Diesen Reisebericht widme ich 
unserem liebsten Freund  
Charles „Charly“ Brown.

  Die besten Reiseberichte aller Zeiten!
Mehr Reisebericht geht nicht!

 

Keine Angst!
Wir wollen nur wandern!

 Wälder, Wiesen, Wasser


Meine Wanderung mit Hanni
im Müritz-Nationalpark
im Juli 2013

 

Wilfried R. Virmond

   

Zuvor ein Hinweis: Falls einer der von mir vorgeschlagenen Links nicht weiterführt, z.B. weil ein deutsches Sonderzeichen (ÄÖÜ und ß) darin enthalten ist und dieses nicht korrekt übernommen worden ist, dann empfehle ich, die vom System automatisch aufgenommenen falschen Zeichen in der Browserzeile zu löschen und stattdessen den/die richtigen Buchstaben einzugeben. Hier ein Beispiel:

In der Browserzeile erscheint: „SeebrÃ1/4cke“ (statt „Seebrücke“)

In diesem Fall also „Ã1/4“ löschen und stattdessen das „ü“ eingeben.

 

Aus dem offiziellen Prospekt:

Wo der Seeadler in einem unendlichen Himmel seine Kreise zieht, der Fischadler aus schwindelnder Höhe in einen See stürzt und das Trompeten der Kraniche das Frühjahr und den Herbst eines jeden Jahres begleitet, ist eine Landschaft, die uns an Märchen und Geschichten alter Tage erinnert. Sie hat mit ihren weiten Wäldern, glitzernden Seen und wundersamen Mooren etwas Ursprüngliches, ja Wildes an sich, das unsere Ehrfurcht vor der Natur weckt…

 

Tag 1

Dienstag/Mittwoch, 9./10. Juli 2013
Anreise nach Waren an der Müritz

Auf der Fahrt mit meiner Jack Russell-Hündin Hanni an die Müritz übernachten wir, wie schon im letzten Jahr, in Ilsenburg in einem meiner Lieblingshotels. Hanni kostet hier teure 15 Euro. (Wofür eigentlich? - Für die paar billigen und vorher von andern Hunden schon angeschlabberten Trockenfutter-Brekkies? Eigentlich unverschämt! Aber man kann es ja nicht ändern.)

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark  

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Am nächsten Morgen, mittwochs, geht es gut befrühstückt und mindestens ebenso gut gelaunt bei weiterhin schönem sonnigen Wetter durch das ländliche Mecklenburg und oft auf den bekannten und teilweise auch engen und sehr engen Baumalleen bis ans Ziel in Waren an der Müritz, wo wir gegen 15:30 Uhr und nach 740 gefahrenen Kilometern wohlbehalten und fröhlich eintreffen.

Wikipedia: Waren liegt an der Müritz, dem größten vollständig in Deutschland liegenden Binnensee mit einer Fläche von 117 qkm. (Der Bodensee ist zwar größer, liegt aber nicht nur in Deutschland. WRV)

Unser Hotel „Für Dich“ ist klein aber total neu renoviert und man empfängt uns hier beide ausgesprochen freundlich. Schnell sind die beiden Taschen ins Zimmer gebracht. Sogar die ausgehenden Telefongespräche (im Inland) sind hier kostenlos. (Hab‘ ich in einem Hotel ja noch nie gehabt!)

Wir stellen unser Auto auf dem Platz des Reiseveranstalters am Stadtrand ab und werden dann von einem freundlichen Mitarbeiter zurück in den Ort gebracht. Und immerhin ist das hier ein ausgewiesener Luftkurort. Wir besuchen gleichmal das „Müritzeum“. (Ja, Hanni darf mit rein und braucht auch nur zwei Euro von ihrem Taschengeld zu opfern).

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark  

 

Kranich-Ticket - Müritzeum Kranich Ticket Beobachtung Naturschauspiel

Danach laufen wir beide gemütlich das kurze Stück durch die Fußgängerzone und am Jachthafen vorbei ins Hotel. (Die Stadt ist überschaubar.) Unser Abendessen ist durchaus OK. Hanni kostet günstige drei Euro für die Nacht. (Ein angemessener Preis. Und ein weiterer Beweis dafür, daß man hier in diesem sympathischen Haus nicht ausgenutzt oder sogar abgezockt wird.) Unser Urlaub kann beginnen.

Es gibt Soljanka, Putenbrust Hawaii mit Kroketten und als Dessert ein wunderbares Softeis mit Kirschen. Zigarre während des anschließenden Abendspaziergangs am See entlang.

 

Tag 2

Donnerstag, 11. Juli 2013
Waren – Schwarzenhof, ca. 18 km

Hier jetzt immer vorab das jeweilige offizielle Tagesprogramm:

Sie wandern zuerst direkt am Müritzufer und gelangen dann zu den Nationalparkseen am Ostufer. Aussichtspunkte ermöglichen Ihnen ein ungestörtes Beobachten der Wasservögel. Übernachtung in Schwarzenhof.

Aufstehen um halbsieben, Abmarsch um 8:00 Uhr. Unser Gepäck wird während des Tages zum jeweils nächsten Hotel transportiert; ich habe also nur meinen Rucksack dabei.

Nach ein, zwei Minuten sind wir an der Müritz und wandern auf dem Müritz-Nationalparkweg unter schattigen Bäumen am Seeufer entlang. Wir sind hier im Gebiet Mecklenburgische Seenplatte und es gibt deshalb auch hunderte große und kleine Seen. Ein Thermometer zeigt 17 Grad an.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark  

Auszug aus der Routen-Beschreibung:

Der Weg durch den Müritz-Nationalpark führt durch das gesamte Schutzgebiet. Er hat eine Länge von 169 Kilometern. … Die Strecke führt zum überwiegenden Teil über naturbelassene Wald- und Feldwege. … Bitte beachten Sie, dass Sie durch die am dünnsten besiedeltsten Gebiete Deutschlands wandern.

