Diesen
Reisebericht widme ich
Keine
Angst!
Wilfried
R. Virmond Zuvor
ein Hinweis: Falls einer der von mir vorgeschlagenen Links nicht weiterführt,
z.B. weil ein deutsches Sonderzeichen (ÄÖÜ und ß) darin enthalten ist
und dieses nicht korrekt übernommen worden ist, dann empfehle ich, die
vom System automatisch aufgenommenen falschen Zeichen in der Browserzeile
zu löschen und stattdessen den/die richtigen Buchstaben einzugeben. Hier
ein Beispiel: In der Browserzeile
erscheint: „SeebrÃ1/4cke“ (statt „Seebrücke“)
In diesem Fall also
„Ã1/4“ löschen und stattdessen das „ü“ eingeben.
Aus
dem offiziellen Prospekt: Wo der Seeadler in einem
unendlichen Himmel seine Kreise zieht, der Fischadler aus schwindelnder Höhe
in einen See stürzt und das Trompeten der Kraniche das Frühjahr und den
Herbst eines jeden Jahres begleitet, ist eine Landschaft, die uns an Märchen
und Geschichten alter Tage erinnert. Sie hat mit ihren weiten Wäldern,
glitzernden Seen und wundersamen Mooren etwas Ursprüngliches, ja Wildes
an sich, das unsere Ehrfurcht vor der Natur weckt…
Tag
1 Dienstag/Mittwoch,
9./10. Juli 2013 Auf
der Fahrt mit meiner Jack Russell-Hündin Hanni an die Müritz übernachten
wir, wie schon im letzten Jahr, in Ilsenburg in einem meiner
Lieblingshotels. Hanni kostet hier teure 15 Euro. (Wofür eigentlich? - Für
die paar billigen und vorher von andern Hunden schon angeschlabberten
Trockenfutter-Brekkies? Eigentlich unverschämt! Aber man kann es ja nicht
ändern.)
Am
nächsten Morgen, mittwochs, geht es gut befrühstückt und mindestens
ebenso gut gelaunt bei weiterhin schönem sonnigen Wetter durch das ländliche
Mecklenburg und oft auf den bekannten und teilweise auch engen und sehr
engen Baumalleen bis ans Ziel in Waren an der Müritz, wo wir gegen 15:30
Uhr und nach 740 gefahrenen Kilometern wohlbehalten und fröhlich
eintreffen. Wikipedia: Waren liegt an der Müritz, dem größten
vollständig in Deutschland liegenden Binnensee mit einer Fläche von 117
qkm. (Der Bodensee ist zwar größer, liegt aber nicht nur in Deutschland.
WRV) Unser
Hotel „Für Dich“ ist klein aber total neu renoviert und man empfängt
uns hier beide ausgesprochen freundlich. Schnell sind die beiden Taschen
ins Zimmer gebracht. Sogar die ausgehenden Telefongespräche (im Inland)
sind hier kostenlos. (Hab‘ ich in einem Hotel ja noch nie gehabt!) Wir
stellen unser Auto auf dem Platz des Reiseveranstalters am Stadtrand ab
und werden dann von einem freundlichen Mitarbeiter zurück in den Ort
gebracht. Und immerhin ist das hier ein ausgewiesener Luftkurort. Wir
besuchen gleichmal das „Müritzeum“. (Ja, Hanni darf mit rein und
braucht auch nur zwei Euro von ihrem Taschengeld zu opfern). Kranich-Ticket
- Müritzeum Kranich Ticket Beobachtung Naturschauspiel Danach
laufen wir beide gemütlich das kurze Stück durch die Fußgängerzone und
am Jachthafen vorbei ins Hotel. (Die Stadt ist überschaubar.) Unser
Abendessen ist durchaus OK. Hanni kostet günstige drei Euro für die
Nacht. (Ein angemessener Preis. Und ein weiterer Beweis dafür, daß man
hier in diesem sympathischen Haus nicht ausgenutzt oder sogar abgezockt
wird.) Unser Urlaub kann beginnen. Es
gibt Soljanka, Putenbrust Hawaii mit Kroketten und als Dessert ein
wunderbares Softeis mit Kirschen. Zigarre während des anschließenden
Abendspaziergangs am See entlang. Tag
2 Donnerstag,
11. Juli 2013 Hier jetzt immer vorab das jeweilige offizielle
Tagesprogramm: Sie wandern zuerst direkt am Müritzufer und gelangen
dann zu den Nationalparkseen am Ostufer. Aussichtspunkte ermöglichen
Ihnen ein ungestörtes Beobachten der Wasservögel. Übernachtung in
Schwarzenhof. Aufstehen
um halbsieben, Abmarsch um 8:00 Uhr. Unser Gepäck wird während des Tages
zum jeweils nächsten Hotel transportiert; ich habe also nur meinen
Rucksack dabei. Nach
ein, zwei Minuten sind wir an der Müritz und wandern auf dem Müritz-Nationalparkweg
unter schattigen Bäumen am Seeufer entlang. Wir sind hier im Gebiet
Mecklenburgische Seenplatte und es gibt deshalb auch hunderte große und
kleine Seen. Ein Thermometer zeigt 17 Grad an.
Auszug
aus der Routen-Beschreibung: Der
Weg durch den Müritz-Nationalpark führt durch das gesamte Schutzgebiet.
Er hat eine Länge von 169 Kilometern. … Die Strecke führt zum überwiegenden
Teil über naturbelassene Wald- und Feldwege. … Bitte beachten Sie, dass
Sie durch die am dünnsten besiedeltsten Gebiete Deutschlands wandern. Ab
und zu gibt es ein paar lästige Radfahrer, meistens bleiben wir aber
allein. Rechts und links auf unserer gesamten Wanderung begleitet uns alle
Tage das „Große Springkraut“ und ich kann es mir nicht verkneifen, ab
und zu ein paar Samenkapseln „explodieren“ zu lassen. Leider ist es
aber noch etwas früh in der Jahreszeit dafür, die allermeisten sind noch
nicht reif genug.
http://de.wikipedia.org/wiki/Großes_Springkraut Unterwegs
halten wir an ein paar hölzernen Beobachtungs- und Aussichtspunkten am
Wasser. Doch außer der Natur und dem jeweiligen See gibt es hier zurzeit
leider nichts zu beobachten. Und unzählige Vogelstimmen kann man hier
zwitschern hören. Aber von Vögeln habe ich ja leider viel zu wenig
Ahnung.
