Der
Fünfundsechzigjährige,
der
aus der Tür ging
und
nach Indien reiste
Delhi,
Rajasthan, Mandawa, Bikaner, Jaisalmer, Udaipur, Jodhpur, Deogarh, Jaipur,
Agra, Taj Mahal, Delhi.
Im
Auto.
19.
Februar bis 4. März 2013
Du
willst es? Dann lies es. Jetzt und hier!
Ich
empfehle, die von mir hier angebotenen Links
mit der rechten Maustaste („Link in neuem Fenster öffnen“ o.ä.)
anzuklicken
Reiseübersicht:
1) Flug Frankfurt – Zürich - Delhi
2)
Delhi Stadtbesichtigung
3)
Delhi – Mandawa
4)
Mandawa – Bikaner
5)
Bikaner – Jaisalmer
6)
Zweiter Tag in Jaisalmer
7)
Jaisalmer - Jodhpur – Rohet
8)
Rohet – Udaipur
9)
Zweiter Tag in Udaipur
10)
Udaipur – Deogarh
11)
Deogarh – Jaipur
12)
Zweiter Tag in Jaipur
13)
Jaipur – Agra
14)
Agra – Delhi und Heimflug
Montag/Dienstag,
18./19.02.2013
Flug
Frankfurt – Zürich - Delhi
Montagnachmittags
fahre ich mit dem Zug nach Frankfurt und nutze den Vorabend-Check-in der
Lufthansa. Dann mache ich mir noch einen gemütlichen Abend in der Stadt und
übernachte in „meinem“ Hotel Hilton Garden Inn am Flughafen.
Ich
wundere mich, wie wenig Verkehr direkt unter mir auf der Autobahn A3 vorbeifährt.
Und durch die beiden Fenster ist absolut nichts zu hören. Gespenstisch. Wenn
ich hier im Auto vorbeikomme, ist immer viel mehr los.
Am
Dienstagmorgen checke ich ganz gemütlich ein. Habe ich, glaub ich, noch nie
erlebt: Unser Airbus A320 der Swiss (ohne „Air“ oder sonst was, einfach
nur noch „Swiss“) startet in Frankfurt auf die Minute genau um 9:00 Uhr.
Eben präzise wie ein Schweizer Uhrwerk.
Es
beginnt gerade etwas zu schneien. Ob sich hier ein erneutes Schneechaos
anbahnt? Hatten Ingrid und ich ja erst kürzlich in München, wo wir alle zu
hunderten auf den berühmten Feldbetten übernachten sollten. Unsere liebe
Freundin Karin gab uns dann aber glücklicherweise nächtliches Asyl.
An
zwei Enteisungsstationen wartet man schon auf Kunden. Unser Flugzeug nutzt sie
aber nicht.
Unter
uns liegt jede Menge Schnee. Zuhause war schon alles weggeschmolzen. Der
Winter will diesmal einfach keine Ruhe geben.
Nach
einer knappen Stunde landen wir in Zürich. (Hieß früher Zürich-Kloten.)
Leider ist mir ein Direktflug ab Frankfurt nach Delhi verwehrt. (Diesmal
bezahlt die LH meinen Flug, denn ich habe mal wieder genug Meilen gesammelt.
Da muß man nehmen, was man kriegt.)
Noch
etwas Positives: Unser Flieger parkt in Zürich auf Außenposition. Aber hier
werden wir neun Business-Passagiere mit einem modernen Kleinbus abgeholt und
auf kurzem Wege direkt zum Terminal gebracht. Das ist sehr komfortabel und gefällt
mir. Fast wie in der First class. Alle andern müssen sich in den großen Bus
drängen und quetschen. Die Sonne scheint.
Die
Lounge ist unerwartet groß und anfangs noch erfreulich leer. Aber: Das
Essensangebot ist hier noch dürftiger als in Frankfurt.
Die
drei Stunden Wartezeit sind bald überstanden. Mit der führerlosen Skymetro
geht es reichlich flott ins andere Terminal.
Wie
nicht anders zu erwarten, ist unser Airbus A330-300 neuwertig und pikobello
sauber. Da habe ich schon ganz andere LH-Flugzeuge bzw. United
Airlines-Flieger (in die USA) erlebt. Die Maschine startet erneut pünktlich
um 12:45 Uhr.
Neu:
Hier vorne sitzt man 2-2-1. Hatte ich auch noch nicht. Der Sitz neben mir
bleibt frei. Super. Hinten sitzt man 2-4-2. Die Armen.
6.154
Kilometer liegen vor uns. Achteinhalb Stunden erwartete Flugzeit. Das müßte
gut zu überstehen sein. An die US-Westküste war es deutlich weiter. Wir
werden der Erdkrümmung also nur wenig folgen und bleiben ja auch in der nördlichen
Hemisphäre. (Trotz meiner vielen Reisen kam ich bisher noch nie über den Äquator.)
Links
auf meiner Seite sehe ich noch Konstanz und den Bodensee, bevor sich dichte
weiße Wolken unter uns ausbreiten. Wir fliegen nach Osten und werden Österreich,
Bulgarien, das Schwarze Meer (das in Wirklichkeit ganz normal blau und riesig
ist), Armenien, Aserbeidschan, das Kaspische Meer, Iran und Pakistan überfliegen,
bevor wir endlich unser Ziel Indien erreichen.
Meine
Stewardess spricht nur englisch. Komisch.
Es
werden zwar zahlreiche Filme angeboten, aber alles nur langweilig-billige B
und C-Ware.
Der
Rotwein ist ganz OK; in Gedanken stoße ich mit Harry an. Schade, daß er
nicht mehr da ist. Ich vermisse ihn so sehr. Mit ihm war das Fliegen immer
viel kurzweiliger. Die Stewardessen kümmern sich hervorragend um ihre Kunden.
Dabei
komme ich ins philosophieren: Alter ist irrelevant, es sei denn, man ist eine
Flasche Wein. Oder ein Auto. Da es mir immer noch sehr gut geht, habe ich
keine Probleme mit meinem Alter. Ich möchte gar nicht jünger sein. Oder älter
werden. Ich müßte einfach 65 bleiben.
Ich
weiß gar nicht, wo wir sind. Alles nur schroffe, karge, scharfkantige,
schneebedeckte Berge unter mir. Da unten herrscht noch tiefer Winter. Wenn wir
hier notlanden müßten: Zivilisation gäbe es hier keine.
Die
Sonne geht langsam unter. Dabei ist es auf meiner Uhr erst vier Uhr
nachmittags. Aber wir Fliegen ja auch nach Osten.
Noch
über vier Stunden Flugzeit. Irgendwo links ist das berühmte Erivan, rechts nähern
wir uns Täbris. Wir sind über dem Iran. Noch 3:36 Stunden, 3.194 Kilometer.
Die Hälfte ist geschafft.
Am
Kaspischen Meer hören die kargen Berge auf und sofort gibt es unten wieder Städte,
Dörfer, Lichter. Der Flug zieht sich. Indien ist doch ganz schön weit weg.
Obwohl, einer kommt hier bei Aldi jeden Morgen zur Arbeit...
17:50
Uhr auf meiner Armbanduhr. Wir sind schon mal über Afghanistan. Unser
Flugzeug wird von unseren Bordscheinwerfern hell angestrahlt. Wahrscheinlich,
damit wir nicht versehentlich abgeschossen werden. Links soll weit entfernt im
Dunkel der Nacht Kabul liegen. Noch eindreiviertel Stunden und 1.422
Kilometer. Jetzt muß nur noch Pakistan überflogen werden. Rechts weit weg
liegt Karachi.
19:05
Uhr. Immer noch 483 km. Wir überqueren gerade die Grenze nach Indien. Unser
Flugzeug ist längst schon wieder dunkel mit den normalen Positionslampen.
