Die
schrecklich langweiligsten Hier
sind sie. In the Year 2560. Staffel 1, Episode15 Erzählt
von Wilfried R. Virmond Liebe
Freunde, ja,
okay, ich befolge Eure zahlreichen Wünsche nach Fortsetzung meiner
Reiseberichte. Klar, gerne. Kann Euch doch nicht im Regen stehen lassen!
Im postfaktischen Zeitalter
lasse ich Euch an (m)einer wirklich so erlebten Reise teilnehmen. (Nur
gut, daß dieses Unwort längst wieder in Vergessenheit geraten ist!) Ja,
okay, zugegeben, ein paar persönliche, Euch wahrscheinlich eher weniger
interessierende kleine Details lasse ich aus. Hier
ist also mein neuestes Erzeugnis: Tenor
in allen Thailand-Publikationen: Die einmonatige Trauerphase zu Ehren des
verstorbenen Königs Bhumibol ist seit Mitte November beendet;
Geburtstage, Feste, Partys, Hochzeiten können seitdem wieder gefeiert
werden. Auch die TV-Programme (mit den lästigen) Soaps haben sich
normalisiert. Nur Beamte müssen ein volles Jahr trauern und sollen so
lange nur noch schwarze (oder weiße) Kleidung tragen. Alles hat sich also
längst wieder normalisiert und läuft wie vorher. Mal sehen, ob das alles
auch wirklich so stimmt… Wie
ja alle thailand-affinen Menschen wissen, ist des alten Königs ältester
Sohn Maha Vajiralongkorn (66) kürzlich, am 1. Dezember 2016, zum neuen König
Thailands gekrönt worden. Für eine Woche mußte man, diesmal alle Thai,
weiße Kleidung tragen! Ob er so sein unglaublich niedriges/schlechtes
Ansehen in der Bevölkerung steigern kann/konnte? Wenigstens ein
klitzekleines bißchen? Wohl eher nicht. Nur gut, daß es so’n Quatsch
bei uns nicht gibt. Na,
okay, genug der Vorrede, jetzt geht es aber endlich los! Ich fliege also
frohen Mutes und mal mit einer für mich neuen Airline gen Osten, ins
Phantasialand. Möge die Freude mit mir sein. Und hoffentlich sind die
letzten aktuellen katastrophalen Überschwemmungen der ersten Januartage
wieder zurückgegangen… Ich
düse, düse, düse im Sauseschritt… auf einem Kometen, der mich mit
feurigem Schweif schnurstracks ins Sonnenland bringt. Ach ja, wer von Euch Zeit hat und
mitwill, der darf mich natürlich gerne begleiten – dann bin ich nicht
immer so allein – und Platz ist auf dem Ding hier ja genug. Thailand,
weit entfernt - und doch so nah. Zehntausend Kilometer, eine Viertel
Weltkugel. Über
uns der Himmel, unter uns das Meer. Open your Eyes, look up to the
Skies… Hauptsache,
Ihr habt Spaß! Und ich auch. Aber, wer hier unbegründet meckert, wird
sowieso gleich unterwegs runtergeschubst… Planänderung!
„Schnurstracks“ geht leider nicht. Zu dumm, daß ich vorher das
Kleingedruckte in den Reiseunterlagen nicht gelesen habe. Eine der unzähligen
Fußnoten besagt, daß ein kurzer Zwischenaufenthalt bei den Scheichs in
der Wüste leider unumgänglich ist. Aber wer will, kann sich hier u.a.
