Der Esel, der Hund und ich Eine Wanderung mit Esel und Hund durch die Cevennen in Süd-Frankreich Unwichtiges, vor allem übers Essen,
schreibe ich in Magerschrift. Der Esel „spricht“ kursiv.
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Prolog Als kleiner Junge las ich das Buch „Die Schatzinsel“ von Robert
Louis Stevenson mehrmals mit großer Spannung. Ich weiß noch genau, wie
ich öfters Gänsehaut bekam und wie mir gruselte, ob der vielen bösen
Männer um Jim Hawkins und überhaupt wegen der atemberaubenden
Spannung, die von der abenteuerlichen Handlung ausging. Damals ahnte ich
nicht, daß ich später, auf meine alten Tage, noch einmal in nähere
Berührung mit diesem schottischen Schriftsteller kommen würde.
Stevenson lebte von 1850 bis 1894 und schrieb auch den inzwischen schon
über 20 mal verfilmten
Psychokrimi „(Der seltsame Fall des) Dr. Jekyll und Mr.
Hyde“, den wohl jeder kennt.
Stevenson war aber beileibe nicht nur Romancier, er war auch ein außergewöhnlicher
Reiseautor und schrieb über Alaska genauso wie über die Südsee, wo er
auf Samoa bis zu seinem Tod lebte und dort viel zu früh an Tuberkulose
starb. (Sehr viel Lesenswertes über R.L.S. auf wikipedia.)
Am Beginn seiner Karriere, 1878 in Südfrankreich, kaufte er sich nach
einem Streit mit seiner Angebeteten einen Esel und wanderte mit ihm zwei
Wochen lang durch ein bis dahin fast unbekanntes Gebirge, gleichermaßen
schön wie einsam. Über dieses Abenteuer schrieb Stevenson sein
„bukolisches“ ( = heiteres) Reisetagebuch „Eine Reise mit dem Esel
durch die Cevennen“. Stevenson über sein Cevennen-Abenteuer: „Man
betrachtet mich mit geringschätzigem Mitleid, geradezu wie einen, der
im Begriff ist, zum unwirtlichen Nordpol aufzubrechen“. Gleichermaßen
seine störrische Eselin Modestine, die urigen Menschen und die großartige
Landschaft inspirierten den 28jährigen Schotten zu seinem mit viel
englischem Humor geschriebenen Buch mit vielen Anekdoten. Seit einigen Jahren wird dieser Wanderweg wieder von einigen
Privatleuten auf angenehm unprofessionelle Art wanderwilligen Touristen
angeboten. Selbstverständlich werden dabei auch die Esel zur Verfügung
gestellt. Einige (wenige) meiner Freunde und Bekannten, denen ich von meinem Plan
erzählt habe, haben das als Spinnerei abgetan, bei den meisten anderen
habe ich dagegen aber Freude, Verwunderung und sogar Zuspruch für mein
Vorhaben spüren können. Jenen freundlichen Menschen möchte ich
danken, daß sie mir dieses, für mich doch recht ungewöhnliche
Vorhaben nicht gleich ausgeredet haben. Nur durch soviel Ansporn habe
ich den Mut gefunden, meinen Plan in ganz kurzer Zeit umzusetzen und
mich (fast) ganz allein einem neuen „Abenteuer“ hinzugeben. Denn im
Juni 2007 habe ich den Film im Fernsehen darüber gesehen und bereits
zwei Monate später bin ich schon unterwegs.
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1.
Tag, Sonntag, 12. August 2007
Hinfahrt 1. Teil |
Am Vormittag
fahren wir beide mit dem Auto (Lexus RX 400) los, meine noch junge Jack
Russell-Hündin Hannelore, genannt „Hanni“ und meine Wenigkeit.