Wir
landen deutlich früher als vorgesehen um 0:17 Uhr Ortszeit. Namaste Indien!
Guten Tag. (Sprich Namastee, Betonung auf der letzten Silbe). Ich mußte meine
Uhr viereinhalb Stunden vorstellen.
Ich
bin mal wieder der erste, der das Flugzeug verläßt und komme auch noch rasch
durch die Kontrollen. Meine Tasche kommt mir auf dem Band schon entgegen
gerollert. Aber irgendetwas muß ja noch schnell schiefgehen: Mein Abholer ist
nicht da! Am Ausgang warten zwar viele Leute mit den bekannten Schildern, aber
nirgends ist mein Name zu sehen. Die Leute sehen mir alle schon erwartungsvoll
entgegen und hoffen, daß ich der Typ bin, auf den sie warten, aber sie müssen
alle weiter warten.
Offensichtlich
kennt man in Indien kein Nacktflug-, äh, Nachtflugverbot. Der Flughafen IGIA
(Indira Gandhi International Airport mit immerhin drei Start- und Landebahnen)
scheint riesig zu sein.
Ich
krame in meinen Unterlagen die zuvor erhaltene Telefonnummer heraus und rufe
an. Ich habe Glück, die Mitarbeiterin meldet sich sofort, obwohl Mitternacht
schon vorbei ist. Nach ein paar Gesprächen ist dann auch alles geklärt und
mein Abholer steht kurz darauf vor mir. Er heißt Gaurav. Er hatte damit
gerechnet, daß ich etwas später herauskomme und kam wohl erst kurz nachdem
ich schon durch war an das Abholgitter. Na, OK, sowas passiert. Er ruft unser
Auto, das dann auch bald vor uns steht und begleitet uns als Guide bis zum
Hotel. Unser Fahrer heißt Anil und unser weißes Auto heißt Toyota Innova.
Die
Straßen sind leer, die Autos fahren im Dunkeln gerne auch hier ohne Licht.
Rote Ampeln beachtet man am liebsten erst gar nicht.
01:35
Uhr am Hotel. Unser Auto wird vom Wachdienst kontrolliert. Spiegel unters
Auto. Kofferraumkontrolle. Dann wird die schwere Barriere auf Schienen zur
Seite gerollt. Das wird so oder so ähnlich auf dieser Reise bei sämtlichen
Hotels bleiben. Die Kontrolle ist und bleibt allerdings überall sehr nachlässig.
Ich käme bestimmt leicht mit einer Bombe durch. Und jeder andere auch.
Schnell
lerne ich, daß man hier zur Begrüßung, zum Abschied und zum Danke sagen mit
leichtem Nicken die Handflächen vor der Brust aneinander legt, Fingerspitzen
nach oben. Müßte man bei uns auch einführen. Viel besser als dieses oft
eklige Händeschütteln. Ich wechsle auf die Schnelle schonmal fünfzig Euro
um.
Ich
bekomme auf meine Bitte hin ein Upgrade mit Blick in einen Park. Das Zimmer
ist sehr groß und komfortabel. Das Badezimmer ist halb so groß mit gläserner
Dusche und zusätzlicher Badewanne und sogar einer Personenwaage. Im TV wird
gerade das Fußballspiel Leverkusen-Augsburg vom letzten Samstag (16.02.2013
mit 2:1) gezeigt, das ich damals beim Spaziergang original im Radio gehört
habe. Und das in Indien! Bundesliga gibt es auch im indischen TV, sogar unter
diesem Namen.
Mittwoch, 20.02.2013
Delhi
Stadtbesichtigung, Rotes Fort, Jamia Masjid Moschee, Guru Dwara Bangla Saheb
Tempel, Qutb Minar Turm, Lotustempel, Humayun-Mausoleu
Aufstehen
um 6:30 Uhr. Weniger als vier Stunden geschlafen. Ja, Urlaub bedeutet nicht
automatisch, lange schlafen zu können. Meine Reisen jedenfalls nicht. Das
Bett war steinhart, die Kissen halbwegs weich.
Die
Mitarbeiterin der Reiseorganisationsfirma ist wie versprochen pünktlich um
kurz vor neun da und übergibt mir die Reiseunterlagen. Sie spricht als
einzige auf dieser Reise Deutsch. Und das nahezu akzentfrei und fast perfekt.
Dabei hat sie es „nur“ hier auf der Schule gelernt. Mein Fahrer auf der
gesamten Reise heißt Anil, der mitgekommene heutige Guide Dependre.
Tagsüber
herrscht natürlich viel mehr Verkehr als in der Nacht zuvor. Es ist dunstig,
aber trotzdem sonnig. Ich habe Glück, das beste Klima ist gerade jetzt. Im
Juli/August herrscht Monsun mit sehr viel Regen.
Mein
Hotel ist das altehrwürdige The Claridges und es befindet sich in New Delhi.
Ein uniformierter Portier mit Ehrfurcht heischendem, gewaltigem Schnauzbart
verabschiedet mich. (Solche Portiers leistet sich im Übrigen in Indien
eigentlich jedes bessere Hotel, das etwas auf sich hält. Üblicherweise sind
es stolze Sikhs.)
Apropos
Delhi: Es gibt Delhi, also (das alte) Old Delhi. Hier ist alles ganz eng,
schmutzig, verkommen und schlimm und überhaupt uralt. Die Stadt ist voll mit
Händlern, Geschäften und Handwerkern, verstopften Straßen und Gassen. Und
dann gibt es New Delhi, Neu-Delhi, eine deutlich modernere und damals noch von
den Engländern geplante Stadt mit breiten Straßen, eleganten Häusern,
vielen Bäumen, blühenden Gärten, atemspendenden Parks, teuren Regierungsgebäuden.
Hier wohnen, nein, residieren die feinen Leute.
Die
Kreuzungen mit sehr langen Rotphasen sind ein Problem, hier staut es sich.
Eine
neue Metrolinie wird gerade gebaut. Sie soll überhaupt außerordentlich
komfortabel und, kaum zu glauben, sehr sauber sein.
Als
erstes besuchen Dependre und ich das riesige rote Fort mit einer
kilometerlangen Festungsmauer aus dunkelrotem Sandstein. (Innen in der
riesigen Anlage sind die meisten Gebäude allerdings aus weißem Marmor.) Auch
hier eine Sicherheitskontrolle, wie an allen großen Gebäuden, genauso nachlässig
wie in den Hotels, aber Indien ist sowieso (noch) relativ sicher. Ganz im
Gegenteil zu seinem Bruderstaat Pakistan.
Rotes
Fort (Delhi) – Wikipedia
delhi
rotes fort - Google-Suche (Fotos)
Hier
sehe ich auch zum ersten Mal die indischen kleinen putzigen graubraunen längsgestreiften
flinken Eichhörnchen, die mich auf der ganzen Indien-Reise treu begleiten
werden.
Später
laufen wir durch die Straßen und den Gewürzmarkt. Ich bewundere vor allem
das unglaubliche Kabelgewirr über mir. Ein einziges Durcheinander an Strom-
und Telefonleitungen. Aber es scheint gegen den ersten Anschein doch gut zu
funktionieren.
Trotzdem,
erst einmal ist man fassungslos über das alles hier. Der heftige Verkehr, die
Kühe, Hunde, Wasserbüffel mittendrin, das Gewimmel und Gewusel. Barbiere
arbeiten direkt am Straßenrand; wackliger Stuhl, beschädigter Spiegel,
Rasiermesser und ein paar Tropfen Wasser genügen. Andere Handwerker sitzen am
Straßenrand und warten auf einen Auftrag. Handwagen-Transporteure lungern untätig
herum. Fahrradkulis ebenso. Der tägliche Hungerlohn muß schwer erkämpft
werden. Jeder einzelne tut mir so leid.