die Beine vertreten, Rauchen, Essen, Trinken, Einkaufen, Dösen. Man
sollte einem solchen Zwischenstopp halt auch ein paar positive Seiten
abgewinnen, dann ist es gar nicht so schlimm. Der LH gehe ich ja lieber
wieder aus dem Weg; deutsche Fluglinien streiken mir einfach zu oft –
und wegen dieser ständigen Querelen Streß bekommen, oder gar einen
kostbaren Urlaubstag verlieren? Eindeutig Nein! Dann nehme ich doch lieber
die kurze Unterbrechung in Kauf. Ja,
ich weiß es, auch in Thailand und anderswo gibt es Streiks. Am 5. Februar
2017 gab es einen kurzen Streik auf dem Suvarnabhumi-Airport, der gleich
heftige Auswirkung auf die Passagierabfertigung hatte. Wir
erreichen Bangkok morgens in der üblichen Hitze. Das ist doch endlich mal
wieder ein etwas angenehmeres Klima - nach der ganzen Winterkälte
zuhause. Ich mag keine Kälte und erst recht keinen Schnee. Überhaupt:
Schneeschippen ist für mich die Hölle! Und für meinen Rücken noch
mehr. Übrigens, BTW: Jetzt ist gerade Hochsaison in Thailand (von Anfang
November bis Ende Februar = Winter = nicht ganz so heiß und wenig Regen). Hoffentlich ist nicht Für
unsere kleine Reisegruppe ist ein Großraumtaxi unerläßlich; es ist zwar
geringfügig teurer, aber das seid Ihr mir wert. Diesmal
habe ich uns (zum ersten Mal) in weiser Voraussicht ein großes, helles,
freundliches (und durchaus instagramtaugliches) Apartment gebucht. Mehr
Platz, mehr Komfort, mehr Wohlfühl, mehr Sonne, mehr Aussicht. Und günstig,
weil (Vorsicht, Risiko…) Last-minute gebucht. Ich hoffe, es gefällt
Euch hier?
Super,
beanstanden kann man hier wirklich nichts. Groß, hell, sauber. Wie ich es
mir immer gewünscht – aber, jedenfalls hier in Bangkok, bisher nie
bekommen habe. Fünfundzwanzigster Stock. Blitzsauberes Badezimmer.
Funktionelle Küche mit allem, was man fürs Frühstückmachen so braucht.
Schnelles Wi-Fi (W-LAN). Jede Menge, wirklich viele hundert (thailändische
und englische) DVDs und CDs und zahlreiche Gesellschaftsspiele stehen uns
allen zur Verfügung. Großer TV mit ordentlichem Soundsystem. PC (etwas
umständlich über den TV) gibt’s auch. Mit einem Wort: Picobello. (Sagt
man das heute überhaupt noch?) „Geil“ trifft es wohl eher bzw.
zeitgemäßer. Oder „coool“. Zumal wir hier über zwei gute große
Aircons (Klimaanlagen) verfügen. In unserem neuen Domizil dürfte es also
niemandem langweilig oder zu heiß werden. Und wenn doch: Einen großen
Rooftop-Pool gibt es auch. Ich hoffe, Ihr habt alle Eure Badeklamotten
dabei. Dazu eine Sauna und einen großzügigen Fitneßraum. Was will man
mehr?!
Es
gäbe in der Stadt natürlich viele weitere schöne Wolkenkratzer-Hotels
mit tollen luxuriösen Zimmern, durchaus auch preiswert, aber
allermeistens ohne Balkon – und ein Balkon ist für mich einfach unerläßlich!
Ohne Balkon fühle ich mich eingesperrt. Erstmal
Duschen und akklimatisieren. Danach ein erster Einkauf im 7-Eleven
nebenan. Fürs Frühstück und für die sonstige Convenience. Zum Glück
ist es schon kurz nach elf am Vormittag, sodaß ich dort auch ein paar Fläschchen
Bier bekomme. (Ich persönlich trinke nach Möglichkeit nur noch Leo.)
Alkoholverkauf im 7-Eleven nur von 11 bis 14 Uhr und von 17 bis 24 Uhr! Blöd!