Die
Enten sind hier so arm, daß die meisten nur ein Bein haben.
Im
Herbst machen hier die von mir so sehr geliebten Kraniche (lat. Grus grus;
die „westliche“ Unterart heißt sogar „Grus grus grus“) Rast,
bevor sie weiter nach Spanien und Nordafrika weiterfliegen, um dort zu überwintern. grus
grus - Google-Suche (Fotos) Auch
Tafelenten, Reiherenten und seltene Kolbenenten ruhen sich hier vor ihrem
Weiterflug in die Winterquartiere sehr gerne aus. Und die kleinen
Beobachtungsposten bieten dann eine sehr gute Möglichkeit, die Vögel zu
beobachten und sie dabei nicht zu stören. Aber dafür ist es jetzt noch
zu früh, der Sommer hat gerade erst begonnen. Kormorane, Fisch- und
Seeadler soll es hier auch geben.
Ich
bin ja jetzt offiziell im Ruhestand, habe aber noch genug Arbeit und die
Zeit reicht vorne und hinten nicht. Deshalb laufe ich noch immer und ständig
auf Vollast. Umso mehr freue ich mich, hier beim Wandern endlich mal
wieder entschleunigt zu werden und ich genieße die tägliche Ruhe, ohne
die hundsgemeinen elektronischen Stressmacher des täglichen Lebens. Und
Hanni hüpft natürlich auch dauernd vor Freude überall herum und freut sich mit mir. Es gibt hier
ja auch unendlich viel Neues zu erschnuppern.
Am
„Landschaftspflegehof Müritzhof“ des Lebenshilfswerks Waren machen
wir kurze Rast und stärken uns hier ein wenig. Dabei können wir beide
den pfiffigen und blitzsauberen Ferkeln zusehen, die es sich hier wirklich
(noch) gutgehen lassen. Sie dürfen nach Lust und Laune aus ihrem Stall
ins Freie. Nur das Wasser zum Darin-herum-Suhlen fehlt. Ich wünsche
ihnen, (wahrscheinlich vergeblich), ein langes Leben. Ich habe auch extra
nur Matjes gegessen… Lebenshilfswerk
Waren - Lebenshilfswerk Waren Unser
Weg zieht sich, aber es ist wenigstens nicht zu warm, heiß schon gar
nicht. Und hier auf dem federnden Waldboden unter den schattigen Bäumen läuft
es sich sowieso sehr angenehm. Hanni wird nicht müde und läuft wie immer
voller Freude hin und her, vor und zurück. Deshalb macht es auch mir viel
Spaß. Sonst keine besonderen Vorkommnisse. Unser Weg bleibt immer gleich,
Bäume, Wälder, Wiesen, Seen. Und Sand. Viel Sand.
Hier
gibt es Eichen, Buchen, Linden, Birken, Kiefern und was weiß ich alles in
vielen Ausführungen. Mehrmals lese ich auf den Infotafeln über
„Traubeneichen“. Diesen Begriff habe ich ja noch nie gehört. Ich
bin froh, als wir gegen fünf Uhr endlich unser heutiges Ziel erreichen,
das „Hotel Kranichrast“, mitten im Wald und unter mächtigen, süß
duftenden Linden. Trotz meines täglichen Lauftrainings bin ich doch etwas
abgekämpft.
Auch
hier werden wir freundlich empfangen, sogar sehr freundlich. Das Gepäck
ist nämlich bereits ins Zimmer gebracht worden, was eher selten vorkommt.
(Bei unserer Wanderung letztes Jahr auf Rügen gab es das, glaub ich, gar
nicht.) Und Hanni hat zwei Decken, frisches Wasser und ein paar (noch
verpackte und daher hygienische) Leckerlis hingelegt bekommen. Aber hier
kostet sie immerhin auch schon zehn Euro. Das
Abendessen nehmen wir beide draußen auf der Terrasse ein; drinnen sitzen
jede Menge alte laute Leute, die gerade mit einem großen Reisebus
angereist sind. Es
gibt Waldpilzsuppe, gebratenen Seelachs mit Tomatensoße und sehr gelben
Bandnudeln. (Ja, merkwürdige Zusammenstellung. Für mich persönlich
jedenfalls. Aber offenbar nur für mich, denn drei Wochen publiziert J.
Lafer ein ähnliches Gericht: Thunfisch auf geschwitzten Tomaten.) Und als
Dessert dann einen Schwarzwaldeisbecher. Zum Espresso dann wie immer eine
meiner bereits sehnsüchtig ersehnten Zigarren. Tag
3 Freitag,
12. Juli 2013 Auf der Wanderung passieren Sie die Siedlung Speck. Ein
Moorsteg führt Sie zum Priesterbäcker See und viele Treppenstufen auf
die Aussichtsplattform des Turmes auf dem Käflingsberg, die höchste
Erhebung im Nationalpark. Übernachtung in Boek. Wie immer wachen wir beide um halbsieben auf, frühstücken
in aller Ruhe, soweit das zusammen mit sechsunddreißig alten schwatzenden
Leuten plus Busfahrer möglich ist und machen uns gegen neun auf den Weg
am Waldrand entlang, durch Wiesen, an Seen vorbei und natürlich immer
wieder durch Wälder. An manchen Stellen hängt noch Morgendunst herum.