Mittagessen
gibt es nicht, ich esse auf meinen Alleinreisen meistens nur morgens und
abends.
Und
weil es halt einfach sein muß, lädt mich Dependre zu einer Fahrt mit einer
Fahrradrikscha ein. Der junge Mann muß sich ganz schön mit uns beiden quälen.
Der Arme muß immer wieder anhalten und immer wieder neu anfahren. Ein Wunder,
wir kommen ohne Feindberührung durch. Obwohl der Abstand manchmal weniger als
einen Millimeter betragen dürfte. Fahrradrikschas dürfen im Übrigen fahren
wie sie wollen, passen auch in den Gassen aneinander vorbei, wenn die Leute
nicht wären und die Motorräder – und die Auslagen der Händler.
Nanu!
An vielen Häusern sehe ich ein Hakenkreuz. OK, nicht genau, aber doch sehr ähnlich.
Im Hinduismus soll es Glück bringen. In Japan und anderen Ländern gibt es
dieses Zeichen aber auch.
Einen
von später noch vielen Schlangenbeschwörern sehe ich. Die Schlange tut mir
leid und ich halte erst gar nicht an.
Zum
Abschluß der Rikschafahrt gibt es noch die große Moschee, Jamia Masjid, alle
müssen die Schuhe ausziehen. Ich natürlich auch. Ich mache hier nur ein,
zwei Fotos. Moscheen geben mir ein Gefühl der Beklemmung und des Unwohlseins,
und ich mag sie einfach nicht.
Jamia
Masjid delhi - Google-Suche
Dann
geht es im Auto wieder weiter. Grundsätzlich hupen ständig alle Fahrzeuge.
Wer nicht hupt ist tot, oder hat zumindest verloren.
Frauen
sitzen immer im Frauensitz hinten auf den Kleinmotorrädern
Heute
sind viele TukTuks am Streiken. Ja, OK, deren Fahrer. Bankleute auch. Aha,
deshalb die Demonstranten, die ich ein paarmal gesehen habe.
Im
Vergleich zum meistens wahnwitzigen Verkehr gibt es kaum Unfälle. Obwohl: Die
Leute sitzen ja alle auf der falschen Seite in ihren Autos – und so fahren
sie halt auch. Mein Rat: Starr nach vorne gucken, aber 360 Grad „fühlen“.
So machen es auch alle andern. Motorräder, TukTuks, PKW haben oft keine oder
kaputte Außenspiegel und fahren überhaupt nur nach Gehör und nach Gespür.
Dann
geht es zu einem großen Sikh-Tempel aus weißem Marmor. Ich brauche jetzt
viel Kraft und noch mehr todesverachtende Überwindung: Schuhe müssen
ausgezogen werden. Aber hier muß man auch noch die Socken ausziehen! Iiih!
Und dann müssen alle durch ein Fußbad waten, durch das vorher schon tausende
andere ungewaschene Füße schon gingen. Schrecklich! Um dann anschließend
auf feuchten Teppichen und rutschigen Marmorflächen weiter rumzulaufen. Ich
spüre es schon kribbeln. Und das Haupthaar muß man auch verhüllen. Mit
einem orangefarbenen Tuch, das vorher schon viele andere Leute benutzt haben.
Guru
Dwara Bangla Saheb - Google-Suche
Hier
werden jeden Tag zigtausend Mahlzeiten an jedermann ausgeteilt, egal ob reich,
ob arm. Ich möchte es aber aus Sorge um meine Gesundheit lieber nicht
probieren. Dependre führt mich, ob ich will oder nicht, auch durch die große
Küche und zeigt mir alles hautnah. Freiwillige und Festangestellte bereiten
alles vor und kochen hier in großen Bottichen. Die Abteilung zum Spülen
bekomme ich auch gezeigt. Falls jemand vorher noch Hunger verspürt hat – spätestens
jetzt ist jeglicher Appetit verschwunden.
Endlich
kann ich auch mal aufs Klo. Heißt hier very british „Toilet“ und nicht
„Restrooms“ oder was weiß ich. Und es ist akzeptierbar.
Zurück
nach Neu Delhi hinein haben auch wir leider etwas Stau, aber alles nicht so
schlimm. Man gewöhnt sich halt auch schnell an den Verkehr. Auf breiten Straßen
geht es am India Gate, an Ministerien und am Parlament vorbei.
Hier
sehe ich etwas mehr Polizei. Ich habe übrigens Glück mit meinem Fahrer, Anil
soll 2012 bester Chauffeur in seiner Firma gewesen sein. Und: Die beiden hängen
nicht dauernd an ihren Handys. Das wird sich aber noch ändern…
Die
Demonstranten demonstrieren noch immer und blockieren den Verkehr. Anil nutzt
jedes Schlupfloch.
Vögel,
eigentlich die überall vorhandenen Tauben, werden gerne mit Mais gefüttert,
den man hier überall für sie kaufen kann. Das gilt unter Hindus als gute
Tat. Und die Tauben danken allen durch ihre großzügigen Ausscheidungen.
Hunde bekommen leider nichts, sie sind alle mager oder gar ausgemergelt.
Leider sind sie nicht heilig. Kühen kauft ein braver Hindu übrigens frisches
Gras.
Ich
wechsle Geld und erhalte hier den besten Umrechnungskurs auf der Reise. Für
200 Euro bekomme ich 14.600 Rupien, also entsprechen 100 Rupien so in etwa
1,50 Euro. (Einfach beim Umrechnen zwei Nullen weglassen und die Hälfte
addieren.) Später wechsle ich noch zweimal, jedesmal etwas ungünstiger. Für
mich ungünstiger.
Delhi
hat 17 Mio. Einwohner und genauso viele Kühe, Wasserbüffel, Hunde, Katzen,
Affen, Eichhörnchen, Papageien. Und nochmal so viel Tauben. Übrigens Kühe
und Hunde: Die laufen hier tatsächlich überall herum, blockieren die Straßen
und Gassen und suchen mühsam nach etwas Essbarem. Niemand regt sich hier darüber
auf. Jeder muß halt sehen, wie er zurechtkommt.
Jeden
Tag kommen siebenhundert neue Autos dazu und verschlimmern das Chaos.
Dann
noch ein gewaltiger hoher Turm. Qutb Minar. Über siebzig Meter hoch in einer sehr großen Anlage.
Putzige grüne Papageien mit roten Schnäbeln fliegen hier herum. Die werde
ich auch noch oft sehen.
Eine
bemerkenswerte Eisensäule gibt es zu bewundern, unglaubliche 1.600
(eintausendsechshundert!) Jahre alt, aus rostfreiem schwarzen Eisen
geschmiedet. Eigentlich erst einmal etwas unscheinbar, aber dann erkennt man,
was die Handwerker damals schon geleistet haben!
An
vielen Baustellen sind Frauen in bunten Saris für die schweren Arbeiten zuständig.
Saris trägt man gerne auch bauchfrei. Vor allem, wenn der Bauch etwas
bauchiger ist.
Anschließend
halten wir noch kurz am wunderschönen Lotus-Tempel. Es gibt weltweit nur
sieben Tempel der Bahai-Religion.
delhi
lotus tempel - Google-Suche (Fotos)
Es
folgt der übliche Stopp an einem Geschäft, aber hier gefällt es mir nicht.
Außerdem kaufe ich schon lange keine Souvenirs oder Mitbringsel auf meinen
Reisen mehr.
Danach
kommen wir an einem Ferrari-Laden vorbei. Ja, die gibt es hier auch. Frage:
Was will man hier eigentlich mit einem Ferrari?? Andere Luxus-Sportwagen soll
es hier auch zu kaufen geben.