Ab und zu gibt es ein paar lästige Radfahrer, meistens bleiben wir aber allein. Rechts und links auf unserer gesamten Wanderung begleitet uns alle Tage das „Große Springkraut“ und ich kann es mir nicht verkneifen, ab und zu ein paar Samenkapseln „explodieren“ zu lassen. Leider ist es aber noch etwas früh in der Jahreszeit dafür, die allermeisten sind noch nicht reif genug.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark  

http://de.wikipedia.org/wiki/Großes_Springkraut

Unterwegs halten wir an ein paar hölzernen Beobachtungs- und Aussichtspunkten am Wasser. Doch außer der Natur und dem jeweiligen See gibt es hier zurzeit leider nichts zu beobachten. Und unzählige Vogelstimmen kann man hier zwitschern hören. Aber von Vögeln habe ich ja leider viel zu wenig Ahnung.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark  

Die Enten sind hier so arm, daß die meisten nur ein Bein haben.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark  

Im Herbst machen hier die von mir so sehr geliebten Kraniche (lat. Grus grus; die „westliche“ Unterart heißt sogar „Grus grus grus“) Rast, bevor sie weiter nach Spanien und Nordafrika weiterfliegen, um dort zu überwintern.

Kranich – Wikipedia

grus grus - Google-Suche (Fotos)

Auch Tafelenten, Reiherenten und seltene Kolbenenten ruhen sich hier vor ihrem Weiterflug in die Winterquartiere sehr gerne aus. Und die kleinen Beobachtungsposten bieten dann eine sehr gute Möglichkeit, die Vögel zu beobachten und sie dabei nicht zu stören. Aber dafür ist es jetzt noch zu früh, der Sommer hat gerade erst begonnen. Kormorane, Fisch- und Seeadler soll es hier auch geben.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark  

Ich bin ja jetzt offiziell im Ruhestand, habe aber noch genug Arbeit und die Zeit reicht vorne und hinten nicht. Deshalb laufe ich noch immer und ständig auf Vollast. Umso mehr freue ich mich, hier beim Wandern endlich mal wieder entschleunigt zu werden und ich genieße die tägliche Ruhe, ohne die hundsgemeinen elektronischen Stressmacher des täglichen Lebens. Und Hanni hüpft natürlich auch dauernd vor Freudeanni bHa H überall herum und freut sich mit mir. Es gibt hier ja auch unendlich viel Neues zu erschnuppern.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark  

Am „Landschaftspflegehof Müritzhof“ des Lebenshilfswerks Waren machen wir kurze Rast und stärken uns hier ein wenig. Dabei können wir beide den pfiffigen und blitzsauberen Ferkeln zusehen, die es sich hier wirklich (noch) gutgehen lassen. Sie dürfen nach Lust und Laune aus ihrem Stall ins Freie. Nur das Wasser zum Darin-herum-Suhlen fehlt. Ich wünsche ihnen, (wahrscheinlich vergeblich), ein langes Leben. Ich habe auch extra nur Matjes gegessen…

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark  

Lebenshilfswerk Waren - Lebenshilfswerk Waren

Unser Weg zieht sich, aber es ist wenigstens nicht zu warm, heiß schon gar nicht. Und hier auf dem federnden Waldboden unter den schattigen Bäumen läuft es sich sowieso sehr angenehm. Hanni wird nicht müde und läuft wie immer voller Freude hin und her, vor und zurück. Deshalb macht es auch mir viel Spaß. Sonst keine besonderen Vorkommnisse. Unser Weg bleibt immer gleich, Bäume, Wälder, Wiesen, Seen. Und Sand. Viel Sand.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark  

Hier gibt es Eichen, Buchen, Linden, Birken, Kiefern und was weiß ich alles in vielen Ausführungen. Mehrmals lese ich auf den Infotafeln über „Traubeneichen“. Diesen Begriff habe ich ja noch nie gehört.

Traubeneiche – Wikipedia

Ich bin froh, als wir gegen fünf Uhr endlich unser heutiges Ziel erreichen, das „Hotel Kranichrast“, mitten im Wald und unter mächtigen, süß duftenden Linden. Trotz meines täglichen Lauftrainings bin ich doch etwas abgekämpft.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark  

Auch hier werden wir freundlich empfangen, sogar sehr freundlich. Das Gepäck ist nämlich bereits ins Zimmer gebracht worden, was eher selten vorkommt. (Bei unserer Wanderung letztes Jahr auf Rügen gab es das, glaub ich, gar nicht.) Und Hanni hat zwei Decken, frisches Wasser und ein paar (noch verpackte und daher hygienische) Leckerlis hingelegt bekommen. Aber hier kostet sie immerhin auch schon zehn Euro.

Das Abendessen nehmen wir beide draußen auf der Terrasse ein; drinnen sitzen jede Menge alte laute Leute, die gerade mit einem großen Reisebus angereist sind.

Es gibt Waldpilzsuppe, gebratenen Seelachs mit Tomatensoße und sehr gelben Bandnudeln. (Ja, merkwürdige Zusammenstellung. Für mich persönlich jedenfalls. Aber offenbar nur für mich, denn drei Wochen publiziert J. Lafer ein ähnliches Gericht: Thunfisch auf geschwitzten Tomaten.) Und als Dessert dann einen Schwarzwaldeisbecher. Zum Espresso dann wie immer eine meiner bereits sehnsüchtig ersehnten Zigarren.

 

Tag 3

Freitag, 12. Juli 2013
Schwarzenhof – Speck – Boek, ca. 16 km

Auf der Wanderung passieren Sie die Siedlung Speck. Ein Moorsteg führt Sie zum Priesterbäcker See und viele Treppenstufen auf die Aussichtsplattform des Turmes auf dem Käflingsberg, die höchste Erhebung im Nationalpark. Übernachtung in Boek.

Wie immer wachen wir beide um halbsieben auf, frühstücken in aller Ruhe, soweit das zusammen mit sechsunddreißig alten schwatzenden Leuten plus Busfahrer möglich ist und machen uns gegen neun auf den Weg am Waldrand entlang, durch Wiesen, an Seen vorbei und natürlich immer wieder durch Wälder. An manchen Stellen hängt noch Morgendunst herum.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark  

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Schade, heute ist und bleibt es stark bewölkt, aber wenigstens ist es nicht zu kühl, wieder so um die zwanzig Grad, eigentlich ideales Wanderwetter. Aber wegen der fehlenden Sonne gibt es keine schönen Fotos. Ist mir aber lieber, als knallheiße Sonne, denn dann müßte ich doch sehr viel mehr Trinkwasser für uns beide mit rumschleppen.

Im kleinen Örtchen Speck machen wir Rast und essen ein Stück – nein, kein Speck, sondern vielmehr ein Stück etwas trockenen Mandarinenkuchen. Und hier im Ort sehen wir auch die ersten lebendigen Menschen des Tages.