Unser Gepäck und unser (Fr)essen liegen gut gekühlt im Kofferraum. Ich bin frei, total frei, vor mir liegen vierzehn Tage Nichts! Die Autobahn Richtung Süden ist leer und ich komme prima über die ansonsten so oft verstopfte A 61 und die A 65. Die Sonne ist ebenso gutgelaunt wie wir beide. Worms, Ludwigshafen, Landau (mit lästiger Radarfalle) und Kandel sind rasch passiert. Dann durchquere ich leichten Sinnes den Bienwald, der leider schon viel zu lange von uneinsichtigen grünen „Umweltschützern“ beschützt wird, und „mache“ über die Grenze nach Frankreich. Bald schon rolle ich ebenso gemütlich wie genüßlich, manchmal sogar elektrisch (dank des Hybridantriebs im Lexus) über die dort noch kostenlose Autobahn an Strasbourg vorbei; links winken die dunklen Schwarzwaldberge, rechts grüßen die Vogesen in der Sonne. Ich fahre nach
Colmar hinein, weil ich etwas abkürzen will. Und hier fühle ich mich
plötzlich wie in New York! Die Freiheitsstatue steht leibhaftig vor
mir. Riesig, grün, mitten auf einer Insel im Kreisverkehr! Später zu
Hause lese ich, daß es weltweit mindestens elf Kopien der
Freiheitsstatue gibt, (ich kannte bisher nur die in Paris auf der
Seine-Insel), diese hier ist ihrem Schöpfer, der hier in Colmar geboren
wurde, gewidmet. http://de.wikipedia.org/wiki/Freiheitsstatue Aber schnell
geht es weiter und an Belfort vorbei. Da ab hier Autobahngebühr fällig
wird, wechsle ich auf die RN 83, die parallel zur Autobahn bis nach Lyon
durchgeht; sie ist sehr gut ausgebaut, oft abwechselnd mit einer
mittleren Spur in meiner oder in der Gegenrichtung, und da ich genügend
Zeit eingeplant habe, tun mir die wenigen Mehrstunden an Fahrtzeit nicht
weh. Im Gegenteil, die Fahrt auf der Landstraße macht viel mehr Spaß,
als die langweilige Autobahn. Man muß dort nur etwas mehr aufpassen,
Frankreich hat aufgerüstet, am Straßenrand stehen öfters Blitzer (ein
Radarwarner wäre da bestimmt ganz sinnvoll…) und einmal sehe ich
sogar leibhaftige Polizisten lauern, um schnell mal abzukassieren. Dabei
ist es doch Sonntag! Aber ich habe stets Glück. Um uns beiden die Zeit
zu verkürzen, bringe ich Hanni unterwegs schon mal französische
Verben, Zahlen und Redewendungen bei.
Gegen Abend, nach 584 km, suchen wir uns einen trockenen und warmen
Schlafplatz zur Übernachtung und finden ihn kurz vor Bourg-en-Bresse,
ca. 80 km vor Lyon. Mein Hotel ist eigentlich wie ein amerikanisches
Motel angelegt, ich kann mit dem Auto direkt vors Zimmer fahren. Da
Hanni und ich unterwegs kaum etwas gegessen haben, freuen wir uns beide
auf das französische Abendessen. Wir können im Freien sitzen. Ich habe
mir (uns) das „Gourmand“-Menue bestellt. Es klingt nach viel, ist
aber nur ein Gang mehr als bei den anderen Menüs: Lyoner Salat,
Auberginen, ein Steak mit Bohnen und Tomaten, verschiedene Käsesorten.
Als Nachtisch kann ich tatsächlich mein Lieblingsdessert bestellen:
Creme Brullet! Dazu ein Fläschchen Rouge und zum Abschluß ein „Expresso“
(heißt hier so) – und meine geliebte Zigarre. Links und rechts zucken Blitze, aber bei uns hier bleibt alles trocken
und gemütlich. Ich fühle mich schon jetzt wie Gott in Frankreich –
ob ich das auch noch in ein paar Tagen werde sagen können? Ich habe ein unheimlich breites und kuscheliges Bett und schlafe prima.
Hanni darf „aber nur ausnahmsweise!“ auch aufs Bett…
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