Das
heutige Highlight ist das Humayun-Mausoleum. Ja, sind wir denn schon am Taj
Mahal? Das Bauwerk hier ist wunderschön und ähnelt stark dem Taj Mahal. OK,
falsche Farbe, aber sonst fast ebenso schön. Oder täusche ich mich? Ich weiß
es nicht. Das Taj Mahal werde ich erst in ein paar Tagen zu sehen bekommen.
Dann werde ich vergleichen. (Zuhause lese ich dann später, daß das
Humayun-Mausoleum durchaus architektonisch als Vorläufer des Tadj Mahal
angesehen wird.)
Humayun-Mausoleum
- Google-Suche (Fotos)
Parken
kann man eigentlich überall, auch auf der Schnellstraße, die andern hupen
dir dann voller Freude zu.
17:45
Uhr. Wir sind zurück am Hotel. Zum Dinner holen mich Dependre und Anil um
18:30 Uhr ab.
Meine
Erkenntnis: Für Delhi sollte man mehre Tage planen, nicht nur einen. Vieles,
eigentlich das meiste, habe ich noch nicht gesehen.
Zum
Abendessen lade ich Dependre ein. Anil möchte nicht, bleibt solange im Auto
und ißt später lieber bei seiner Frau, sie haben hier in Delhi für den
Sommer eine Wohnung gemietet und wohnen eigentlich am Himalaya. Es gibt vier köstliche
Vorspeisen, zum Hauptgang noch ein paar verschiedene Gerichte, dazu Fladenbrot
und zwei Pitcher australisches Foster‘s-Bier. Anschließend verabschiedet
sich Dependre und fährt mit seinem Motorrad heim.
Donnerstag,
21.02.2013
Delhi
– Mandawa, 280 km, 6 Stunden
Zur
Stadt hinaus gibt es am Vormittag nur relativ wenig Verkehr, es läuft
jedenfalls, in die Stadt hinein herrscht Stau. Alle, wirklich fast alle
Zweiradfahrer fahren mit Helm. Technischer Zustand der Fahrzeuge? Interessiert
hier niemanden! Aber man braucht sehr gute Bremsen.
Wer
lässig sein will, fährt auf dem Strich. Überhaupt finden es viele cool,
einfach frech zu sein, jedenfalls außerhalb des Reglements eines Europäers.
Aber, niemand regt sich darüber auf. Und hupen tut ja sowieso schon jeder aus
Leibeskräften.
Anil
bezahlt den ersten Toll (Straßenmaut), lächerliche zwanzig Rupien. Es werden
noch viele Mautstellen auf dieser Reise folgen.
Wir
sind auf einer staubigen und schlaglöchrigen „Schnellstraße“ und fahren
Richtung Süden. Immer noch viel Smog und Dunst. Hier in Flughafennähe gibt
es viele teuer aussehende Bürogebäude aus Beton und Glas, viele weitere sind
im Bau.
Die
meisten Lkw sind von Tata, einem vielschichtigen Riesenkonzern, eigentlich ähnlich
wie Samsung in Korea. Die großen Lkw und auch die kleineren haben auffallend
Ähnlichkeit mit unseren Mercedes-Fahrzeugen. Zuhause lese ich später, daß
es seit 1994 ein Joint-Venture-Abkommen zwischen Tata und DaimlerBenz gibt.
Zur
Tata-Gruppe gehört inzwischen auch Jaguar und Land Rover und somit fahre ich
zuhause mit meinem neuen Range Rover eigentlich auch einen Tata.
Außer
den unzähligen Tata-Fahrzeugen sehe ich auch Eicher-Lkw und Traktoren, die
tatsächlich mit der früheren deutschen Firma irgendwie in Verbindung
gebracht werden können.
Oft
gibt es Fahrzeuge mit Reifenpannen am Straßenrand. Hoffentlich bleibt uns
dies erspart. An den Baustellen sieht es aus, als ginge es hier nie weiter.
Viele, viele Fahrzeuge, egal welcher Größe, sehen erbarmungswürdig aus.
Aber die „Straße“ ist auch oft ebenso erbarmungswürdig. Oft, sehr oft,
gibt es gemeine und kaum erkennbare Speed-Brakes, Fahrbahnschwellen, alle
Fahrzeuge müssen fast bis zum Stillstand abbremsen. Besonders gemein sind die
mit fünf, sechs Schwellen ganz kurz hintereinander.
Coca
Cola gibt es hier kaum zu sehen, in Indien beherrscht Pepsi den Markt. Und
McDonald’s.
Nach
einer Stunde verlassen wir die Schnellstraße und bewegen uns auf einer jetzt
zweispurigen Landstraße südwestlich. Neben den öffentlichen Schulen gibt es
auch hier unzählige Privatschulen. Die meisten Schulkinder tragen Uniform.
Deshalb auch die vielen Schulbusse in Indien.
Gelber
Raps blüht allerorten. Und kleine Weizenfelder gibt es. Ab April wird auch
Reis angebaut. Hier gibt es genug Wasser in der Gegend. Felder mit
Kichererbsen erkenne ich auch.
Langsame
Autos fahren rechts oder links, es ist egal, man überholt da, wo es etwas
mehr Platz gibt.
Auf
der NH 26 fahren wir durch Rewari und haben schlagartig freie Straße. Hier
ist es längst ländlich geworden. Später kommen wir durch Narnaul. In diesen
kleinen Orten ist immer sehr viel los, viel Verkehr, Gemüse- und
Sonstwas-Verkäufer, Motorräder, TukTuks, Kühe, Wasserbüffel, Hunde,
Schweine, Ziegen…
Anil
macht gegen 13 Uhr eine Pause zum Lunch und wird dies auch alle Tage so
beibehalten.
Hier,
und nur hier in dieser Region, sehe ich jetzt auch dreirädrige Goliaths, ja,
unsere deutschen Goliaths und Tempos aus den fünfziger Jahren. Die
Fertigungsanlagen sind wohl in den 60er-Jahren an die Bajaj-Werke nach Indien
verkauft worden und die Dreiräder sind dort bis ca. 2000 gebaut worden.
Vidal
& Sohn Tempo-Werk – Wikipedia
Wir
überqueren die unsichtbare Grenze nach Rajasthan, einem der größten
Bundesstaten Indiens. Was heißt unsichtbar? Die Straße ist schlagartig
wunderbar neu. Anil hält hier kurz an um die Tax zu bezahlen. Und gleich
darauf muß auch schon wieder neue Maut bezahlt werden. Aber die Straße ist
ja auch viiiel besser, eine andere Welt. Diese ständige Mautkassiererei ist
etwas lästig, aber es sind in der Regel meist nur kleine Beträge, fünfzig,
hundert Rupien, also etwa bis anderthalb Euro. Hier ist auch alles deutlich
sauberer.
In
den Orten sehe ich jetzt auch mehr Schweine, lebendige, vierbeinige, die im Müll
herumwühlen. Mit dabei sind manchmal viele winzigkleine süße Ferkelchen. In
jedem Ort gibt es sehr viele Obst- und Gemüse-Stände mit frischester Ware.
So etwas gibt es bei uns leider nicht.
Man
darf beim Fahren auf gar keinen Fall auf irgendjemanden Rücksicht nehmen oder
gar Vorfahrt gewähren, auch nicht bei Fußgängern, sonst hat man verloren.
Und das klappt. Meistens. Bisher habe ich noch keine Unfälle gesehen. Genauso
läuft es beim Überholen. Man darf nie zögern. Auch nicht bei Gegenverkehr.