Frisch gestärkt besuchen wir noch die kleine Dorfkirche und bestaunen die imposante, uralte Linde gegenüber, die ganz gelassen auf uns beide runterschaut:

 

Alter 800 Jahre

Höhe 15 Meter

Umfang 9,20 Meter

Durchmesser 4 Meter

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark  

Unterwegs besteigen wir den über fünfundfünfzig Meter hohen Käflingsturm auf einem Hügel. Der Turm ist ein stählerner Sendemast der Telekom, den man freundlicherweise hochlaufen darf und von dem man einen sehr weiten Ausblick ins Land hat. Hanni flitzt die offenen Gitterstufen flink wie das berühmte Wiesel hinauf und ich mache mir reichlich Sorgen um sie. (Hannis Sicherheit ist mir naturgemäß deutlich wichtiger als meine eigene…)

Aber alles geht gut und wir sind nach kurzer Zeit wieder wohlbehalten zurück auf dem Boden. Fotos werden hier wegen der dunklen Wolken sowieso nichts.  

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

 

käflingsturm - Google-Suche

Doch auch auf dem Boden ist es nicht ganz ungefährlich: Es soll hier nämlich noch viel großzügig „verlorene oder vergessene“ Munition der früheren russischen Armee im Wald herumliegen. Es wird einem deshalb angeraten, besser auf dem Weg zu bleiben.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark  

Aber wir überleben, alles bleibt friedlich, nichts explodiert, nichts knallt, noch nicht einmal Rauch oder Nebel.

Die unzähligen Radfahrer sind inzwischen längst zu einer Plage geworden; oft kommen sie in ganzen Rudeln, gerne auch mit Anhängern, in die Kleinkinder und/oder Hunde reingequetscht worden sind. Manche grüßen uns mehr oder weniger freundlich, manche grüßen noch nicht einmal. (Wir sind für sie eben auch nur ein unnötiger Störfaktor, genau wie sie für uns.)

Leider kommen sie meistens möglichst leise von hinten und besitzen/benutzen grundsätzlich keine Klingel. (Ja, OK, habe ich früher auch zu gerne gemacht: Fußgänger erschrecken. Am liebsten von hinten kommend zwischen zweien durchsausen. Heute tut es mir echt leid darum und ich verstehe, wie blöd, nein, wie dumm ich mich damals verhalten habe.) Ich bin immer wieder sehr erleichtert, wenn sich Fuß- und Radweg endlich wieder trennen.

Wir kamen auch heute wieder an ein paar Waldseen vorbei und nutzten auch alle Beobachtungsstände – leider erfolglos, außer den Seen selbst gab es wieder nichts zu sehen. Halt, ich muß mich korrigieren: An allen Seen und auch sonst unterwegs gab (und gibt) es Informationstafeln mit vielen Erklärungen.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Unser heutiges Ziel ist Boek („Bök“ gesprochen). Das „Hotel Müritz-Park“ ist das, hmm, rückständigste Haus; nach der Wende renoviert aber immer noch sehr einfach, kleine Zimmer, kleine Uralt-Fernseher, kein Föhn, keinerlei Komfort. Jetzt ist auch längst wieder Frau Sonne wieder da und verschönt uns beiden das Abendessen. Bei der jetzigen Wetterlage soll das jeden Nachmittag bzw. überhaupt jeden Tag so sein, tagsüber wolkig, nachmittags sonnig. Hanni muß zehn Euro für die Nacht hinlegen, ohne Leckerlis bekommen zu haben.

Zum Abendessen gibt es Karottensuppe, Steak (wegen Hanni) mit Bratkartoffeln in der Pfanne und ein Schokoeisbecher. Der junge Kellner ist unfähig und hat offenbar den falschen Beruf ergriffen. Zum ersten Mal seit langem gebe ich kein Trinkgeld. Meine Zigarre tröstet mich darüber hinweg und gibt sich mir hingebungsvoll hin. Sogar bis zur totalen Selbstaufgabe…

 

Tag 4

Samstag, 13. Juli 2013
Boek – Neustrelitz, ca. 22 km

Vorbei an den Teichen der Müritzfischer geht es in den südlichen Teil des Nationalparks. Mehrmals überqueren Sie die Havel. Sie ist in Verbindung mit den vielen Seen ein Paradies für Kanuten. Von Wesenberg ist für Sie der Taxitransfer nach Neustrelitz organisiert. Übernachtung in Neustrelitz.

Der Tag beginnt wie der gestrige, nur etwas sonniger. Nach einem doch relativ guten Frühstück sind wir vor acht Uhr schon wieder auf den Socken, äh, Füßen bzw. Pfötchen und besuchen als erstes die schöne kleine Kirche nebenan. Hanni muß solange draußen warten.

St. Johannis (Boek) – Wikipedia

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Bald geht es weiter, zunächst am Waldrand entlang, dann durch den Wald und später an ein paar Fischteichen vorbei. Stundenlang begegnen wir keiner Seele. Zwei kurze Stücke vor und hinter Babke führen zum Schluß über die asphaltierte Landstraße, aber wie im Roadbook beschrieben, herrscht hier ausgesprochen wenig, eigentlich gar kein Autoverkehr, und wir bleiben meistenteils unter uns. Ein paar scheue Rehe sehe ich kurz.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark  

Jetzt sind sie auch plötzlich wieder da: Unzählige Radfahrer sind hier auf der Straße unterwegs. Großeltern, Eltern, Kinder und Enkel, alles fährt hier heute herum, oft mit Anhänger, oft mit Hund. Fast wie eine Völkerwanderung. Oder sie lassen sich mit ihren Fahrrädern im Bus herumfahren. Da stören sie mich wenigstens nicht.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark  

Zweimal überqueren wir die hier noch winzige Havel. Jetzt sehen wir also auch die angekündigten Kanuten. In Blankenförde machen wir kurze Rast im Imbiß „Raus ins Grüne“.

Doch trotz des schönen Namens ist man hier etwas unfreundlich. Wir sollen hier nämlich für das letzte Stück von einem Taxi abgeholt werden und müssen die Abholung übers Handy vereinbaren. Leider funktioniert hier nur das D1-Netz.