Schade, heute ist und bleibt es stark bewölkt, aber
wenigstens ist es nicht zu kühl, wieder so um die zwanzig Grad,
eigentlich ideales Wanderwetter. Aber wegen der fehlenden Sonne gibt es
keine schönen Fotos. Ist mir aber lieber, als knallheiße Sonne, denn
dann müßte ich doch sehr viel mehr Trinkwasser für uns beide mit
rumschleppen. Im kleinen Örtchen Speck machen wir Rast und essen
ein Stück – nein, kein Speck, sondern vielmehr ein Stück etwas
trockenen Mandarinenkuchen. Und hier im Ort sehen wir auch die ersten
lebendigen Menschen des Tages. Frisch gestärkt besuchen wir noch die kleine
Dorfkirche und bestaunen die imposante, uralte Linde gegenüber, die ganz
gelassen auf uns beide runterschaut: Alter
800 Jahre Höhe
15 Meter Umfang
9,20 Meter Durchmesser
4 Meter
Unterwegs besteigen wir den über fünfundfünfzig
Meter hohen Käflingsturm auf einem Hügel. Der Turm ist ein stählerner
Sendemast der Telekom, den man freundlicherweise hochlaufen darf und von
dem man einen sehr weiten Ausblick ins Land hat. Hanni flitzt die offenen
Gitterstufen flink wie das berühmte Wiesel hinauf und ich mache mir
reichlich Sorgen um sie. (Hannis Sicherheit ist mir naturgemäß deutlich
wichtiger als meine eigene…) Aber alles geht gut und wir sind nach kurzer Zeit
wieder wohlbehalten zurück auf dem Boden. Fotos werden hier wegen der
dunklen Wolken sowieso nichts.
Doch auch auf dem Boden ist es nicht ganz ungefährlich:
Es soll hier nämlich noch viel großzügig „verlorene oder
vergessene“ Munition der früheren russischen Armee im Wald herumliegen.
Es wird einem deshalb angeraten, besser auf dem Weg zu bleiben.
Aber wir überleben, alles bleibt friedlich, nichts
explodiert, nichts knallt, noch nicht einmal Rauch oder Nebel. Die unzähligen Radfahrer sind inzwischen längst zu
einer Plage geworden; oft kommen sie in ganzen Rudeln, gerne auch mit Anhängern,
in die Kleinkinder und/oder Hunde reingequetscht worden sind. Manche grüßen
uns mehr oder weniger freundlich, manche grüßen noch nicht einmal. (Wir
sind für sie eben auch nur ein unnötiger Störfaktor, genau wie sie für
uns.) Leider kommen sie meistens möglichst leise von
hinten und besitzen/benutzen grundsätzlich keine Klingel. (Ja, OK, habe
ich früher auch zu gerne gemacht: Fußgänger erschrecken. Am liebsten
von hinten kommend zwischen zweien durchsausen. Heute tut es mir echt leid
darum und ich verstehe, wie blöd, nein, wie dumm ich mich damals
verhalten habe.) Ich bin immer wieder sehr erleichtert, wenn sich Fuß-
und Radweg endlich wieder trennen. Wir kamen auch heute wieder an ein paar Waldseen
vorbei und nutzten auch alle Beobachtungsstände – leider erfolglos, außer
den Seen selbst gab es wieder nichts zu sehen. Halt, ich muß mich
korrigieren: An allen Seen und auch sonst unterwegs gab (und gibt) es
Informationstafeln mit vielen Erklärungen.
Unser heutiges Ziel ist Boek („Bök“
gesprochen). Das „Hotel Müritz-Park“ ist das, hmm, rückständigste
Haus; nach der Wende renoviert aber immer noch sehr einfach, kleine
Zimmer, kleine Uralt-Fernseher, kein Föhn, keinerlei Komfort. Jetzt ist
auch längst wieder Frau Sonne wieder da und verschönt uns beiden das
Abendessen. Bei der jetzigen Wetterlage soll das jeden Nachmittag bzw. überhaupt
jeden Tag so sein, tagsüber wolkig, nachmittags sonnig. Hanni muß zehn
Euro für die Nacht hinlegen, ohne Leckerlis bekommen zu haben. Zum Abendessen gibt es Karottensuppe, Steak (wegen
Hanni) mit Bratkartoffeln in der Pfanne und ein Schokoeisbecher. Der junge
Kellner ist unfähig und hat offenbar den falschen Beruf ergriffen. Zum
ersten Mal seit langem gebe ich kein Trinkgeld. Meine Zigarre tröstet
mich darüber hinweg und gibt sich mir hingebungsvoll hin. Sogar bis zur
totalen Selbstaufgabe… Tag
4 Samstag,
13. Juli 2013 Vorbei an den Teichen der Müritzfischer geht es in den
südlichen Teil des Nationalparks. Mehrmals überqueren Sie die Havel. Sie
ist in Verbindung mit den vielen Seen ein Paradies für Kanuten. Von
Wesenberg ist für Sie der Taxitransfer nach Neustrelitz organisiert. Übernachtung
in Neustrelitz. Der
Tag beginnt wie der gestrige, nur etwas sonniger. Nach einem doch relativ
guten Frühstück sind wir vor acht Uhr schon wieder auf den Socken, äh,
Füßen bzw. Pfötchen und besuchen als erstes die schöne kleine Kirche
nebenan. Hanni muß solange draußen warten. St.
Johannis (Boek) – Wikipedia
Bald
geht es weiter, zunächst am Waldrand entlang, dann durch den Wald und später
an ein paar Fischteichen vorbei. Stundenlang begegnen wir keiner Seele.
Zwei kurze Stücke vor und hinter Babke führen zum Schluß über die
asphaltierte Landstraße, aber wie im Roadbook beschrieben, herrscht hier
ausgesprochen wenig, eigentlich gar kein Autoverkehr, und wir bleiben
meistenteils unter uns. Ein paar scheue Rehe sehe ich kurz.
Jetzt
sind sie auch plötzlich wieder da: Unzählige Radfahrer sind hier auf der
Straße unterwegs. Großeltern, Eltern, Kinder und Enkel, alles fährt
hier heute herum, oft mit Anhänger, oft mit Hund. Fast wie eine Völkerwanderung.
Oder sie lassen sich mit ihren Fahrrädern im Bus herumfahren. Da stören
sie mich wenigstens nicht.