Einfach rausziehen und überholen. Der Entgegenkommende nimmt dann schon Gas
weg, bremst oder weicht notfalls auf seinen Seitenstreifen aus. Und hupt vor
Freude. Oder blinkt mit seiner Lichthupe. Ist aber nie bös. Oder regt sich
gar auf. Selbst macht man es genauso.
Anil
fährt weiterhin sehr ordentlich. „Indisch“, aber etwas braver, weniger
riskant.
Wir
fahren weiter auf der 26, 13 und 8 und kommen durch Junhjunhu.
Von
Dependre habe ich gehört, daß der Tourismus in Indien gar keine so wichtige
Rolle spielen soll.
Benzin
kostet 0,72 Rupien, Diesel 0,50 Rupien, also etwa 1 Euro und 0,70 Euro.
Die
Wirklichkeit holt mich ein, ab Junhjunhu haben wir wieder die sattsam bekannt
schlechte Straße.
Das
heutige Hotel in Mandawa (Mandawa Castle) ist eine riesige uralte
verschachtelte Burganlage mit vielen Treppen, Gängen, Durchlässen,
Dachterrassen. Und großem Pool. Vom Rauch der Holzfeuer und vom Smog sind
viele Mauern schwarz, die renovierten sind gelb. Alles ist deutlich
mitgenommen. Die dringend notwendige Renovierung würde zig Mio. Euro
verschlingen. Ich bekomme die exklusive Turmsuite. Zwei Etagen, Wohnzimmer mit
Schaukel unten, Schlafzimmer und großes Bad mit Dusche und Badewanne oben. (Übrigens:
Schaukeln werde ich noch öfter in meinen Hotelzimmern haben. Offenbar liebt
man es hier zu Schaukeln.)
Das
Beste an meinem Zimmer: Ich kann endlich wieder mal die Fenster öffnen. Und
habe oben eine riesige Terrasse ganz allein für mich. Aber keinen Fernseher.
Schade, hier gibt es keine Wasserflaschen im Bad fürs Zähneputzen. (Wird
aber das einzige Hotel auf dieser Reise bleiben. Sonst gibt es immer genug
Wasserflaschen.) Föhn und Rauchmelder: Fehlanzeige.
mandawa
- Google-Suche (Fotos)
Der
hiesige Guide empfängt mich. Ich mag ihn nicht und frage deshalb gar nicht
erst nach seinem Namen. Er führt mich nach einer kurzen Pause zum
Frischmachen zu einem Bummel durch den Ort und zeigt
mir ein paar Hawelis, alte Kaufmannshäuser. Hier war früher eine
Zwischenstation der uralten Seidenstraße, weil die Pferde gegen Kamele bzw.
Dromedare getauscht werden mußten - die Wüste Thar fängt hier an. Fast alle
Hawelis sind sehr mitgenommen und dringend renovierungsbedürftig. Alle andern
Häuser übrigens auch. Und die hiesige Bankfiliale sieht genauso schlimm aus.
Ein
paarmal stinkt es in den engen Gassen, Entschuldigung, extrem nach Pisse.
Dieses derbe Wort ist das einzige, mit dem man den Gestank halbwegs ausdrücken
kann. Ein Gang ist so schmal, daß eine Kuh hier gerade noch durchpaßt - und
es folgt mir auch eine. Zurück geht also nicht, ich muß mich weiter durchkämpfen
und am besten nicht mehr atmen. Die Einwohner sind auch sonst nicht gerade
zimperlich und pinkeln überall hin, aber das sieht man in Indien ständig.
Die Leute spucken auch ständig dicke Flatscher auf den Boden, auch aus den
Autos und Lkws raus. Besonders gerne, wenn wir direkt dahinter sind.
Auch
hier sieht man natürlich überall die Armut der Menschen.
Anil
ist weggefahren und übernachtet auf eigene Kosten.
Risiko:
Zum Abendessen gehe ich ins Restaurant Monica in der Nähe und bin dort der
einzige Gast. Warum eigentlich? Hoffentlich geht das gut. Im Haus sieht es
nicht gut aus. Ich muß ganz nach oben bis auf die Dachterrasse. Und bestellen
muß ich auch lauter unverständliche Dinge. Aber Hauptsache, es ist
vegetarisch. Und ich vertrage es. Ich bekomme dann Blumenkohl mit Erbsen und
als Hauptgang Reis mit Erbsen und Knoblauch, mittelscharf und ganz OK. Dazu
ein Bier: Kingfisher. Kingfisher ist in Indien die meistverkaufte Biersorte.
Der Besitzer Vijay Mallya ist
ein Typ wie Richard Branson. Ganz in weiter Ferne ist ein Gewitter. Es blitzt
gewaltig.
Zurück
in der Hotelbar bekomme ich keinen Espresso mehr, dabei ist es erst 19:11 Uhr.
Da trinke ich halt noch ein (kleines) Kingfisher zu meiner erst zweiten
Zigarre dieser Reise. Jede Menge (laute) Schweizer sind hier untergebracht.
Nach dem heißen Tag ist es jetzt angenehm kühl, aber nicht zu kalt. Über
uns Sterne und der waagerecht stehende zunehmende Halbmond. Keine Schnaken.
Jetzt
muß ich erstmal mein Zimmer suchen gehen, alles sehr verwinkelt, irgendwie
noch mehr als vorhin. Immer noch kommen neue Koffer und Gäste an. Schweizer.
Es
ist erst 20:44 Uhr, als ich die Lichter lösche. Ja, es ist ein bißchen
beschwerlich mit indischen Lichtschaltern. Es gibt immer mehrere Gruppen von
Schaltern, in jedem Hotelzimmer, und es dauert etwas, die richtigen Schalter
zu finden. Mein Bett ist bretthart, noch härter als in Delhi.
21:33
Uhr. Das impertinente Telefon reißt mich aus dem frühen Schönheitsschlaf.
Man fragt überflüssigerweise, ob ich im Restaurant noch essen möchte. Ich würde
am liebsten eine, mmh, vielleicht etwas derbe Antwort geben - bleibe dann aber
natürlich höflich.
Mühsam
und lange Zeit vergeblich versuche ich, wieder einzuschlafen. Wenn nur das
endlose unglaublich laute und irgendwann sogar mir auf die nervengehende
Hundegebell da draußen nicht wäre. Die Hunde glauben offenbar, Wölfe zu
sein und bellen ohne Pause den Mond an. Es gibt keine Sekunde Ruhe. Werden die
denn nie müde?
Ab
und zu klingelt irgendwo eines der Zimmertelefone. Oder Gäste suchen laut
quatschend ihre Zimmer. Hier oben hört man alles.
Sie
sind aber wirklich eine Plage. Dabei sind doch die heiligen Kühe schon eine
Plage. Und die Tauben bzw. ihre Hinterlassenschaften. Am Nachmittag habe ich
beobachtet, wie eine Kuh hinterlistig (oder einfach nur hungrig?) Gemüse von
einem Verkaufswagen klauen wollte. Der Verkäufer hat ihr seine Meinung dazu
mit ein paar Schlägen auf die Nase kundgetan. Und ständig liegen die
frischen dampfenden Danksagungen der Rinder überall herum. Und Hundekot
gibt’s auch allerorten. Erkenntnis: Kein Glaube ist vollkommen. Oder ist es
vielleicht der Buddhismus?
In
Indien soll es über 80% Hindus, 10% Mohammedaner und dazu noch Buddhisten,
Jain-Anhänger, Sikhs, Christen und was weiß ich alles geben.
Ein
jagender Nachtvogel schreit draußen. Die Ohrenstöpsel aus dem Geschenk im
Flugzeug fallen mir ein und ich suche sie raus. Vielleicht kann ich dann eins
der Fenster doch wieder öffnen. Der Propeller über meinem Bett ist mir
jedenfalls viel zu laut. Wenn ich mich hier nicht mehr melde, haben sie
geholfen. (Von den Hunden habe ich übrigens noch in keinem Reisebericht über
Indien gelesen. Dabei gab es sie schon in Delhi überall.)