Gestern erhielt ich schon die Nachricht, daß uns das Taxi nicht wie vorgesehen aufnehmen darf, weil wegen der ständigen Krankentransporte keine Hunde ins Taxi dürfen. Stattdessen muß also extra ein Auto der Organisationsfirma kommen.

Das Festnetztelefon ist angeblich im Moment defekt und die D1-Handys der Besitzer und des Telekom-Monteurs darf ich nicht benutzen. Also laufen wir dann (ohne Trinkgeld gegeben zu haben) wieder weiter. Zurück in der Zivilisation hinter dem Dorf im Wald habe ich endlich Netzverbindung und kann dann telefonieren.

Ich vereinbare die Abholung im nächsten Ort, in Zwenzow am Parkplatz.

Weiter geht es, endlich wieder einsam und allein, durch den Wald und am Krummen See und am Rohrsee vorbei. Am ausgemachten Treffpunkt warten wir ein paar Minuten. Herr Nagel ruft zwischendurch an und teilt mir mit, daß er etwas aufgehalten worden ist und daß es etwas länger dauert.

Im Auto bringt er uns dann an unser heutiges Hotel „The Royal Inn Park Hotel Fasanerie“ in Neustrelitz. Nach den ganzen kleinen Hotels (mit persönlichem Service) gefällt es mir hier nicht besonders; der Laden ist mir hier viel zu unpersönlich. Dieses Hotel ist eher etwas für Geschäftsreisende.

Obwohl wir (bzw. ich) ganz schön geschafft sind, beschließe ich, in der Stadt essen zu gehen. Letztlich laufen wir über drei Kilometer über den Marktplatz und an der dortigen Marktkirche vorbei…

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Stadtkirche Neustrelitz – Wikipedia

… bis an den Zierker-See und essen dort im Restaurant Bootshaus gemütlich zu Abend.

Zierker See – Wikipedia

Übrigens: Die aus dem südlichen Afrika stammende Strelitzie wurde nach Prinzessin Sophie Charlotte aus dem Herzoghaus Mecklenburg-Strelitz benannt und es gibt ein häßliches, riesiges, acht Meter hohes Kunstwerk aus silbrigem Edelstahl auf einem Verkehrskreisel, den wir beide auf unserem Weg zum Seeufer überqueren müssen.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Die geneigten Leserinnen und Leser bemerken wahrscheinlich, daß ich diese Blumen nicht mag. Trotzdem füge ich einen Link mit vielen Fotos ein:

kanarische inseln strelitzie - Google-Suche

Ich glaube, manche Leute bringen sich gerne von den Kanarischen Inseln längliche Kartons mit diesen Blumen mit.

Ich bekomme (schreckliches) Würzfleisch und zweierlei Matjes mit (sehr fettigen) Bratkartoffeln. Hanni wünscht sich drei kleine Schweine-Medaillons „ohne alles“ und bekommt sie natürlich auch.

Ein Softeis gibt es dann noch auf dem Rückweg auf dem Marktplatz. Danach endlich die Zigarre. Insgesamt sechseinhalb zusätzliche Kilometer gelaufen.

Eigentlich wollte ich auf dem Rückweg noch durch den Schloßgarten bummeln, nehme dann aber doch lieber den direkten Weg. Im Hotel gehen wir beide schnurstracks aufs Zimmer und schlafen schnell ein. (Und das, obwohl alle Getränke in der Hotelbar heute nur die Hälfte kosten…)

Tag 5

Sonntag, 14. Juli 2013
Neustrelitz - Carpin – Neustrelitz, ca. 16 km

Sie fahren in eigener Regie mit dem Bus nach Carpin. Nach kurzer Wanderung sind Sie im UNESCO-Weltnaturerbe, den Buchenwäldern von Serrahn. Ein Naturerlebnispfad informiert über die lange Entwicklung vom Wirtschaftswald zum Urwald. Übernachtung in Neustrelitz.

Wir dürfen heute in diesem Hotel bleiben, also nichts zu Packen, nur ein bißchen Aufräumen. Wetterbericht im Hotel: Polartief, zu kühl für die Jahreszeit, es bleibt wolkenverhangen, Warnung vor starken Windböen. Also keine schönen Fotos. Ohne Sonne ist alles doof! Ein Foto ohne Sonne ist wie ein Eisbecher ohne Schlagsahne. Und ohne Eis.

Um halbneun bestellen wir uns für 25 Euro ein Taxi; der Bus führe erst um 10:10 Uhr und das ist mir zu spät. Um kurz nach neun sind wir schon am Startpunkt in Carpin. Kurz hinter dem Ort beginnt das Highlight unserer gesamten Wanderung: Das UNESCO-Weltkulturerbe „Buchenwälder bei Serrahn“. Es gibt einen acht Kilometer langen Weg zu bestaunen, der sich erst durch ein kleines Stück sumpfige Moorlandschaft und dann durch den naturbelassenen Wald zwischen Serrahn und Zinow schlängelt.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Unzählige umgestürzte Bäume liegen hier herum. Aber die gab es ja bereits alle Tage, hier sind es nur noch mehr. An manchen toten Bäumen haben sich Pilze und Schwämme angesiedelt. Naja, es ist OK und ganz schön hier – aber einen verwunschenen Zauberwald würde ich es jetzt nicht nennen wollen.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

unesco serrahn bilder - Google-Suche (Fotos)

Wieder laufen wir zwei Stunden ganz allein durch die Gegend und begegnen später auch nur einer Handvoll Menschen unterwegs.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Es gibt einen kleinen hölzernen Beobachtungsturm und man kann hier weit entfernt und auf der anderen Seite des Großen Serrahnsees je einen „Horst“ (ein Nest) mit Seeadlern und mit Fischadlern „beobachten“. Aber sie sind sehr weit entfernt und schon allein deshalb nur mit schwerem Gerät zu sehen. Hören kann man sie immerhin. Immer, wenn der „Vater“ sich mit einem neuen Fisch im Schnabel nähert, machen die Jungen einen unglaublich weit hörbaren Radau; die Mutter ist nach dem erfolgreichen Brüten schon weggeflogen und überläßt alles dem Männchen. Ein Mitbeobachter erklärt mir, daß aus den „Nestlingen“ in Kürze „Ästlinge“ würden, daß die Jungen also bald schon etwas herumzufliegen begännen, sich vorerst aber noch nicht selbst ernähren könnten.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Sobald man auch nur eine Sekunde stehen bleibt, kommen Stechmücken aus allen Richtungen, um ihre Rüssel in mich reinzubohren und sich an meinem Blut zu laben. Deshalb empfiehlt es sich, ständig am Laufen zu bleiben. Denen gönne ich kein „Schnäppchen“! Trotzdem, überall an meinen freiliegenden anfliegbaren Armen und Unterschenkeln sind inzwischen schon massenhaft juckende Stiche. Das mitgenommene Gel erweist sich als wenig hilfreich.