Ich weiß es ja zur Genüge, aber trotzdem kann ich mich nur schwer dran
gewöhnen. Dann
das übliche Umgewöhnungs-, ähm, Einstiegsprogramm: Friseur, das eine
oder andere „Kaltgetränk“, Chillen, Relaxen, Leute gucken. Mit einem
Wort: Abhängen. Ich bin „Zuhause“ und mal wieder happy. (Gelesen:
Zuhause ist da, wo man den Bauch nicht einziehen muß…) Und
dann noch ein bißchen Geld umtauschen. Muß ja leider sein, denn Reisen
ist schön, kostet aber viel Geld. (Das Originalzitat von Karl Valentin
lautet: „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.“) Und
noch eine, leider wahre Weisheit: Wir sind länger tot als lebendig.
Deshalb sollte ein großer Junge auch machen, was ein großer Junge machen
möchte. In
der City ist alles beim Alten. Die Bars sind wieder voll und die Musik ist
auch wieder so ohrenbetäubend laut aufgedreht wie ehedem. Die Neonreklame
auch. (Ja, „laut“ trifft es doch nach meiner Meinung, wenn die Reklame
derart aufdringlich hell und bunt leuchtet?) Im Fernsehen sind Fußball-Turniere,
Soaps, Spielshows, Spielfilme und überhaupt alles wirklich unverändert
wie früher zu sehen. Tatsächlich, es ist eigentlich so, als wäre König
Bhumibol nie gestorben. Thailand ist wie vorher, Bangkok ist wie vorher.
Same same. But nit noi - a
little bit different. Aber
nur oberflächlich. Später, im Laufe dieser Reise, höre ich von kräftigen
Versuchen der Regierung, das Land zu ändern. Und sehe sie auch schon
vereinzelt. Man will offenbar mehr vom Schmuddelimage abrücken. Für uns
„normale“ Touristen ganz okay, für Thai, die davon leben (müssen),
eher schlecht. Abermals,
wie schon so oft, sinniere ich beim Beobachten der abendlichen
Wildlife-Szene: So ähnlich muß es am Ngorongoro-Krater in der Serengeti
zugehen. Jede Menge scheue Tiere wagen sich heraus, schlanke Gazellen,
grazile Antilopen, charmante Zebras – und sogar ein paar durchaus noch
anmutige Flußpferde kommen nach Anbruch der Dämmerung aus ihren
Unterschlüpfen, um sich hier bis zum Morgengrauen zu laben. Dazwischen
gibt es unzählige (oft sehr hübsche und ansprechende) „Gazebos“,
Tiere, die sich beim näheren Hinsehen oder spätestens nach dem
Abstreifen ihres Fells allerdings als Mogelpackung herausstellen.
Drumherum jede Menge lüsterne Jäger auf ihrer rituellen Pirsch, die Jagd
auf die scheuen Tiere machen. Es sind Männer aus Europa, China, Japan,
Indien, Australien und überhaupt aus der ganzen Welt, die hier zum
schnellen Abschuß kommen möchten und dabei oft kaum etwas dafür
bezahlen möchten. Dabei vergessen/verdrängen sie meistens, daß diese
zauberhaften Tiere ja oft auch Junge und Alttiere haben, die sie
mitversorgen müssen. - Sorry für mein Off-Topic. Egal wo man auch hinschaut,
Jedermann/-frau bearbeitet sein Smartphone und schreibt mit seinen/ihren
Facebook-Freunden. „Play phone“ ist halt die Lieblingsbeschäftigung
aller Thai. Nummer zwei ist Essen, essen, essen. Bei mir ist es ja
irgendwie umgekehrt: Essen an erster Stelle. Handyspielen ganz am Ende,
habe ja schließlich nur noch eine Handvoll Freunde. Immer
wieder erstaunlich: Fast alles an und in mir ist topfit und hellwach, auch
Appetit, Reaktionsfähigkeit, Adrenalin- und Hormonproduktion, obwohl es
schon fast Mitternacht ist. Dabei habe ich in der Nacht zuvor nicht
besonders gut im Flugzeug geschlafen. Meine innere Uhr steht aber auch auf
noch nicht mal sechs Uhr abends. So ist das ja immer bei mir mit dem
Jetlag, er schlägt (glücklicherweise) erst voll zu, nachdem ich wieder
zu Hause bin. Gleichgültig, ob ich nach Osten oder nach Westen geflogen
bin. Dann bin ich zu Hause ein paar Tage lang abends um acht Uhr schon
saumüde. Aber
jetzt ist erst einmal Wohlfühlen angesagt - Sabai
dee mak mak. Überraschung
am Abend: An der Sukhumvit zwischen Nana und Asoke gibt es so gut wie
keine Fliegenden Händler mehr. Hier war bisher abends kaum noch
Durchzukommen. Und jetzt? Alles leergefegt! Die holprigen Trottoirs sind
frei und geradezu verwaist. Keine Verkaufsstände mehr. Romantik, Flair,
Atmosphäre, alles dahin. Und es gibt auch nur noch sehr wenige
vereinzelte Bordsteinschwalben. Die Bangkoker Behörden haben tatsächlich
ihr umfangreiches allgemeines Verbot durchgesetzt! Mit eisernem Besen.