Freitag,
22.02.2013
Mandawa
– Bikaner, 280 km, 6 Stunden
04:10
Uhr. Laute Musik. Von draußen! Nein, es ist kein Traum!! Alle Gäste werden
lautstark beschallt. Eine Stunde lang. Die ganze CD wird gespielt. Warum? Weiß
ich doch nicht! Die sind hier echt bekloppt! Die Hunde haben etwas
nachgegeben, sind aber immer noch lautstark zu vernehmen. Man glaubt es
einfach nicht, wenn man es nicht selbst erlebt hat! Werden die denn nie heißer?
Oder schwach? Das Bellen kostet doch auch viel Kraft.
05:20
Uhr. Die Muezzins beginnen ihren Terror. Schwere Lautsprecherbatterien unterstützen
sie dabei.
05:45
Uhr. Es wird hell. Die Tauben außen an meinem Turm beginnen lautstark zu
gurren.
07:30
Uhr. Ich stehe endlich auf und gehe zum Frühstück.
Abfahrt
um neun. Wetter sonnig und warm. Alles im Ort verfällt. Total. Jetzt ist es
überall deutlich zu sehen.
Sand,
endlose Wüste und kahle Bäume. Die Bäume strecken ihre nackten Äste nach
oben. Fast wie im Joshua Tree National Park. Ihre jungen Triebe sollen ihnen für
irgendeine Medizin abgeschnitten werden.
Frauen
tragen dicke Bündel mit Brennholz „nach Hause“, also in ihre Unterschlüpfe,
Behausungen, mmh, also dahin, wo sie leben.
Fatehpur.
Anil hält kurz an, damit ich ein paar Fotos schießen kann. Dieser Ort sieht
etwas besser aus. Nein, nicht besser, lebhafter. Hier ist richtig was los. Unzählige
Händler, vor allem mit Gemüse. Am Straßenrand oder in ihren winzigen Läden.
Natürlich gibt es auch hier in Indien einen Handyladen neben dem andern. Die
Straße im Ort ist allerdings nicht besser. Wieder suhlen sich Schweine im
Schlamm genüßlich am Straßenrand. Viel Wasser steht auf der Straße. Kühe
und Hunde, dazu der Verkehr. Und Esel, vierbeinige.
Gelbe
Schulbusse fahren herum und sammeln die Kinder in ihren Schuluniformen ein.
Tote
Tiere bleiben liegen. Aha, deshalb also die Kuhfänger an vielen Autos.
Die
Straße ist etwas eintönig. Wir fahren auf der NH 41 und später auf der 11.
Einzige Abwechslung hier in der Wüste Thar bietet eine geschlossene
Bahnschranke.
Anil
fährt 90 km/h. Wenn es geht. Ein Schild sagt, vierhundertneunundfünfzig
Kilometer nach Delhi. Soviel sind wir also schon gefahren.
Ankunft
schon um 12:45 Uhr am Hotel Laxmi Niwas Palace aus rotem Sandstein in Bikaner.
Die ehemalige Maharadscha-Familie soll hier noch wohnen.
Übrigens:
„Maharadscha“ ist ein Hindu-König. Ein „Mogul“ ist das gleiche, aber
unter Moslems. Beide Titel wurden 1971 abgeschafft.
Ich
bekomme zur Begrüßung einen roten Punkt aus Wachs auf die Stirn gedrückt.
Mein Zimmer ist OK, könnte aber besser sein. Einzelreisende bekommen halt
gerne die weniger guten Zimmer. Wenigstens gibt es TV, Föhn und Papiertücher.
Das
Zimmer ist klein nach der Suite gestern. Angeblich soll es ein besonders schönes
Zimmer sein. Hauptmanko: Man kann hier nirgends aus dem Fenster sehen, alle
sind verbarrikadiert und haben nur ganz winzig kleine Öffnungen, um Luft zu
bekommen. Hinausschauen geht nicht. Es gibt im Palast kein einziges richtiges
Fenster zum Rausgucken. Nirgends. Ich habe keine Lust, jetzt noch einmal zu
tauschen. Es würde ja auch nichts nutzen. Immerhin liegt mein Zimmer
wenigstens im zweiten und obersten Stock.
Um
13:45 Uhr erwartet mich Anil zusammen mit dem hiesigen Guide vorne am Eingang
zur Stadtbesichtigung. Die TukTuks fahren hier alle mit Diesel,
umweltfreundlicheres CNG gibt es in Indien nur in ein paar Großstädten.
Die
Hawelis sind hier deutlich höher, größer, prächtiger. Und vor Staub
schmutziger. Überhaupt alles ist schmutzig und verkommen. Dazu auch hier das
ganze Viehzeug. Besonders Kühe, Büffel und Hunde wühlen im Müll und essen
auch Papier oder Pappe. Der Verkehr in den meist engen Gassen ist ein einziges
Chaos, trotzdem läuft es irgendwie, auch wenn es im Gegenverkehr der
Menschen, TukTuks, Motorräder, Fahrradrikschas, Tiere noch so eng wird.
Im
kleinen Jaintempel muß ich diesmal nur die Schuhe ausziehen. Der Eintritt ist
kostenlos, fürs Fotografieren muß ich einen kleinen Obolus (30 Rupien)
bezahlen. Dann geht es durch den Markt zurück ans Auto, das am Fort auf uns
wartet.
Ich
glaube, einmal Indien reicht mir. Aber bestimmt werde ich zuhause schon bald
meine Meinung wieder ändern. Vor allem, wenn ich mir die Fotos ansehe.
Die
Bahnschranke ist wieder zu, das scheint hier eine wichtige Bahnstrecke zu
sein, ständig hört man auch das Gehupe der Züge. Das TukTuk (300 Rupien,
viereinhalb Euro) muß ich merkwürdigerweise selbst bezahlen.
Vor
dem Abendessen kann ich endlich mal ins Internet. Das Dinner beginnt um 19:30
Uhr, es gibt Buffet, für 1600 Rupien, danach spielt eine Musikgruppe und ich
rauche endlich meine Zigarre.
Samstag,
23.02.2013,
Bikaner
– Jaisalmer, 340 km, 6 Stunden
Aufstehen
um 7:00 Uhr. Mein Bett war hart aber es ging, dazu gab es ebenso harte
unbequeme Kissen.
Nachts
gab es wieder zwei Gewitter. Hunde waren nur in der Ferne zu hören.
Abfahrt
9:00 Uhr. Der Himmel ist bedeckt. Die Sonne geht heute Morgen nicht auf. Ich
meine, sie ist hinter viel Dunst versteckt. Die Straßen sind noch feucht und
naß, dafür aber auch nicht staubig.
Bikaner
ist ganz schön groß. Wenn hier mal ein deutsches Auto herumfährt, dann ist
es oft ein Skoda. Oder ein VW-Polo. Die meisten Autos sind in Indien übrigens
weiß.
Hinter
der Stadt beginnt sofort wieder Wüste, aber mit oft grünen Bäumen. Die Straße
ist mal wieder neu.
Heute
haben wir eine doppelt so weite Strecke zu fahren. Jede Menge riesige
Abraumberge gibt es links, wir fahren auf der 15 nach Westen.
11:45
Uhr. Es wird fruchtbarer. Längst ist es wieder sonnig und gut warm.
Unterwegs
kommen wir an einem Lkw-Unfall vorbei, ich sehe aber keine Polizei, keinen
Abschleppwagen, nur Personen und Autos, es staut sich. Der Unfall muß schon
nachts passiert sein.
