind wir auch auf dem Pacific
Coast Highway. Allerdings ist es mit 50 bis 65°F recht kühl; schade,
meine Sitz- und Griffheizung geht nicht. Und leider ist es auch etwas
dunstig, die Coronado-Bridge in San Diego verschwindet im Dunst. Aber
wenigstens kommen wir an dem von mir so sehr geschätzten, strahlendweißen
Mormonen-Tempel vorbei. Obwohl die Tanks noch fast voll sind, wird schon
nachgetankt. Bald
sind wir an der Grenze nach Mexiko. Hier müßten wir unsere Uhren eine
Stunde zurückstellen, machen es aber nicht und behalten statt dessen für
die gesamte Reise die „kalifornische Zeit“ bei. Jedes
die Grenze passierende Fahrzeug muß eine obligatorische zusätzliche
spezielle „Mexico-Versicherung“ haben. Da wir sie nicht besitzen, müssen
wir sie jetzt und hier abschließen. Und das dauert geschlagene zwei
Stunden in heißer Hitze, weil der Versicherungs-Typ total unfähig ist
und jeden Buchstaben auf der Computer-Tastatur einzeln suchen muß. Leider erfüllt sich
mein Traum nicht, nämlich, daß uns Herb Alpert mit seiner Tijuana
Brass Band an der Grenze empfängt; statt seiner lungern nur finster
blickende Gestalten herum – und Musik spielen sie uns schon gar nicht
vor. Ich
habe noch einige Avocados und Gemüsesaft-Dosen im Topcase und weiß gar
nicht, ob ich sie nach Mexiko importieren darf; ich frage den Zöllner
natürlich auch erst gar nicht. Dann
geht es am Stadtrand von Tijuana entlang und später auf den hier
autobahnähnlichen mexikanischen Highway 1, der uns die mindestens 1.600
Kilometer bis zum südlichen Ende der Baja California-Halbinsel führen
wird. Es fällt mir deutlich auf, wie sehr hier in Tijuana die hiesigen
Grenzanlagen zwischen den USA und Mexiko denen unserer früheren
DDR-Grenze ähneln. Zur
Einstimmung müssen wir gleich mal jeder Toll (1,95 US-$) Autobahngebühr
pro Fahrzeug bezahlen. Ab
Rosarito fahren wir dann auf der parallelen normalen Küstenstraße und
lernen gleich hautnah die Armut und Einfachheit des mexikanischen Lebens
kennen. Die meisten Seitenstraßen sind nicht asphaltiert, alles ist
staubig und schmutzig. Schmutzig ist es hier überhaupt und einfach überall.
An allen möglichen Orten liegt Müll und Schrott herum. Die
meiste Zeit fahren wir direkt am Pazifik entlang. Eine Reihe
Apartment-Hochhäuser, teilweise mit geschätzten zwanzig Etagen, sind
hier im Bau, wodurch das Meeresufer auch nicht schöner wird. Alle
Reklame-Schilder dafür sind in englisch, also werden sich nur US-Leute
diese neuen Wohnungen leisten können. Für die soll das Leben hier
billig sein. Aber wenigstens empfängt uns eine riesige Jesusfigur mit
offenen Armen. Immer
noch ist es kalt, doch immerhin wird es etwas sonniger. Obwohl unsere
Benzintanks noch gut gefüllt sind, wird schon wieder getankt. Das wird
jetzt auch so bleiben, Jan tankt ständig die noch vollen Tanks nach.
Obwohl genügend Tankstellen vorhanden sind und obwohl für Notfälle
zwei Benzinkanister im Anhänger herumstehen. Außerdem fällt auf, daß
Jan hinter jedem langsam fahrenden Fahrzeug, Auto, Bus, Lkw bleibt und
einfach grundsätzlich niemals überholt. Ist zu schwierig, sagt er mir
später, vor allem für das Auto mit dem Anhänger. Na, das wird ja
lustig werden – oder vielmehr langweilig… Die
erste von später noch unzähligen gleichen Militär-Straßensperren hält
uns auf. Ich sehe Soldaten mit griffbereiten Maschinenpistolen und
scharfe MG-Schießstände; vor und hinter der Kontrollstelle lauern
Soldaten in Erdlöchern, um flüchtende Fahrer mit blitzschnell
hochgezogenen Nagelketten zu stoppen. Wir dürfen aber passieren – und
unsere Reifen bleiben auch ganz. Unser
heutiges Hotel in Ensenada (immerhin 260.000 Einwohner) ist schnell und
leicht gefunden, nicht zuletzt, weil es direkt an unserer Straße liegt.
Ausnahmsweise sichern wie die Mopeds alle zusammen mit einem stabilen
Drahtseil zusätzlich ab. (Auf dem Land ist das normalerweise nicht
notwenig.) Die Zimmer sind ganz OK und entsprechen amerikanischem
Standard. Ich dusche rasch und sehe mir mal die Bar an. Aschenbecher!
Allerdings nur für Zigaretten. Trotzdem, nicht schlecht. Ingrid würde
sich freuen. Und ein erstes echt-mexikanisches Corona. Später
gehen wir alle zusammen zum Essen in die nahe Stadt und kommen erneut an
der riesigen Mexiko-Flagge vorbei, die übrigens bis auf das Wappen
genau der italienischen Flagge gleicht. Einen sehr einfachen Essenstand
hat Jan ausgesucht, mit schwer zu entziffernder Speisekarte, dazu harte
unbequeme Holzbänke. Das Essen überzeugt mich nicht, ich entscheide
mich für einen Burrito, der sich als winzig herausstellt. Nachdem ich
ihn aufgerollt habe, muß ich sehr viel Überwindung aufbringen, um ihn
zu essen. Der Hunger treibt ihn letzten Endes dann aber doch rein. Aber
ich will ja wie immer etwas Gewicht abnehmen… Auf
dem Rückweg will ich schnell noch etwas Geld im ATM ziehen. Das klappt
nicht, ist schwierig und der Automat schaltet sich sehr schnell ab.
Trotz mehrerer Versuche mit verschiedenen Kreditkarten habe ich noch
kein mexikanisches Geld. Ist aber (noch) nicht schlimm, überall kann
man mit US-Dollars bezahlen. Das Zeichen für Peso und US-Dollar ist übrigens
(fast) gleich, nämlich „$“, manchmal aber immerhin durch ein oder
zwei senkrechte Striche von einander unterscheidbar. |