Zweimal
überqueren wir die hier noch winzige Havel. Jetzt sehen wir also auch die
angekündigten Kanuten. In Blankenförde machen wir kurze Rast im Imbiß
„Raus ins Grüne“. Doch
trotz des schönen Namens ist man hier etwas unfreundlich. Wir sollen hier
nämlich für das letzte Stück von einem Taxi abgeholt werden und müssen
die Abholung übers Handy vereinbaren. Leider funktioniert hier nur das
D1-Netz. Gestern
erhielt ich schon die Nachricht, daß uns das Taxi nicht wie vorgesehen
aufnehmen darf, weil wegen der ständigen Krankentransporte keine Hunde
ins Taxi dürfen. Stattdessen muß also extra ein Auto der
Organisationsfirma kommen. Das
Festnetztelefon ist angeblich im Moment defekt und die D1-Handys der
Besitzer und des Telekom-Monteurs darf ich nicht benutzen. Also laufen wir
dann (ohne Trinkgeld gegeben zu haben) wieder weiter. Zurück in der
Zivilisation hinter dem Dorf im Wald habe ich endlich Netzverbindung und
kann dann telefonieren. Ich
vereinbare die Abholung im nächsten Ort, in Zwenzow am Parkplatz. Weiter
geht es, endlich wieder einsam und allein, durch den Wald und am Krummen
See und am Rohrsee vorbei. Am ausgemachten Treffpunkt warten wir ein paar
Minuten. Herr Nagel ruft zwischendurch an und teilt mir mit, daß er etwas
aufgehalten worden ist und daß es etwas länger dauert. Im
Auto bringt er uns dann an unser heutiges Hotel „The Royal Inn Park
Hotel Fasanerie“ in Neustrelitz. Nach den ganzen kleinen Hotels (mit
persönlichem Service) gefällt es mir hier nicht besonders; der Laden ist
mir hier viel zu unpersönlich. Dieses Hotel ist eher etwas für Geschäftsreisende. Obwohl
wir (bzw. ich) ganz schön geschafft sind, beschließe ich, in der Stadt
essen zu gehen. Letztlich laufen wir über drei Kilometer über den
Marktplatz und an der dortigen Marktkirche vorbei…
Stadtkirche
Neustrelitz – Wikipedia …
bis an den Zierker-See und essen dort im Restaurant Bootshaus gemütlich
zu Abend. Übrigens:
Die aus dem südlichen Afrika stammende Strelitzie wurde nach Prinzessin
Sophie Charlotte aus dem Herzoghaus Mecklenburg-Strelitz benannt und es
gibt ein häßliches, riesiges, acht Meter hohes Kunstwerk aus silbrigem
Edelstahl auf einem Verkehrskreisel, den wir beide auf unserem Weg zum
Seeufer überqueren müssen.
Die
geneigten Leserinnen und Leser bemerken wahrscheinlich, daß ich diese
Blumen nicht mag. Trotzdem füge ich einen Link mit vielen Fotos ein: kanarische
inseln strelitzie - Google-Suche Ich
glaube, manche Leute bringen sich gerne von den Kanarischen Inseln längliche
Kartons mit diesen Blumen mit. Ich
bekomme (schreckliches) Würzfleisch und zweierlei Matjes mit (sehr
fettigen) Bratkartoffeln. Hanni wünscht sich drei kleine
Schweine-Medaillons „ohne alles“ und bekommt sie natürlich auch. Ein
Softeis gibt es dann noch auf dem Rückweg auf dem Marktplatz. Danach
endlich die Zigarre. Insgesamt sechseinhalb zusätzliche Kilometer
gelaufen. Eigentlich
wollte ich auf dem Rückweg noch durch den Schloßgarten bummeln, nehme
dann aber doch lieber den direkten Weg. Im Hotel gehen wir beide
schnurstracks aufs Zimmer und schlafen schnell ein. (Und das, obwohl alle
Getränke in der Hotelbar heute nur die Hälfte kosten…) Tag
5 Sonntag,
14. Juli 2013 Sie fahren in eigener Regie mit dem Bus nach Carpin.
Nach kurzer Wanderung sind Sie im UNESCO-Weltnaturerbe, den Buchenwäldern
von Serrahn. Ein Naturerlebnispfad informiert über die lange Entwicklung
vom Wirtschaftswald zum Urwald. Übernachtung in Neustrelitz. Wir
dürfen heute in diesem Hotel bleiben, also nichts zu Packen, nur ein bißchen
Aufräumen. Wetterbericht im Hotel: Polartief, zu kühl für die
Jahreszeit, es bleibt wolkenverhangen, Warnung vor starken Windböen. Also
keine schönen Fotos. Ohne Sonne ist alles doof! Ein Foto ohne Sonne ist
wie ein Eisbecher ohne Schlagsahne. Und ohne Eis. Um
halbneun bestellen wir uns für 25 Euro ein Taxi; der Bus führe erst um
10:10 Uhr und das ist mir zu spät. Um kurz nach neun sind wir schon am
Startpunkt in Carpin. Kurz hinter dem Ort beginnt das Highlight unserer
gesamten Wanderung: Das UNESCO-Weltkulturerbe „Buchenwälder bei
Serrahn“. Es gibt einen acht Kilometer langen Weg zu bestaunen, der sich
erst durch ein kleines Stück sumpfige Moorlandschaft und dann durch den
naturbelassenen Wald zwischen Serrahn und Zinow schlängelt.
Unzählige
umgestürzte Bäume liegen hier herum. Aber die gab es ja bereits alle
Tage, hier sind es nur noch mehr. An manchen toten Bäumen haben sich
Pilze und Schwämme angesiedelt. Naja, es ist OK und ganz schön hier –
aber einen verwunschenen Zauberwald würde ich es jetzt nicht nennen
wollen.
unesco
serrahn bilder - Google-Suche (Fotos) Wieder
laufen wir zwei Stunden ganz allein durch die Gegend und begegnen später
auch nur einer Handvoll Menschen unterwegs.
Es
gibt einen kleinen hölzernen Beobachtungsturm und man kann hier weit
entfernt und auf der anderen Seite des Großen Serrahnsees je einen
„Horst“ (ein Nest) mit Seeadlern und mit Fischadlern „beobachten“.