Danach wandern wir weiter bis ans Ende des Weges in Zinow. Insgesamt habe ich ihn mir etwas spektakulärer vorgestellt bzw. gewünscht, aber es ist halt, wie es ist. Eigentlich ist das hier ein ganz normaler Wald mit vielleicht ein paar etwas älteren Bäumen als sonst, sich selbst überlassen; ein Ignorant würde ihn schnöde als „ungepflegt“ bezeichnen. Den Begriff „Weltkulturerbe“ finde ich allerdings deutlich übertrieben und er inflationiert ihn eher meiner Meinung nach.

Halt, stopp, etwas sehr Interessantes gibt es dann doch noch zu sehen, wenn auch nur ganz kurz: Eine dicke fette graue Katze. Mit einer Zorromaske! Hä? Ach so, um nicht erkannt zu werden! Ja, man kann es auch so ausdrücken: Ein Waschbär. Hab ich noch nie in echt gesehen. Sensationell!!

Wie immer flüstern mir ein paar Bäume unterwegs süße Dinge zu und wollen unbedingt von mir umarmt werden.

Weiter geht es durch den Wald und zurück in Richtung Neustrelitz. Hier sind die Wege oft noch weich und angenehm wie Teppichboden. Später befinden wir uns auf einem alten und etwas beschwerlich zu laufenden Stück gepflasterte Landstraße, wie sie hier früher üblich gewesen sein sollen. Was für eine harte Knochenarbeit das damals gewesen sein muß! Erst für die Bauarbeiter und dann für die bedauernswerten Pferde und Ochsen vor den bestimmt meistens überladenen Fuhrwerken.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark  

Gegen 16:15 Uhr erreichen wir unser Hotel und ruhen uns erst einmal etwas aus.

Zum Abendessen im Hotel gibt es schreckliches Ragout-Fin, ein gutes Büffel-Entrecôte (wieder wegen Hanni) mit diesmal nicht so fettigen Bratkartoffeln und ausnahmsweise mal kein Dessert. Auch hier ist die Bedienung sehr hilflos und muß dreimal wegen Rückfragen zurück zum Tisch kommen.

 

Tag 6

Montag, 15. Juli 2013
Neustrelitz – Kratzeburg – Federow, ca. 22 km

Mit der Bahn erreichen Sie Kratzeburg. Sie wandern zum Havelquellgebiet. Beim Überqueren der hügeligen Endmoräne haben Sie die nördliche Grenze des Müritz-Nationalparks erreicht. Von hier haben Sie einen weiten Blick über das offene Land. Übernachtung in Federow.

Im Hotel gibt es heute kein Internet. Eine der Folgen: Alle Gäste müssen bar bezahlen oder sich irgendwo an einem Geldautomat Bargeld besorgen. Kreditkarte geht natürlich auch nicht. Hanni muß für beide Nächte zwanzig Euro bezahlen. Passend dazu das Wetter: Kühl, 16 Grad, stark bewölkt. Wo bleibt eigentlich die Sonne?

Die Reiseorganisation hat Bahnfahrkarten für Hanni und mich zur Verfügung gestellt. Wir müssen nämlich erst einmal ein nicht gut zu laufendes Stück des Weges hinter uns bringen. Und die Etappe wäre auch viel zu lang. Aber der Zug fährt nur 9:05 Uhr und dann jeweils alle zwei Stunden. Da ich dies etwas ungünstig empfinde, bestelle ich uns beiden lieber wieder ein Taxi und fahre mit diesem für 30 Euro zum heutigen Startpunkt am Bahnhof in Kratzeburg.

(Ja, komisch, kein Mensch regt sich jetzt über eventuelle Tierhaare in den beiden Taxis auf…)

Der Taxifahrer bestätigt es: Frühling gab es auch hier kaum und der Sommer war bisher auch viel zu kühl.

Gut gelaunt geht es gegen halbzehn los. Wir wissen ja auch noch nicht, was heute auf uns zukommt. Der Weg wird nämlich weit und lang werden.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

 

Am Waldrand entlang geht es zum Örtchen Dambeck, um den kleinen Tannensee herum und weiter durch den Wald bis zur Havelquelle bei Ankershagen.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Die Quelle wird offiziell mit „Havelbeginn“ bezeichnet, weil es nämlich gar keine richtige Quelle gibt. Ein sprudelnder Feldstein symbolisiert sie. Erst sind wir noch allein, aber dann treffen immer mehr Menschen ein; als es neunzehn geworden sind, ergreifen wir lieber die Flucht.

Hier befindet sich auch die Wasserscheide Nordsee/Ostsee. Frau Sonne ist längst wieder da und schaut wohlwollend durch die Bäume auf uns herab.

Havel – Wikipedia

havelquelle - Google-Suche (Fotos)

Wie schön, an der hiesigen Infotafel findet der interessierte Wanderer das berühmte und liebenswerte Gedicht von Theodor Fontane in Holztafeln geschnitzt:

„Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
ein Birnbaum in seinem Garten stand…“.

(Für diejenigen, die sich noch einmal daran erinnern lassen möchten, habe ich es ganz am Ende dieses Reiseberichts beigefügt. Der Ort „Ribbeck“ liegt übrigens nur ca. 50 Kilometer westlich des Brandenburger Tors in Berlin.)

Mutterseelenallein wandern wir durch den Wald und später am Waldrand entlang und kommen durch zwei kleine Dörfchen. Ganz in der Nähe ist immer noch die „Schliemanngemeinde Ankershagen“, der hier um 1825 herum ein paar Jahre seiner Jugend verbracht hat und hier die ersten Gedanken bekam, die interessanten Orte der Ilias aufzuspüren. Nachfolgend ein Link dorthin:

Ankershagen – Wikipedia

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Ein unspektakuläres Hünengrab wird von uns besichtigt bzw. beschnüffelt. („Hünengrab“ deswegen, weil man sich früher nicht vorstellen konnte, daß Menschen die riesigen Steine bewegt haben konnten. Das konnten nur „Hünen“, also Riesen getan haben.)