Wir
haben diesmal Glück, vier Bahnübergänge sind offen. Rehe gibt es kurz zu
sehen, als sie die Straße vor uns eilends überqueren.
Vom Reiseveranstalter ruft man an und fragt mich, ob alles in Ordnung ist. Es
ist. Anil lädt mich zur Hochzeit seines Bruders im November ein. Im Himalaya.
Da ist es mir aber viel zu kalt, besonders in der Jahreszeit. Ich lehne
dankend ab.
12:45
Uhr. Lunchpause mit schrecklichem Tee. Nach der Weiterfahrt ruft der neue
Guide an, um das Programm mit mir zu besprechen.
Anil
erhält jetzt doch mehr Anrufe und SMS, ich finde es etwas lästig. Doch damit
muß man leben, daß jeder Gesprächspartner ständig angerufen wird, ich fände
es indes besser, wenn er seine Handys ausschalten würde. Aber ich bin ja
sowieso ein Feind aller Handys.
Viele
Ziegen und weniger Schafe gibt es hier in der Wüste. Kamele gibt’s natürlich
auch; sie müssen schwerbepackte Karren ziehen. Vor der Stadt wird es
schlagartig anders, Berge, Hügel, Bäume, Verkehr, städtisch, sehr viel
Militär wegen Pakistan, die Grenze ist nur noch ca. 150 Kilometer entfernt.
Mir
fällt ein: Wer in Indien Hupen herstellt, hat bestimmt ein sorgenfreies
Auskommen.
Ankunft
in Jaisalmer, der „Goldenen Stadt“ (Golden City) mit ca. 80.000
Einwohnern, um 14:40 Uhr. (Spricht man „Scheeselmee“ aus, Betonung auf der
ersten Silbe.) Golden City heißt die Stadt, weil alle Häuser aus gelbem
Sandstein erbaut sind und gülden im Sonnenschein leuchten.
Der
neue Guide erwartet uns am ausgemachten Treffpunkt und heißt Gajendra. Er erzählt,
daß auch hier früher die alte Seidenstraße verlief und daß die Stadt
deshalb schon immer reich war.
Erster
Besichtigungspunkt: Der Gadsisar-See. Es ist ein künstlich angelegter großer
See. Viele beeindruckende Tempel gibt es. Und Welse. Sie gelten als heilig und
dürfen mal wieder nicht gegessen werden. Stattdessen werden sie von einigen
Leuten gefüttert. Das soll ihnen und den Fischen gutes Karma bringen. Die
Leute fahren mit Tret- und Ruderbooten raus aufs Wasser.
Dann
laufen wir durch die engen Gassen der Stadt. Auch hier ist der Dreck und
Abfall schlimm. Die Wohnverhältnisse sind kaum vorstellbar, vielleicht noch
schlimmer als in Ägypten. Und an die Kühe, Hunde, Tauben (und an deren
Exkremente) kann man sich wohl nie gewöhnen.
indien
ganesha - Google-Suche (Fotos)
In jeder Straße sind ganz bestimmte Handwerker ansässig. Hier sind die
Hawelis tatsächlich ganz etwas anderes. Riesig, und man ahnt wirklich noch
die vergangene Pracht. Ein Haweli sehe ich mir zusammen mit Gajendra auch von
innen an. Aber, bisher habe ich immer vergleichsweise hohe Treppenstufen
gehabt und das wird auch weiterhin so bleiben. Hier auch. Wie haben die
Menschen nur die schweren Lasten so hohe Treppenstufen rauf- und
runterschleppen können?
Schock:
Zwei Behinderte kommen vorbei. Total abgemagert und mit verkümmerten Gliedmaßen
rollen sie sich seitlich am Straßenrand entlang, scheinen aber trotzdem guter
Dinge zu sein. Ich fühle mich total hilflos und kann gar nicht richtig
hinschauen. Sie machen jedenfalls keine Purzelbäume, sondern rollen wirklich
seitlich. Das Elend in Indien ist grenzenlos und macht einen ganz klein.
In
der Nähe stehen an die hundert modernen Windräder und es werden noch mehr
gebaut. Fast schon wie zuhause im Hunsrück, wo wir die höchste Windraddichte
Deutschlands haben dürften.
Tja,
manchmal reicht es eben doch nicht ganz, so wie die hier fahren. Auf dem Rückweg
kommen wir an einem Unfall mit mehreren Lastwagen vorbei. Der war vorhin auf
der Herfahrt noch nicht. Wieder keine Polizei zu sehen.
Gajendra
empfiehlt mir ein Restaurant in der Stadt, das ich dann auch fürs Abendessen
aufsuche.
Ich
esse ein wundervolles Thali für 900 Rupien, oben auf der Dachterrasse, mit
herrlichem Ausblick, Anil wartet solange unten. „Thali“ besteht aus
mehreren verschiedenen Gerichten in kleinen Näpfen, zusammen mit einem
Blechtablett, zu denen es Fladenbrot gibt. Eine Süßigkeit gehört auch immer
dazu. Und, für mich, ein unvermeidliches Kingfisher.
Mein
Hotel Suryagarh ist fünfzehn Kilometer weit draußen, es ist schon dunkel als
wir hinfahren. Ein paar Fahrzeuge kommen uns auf der Landstraße ohne oder mit
nur wenig Licht entgegen. Das Hotel ist neu, riesig wie ein Fort. Nein, wie
ein Palast.
Raman
empfängt mich und nimmt mir alle Formalitäten des Eincheckens ab. Ein Gast
hat sogar seinen Hund mitgebracht, einen Golden Retriever, sehr brav, er weiß,
daß er von jedem Gast bewundert wird und genießt es.
Schon wieder bekomme ich ein „Bindi“, den berühmten roten
Punkt aus Wachs als Zeichen des Segens und des Respektes
für die Gäste des Hauses auf die Stirn gedrückt. Ich
würde es am liebsten verweigern, trau mich aber aus Höflichkeit dann doch
nicht.
Mein
Zimmer in der zweiten und obersten Etage ist groß und schön mit Aussicht auf
Straße und Wüste hinaus. Hier gibt es alles, natürlich auch Rauchmelder.
Das Bett ist riesig, ich habe selten ein so breites Bett gehabt; das
Badezimmer auch, es gibt sogar normale Fenster und man kann sie auch öffnen.
Zum
Dinner spielt oben auf einer der Terrassen eine kleine Musikgruppe mit diesmal
zwei Tänzerinnen. Ich genieße zum Bier meine Zigarre. Nur leider sind die
Sitzgelegenheiten wirklich total unbequem, zum Sitzen kaum geeignet.
Mein
Bett ist weich, die vielen Kissen noch mehr. Frische kühle Nachtluft strömt
zu mir herein. Ich schlafe hervorragend. Die Hunde draußen in der Wüste stören
kaum.
Sonntag,
24.02.2013
Zweiter
Tag in Jaisalmer
Aufstehen um 7:30 Uhr, mein Blick geht in die Wüste, es ist dunstig und kalt.
In der Nacht hatte ich Besuch - von einem seltenen Moskito. Drüben im Osten
geht die rote Sonne im Dunst auf.
Diesmal
verlasse ich etwas ungern mein Bett, die paradiesische Matratze und die Wohlfühlkissen
waren einfach zu bequem. Dieses Hotel ist zweifellos das schönste auf dieser
Reise.
Beim
Manager meckere ich etwas herum, ich sitze draußen im Innenhof (als einziger
Gast) und werde hier kaum bedient. Danach klappt es etwas besser. Alle anderen
Gäste sitzen langweilig innen. Er ist sich nicht zu schade, mein Geschirr
wegzuräumen. Ah ja, natürlich, der Hund gehört ihm.