Aber sie sind sehr weit entfernt und schon allein deshalb nur mit schwerem
Gerät zu sehen. Hören kann man sie immerhin. Immer, wenn der „Vater“
sich mit einem neuen Fisch im Schnabel nähert, machen die Jungen einen
unglaublich weit hörbaren Radau; die Mutter ist nach dem erfolgreichen Brüten
schon weggeflogen und überläßt alles dem Männchen. Ein Mitbeobachter
erklärt mir, daß aus den „Nestlingen“ in Kürze „Ästlinge“ würden,
daß die Jungen also bald schon etwas herumzufliegen begännen, sich
vorerst aber noch nicht selbst ernähren könnten.
Sobald
man auch nur eine Sekunde stehen bleibt, kommen Stechmücken aus allen
Richtungen, um ihre Rüssel in mich reinzubohren und sich an meinem Blut
zu laben. Deshalb empfiehlt es sich, ständig am Laufen zu bleiben. Denen
gönne ich kein „Schnäppchen“! Trotzdem, überall an meinen
freiliegenden anfliegbaren Armen und Unterschenkeln sind inzwischen schon
massenhaft juckende Stiche. Das mitgenommene Gel erweist sich als wenig
hilfreich. Danach
wandern wir weiter bis ans Ende des Weges in Zinow. Insgesamt habe ich ihn
mir etwas spektakulärer vorgestellt bzw. gewünscht, aber es ist halt,
wie es ist. Eigentlich ist das hier ein ganz normaler Wald mit vielleicht
ein paar etwas älteren Bäumen als sonst, sich selbst überlassen; ein
Ignorant würde ihn schnöde als „ungepflegt“ bezeichnen. Den Begriff
„Weltkulturerbe“ finde ich allerdings deutlich übertrieben und er
inflationiert ihn eher meiner Meinung nach. Halt,
stopp, etwas sehr Interessantes gibt es dann doch noch zu sehen, wenn auch
nur ganz kurz: Eine dicke fette graue Katze. Mit einer Zorromaske! Hä?
Ach so, um nicht erkannt zu werden! Ja, man kann es auch so ausdrücken:
Ein Waschbär. Hab ich noch nie in echt gesehen. Sensationell!! Wie
immer flüstern mir ein paar Bäume unterwegs süße Dinge zu und wollen
unbedingt von mir umarmt werden. Weiter
geht es durch den Wald und zurück in Richtung Neustrelitz. Hier sind die
Wege oft noch weich und angenehm wie Teppichboden. Später befinden wir
uns auf einem alten und etwas beschwerlich zu laufenden Stück
gepflasterte Landstraße, wie sie hier früher üblich gewesen sein
sollen. Was für eine harte Knochenarbeit das damals gewesen sein muß!
Erst für die Bauarbeiter und dann für die bedauernswerten Pferde und
Ochsen vor den bestimmt meistens überladenen Fuhrwerken.
Gegen
16:15 Uhr erreichen wir unser Hotel und ruhen uns erst einmal etwas aus. Zum
Abendessen im Hotel gibt es schreckliches Ragout-Fin, ein gutes Büffel-Entrecôte
(wieder wegen Hanni) mit diesmal nicht so fettigen Bratkartoffeln und
ausnahmsweise mal kein Dessert. Auch hier ist die Bedienung sehr hilflos
und muß dreimal wegen Rückfragen zurück zum Tisch kommen. Tag
6 Montag,
15. Juli 2013 Mit der Bahn erreichen Sie Kratzeburg. Sie wandern zum
Havelquellgebiet. Beim Überqueren der hügeligen Endmoräne haben Sie die
nördliche Grenze des Müritz-Nationalparks erreicht. Von hier haben Sie
einen weiten Blick über das offene Land. Übernachtung in Federow. Im
Hotel gibt es heute kein Internet. Eine der Folgen: Alle Gäste müssen
bar bezahlen oder sich irgendwo an einem Geldautomat Bargeld besorgen.
Kreditkarte geht natürlich auch nicht. Hanni muß für beide Nächte
zwanzig Euro bezahlen. Passend dazu das Wetter: Kühl, 16 Grad, stark bewölkt.
Wo bleibt eigentlich die Sonne? Die
Reiseorganisation hat Bahnfahrkarten für Hanni und mich zur Verfügung
gestellt. Wir müssen nämlich erst einmal ein nicht gut zu laufendes Stück
des Weges hinter uns bringen. Und die Etappe wäre auch viel zu lang. Aber
der Zug fährt nur 9:05 Uhr und dann jeweils alle zwei Stunden. Da ich
dies etwas ungünstig empfinde, bestelle ich uns beiden lieber wieder ein
Taxi und fahre mit diesem für 30 Euro zum heutigen Startpunkt am Bahnhof
in Kratzeburg. (Ja,
komisch, kein Mensch regt sich jetzt über eventuelle Tierhaare in den
beiden Taxis auf…) Der
Taxifahrer bestätigt es: Frühling gab es auch hier kaum und der Sommer
war bisher auch viel zu kühl. Gut
gelaunt geht es gegen halbzehn los. Wir wissen ja auch noch nicht, was
heute auf uns zukommt. Der Weg wird nämlich weit und lang werden.
Am
Waldrand entlang geht es zum Örtchen Dambeck, um den kleinen Tannensee
herum und weiter durch den Wald bis zur Havelquelle bei Ankershagen.