Nichts mehr von „macht mal, es geht schon irgendwie…“; nichts mehr
von „laissez faire“. Ich war immer ganz gerne hier mittendrin und fühle
mich jetzt doch etwas unwohl. Schon wieder schlecht für die unzähligen
Menschen, die damit bisher ihren Lebensunterhalt erkämpft haben. Beim
abendlichen Herumphilosophieren kommt mir folgender Vergleich in den Sinn:
Moskitos sind in Thailand überall. Aber sie tun Thai meistens nichts.
Anders, wenn sie einen Farang (westlichen Touristen) erschnuppern. Da
lohnt sich für sie der weiteste Anflug. („Mmmh, Kollegen kommt alle,
yummi yummi, lecker!“) Ich kann davon ein schmerzvolles Lied singen.
Aber ich kann die Stechmücken verstehen, denn genauso geht es mir, wenn
ich die appetitlichen thailändischen Mädchen in den Bars sehe. Sie
ziehen einen magisch an mit ihrem hübschen Aussehen und mit ihrem meist
freundlichen Wesen. (Ja, okay, es gibt auch schon mal eher unangenehme
Vertreterinnen ihres Standes, aber ihnen kann man ja leicht aus dem Weg
gehen.) Nähere Bekanntschaften schließen? Mögen würde ich ja schon, dürfen
traue ich mich aber eher nicht…
Nach
ein paar Tagen der Freude und Verausgabung hole ich wie gewohnt meinen weißen
Almera ab; diesmal aber nicht am Flughafen, nein, diesmal fahre ich nur
ein kurzes Stück ins Stadtbüro hier ganz in der Nähe. Spätere Rückgabe
wie gewohnt am Airport. Ist so einfach einfacher. Warum ich das nicht
schon eher so gemacht habe? Na, okay, vielleicht haben sie das erst jetzt
neu eingerichtet, ging bisher jedenfalls nicht in der Suchmaske.
Eigentlich sollen die Autos auf Kundenwunsch auch ans Hotel gebracht
werden, hat aber bisher auch noch nie geklappt. - Was soll ich gegen Windmühlen
(torfnasige, schlecht Englischsprechende und überhaupt unfreundliche
Thai) kämpfen? Ist sowieso
eine kalte, unpersönliche Autovermietung. Ich könnte viel Unangenehmes
(und sehr wenig Positives) über den Sch…laden erzählen. Aber
kaufentscheidend ist halt, was unterm Strich rauskommt… Erstmal
nehme ich den gewohnten Weg über die vorerst immer noch kostenlose
Autobahn ins Seebad, nach Pattaya, wo ich mir ein schönes angenehmes
Zimmer in einem mir bereits bekannten Hotel gebucht habe.
Während
meines Seafood-Dinners fällt mir ein möglicher neuer Buch- bzw.