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Aber ein Kirschbaum kurz darauf im Dörfchen Bocksee bietet mir mit seinen wundervollen dicken reifen süßen Früchten eine deutlich willkommenere Abwechslung. Für solche Kirschen tausche ich jedes Hünengrab gerne ein.

Die in der Wegbeschreibung ausgewiesene „Einkaufsmöglichkeit“ hat leider für immer geschlossen. Aber alles Jammern und Wehklagen nutzt nichts, wir müssen weiter durch den bald wieder beginnenden Wald. Erneut quält das alte Pflaster einer uralten Landstraße meine reichlich mitgenommenen Füße. Ich dachte, jeder Tag würde leichter werden, aber das genaue Gegenteil ist der Fall. Leider.

In Groß Dratow dann eine weitere schwere Enttäuschung: Die angeblich täglich geöffnete Dorfgaststätte „Hochzeitsschmiede“ neben der uralten Dorfkirche ist auch geschlossen. Heute ist Ruhetag! Also gibt es weiterhin nichts zu Trinken oder zu Essen für uns. Trotz sengender Sonne. Da hilft alles Selbstbemitleiden nichts, kein Labsal, kein Ausruhen, wir müssen ohne Rast weiter. Wir haben noch weitere acht Kilometer vor uns. Acht Kilometer. Klingt wenig, wird aber mit dem ganzen Sand in den Schuhen ganz schön lang. Ausschütteln nutzt nichts, es ist doch gleich wieder drin…

Da hat der freundliche Radfahrer vorhin im Wald mit seinen sybillinischen Andeutungen leider doch Recht behalten. Schließlich wohnt er hier. Doch ich wollte es ja mal wieder besser wissen. Vielleicht hätte ich einfach seinem Rat folgen und die empfohlene Abkürzung nehmen sollen. Aber wir laufen ja gerne. Zum Laufen sind wir da.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Die oft riesigen Getreidefelder sind goldgelb. Allenthalben arbeiten schon Mähdrescher. Der Sommer hat gerade erst begonnen und doch wird er schon bald wieder vorüber sein.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

 

Hanni macht eigentlich keinen besonders enttäuschten oder gar geschwächten Eindruck; sie tänzelt vielmehr weiter genauso hin und her, als wären wir gerade aufgebrochen. Wie macht die das nur? Sie läuft tapfer und ist unkaputtbar, ganz im Gegensatz zu mir. Ja, OK, die Zunge hängt ihr jetzt fast bis zum Boden runter. Aber etwas Wasser habe ich ja noch im Rucksack für uns beide. Obwohl, jeder Wanderer weiß es, jedes Gramm potenziert sich unterwegs auf ein Vielfaches, je länger man wandert. Deshalb habe ich eigentlich immer viel zu wenig Wasser dabei.

Den sonst vielleicht bemerkenswerten „Steinschlägerplatz mit alten Findlingen“ lasse ich fast kaum beachtet links liegen und quäle mich weiter.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

In den letzten vier Stunden bin ich nur drei Radfahrern begegnet. Und zwei Joggern. Und einer jungen Frau mit Kinderwagen, mitten im Wald! Auf diesen endlosen Sandwegen! Wo will die hin?!

Ich teile die letzten Trinkvorräte an uns beide aus. Das ist auch gut so, denn dieses letzte Stück ziiieht sich. Die letzten drei, vier Kilometer durch den Wald verlaufen schnurgerade und deshalb sehr langweilig. Aber alles hat ein Ende, auch dieser Weg. Trotz meiner Schwächelei laufen wir beide noch den kleinen Umweg am See entlang und machen sogar den Schlenker zum Beobachtungsstand, bis wir dann endlich am „Hotel Altes Gutshaus Federow“ ankommen. Wir werden bereits erwartet und sehr freundlich empfangen. Toll, unser Gepäck ist auch schon aufs Zimmer gebracht worden. So sollte es immer sein.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Nach diesem langen Tag bin ich froh, in so einem schönen und angenehmen Haus logieren zu können. Ich hatte eigentlich wenig erwartet und bekomme jetzt viel. Ein schönes Zimmer mit allem Komfort, vielleicht das angenehmste Hotel auf dieser Reise. Passend dazu: Hanni kostet hier auch nur (noch günstige) 7,50 Euro. Nur das Kissen ist schon wieder eine „Luft“nummer, aber dem kann ich ja leicht abhelfen.

Wir kommen gerade noch rechtzeitig an, damit ich mir nach dem Duschen und vor dem Abendessen noch meine werktägliche Lieblingssendung auf Vox um 19 Uhr ansehen kann. Schon wieder waren meine Füße rabenschwarz. Feinen Sand hat der fleißige Wanderer hier in dieser Gegend übrigens immer im Schuh; damit muß er leben, äh, laufen…

Das Gutshaus am Hofsee hat eine lange und wechselvolle Historie, die ich beim Warten auf Abendessen auf der Hotelterrasse in Ruhe studieren kann. Es ist wirklich sehr angenehm, hier draußen in der Wärme der langsam untergehenden Sonne zu sitzen und die friedvolle Abendstimmung in sich hineinfließen zu lassen. Ein Paradies. Und trotzdem, man glaubt es kaum, auch drinnen im viel zu heißen Restaurant sitzen ein paar Leute; Tür und Fenster geschlossen. Ich jedenfalls kann sie einfach nicht verstehen und bedaure diese armen Menschen.

Als Alleinreisender bekomme ich ja oft eines der weniger schönen Zimmer, als Alleinreisender mit Hund natürlich immer das, hmm, das „einfachste“. Schade, denn ein Teil der Zimmer hat, hätte, einen wundervollen Ausblick nach Osten über den See.

Es gibt heute Abend frittierte Blumenkohlröschen, Rumpsteak (wie immer wegen Hanni, sie hat es sich ja auch wirklich verdient und bekommt daher auch die viel größere Hälfte) mit Bratkartoffeln und als Dessert Pannakotta mit Pfirsichsoße, wovon mir Hanni schon wieder über die Hälfte wegschleckt. Wie an jedem Abend als Krönung des Tages die unvermeidliche Genießer-Zigarre mit einem guten Drink.