Die
Quelle wird offiziell mit „Havelbeginn“ bezeichnet, weil es nämlich
gar keine richtige Quelle gibt. Ein sprudelnder Feldstein symbolisiert
sie. Erst sind wir noch allein, aber dann treffen immer mehr Menschen ein;
als es neunzehn geworden sind, ergreifen wir lieber die Flucht. Hier
befindet sich auch die Wasserscheide Nordsee/Ostsee. Frau Sonne ist längst
wieder da und schaut wohlwollend durch die Bäume auf uns herab. havelquelle
- Google-Suche (Fotos) Wie
schön, an der hiesigen Infotafel findet der interessierte Wanderer das
berühmte und liebenswerte Gedicht von Theodor Fontane in Holztafeln
geschnitzt: „Herr
von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, (Für
diejenigen, die sich noch einmal daran erinnern lassen möchten, habe ich
es ganz am Ende dieses Reiseberichts beigefügt. Der Ort „Ribbeck“
liegt übrigens nur ca. 50 Kilometer westlich des Brandenburger Tors in
Berlin.) Mutterseelenallein
wandern wir durch den Wald und später am Waldrand entlang und kommen
durch zwei kleine Dörfchen. Ganz in der Nähe ist immer noch die
„Schliemanngemeinde Ankershagen“, der hier um 1825 herum ein paar
Jahre seiner Jugend verbracht hat und hier die ersten Gedanken bekam, die
interessanten Orte der Ilias aufzuspüren. Nachfolgend ein Link dorthin:
Ein
unspektakuläres Hünengrab wird von uns besichtigt bzw. beschnüffelt.
(„Hünengrab“ deswegen, weil man sich früher nicht vorstellen konnte,
daß Menschen die riesigen Steine bewegt haben konnten. Das konnten nur
„Hünen“, also Riesen getan haben.)
Aber
ein Kirschbaum kurz darauf im Dörfchen Bocksee bietet mir mit seinen
wundervollen dicken reifen süßen Früchten eine deutlich willkommenere
Abwechslung. Für solche Kirschen tausche ich jedes Hünengrab gerne ein. Die
in der Wegbeschreibung ausgewiesene „Einkaufsmöglichkeit“ hat leider
für immer geschlossen. Aber alles Jammern und Wehklagen nutzt nichts, wir
müssen weiter durch den bald wieder beginnenden Wald. Erneut quält das
alte Pflaster einer uralten Landstraße meine reichlich mitgenommenen Füße.
Ich dachte, jeder Tag würde leichter werden, aber das genaue Gegenteil
ist der Fall. Leider. In
Groß Dratow dann eine weitere schwere Enttäuschung: Die angeblich täglich
geöffnete Dorfgaststätte „Hochzeitsschmiede“ neben der uralten
Dorfkirche ist auch geschlossen. Heute ist Ruhetag! Also gibt es weiterhin
nichts zu Trinken oder zu Essen für uns. Trotz sengender Sonne. Da hilft
alles Selbstbemitleiden nichts, kein Labsal, kein Ausruhen, wir müssen
ohne Rast weiter. Wir haben noch weitere acht Kilometer vor uns. Acht
Kilometer. Klingt wenig, wird aber mit dem ganzen Sand in den Schuhen ganz
schön lang. Ausschütteln nutzt nichts, es ist doch gleich wieder drin… Da
hat der freundliche Radfahrer vorhin im Wald mit seinen sybillinischen
Andeutungen leider doch Recht behalten. Schließlich wohnt er hier. Doch
ich wollte es ja mal wieder besser wissen. Vielleicht hätte ich einfach
seinem Rat folgen und die empfohlene Abkürzung nehmen sollen. Aber wir
laufen ja gerne. Zum Laufen sind wir da.
Die
oft riesigen Getreidefelder sind goldgelb. Allenthalben arbeiten schon Mähdrescher.
Der Sommer hat gerade erst begonnen und doch wird er schon bald wieder vorüber
sein.
Hanni
macht eigentlich keinen besonders enttäuschten oder gar geschwächten
Eindruck; sie tänzelt vielmehr weiter genauso hin und her, als wären wir
gerade aufgebrochen. Wie macht die das nur? Sie läuft tapfer und ist
unkaputtbar, ganz im Gegensatz zu mir. Ja, OK, die Zunge hängt ihr jetzt
fast bis zum Boden runter. Aber etwas Wasser habe ich ja noch im Rucksack
für uns beide. Obwohl, jeder Wanderer weiß es, jedes Gramm potenziert
sich unterwegs auf ein Vielfaches, je länger man wandert. Deshalb habe
ich eigentlich immer viel zu wenig Wasser dabei. Den
sonst vielleicht bemerkenswerten „Steinschlägerplatz mit alten
Findlingen“ lasse ich fast kaum beachtet links liegen und quäle mich
weiter.
In
den letzten vier Stunden bin ich nur drei Radfahrern begegnet. Und zwei
Joggern. Und einer jungen Frau mit Kinderwagen, mitten im Wald! Auf diesen
endlosen Sandwegen! Wo will die hin?! Ich
teile die letzten Trinkvorräte an uns beide aus. Das ist auch gut so,
denn dieses letzte Stück ziiieht sich. Die letzten drei, vier Kilometer
durch den Wald verlaufen schnurgerade und deshalb sehr langweilig. Aber
alles hat ein Ende, auch dieser Weg. Trotz meiner Schwächelei laufen wir
beide noch den kleinen Umweg am See entlang und machen sogar den Schlenker
zum Beobachtungsstand, bis wir dann endlich am „Hotel Altes Gutshaus
Federow“ ankommen. Wir werden bereits erwartet und sehr freundlich
empfangen. Toll, unser Gepäck ist auch schon aufs Zimmer gebracht worden.
So sollte es immer sein.
Nach
diesem langen Tag bin ich froh, in so einem schönen und angenehmen Haus
logieren zu können. Ich hatte eigentlich wenig erwartet und bekomme jetzt
viel. Ein schönes Zimmer mit allem Komfort, vielleicht das angenehmste
Hotel auf dieser Reise. Passend dazu: Hanni kostet hier auch nur (noch günstige)
7,50 Euro. Nur das Kissen ist schon wieder eine „Luft“nummer, aber dem
kann ich ja leicht abhelfen. Wir
kommen gerade noch rechtzeitig an, damit ich mir nach dem Duschen und vor
dem Abendessen noch meine werktägliche Lieblingssendung auf Vox um 19 Uhr
ansehen kann. Schon wieder waren meine Füße rabenschwarz. Feinen Sand
hat der fleißige Wanderer hier in dieser Gegend übrigens immer im
Schuh; damit muß er leben, äh, laufen… Das
Gutshaus am Hofsee hat eine lange und wechselvolle Historie, die ich beim
Warten auf Abendessen auf der Hotelterrasse in Ruhe studieren kann. Es ist
wirklich sehr angenehm, hier draußen in der Wärme der langsam
untergehenden Sonne zu sitzen und die friedvolle Abendstimmung in sich
hineinfließen zu lassen. Ein Paradies. Und trotzdem, man glaubt es kaum,
auch drinnen im viel zu heißen Restaurant sitzen ein paar Leute; Tür und
Fenster geschlossen. Ich jedenfalls kann sie einfach nicht verstehen und
bedaure diese armen Menschen. Als
Alleinreisender bekomme ich ja oft eines der weniger schönen Zimmer, als
Alleinreisender mit Hund natürlich immer das, hmm, das „einfachste“.