Filmtitel ein: „Männer, die auf leere Austernschalen starren“. Hmm,
gibt es, glaub‘ ich, schon. Jedenfalls so ähnlich. Schade. Wieder nix.
Leider
war ich mal wieder erneut unvorsichtig und zog mir (ja, schon wieder)
vorgestern einen lästigen Durchfall zu. Diesmal ist es aber nicht so
schlimm. In einer Apotheke bekomme ich eine Spritze in meinen
Allerwertesten und ein paar Medikamententütchen und prompt ist alles
schon wieder normal. Jetzt war wohl ein bißchen Salat, an dem ich kurz
gepickt hatte, schuld. Ja, ich weiß es, ‚Schäl es, brat es, koch es
– oder vergiß es‘! Aber zwischen Wissen und Beherzigen klafft ja oft
ein großer Abgrund…
Es
folgen ein paar erlebnisreiche und kurzweilige Tage in der Stadt der Sünde:
Und
dann geht es auch schon wieder weiter. Insgesamt doch ganze zwei
Kilometer, durch die tagsüber befahrbare Walkingstreet in ein dort am
anderen Ende gelegenes Parkhaus. Ich will nach Koh Samet übersetzen. Man
gibt hier sein Auto ab und es wird von einem der Mitarbeiter in einen
Aufzug gefahren, um dann in einer der oberen Etagen geparkt zu werden.
Neuer
Schreck: Koh Samet?! Ist hier nicht, die Insel ist fünfzig Kilometer
entfernt! Da hatte ich den freundlichen Typ gestern offenbar falsch
verstanden. Mannomann, bin ich blöd, ich bin einfach meinem Gefühl
gefolgt und total falsch hier! Hab ich einfach nicht drüber nachgedacht.
Warum? Ich will es mal so erklären: Der PC im Hotel war mir vorhin echt
zu langsam, Tablet war aus, für die Landkarte war ich zu faul. Naja, nix
passiert. Wo
fahren die vielen Leute hier um mich rum denn dann alle hin? Das ist doch
eine große Fährstation. Ah, vielleicht mit der neuen Fähre nach Hua
Hin? Hatte schon drüber nachgedacht, die brandneue Fähre auszuprobieren:
Nix wie hin nach Hua Hin. Oder soll ich doch lieber hier in der Nähe
bleiben? Ha zib/ha zib, fifty/fifty. Dann entscheide ich mich aber doch für
Koh Samet. OK,
zurück auf Los, innerlich Schämen, äußerlich lässig wirken, Auto
wieder runterholen lassen, sich Schief-Angucken-Lassen, 30 Baht (80
Eurocent) bezahlen, Einsteigen, Navi Programmieren, Abfahren, den Kopf über
die eigene Faulheit/Blödheit schütteln. Fünfzig
Kilometer auf der berühmten Sukhumvit Road. Das
neue Navi arbeitet meistens zufriedenstellend zielführend. Deshalb folge
ich ihm gewohnheitsgemäß wie ein Lemming – allerdings ohne Lust auf
den (angeblichen) Selbstmord am Ende.
Nächstes
Ziel ist ein Pier in der Nähe von Rayong. Koh Samet? Chai krab, ja, ist da drüben. Also parke ich das Auto und laß mich
mit einer Personenfähre zur Insel rüberschippern.
Dann
sind es nur noch zwei, dreihundert Meter zu Fuß ins gebuchte winzigkleine
aber ganz neue „Hotel“. Taxi lohnt sich nicht. Der Chef erwartet mich
nach meinem Anruf schon auf der Straße und winkt mir von weitem zu; bin
ja auch unschwer zu erkennen. Sehr schönes sauberes Zimmer – aber
leider Aussicht nur auf Straße und Dächer. Tatsächlich, es gibt hier
nur ganze vier Zimmer.
Der
Strand ist noch einmal so weit entfernt. Nanu, schon wieder Eintritt bei
den Parkrangers bezahlen, diesmal für den angeblichen „Nationalpark“.
