18.
Tag, Freitag, 24. September 2004:
Santa Barbara – Venice Beach
Mulholland
? Hab ich doch schon mal
gehört –
und jetzt fahr ich drauf. Kein
Hollywood, aber wenigstens HOLLYWOOD.
Abendrot und Abendbrot –
beide kosten nix. Wir
wachen ganz normal auf. Ich
guck schon mal durch die Vorhänge. Da läuft ja Rein rum! Gleich raus
zu ihm. Er ist in der Nacht zurück gekommen, hat uns aber absichtlich
nicht geweckt. Ernsti geht es ganz gut, nur ein paar Prellungen.
Elisabeth hat es sehr viel schwerer getroffen. Schlüsselbein und drei
Rippen gebrochen, sie hat starke Schmerzen und muß noch ein paar Tage
im Krankenhaus bleiben. Ernsti wohnt solange nebenan in einem Motel. Der
ADAC kümmert sich um alles, da wird es wohl keine größeren Probleme
geben. Obwohl es schlimm ist, sind wir doch erst einmal erleichtert.
Rasches Continental Breakfast. Naja,
was sollen wir machen? Wir müssen weiter, können nicht hier bleiben.
Schnell waschen und in frische Klamotten. Weiter geht es am Pazifik.
Hardy muß dringend tanken, er macht schon dicke Sorgenfalten. Mit
seinen letzten Tropfen finden wir eine Tankstelle. Irgendwann folgen wir
Reins Empfehlung und biegen links ab. Mulholland
Highway. Ganz schön, Hardy und ich
lassen die Mopeds noch mal laufen, macht aber keinen rechten Spaß,
Ernsti und Elisabeth fehlen uns so sehr. Wir müssen uns ranhalten,
wollen die Mopeds entgegen der ursprünglichen Planung noch heute
Nachmittag abliefern. Ganz schöne Gegend. Einige Meilen Autobahn, dann
geht’s runter durch Universal City. Irgendwann wird der Mulholland
Highway zum gleichnamigen Drive und, ganz ungewohnt, ohne großes Suchen
finden wir den von Rein empfohlenen Vista Point. Von hier sehen wir auf
die Hollywood Bowl hinunter und gegenüber, endlich, die so lang
ersehnten Hollywood-Buchstaben. HOLLYWOOD
und meine Wenigkeit. Die
Zeit drängt mal wieder, alle weiteren Pläne fallen ins Wasser, kein
„Mann’s Chinese Theatre“, keine Hand- und Fußabdrücke im Beton
obwohl ganz nah, nur eine Straße weiter, kein Hollywood, kein Sunset
Boulevard, auch kein Rodeo Drive, nichts von alledem, wir wollen nur
noch zu unserem Hotel. Also müssen wir im zähflüssigen Verkehr
irgendwie mitschwimmen, es ist mal wieder 98° F (37° C) heiß, alle
gucken missgelaunt unter ihren Helmen hervor, ich hab auch keine Lust
mehr anzuführen, aber es geht ja auch nur noch geradeaus, Hardy übernimmt.
Endlich, endlich stoßen wir auf den Pazifik, biegen links ab. Noch ein
paar Meilen geradeaus durch Santa Monica und Venice Beach und dann sind
wir auch schon am Best Western Marina Pazifik. Wir fahren gleich in die
Tiefgarage. Rein wartet schon an der Reception.
Leider sind unsere Zimmer, außer das von Rein, noch nicht fertig. Also
schnell alles Gepäck auf Reins Zimmer, Mopeds ausräumen (Wahnsinn, was
da alles zusammenkommt...) und schon sausen wir Rein hinterher zu
unserem Motorrad-Vermieter. Vor
dem Mopedabgeben müssen wir alle noch rasch volltanken. Die blöden
Tanksäulen akzeptieren zum ersten Mal meine American Express Karte
nicht. Also rüber, auf die gegenüberliegende Ecke. Das gleiche. Mist,
Ingrid hat aus Sicherheitsgründen die sonst benutzte Visa-Karte. Also rüber
auf die dritte Ecke. Diese Tankstelle ist aber nur für besondere
Kunden, nicht für das normale Publikum. Bargeld will ich jetzt aus
Prinzip nicht geben, da bin ich doch konsequent. Also
sitze ich auf, suche schnell
eine andere Tankstelle in der Nähe. Ach du meine Güte, hier gibt es
weit und breit keine Tankstellen. Ich komme immer weiter weg von
„unserer“ Kreuzung; alle Straßen sehen gleich aus. Uiuiui!
Irgendwann finde ich dann aber doch
noch eine Tankstelle. Karte wird natürlich nicht akzeptiert. Also gehe
ich zur Kassenbox. Davor liegt eine Schwarze auf dem Boden und schläft.
Andere Schwarze drumrum. Wo bin ich denn hier hingeraten?! Laute
Rap-Musik aus einem Riesen-Ghetto-Blaster. Ich hinterlege mit Mühe
durch die Panzerglasscheibe und über Mikro und Lautsprecher $ 10. Der Rüssel
lässt kein Benzin fließen. Zurück. Aufregung. Ich soll’s nochmal
probieren. Läuft nicht. Die Kassiererin schickt einen anderen
Schwarzen. Er probiert, nichts, dann tritt er gegen die Säule, einmal,
zweimal, und oh Wunder, der Sprit läuft!