Schade, denn ein Teil der Zimmer hat, hätte, einen wundervollen Ausblick
nach Osten über den See. Es
gibt heute Abend frittierte Blumenkohlröschen, Rumpsteak (wie immer wegen
Hanni, sie hat es sich ja auch wirklich verdient und bekommt daher auch
die viel größere Hälfte) mit Bratkartoffeln und als Dessert Pannakotta
mit Pfirsichsoße, wovon mir Hanni schon wieder über die Hälfte
wegschleckt. Wie an jedem Abend als Krönung des Tages die unvermeidliche
Genießer-Zigarre mit einem guten Drink. Tag
7 Dienstag,
16. Juli 2013 Am Vormittag wandern Sie von Federow zum Feisnecksee.
Nach der Umrundung dieses Sees erreichen Sie wieder Ihren ursprünglichen
Ausgangspunkt in Waren. Für den Nachmittag kann ein Stadtbummel oder noch
eine Wanderung um den Tiefwarensee eingeplant werden. Übernachtung in
Waren. Letzter
Wandertag. Schade. Obwohl wir es heute nicht eilig haben, sind wir trotz
ausgiebigen Frühstücks doch um viertel nach acht schon wieder unterwegs.
Nach zweihundert Metern der erste Stopp: Hier in der Müritz-Nationalparkinformation
gibt es Eagle-TV. Nein, kein Fernsehen für Igel. Adler-Fernsehen! Eine
Live-Kamera, mit der ein Fischadler-Horst in der Nähe sehr gut und
geradezu hautnah, äh, federnah beobachtet werden kann. Ein „Ranger“
(auf Deutsch ein Rentner) erklärt den interessierten Leuten etwas dazu.
Schade, leider ist das Kamerabild nicht übers Internet abrufbar. (Oder
ich bin zu blöd und habe es nicht gefunden. Auf jeden Fall sollte das
dringend geändert/verbessert werden!)
Fischadler
essen ausschließlich Fisch. Deshalb heißen sie ja auch so. Ist doch
klar. Und Seeadler? Nein, natürlich keine See! Aber sonst alles, einfach
alles, Fisch, Kleintiere, Aas. Unterwegs hat mich schon ein freundlicher
Wanderer gewarnt, daß (theoretisch) auch Hanni nicht ungefährdet ist, um
nicht jederzeit von einem Seeadler gekrallt zu werden. Aber es ist ja
alles gutgegangen. Ich
erfahre jetzt auch etwas ausführlicher, daß hier an der Müritz jedes
Jahr bis zu zehntausend Kraniche Rast machen, um neue Kräfte zu sammeln,
bevor sie in ihre Winterquartiere in den Süden weiterfliegen. (Hanni und
ich können sie jedes Jahr im Herbst über unserem Dorf sehen – und vor
allem hören, wenn wir unseren täglichen Spaziergang machen.) Dann
geht es weiter. Links sehe ich einen Strommast, der mir bekannt vorkommt.
Ah ja, da ist ja das Fischadlernest oben drauf, das ich eben gerade noch
Live gesehen habe. Die Kamera daneben ist auch noch zu erkennen.
Wie
die gesamte Tour geht es auch heute wieder auf oft schmalen Wegen durch
dunklen Tann, über sonnige Lichtungen und an idyllischen Wiesen- und
Waldrändern entlang. Alles bleibt easy, die Etappe ist ja kurz und
einfach. Am Ende laufen wir beide noch ein Stück um den Feisnecksee
herum.
Als
Bonbon bekommen wir zum Abschluß noch ein paar FKK-Anhänger und –innen
gezeigt, die es sich hier gut gehen lassen und ihre braungebrannten (und
schlaffen, faltigen und oft hängebusigen) Körper offensichtlich trotzdem
ganz gerne zur Schau stellen. (Die schönen Brüste werden dem
unschuldigen Spaziergänger leider vorenthalten…) Die
hier zur Landschaftspflege engagierten „Rauhwolligen Pommerschen
Landschafe“ bekommen wir aber leider nicht zu sehen. Um
kurz nach zwölf sind wir im „Hotel Stadt Waren“ neben der durchaus
bemerkenswerten Kirche St. Marien. Marienkirche
(Waren) – Wikipedia Leider
stellt es sich als schlechtestes Hotel auf dieser Reise heraus. Unser
Zimmer ist das kleinste, in dem ich je untergebracht worden bin. Es gibt
überall im Haus reichlich Reparaturstau. Hanni springt sofort auf dem
schmalen Bett herum, sodaß der mir von der Rezeption angebotene
Zimmertausch leider nicht mehr infrage kommt. Na, OK, für die eine
Nacht… Es
ist ja noch genügend Zeit und deshalb machen wir einfach die (eigentlich
langweilige) im Roadbook angebotene Tour auf dem Uferweg um den
Tiefwarensee herum. Wir sind jetzt natürlich bessere bzw. interessantere,
abwechslungsreichere Wanderwege gewöhnt…
Das
einzig interessante sind zwei Jungen, die von einer Tarzanschaukel ins
Wasser springen. Ich beneide sie um ihren Spaß.