(Alle anderen Strände der Insel kosten übrigens nichts.) Und
wieder eine Plage: Russen! Unzählige Russen machen sich hier breit,
bestimmt gefühlte achtzig Prozent, der Rest Europäer und Asiaten. Russen
sind in Thailand einfach überall, und dabei hieß es doch, sie kämen
jetzt in kleineren Scharen. (Oder heißt es korrekt „in kleinerer
Schar“?) Hier
verbringe ich zwei Nächte und sehe mir tagsüber auch mal die Insel an.
Ein paar schöne Strände gibt es, man nimmt sich am besten einen der lächerlich
billigen Roller für so ca. drei Euro pro Tag, aber mir ist es, obwohl
Winter, einfach zu heiß für solch einen größeren Ausflug.
Viele
Backpacker fühlen sich offensichtlich von der Insel angezogen. Zwei
deutsche Mädchen aus dem Ruhrgebiet, Yvonne und Carina, verkürzen mir
den Tag und den Abend am Strand. (Gut, daß Ihr heil und unbeschadet
wieder zurück nach Hause gekommen seid. Schön war’s!) Am
nächsten Morgen geht es dann wieder den gleichen Weg zurück zum
Festland, Geld zurück gibt es leider keins, die Kurtaxe ist komplett
aufgebraucht.
Das
Auto steht noch da und so mach ich mich gleich wieder auf den Weg.
Die
vor ein paar Jahren plötzlich vom Unwetter fast direkt vor meiner Nase
komplett weggespülte Brücke steht wieder da und tut so, als wäre ihr
nie etwas passiert. Kurz darauf habe ich auch schon das gewählte Resort
erreicht. Schöne Anlage, direkt am Strand, allerdings könnten die Zimmer
hier mal renoviert werden.
Abends
dann die beste/schönste/geilste Live-Musik, die ich in Thailand je erlebt
habe. Traumhaft. Aber nicht allein die Musik, nein, der Sänger (oder soll
ich sagen „die Sängerin“) ist es, der/die mich blitzartig
schnappatmen läßt. Großes Suchtpotential! Klar, daß ich am nächsten
Abend erneut dort aufschlage. Den
folgenden Tag verbringe ich u.a. an einem angenehmen Wasserfall und dann
am fast einsamen Strand ganz im äußersten Süden. Abends, auf dem Rückweg,
im Dunkeln, ist die schmale Straße ganz schön abenteuerlich, viele
Kurven und viele sehr steile Stellen. Nichts für Angsthasen. Oder Angsthäsinnen.
Auf Koh Lanta gab es eine sehr ähnlich riskante Straße.
‚Wo
komm ich her, was will ich hier, und wo will ich überhaupt hin?‘ Sonst
eher schwierige existenzielle philosophische Fragen, muß ich mich diesen
Fragen hier aber ganz pragmatisch stellen – und muß mich auch sogleich
entscheiden: Also
weiter an der Küste entlang, ein kleines Stück zurück nach Laem Sing.
Hier war ich auch schon und die Gegend hat mir schon damals ganz gut
gefallen.
Der
Strand ist noch unverändert, wie alles andere auch.
Am
nächsten Tag sehe ich mir mal die Oasis Sea World an, obwohl mir die
armen Delphine wie immer leidtun - eigentlich alle Tiere, in jedem Zoo.
Irgendwo
hier soll es Mangroven geben; ich finde sie aber nicht. Deshalb versuche
ich es am nächsten Morgen nach meiner Abfahrt noch einmal und entdecke
sie dann auch schließlich.