 

Tag 7

Dienstag, 16. Juli 2013
Federow – Waren, ca. 9 km

Am Vormittag wandern Sie von Federow zum Feisnecksee. Nach der Umrundung dieses Sees erreichen Sie wieder Ihren ursprünglichen Ausgangspunkt in Waren. Für den Nachmittag kann ein Stadtbummel oder noch eine Wanderung um den Tiefwarensee eingeplant werden. Übernachtung in Waren.

Letzter Wandertag. Schade. Obwohl wir es heute nicht eilig haben, sind wir trotz ausgiebigen Frühstücks doch um viertel nach acht schon wieder unterwegs. Nach zweihundert Metern der erste Stopp: Hier in der Müritz-Nationalparkinformation gibt es Eagle-TV. Nein, kein Fernsehen für Igel. Adler-Fernsehen! Eine Live-Kamera, mit der ein Fischadler-Horst in der Nähe sehr gut und geradezu hautnah, äh, federnah beobachtet werden kann. Ein „Ranger“ (auf Deutsch ein Rentner) erklärt den interessierten Leuten etwas dazu. Schade, leider ist das Kamerabild nicht übers Internet abrufbar. (Oder ich bin zu blöd und habe es nicht gefunden. Auf jeden Fall sollte das dringend geändert/verbessert werden!)

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Fischadler essen ausschließlich Fisch. Deshalb heißen sie ja auch so. Ist doch klar. Und Seeadler? Nein, natürlich keine See! Aber sonst alles, einfach alles, Fisch, Kleintiere, Aas. Unterwegs hat mich schon ein freundlicher Wanderer gewarnt, daß (theoretisch) auch Hanni nicht ungefährdet ist, um nicht jederzeit von einem Seeadler gekrallt zu werden. Aber es ist ja alles gutgegangen.

Ich erfahre jetzt auch etwas ausführlicher, daß hier an der Müritz jedes Jahr bis zu zehntausend Kraniche Rast machen, um neue Kräfte zu sammeln, bevor sie in ihre Winterquartiere in den Süden weiterfliegen. (Hanni und ich können sie jedes Jahr im Herbst über unserem Dorf sehen – und vor allem hören, wenn wir unseren täglichen Spaziergang machen.)

Dann geht es weiter. Links sehe ich einen Strommast, der mir bekannt vorkommt. Ah ja, da ist ja das Fischadlernest oben drauf, das ich eben gerade noch Live gesehen habe. Die Kamera daneben ist auch noch zu erkennen.


Wie die gesamte Tour geht es auch heute wieder auf oft schmalen Wegen durch dunklen Tann, über sonnige Lichtungen und an idyllischen Wiesen- und Waldrändern entlang. Alles bleibt easy, die Etappe ist ja kurz und einfach. Am Ende laufen wir beide noch ein Stück um den Feisnecksee herum.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Als Bonbon bekommen wir zum Abschluß noch ein paar FKK-Anhänger und –innen gezeigt, die es sich hier gut gehen lassen und ihre braungebrannten (und schlaffen, faltigen und oft hängebusigen) Körper offensichtlich trotzdem ganz gerne zur Schau stellen. (Die schönen Brüste werden dem unschuldigen Spaziergänger leider vorenthalten…)

Die hier zur Landschaftspflege engagierten „Rauhwolligen Pommerschen Landschafe“ bekommen wir aber leider nicht zu sehen.

Um kurz nach zwölf sind wir im „Hotel Stadt Waren“ neben der durchaus bemerkenswerten Kirche St. Marien.

Marienkirche (Waren) – Wikipedia

Leider stellt es sich als schlechtestes Hotel auf dieser Reise heraus. Unser Zimmer ist das kleinste, in dem ich je untergebracht worden bin. Es gibt überall im Haus reichlich Reparaturstau. Hanni springt sofort auf dem schmalen Bett herum, sodaß der mir von der Rezeption angebotene Zimmertausch leider nicht mehr infrage kommt. Na, OK, für die eine Nacht…

Es ist ja noch genügend Zeit und deshalb machen wir einfach die (eigentlich langweilige) im Roadbook angebotene Tour auf dem Uferweg um den Tiefwarensee herum. Wir sind jetzt natürlich bessere bzw. interessantere, abwechslungsreichere Wanderwege gewöhnt…

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Das einzig interessante sind zwei Jungen, die von einer Tarzanschaukel ins Wasser springen. Ich beneide sie um ihren Spaß.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Das Restaurant „Paulshöhe“ am Ende des Weges hat geöffnet und ich lasse mir auf der schattigen Terrasse zwei große gemütliche Radler in meinen Bauch hineingluckern. Hanni trinkt dankbar aus dem Hundenapf.

Zurück im Ort essen wir zu Abend und sind pünktlich um 18:40 Uhr zurück im kleinen engen Zimmer und können auf dem altertümlichen kleinen Fernsehapparat die Show ansehen.

Es gab Soljanka, Steaks von drei verschiedenen Tieren mit Kroketten und ein Eis ohne Eierlikör.

 

Tag 8

Mittwoch, 17. Juli 2013
Heimreise

Das Frühstück ist ganz OK. Ich sitze als einziger draußen im schattigen Innenhof; alle andern Leute, offenbar fast alles Radfahrer, frühstücken lieber drinnen im viel zu warmen und viel zu lauten Frühstücksraum. Komische Leute. Für Hanni muß ich hier 5,50 Euro bezahlen. Das geht dann auch in Ordnung.

Zufälligerweise sehe ich das Auto der Organisationsfirma gerade Gepäck hier abholen und ich nutze die Gelegenheit, mich mit Hanni und unseren beiden Taschen gleich zur Firma fahren zu lassen. Unser Range Rover steht noch so da, wie ich ihn hingestellt hatte, und so sind wir um 8:40 Uhr schon „on the road“.

Noch ein letzter kurzer Halt bei Firma MMG (Mecklenburger Metallguß) vorne an der Bahn. Hier werden riesige Schiffsschrauben (der Fachmann nennt sie eigentlich „Schiffspropeller“) hergestellt. Wahnsinn, was hier dick und fett auf dem Hof herumliegt. Ich bin echt fasziniert davon und die dicken Dinger hier hautnah vor mir sehen zu können. Hoffentlich sind die bald alle verkauft. Gewaltig. Die können nur von Hünen hergestellt worden sein…

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Rechtzeitig zum letzten Tag ändert sich das Wetter, strahlend blauer wolkenloser Himmel. Heute wird es wieder heiß. Mann, was hatte ich ein Glück mit dem Wetter! OK, etwas mehr Sonne wäre schön gewesen, aber die Temperatur war meistenteils perfekt.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Bis Wolfsburg benutze ich (teilweise schon wieder sehr holprige) Landstraßen und dann nur noch Autobahn.