Aber ist ja eigentlich normal,
so mach ich es ja auch immer mit meinem PC. Restgeld
bei der Kassiererin holen, über die Schwarze, jetzt nur nicht
drauftreten, komische Leute hier, alle Augen verfolgen mich, ich wusste
gar nicht, dass ich so viele Nackenhaare habe, nur schnell weg hier!
Jetzt muß ich aber erst mal die bewusste Kreuzung finden. Kam ich hier
aus der Querstraße? Nein. Dort? Nein. Äh, doch – oder? Muß ich
rechts oder links abbiegen? Meine Nerven flattern. Ich hab mich verirrt.
Das gibt mal wieder schönes Gemecker von den andern. Wie soll ich die
überhaupt finden? Erst mal hier wenden, hier war ich heute noch nicht. Da,
ein roter Van! Rein! Er sucht mich. Guckt zum ersten Mal ziemlich
unfreundlich. Er ruft mir aus dem offenen Fenster zu, dass ich doch in
der richtigen Richtung war. Also schnell nochmal wenden, ja, jetzt kommt
mir die Straße doch etwas bekannt vor, einmal abbiegen, und, neues
Wunder, ich sehe unsere Motorrad-Vermietung! Die
andern gucken mich tatsächlich etwas ungnädig an. Naja, da muß ich
jetzt durch. OK, OK, war ein falscher Fehler von mir. Dabei sind sie
selbst doch noch gar nicht mit ihrer Übergabe fertig. Ich bin doch gar
nicht zu spät, bin erst nach einer halben Stunde dran. Papiere abgeben,
mein Moped wird überprüft, diesmal ist bei mir ja nichts passiert,
alles OK. Hajo
hat nicht soviel Glück. Er hat den jetzt hier unbedingt notwendigen
Policereport von der Polizei in Tuba City nicht erhalten. Daher erhält
er seine Kaution nicht zurück. Das Papier muß dort noch angefordert
werden, erst dann erhält er die Kaution zurück überwiesen. Schade,
hoffentlich klappt das hinterher. Auf
der Rückfahrt bei Rein im Van sind wir alle recht still und hängen
unseren Gedanken nach. Im Hotel erhalten wir nach ebenso kleinlichen wie
lästigen Formalitäten (Paß und Kreditkarte – brauchten wir bisher
noch nie!) unsere Zimmerschlüssel. Ingrid hat die Zeit am Strand
verbracht, sind ja nur ein paar Schritte. Jetzt erst mal aufs Zimmer.
Unser Zimmer ist ja schon wieder so riesig! Ein Apartment, Wohnzimmer
mit großer Küche und Essecke, Durchgang mit Schränken, Schlafzimmer,
Bad, einfach riesig. Offener Kamin, zwei Fernseher, Mikrowelle,
Geschirrspülmaschine, schöne Aussicht – allerdings nicht auf den
Strand. Das entschädigt uns mit der unbequemen Hotelleitung. Jetzt
muß ich erst mal zum Strand, sind ja nur ein paar Meter. Ingrid packt
inzwischen lieber die blöden Koffer aus. Sie ist (auch) etwas brummig,
da laß ich sie lieber für sich. Die rote Sonne versinkt langsam im
Meer. Roter Himmel. Palmen wiegen sich. Jede Menge Surfer auf ihren
Brettern in den weißschaumigen Wellen. Möwen flitzen durch die Luft.
Schön. Ernsti und Elisabeth fehlen. Trotzdem ziehe ich die Schuhe aus,
wate durchs Wasser. Natürlich
noch ein paar Fotos, ich muß sparen, alle Speicherkarten voll, auch die
neu gekauften. Mist, wo sind denn meine Schuhe? Ach, Schreck, sie sind
von der aufkommenden Flut verspeist worden! Trotzdem suche ich noch
etwas im dunkeln, äh, da sind sie ja, wie sind die denn hierher
gekommen? Ich habe sie natürlich dort abgestellt, bin ich blöd!!
Venice
Beach Rein
führt uns zum Abendessen in ein Lokal hier am Strand. Bei Live-Musik lässt
es sich hier mal wieder ganz gut speisen. Wir haben zum ersten Mal auf
der gesamten Tour den ganzen Tag über nichts gegessen, hatten einfach
keinen Hunger. Etwas laut für mich hier. Ich stopfe mir lieber etwas in
die Ohren. Jetzt geht’s. Noch besser schmeckt es Ingrid und mir, als
wir erfahren, dass die andern uns wegen unserer „guten (?) Führung“
einladen. Super, Jungs. Rein wird von uns allen eingeladen. Naja, beim
Abrechnen verdrück ich mich lieber, ist mir zu schwierig. Ingrid gibt
ein paar Pitcher-Margaritas
aus. Auch so was gibt’s hier. Aber sie sind nichts gegen die in Ft.
Wayne damals vor zwei Jahren. Und auch nicht so billig. Zurück
auf dem Zimmer muß natürlich erst mal der gasbefeuerte offene Kamin
mit seinen künstlichen „brennenden“ Holzscheiten entzündet werden.
Aber dadurch wird unsere Stimmung auch nicht viel besser.
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