Danach
fahre ich nördlich in Richtung Khao Yai-Nationalpark. Kurz vor dem
Parkeingang übernachte ich. Nach stundenlanger Suche und umständlichem
Anfahren immer neuer „Resorts“, die sich entweder als Stundenhotels
herausstellen oder die mir zu teuer sind, gebe ich endlich auf und nehme
mir abends ein Zimmer in einer „Lodge“, die sich nach dem Einchecken
als stark vernachlässigt, nein, als geradezu total heruntergekommen
herausstellt. Duschvorhang schimmelig, Fußmatten eklig, Bettwäsche
unansehnlich usw. Ein Konglomerat versammelter Schmutzigkeiten. „State
of the Art“ ist anders.
Doch
leider muß ich das Zimmer akzeptieren, jetzt noch länger müde in der
Nacht herumfahren, mit dunkler Frontscheibe, schlechtem Licht, auf
schmalen Straßen, das erspare ich mir lieber. Da helfen nur noch fünf
„Fläschchen“ Leo, um mich zu betäuben und um den ganzen Frust und
Ekel klein oder gar wegzutrinken. Diese Absteige dürfte die mieseste in
meinem ganzen Thailand-Leben sein. Abturnend wie ein Arschgeweih. OK, eine
von bisher zwei ganz schrecklichen Bruchbuden. Dabei hatte ich mir vorhin
beim Suchen doch immer mehr eine halbwegs anständige Unterkunft erhofft. Am
nächsten Morgen geht es so früh wie möglich Richtung Khao
Yai-Nationalpark. Unterwegs finde ich durch Zufall eine wunderschöne
einsame riesige Buddhafigur:
Später,
nach Bezahlen des obligatorischen Obolus‘ fahre ich gemütlich durch den
Park, immer auch auf der Suche nach Familie Chang – Elefanten. Zum
ersten Mal bleibe ich leider erfolglos. Müßte halt noch ein bißchen
weiter rumfahren. Nur ein paar Monkeys (Affen) zeigen sich.
Nach
der vergangenen schlimmen letzten Nacht, auf einer knisternden, immer
feuchter werdenden Plastikunterlage unter dem fragwürdig „sauberen“
Laken und den schmutzigsten Lichtschaltern, die ich überhaupt je in
meinem Leben gesehen habe, habe ich mich reichlich unwohl gefühlt.
Jetzt
gönne ich mir zum Lustgewinnausgleich zwei weitere Nächte im mir noch
bestens bekannten Resort nördlich des Parks. Die Chefin erkennt mich
erfreulicherweise gleich wieder und bietet mir deshalb gleich ihr schönstes
und gerade neu fertiggestelltes Zimmer im Maisonette-Stil im Neubau an.
Hier blitzt einfach alles vor Sauberkeit. Hier erhole mich langsam vom
Schrecken der letzten Nacht. Hier darf ich wieder Mensch sein.
Der
nächste Tag ist ein Ausruhtag, erfüllt mit süßem Nichtstun, aber das
hat man ja auch mal ganz gerne. Ich kuschle vormittags lange mit meiner
Kuscheldecke und genieße die Entspannung. Yes, it’s up to me. Woanders
ist man anders. Und ißt man anders. Deshalb esse ich heute Abend endlich
mein thailändisches Lieblingsgericht: Green Curry mit Reis –
ausnahmsweise mit einem Erdinger. Mußte ja diesmal ganz schön lang aufs
Green Curry warten. Bisher
war es immer heiß, tagsüber 35°, nachts 28°. Nur gestern und heute
Abend ist es saukalt, 19°. Da muß ich mir dann auch mal die Decke aus
dem Auto umhängen. So kalte Nächte sind in Thailand eher selten, außer
oben im Norden, in den Bergen.
Tja,
und dann ist der Urlaub schon wieder fast rum.
Und
dann geht es auch schon zum Flughafen, wo ich das Auto zurückgebe
(schlappe 1.800 km gefahren) und zu meinem Flug einchecke. Die
hübsche Frau am Counter im Airport guckt mich verwundert mit ihren großen
braunen Augen an. (Was sie wohl von mir hält?) Also, heute gibt es keinen
Flug mehr mit ihrer Fluggesellschaft. Ich sehe sie mit ebenso großen
Augen an. Kann ja gar nicht sein! Lässig-locker krame ich meinen Flugplan
raus. Hmmm, sie hat wirklich recht, ich hatte vorhin meine Lesebrille
nicht auf und die Zeit falsch abgelesen. Witzig! Wirklich sehr witzig! Daß
mir immer wieder mal so was passiert! Bisher buchte ich das unter meiner
nonchalanten Natur ab und empfand sie auch mein Leben lang als zu mir gehörig.