Das
Restaurant „Paulshöhe“ am Ende des Weges hat geöffnet und ich lasse
mir auf der schattigen Terrasse zwei große gemütliche Radler in meinen
Bauch hineingluckern. Hanni trinkt dankbar aus dem Hundenapf. Zurück
im Ort essen wir zu Abend und sind pünktlich um 18:40 Uhr zurück im
kleinen engen Zimmer und können auf dem altertümlichen kleinen
Fernsehapparat die Show ansehen. Es
gab Soljanka, Steaks von drei verschiedenen Tieren mit Kroketten und ein
Eis ohne Eierlikör. Tag
8 Mittwoch,
17. Juli 2013 Das
Frühstück ist ganz OK. Ich sitze als einziger draußen im schattigen
Innenhof; alle andern Leute, offenbar fast alles Radfahrer, frühstücken
lieber drinnen im viel zu warmen und viel zu lauten Frühstücksraum.
Komische Leute. Für Hanni muß ich hier 5,50 Euro bezahlen. Das geht dann
auch in Ordnung. Zufälligerweise
sehe ich das Auto der Organisationsfirma gerade Gepäck hier abholen und
ich nutze die Gelegenheit, mich mit Hanni und unseren beiden Taschen
gleich zur Firma fahren zu lassen. Unser Range Rover steht noch so da, wie
ich ihn hingestellt hatte, und so sind wir um 8:40 Uhr schon „on the
road“. Noch
ein letzter kurzer Halt bei Firma MMG (Mecklenburger Metallguß) vorne an
der Bahn. Hier werden riesige Schiffsschrauben (der Fachmann nennt sie
eigentlich „Schiffspropeller“) hergestellt. Wahnsinn, was hier dick
und fett auf dem Hof herumliegt. Ich bin echt fasziniert davon und die
dicken Dinger hier hautnah vor mir sehen zu können. Hoffentlich sind die
bald alle verkauft. Gewaltig. Die können nur von Hünen hergestellt
worden sein…
Rechtzeitig
zum letzten Tag ändert sich das Wetter, strahlend blauer wolkenloser
Himmel. Heute wird es wieder heiß. Mann, was hatte ich ein Glück mit dem
Wetter! OK, etwas mehr Sonne wäre schön gewesen, aber die Temperatur war
meistenteils perfekt.
Bis
Wolfsburg benutze ich (teilweise schon wieder sehr holprige) Landstraßen
und dann nur noch Autobahn.
Nach
insgesamt 1.526 Kilometern Fahrtstrecke erreichen wir gegen sechs Uhr
abends wohlbehalten unser Zuhause. Nichts verloren, vergessen oder kaputt
gemacht. Super, ein wunderschöner Urlaub. Ich
habe interessehalber mal nachgemessen: Wir sind in den sechs Tagen, ganz
vorsichtig gerechnet, insgesamt doch immerhin etwas über
hundertvierundzwanzig Kilometer gelaufen. Im Durchschnitt am Tag also
knapp einundzwanzig Kilometer. (In der Wegbeschreibung stehen „nur“
einhundertdreizehn Kilometer. Aber es kommen ja noch die sechs Kilometer
in Neustrelitz und ein paar kleinere Umwege und Verirrungen, ähm, „Änderungen“
dazu.) Demnächst
geht es zum Motorradfahren in die USA. Näheres dazu bald hier an dieser
Stelle. Und
im nächsten Jahr möchte ich gerne zusammen mit ein paar neuen Freunden
ein, zwei Wochen in einem Hausboot auf dem Shannon bzw. Erne
herumschippern. Mein
Fazit dieser Reise: Ich
war der einzige Wandersmann auf dieser Route. Üblich ist wohl eher eine
Radtour in dieser Gegend. Alle Hotels und Gaststätten sind auf sie
eingerichtet und Fahrräder kann man deshalb überall und in jeder Ausführung
günstig ausleihen. Der
Gepäcktransport hat wieder hervorragend geklappt, unauffällig und daher
absolut perfekt. Den Reiseveranstalter kann ich daher bestens empfehlen
und nenne ihn gerne auf Anfrage. Hanni
kostete in den Hotels zwischen drei und fünfzehn Euro pro Nacht. Kurtaxe
(meistens 1,50 Euro pro Person und Nacht) mußte auch überall bezahlt
werden. Erfreulicherweise
bekamen wir beide keine lästigen Berührungen mit Zecken, obwohl es sich
hier um ein ausgewiesenes Zeckengebiet mittlerer Stufe handeln soll. Da
der Zeckenschutz inzwischen oft unangenehmer ist als die Zecken selbst,
habe ich diesmal vollständig darauf verzichtet. Das muß halt jeder für
sich abwägen. (Dasselbe gilt bei mir jetzt aufgrund neuer Erkenntnisse für
den Sonnenschutz. Aber da bleibt ein ungutes Gefühl. Wie man sich auch
entscheidet, es besteht ein Risiko. Die Verwendung von Sonnenschutzcreme
scheint aber unter dem Strich die höhere Gefahr zu bergen.) Moskitos
gab es reichlich, aber nur im Freien – und sie haben sich auch oft und
gerne an mir gelabt. Stark juckende und immer röter werdende Flecken
legten lange Zeugnis dafür ab. Nachts im Hotelzimmer blieb ich vor ihnen
trotz offener Fenster verschont. Handymäßig
ist man hier wohl etwas besser mit D1 aufgehoben; D2 und E-Netz sind eher
etwas ungünstiger. "Echte" Ossis kommen mir manchmal doch etwas merkwürdig vor. Mir wurde schon wieder mehrmals gesagt: „Ja, früher, vor der Wende, da ging es uns allen besser!“ Wie oft ich das schon gehört habe! Ich kann nicht verstehen, daß die Menschen so schnell so viel Schreckliches vergessen können. Außerdem kamen mir die Ampelphasen doch deutlich länger als bei uns vor. Und wie die manchmal Autofahren...! Naja, der Osten ist halt „anders“. Ich
hatte ein paar nette erfreuliche Begegnungen mit interessanten Menschen,
allen voran die kleine Julia mit ihrer Familie, die großzügige und
hundefreundliche Helen mit ihrem durstlöschenden Wasservorrat, und natürlich
Hans mit seinem uralten Fahrrad. Von hier aus noch einmal viele Grüße an
Euch alle. Und
hier das versprochene Gedicht: Theodor Fontane Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland
So ging es viel Jahre, bis lobesam
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