Meine Wanderung mit Hanni  im Müritz-Nationalpark

Nach insgesamt 1.526 Kilometern Fahrtstrecke erreichen wir gegen sechs Uhr abends wohlbehalten unser Zuhause. Nichts verloren, vergessen oder kaputt gemacht. Super, ein wunderschöner Urlaub.

Ich habe interessehalber mal nachgemessen: Wir sind in den sechs Tagen, ganz vorsichtig gerechnet, insgesamt doch immerhin etwas über hundertvierundzwanzig Kilometer gelaufen. Im Durchschnitt am Tag also knapp einundzwanzig Kilometer. (In der Wegbeschreibung stehen „nur“ einhundertdreizehn Kilometer. Aber es kommen ja noch die sechs Kilometer in Neustrelitz und ein paar kleinere Umwege und Verirrungen, ähm, „Änderungen“ dazu.)

Demnächst geht es zum Motorradfahren in die USA. Näheres dazu bald hier an dieser Stelle.

Und im nächsten Jahr möchte ich gerne zusammen mit ein paar neuen Freunden ein, zwei Wochen in einem Hausboot auf dem Shannon bzw. Erne herumschippern.

 

Mein Fazit dieser Reise:

Ich war der einzige Wandersmann auf dieser Route. Üblich ist wohl eher eine Radtour in dieser Gegend. Alle Hotels und Gaststätten sind auf sie eingerichtet und Fahrräder kann man deshalb überall und in jeder Ausführung günstig ausleihen.

Der Gepäcktransport hat wieder hervorragend geklappt, unauffällig und daher absolut perfekt. Den Reiseveranstalter kann ich daher bestens empfehlen und nenne ihn gerne auf Anfrage.

Hanni kostete in den Hotels zwischen drei und fünfzehn Euro pro Nacht. Kurtaxe (meistens 1,50 Euro pro Person und Nacht) mußte auch überall bezahlt werden.

Erfreulicherweise bekamen wir beide keine lästigen Berührungen mit Zecken, obwohl es sich hier um ein ausgewiesenes Zeckengebiet mittlerer Stufe handeln soll. Da der Zeckenschutz inzwischen oft unangenehmer ist als die Zecken selbst, habe ich diesmal vollständig darauf verzichtet. Das muß halt jeder für sich abwägen. (Dasselbe gilt bei mir jetzt aufgrund neuer Erkenntnisse für den Sonnenschutz. Aber da bleibt ein ungutes Gefühl. Wie man sich auch entscheidet, es besteht ein Risiko. Die Verwendung von Sonnenschutzcreme scheint aber unter dem Strich die höhere Gefahr zu bergen.)

Moskitos gab es reichlich, aber nur im Freien – und sie haben sich auch oft und gerne an mir gelabt. Stark juckende und immer röter werdende Flecken legten lange Zeugnis dafür ab. Nachts im Hotelzimmer blieb ich vor ihnen trotz offener Fenster verschont.

Handymäßig ist man hier wohl etwas besser mit D1 aufgehoben; D2 und E-Netz sind eher etwas ungünstiger.

"Echte" Ossis kommen mir manchmal doch etwas merkwürdig vor. Mir wurde schon wieder mehrmals gesagt: „Ja, früher, vor der Wende, da ging es uns allen besser!“ Wie oft ich das schon gehört habe! Ich kann nicht verstehen, daß die Menschen so schnell so viel Schreckliches vergessen können. Außerdem kamen mir die Ampelphasen doch deutlich länger als bei uns vor. Und wie die manchmal Autofahren...! Naja, der Osten ist halt „anders“.

Ich hatte ein paar nette erfreuliche Begegnungen mit interessanten Menschen, allen voran die kleine Julia mit ihrer Familie, die großzügige und hundefreundliche Helen mit ihrem durstlöschenden Wasservorrat, und natürlich Hans mit seinem uralten Fahrrad. Von hier aus noch einmal viele Grüße an Euch alle.

Und hier das versprochene Gedicht:

 

Theodor Fontane

Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland

 Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland,
Ein Birnbaum in seinem Garten stand,
Und kam die goldene Herbsteszeit
Und die Birnen leuchteten weit und breit,
Da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl,
Der von Ribbeck sich beide Taschen voll,
Und kam in Pantinen ein Junge daher,
So rief er: »Junge, wiste 'ne Beer?«
Und kam ein Mädel, so rief er: »Lütt‘ Dirn,
Komm man röwer, ick hebb 'ne Birn.«

 

So ging es viel Jahre, bis lobesam
Der von Ribbeck auf Ribbeck zum Sterben kam.
Er fühlte sein Ende. 's war Herbsteszeit,
Wieder lachten die Birnen weit und breit;
Da sagte von Ribbeck: »Ich scheide nun ab.
Legt mir eine Birne mit ins Grab.«
Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus,
Trugen von Ribbeck sie hinaus,
Alle Bauern und Büdner mit Feiergesicht
Sangen »Jesus, meine Zuversicht«,
Und die Kinder klagten, das Herze schwer:
»He is dod nu. Wer giwt uns nu 'ne Beer?«


So klagten die Kinder. Das war nicht recht.
Ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht;
Der neue freilich, der knausert und spart,
Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt.
Aber der alte, vorahnend schon
Und voll Mißtraun gegen den eigenen Sohn,
Der wußte genau, was damals er tat,
Als um eine Birn' ins Grab er bat,
Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus
Ein Birnbaumsprößling sproß heraus.


Und die Jahre gingen wohl auf und ab,
Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab,
Und in der goldenen Herbsteszeit
Leuchtet's wieder weit und breit.
Und kommt ein Jung' übern Kirchhof her,
So flüstert's im Baume: »Wiste 'ne Beer?«
Und kommt ein Mädel, so flüstert's: »Lütt‘ Dirn,
Kumm man röwer, ick gew' di 'ne Birn.«


So spendet Segen noch immer die Hand
Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.

 Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland - Website 
der Familie von Ribbeck

 

VorFotos 1  

Reise Übersicht