Immer zwanglos und entspannt. Aber ich glaube, daß ich das mit meiner
Nachlässigkeit endlich mal ändern muß und ab und zu doch mal mein Hirn
einschalten sollte…!
Naja,
alles Rumjammern nutzt jetzt nichts, der Flieger ist weg. Also Flug
umbuchen. Den von ihr aufgerufenen, zu hohen Preis kann ich dann mit einem
Anruf im Callcenter noch ein bißchen runterhandeln, aber es schmerzt
mich, das schöne Geld (immerhin 400 EUR) auf diese Art verschleudern zu müssen.
Ich tröste mich, nicht schlimm. Nur leider: ‚Nix passiert‘ und
‚Nicht schlimm‘ sind die Geschwister von ‚Fuck, dumm gelaufen‘! OK,
mach ich halt das Beste draus und verbring noch eine weitere Nacht in
Bangkok. Ich rufe erstmal meine Freunde in der Stadt an, und sie haben
auch Platz für mich auf ihrer Couch. So erspare ich mir schonmal das Geld
für eine teure Hotelübernachtung. Und das so gerettete Geld kann ich
dann gleich in Patpong ausgeben, wo ich sofort aus allen Richtungen
freundlich begrüßt werde – und wo man mir ständig „Happy New
Year“ wünscht. Jetzt, Ende Januar?! Ach so, es ist gerade Chinesisches
Neujahrsfest und man feiert vom 26. bis 28. Januar. Durchaus ein weiterer
triftiger Grund, sich nach meiner Blamage die Kanne zu geben und fröhlich
zu sein. Alle, die mich hier kennen, fragen natürlich nach dem Warum und
lachen sich schief und krumm; nur gut, daß ich ihre wahren Gedanken über
mich hinter ihrem Lächeln nicht lesen kann…
Nach
dem obligatorischen Zwischenaufenthalt in der Wüste erreiche ich
Frankfurt am frühen Morgen. Züge fahren auch genügend, obwohl doch
heute Sonntag ist, und so bin ich um kurz nach Neun wohlbehalten zu Hause.
Alles gutgegangen, hm, jedenfalls so gut wie… Danke
an Euch alle da oben im Himmel, die ihr mich erneut so gut beschützt
habt. Und an meinen zuständigen Buddha. Meine
Bewährungshelferin wird erleichtert sein, wenn ich mich bei ihr wieder
zurückmelde. Die
Depression des Skispringers nach seinem Sprung, ich kann sie gut
verstehen. Mir geht es regelmäßig genauso nach meinem Urlaubskick. Aber
insgesamt hinterläßt die Textur der Erlebnisse dieser Reise doch wieder
recht erfreuliche Erinnerungen. Und die Summe des Ganzen ergibt ja auch
immer deutlich mehr erlebten Spaß als die einzelnen Bausteine einer
Reise. Noch
ein Hinweis zur Überschrift: In der buddhistischen (thailändischen)
Zeitrechnung haben wir jetzt, 2017, das Jahr 2560 B.E. (nach Buddha). Und,
noch ein letzter Nachtrag: Den Namen des neuen Königs wußte niemand von
all den Leuten, die ich auf dieser Reise danach befragt habe. Da wird er
wohl noch ein Stück Arbeit vor sich haben… Viele
Grüße und Danke, daß Ihr alle mitgefahren seid. So
nennt man mich in Thailand – und ich weiß gar nicht, warum ;) Jegliche kommerzielle Nutzung, Vervielfältigung
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