Abholung
9:15 Uhr. Anil schlief mit fünf andern Fahrern in einem auch für Inder sehr
schlechten Zimmer.
Jetzt
in der Morgensonne sehe ich erst die wahre Pracht und Schönheit des Hotels.
Wunderschön!
Wir
fahren gleich zu den Kamelen, unterwegs picken wir Gajendra auf. An diesem
Wochenende findet das „Desert Festival Jaisalmer“ vom 23. bis 25.02.2013
statt. Ganze drei(!) bunt geschmückte Kamele mit entsprechenden stolzen
Reitern stellen sich zur Show – und zur Wahl. Viele tausend Menschen
versammeln sich hier nach und nach.
Beim
nächsten Wettbewerb stellen sich zehn Kamelreiter mit ihren Tieren auf und
ziehen sich bis auch die Unterwäsche aus. Dann erfolgt der Start: Alle müssen
sich ihre Sachen anziehen und auf ihrem Kamel aufsitzen. Wer dann noch zehn
Meter zum Ziel geritten ist und als erster ankommt, hat gewonnen.
Danach
werden die Zuschauer zum Tauzieh-Wettbewerb aufgefordert, erst mit Männern,
dann mit Frauen. Jeder und jede kann mitmachen.
Das
reicht mir dann, es wird mir hier zu langweilig und viel zu heiß; die Sonne
knallt ganz schön. Später soll es noch Wettbewerbe um den schönsten
Schnurrbart und Turban geben, Kamel-Polo, Kamel-Rennen und vieles mehr. Es
wird wohl alles so, Entschuldigung, dilettantisch bleiben - OK, ich korrigiere
mich - so klein und überschaubar bleiben.
Hier
sehe ich unter den vielen geparkten Autos auch wieder einen Ambassador, der in
Indien von 1957 bis 2006 gebaut worden ist. Ich liebe diese Autos und es gibt
ihn natürlich auch noch häufig im Straßenverkehr, hauptsächlich im städtischen
Bereich, angeblich ursprünglich mal in weiß für die Regierung, hellblau für
die Luftwaffe und schwarz für die Armee - oder grün/gelb als Taxi in Delhi.
Und ganz alte in silber. Das Auto soll mit seinem schweren Eisenrahmen sehr
stabil sein. (An moderne Crash-Tests sollte man im Zusammenhang mit diesen
Autos aber lieber nicht denken. Oder an ihre Kontrahenten…)
indien
ambassador - Google-Suche (Fotos)
Hier begegne ich auch dem König der Wüste, Mr. Desert 2013. Er will sich
unbedingt mit mir ablichten lassen und ich tue ihm den Gefallen natürlich
sehr gerne.
Heute
zeigt mir Gajendra das Fort. Neben dem Palast gibt es hier oben ausnahmsweise
auch viele Wohnhäuser und noch mehr Läden. Dazu kleine Hotels und
Restaurants. Man könnte in all dem bunten Treiben durchaus auf den Gedanken
kommen, noch im Mittelalter zu leben. Wenn nicht die unzähligen Mopeds,
Roller und Motorräder herumführen, meistens mit zwei, drei Männern drauf.
Sie hupen fortwährend, quetschen sich aneinander und an den Leuten vorbei.
Dazu wie immer Kühe, Ziegen, Schweine, Hunde und Katzen. Und Kinder. Niemand
nimmt auf irgendwen Rücksicht. Außerdem der ganze Müll.
Jaisalmer
Fort - Wikipedia, the free encyclopedia (leider
englisch)
jaisalmer
fort - Google-Suche (Fotos)
Dann
die Kloake, kleine Rinnsale rechts und links in allen Gassen. Da kann man sich
einfach so erleichtern, egal ob Mann, ob Frau…
Die
Kühe haben oft dicke Bäuche, aber nicht vom Essen, ja, doch vom Essen, sie
fressen nämlich leider auch jede Menge Plastik. Und das liegt überall rum.
Sie fressen eigentlich alles was herumliegt, außer Steinen und Metall. Vom
Plastik schwellen ihnen dann die Bäuche an und sie sterben irgendwann
qualvoll. Der Plastikmüll ist offensichtlich überall ein schweres Problem.
Oben
im Fort gibt es den riesigen Jain-Tempel, eigentlich sind es, wenn ich mich
richtig erinnere, sieben oder acht Tempel. In ihnen sind ihre 6.666 Götter
leibhaftig als kleine und große weiße Marmor- und goldene Messingfiguren
untergebracht. Alle sind gleich, endlose Reihen hinter Gittern, nur
unterschiedlich groß. Und dann gibt es noch, ich glaube, viele Propheten. Die
Tempel beeindrucken durch unglaublich fragile und filigrane
Steinschnitzereien. Wundervolle künstlerische und detailreiche Reliefs und
Skulpturen mit mythologischen Szenen gibt es hier. Und zahllose Tänzerinnen.
Nein, nicht zahnlose…
Zwischendurch ein
indisches Bonmot von Anil:
“Don’t
hurry, don’t worry,
eat chicken and no curry!”
Anil
ist ansonsten stets betont korrekt und läßt sich immer noch zu nichts
einladen.
Um
13:50 Uhr sind wir zurück im Hotel. Nein danke, ich möchte nicht nochmal auf
die Desert Fair, auch nicht zum Camel Tatoo, egal was das ist, auch nicht zum
Kamelreiten. Kamelreiten ist sowieso nichts für mich. Beim Aufstehen und
Hinsetzen der Kamele gibt es häufig Verletzungen, besonders bei Männern, und
dann nerven da Millionen von Fliegen. Das alles muß ich nicht noch einmal
haben. Nicht heute.
Nein,
ich möchte auch nicht die übrig gebliebenen Mauern der toten Geisterstadt
besichtigen, und auch nicht nochmal durch die Stadt bummeln und das Elend dort
sehen. Ich möchte lieber etwas ausruhen, in der Sonne sind es bestimmt weit
über 30 Grad. Gajendra wird deshalb dankend entlassen.
Ich
wasche ein paar Wäschestücke. Auf dieser Reise habe ich zum ersten Mal nicht
für jeden Tag ein frisches Hemd mitgenommen. Das Wasser aus dem Hahn ist
etwas braun. Das Trinkgeld für den Zimmerboy hat man nicht angenommen.
Mein
Bettlaken hat am Fußende zwei graue Flecken. Ich sehe lieber nicht genauer
nach. In den beiden letzten Hotels wollte ich es erst gar nicht wissen. Delhi
war natürlich OK.
Kinder
lächeln mich oft an oder wollen fotografiert werden, ohne Hintergedanken.
Manchmal muß ich mich zu Leuten stellen und werde fotografiert. Aber,
erwachsene Inder gucken Touristen gerne auch mal so unfreundlich wie möglich
an. Doch es gab auch dabei ein paar Ausnahmen.
Hindufrauen
tragen oft die schönsten Saris in wunderschönen Farben, man erwartet dann
immer eine mehr oder weniger schöne Frau. Wenn ich sie dann aber von vorne
sehe, sind sie meistens sehr alt und, Entschuldigung, nicht schön anzusehen,
meistens fehlen ihnen Zähne, eigentlich abstoßende Gesichter für mich,
meist von eher sehr dunkler Hautfarbe, im Grunde fast wie Zigeunerinnen bei
uns. Ja, OK, ich sage lieber Rumäninnen. Der hier abgekürzte Begriff der
„S+R“ kommt mir nicht über die Lippen.
An
der Kleidung und/oder Frisur (oder Turbanfarbe) erkennt man übrigens oft die
entsprechende Religion der Leute. In Indien gibt es viel mehr Moslems, als ich
gedacht hatte.
Ich
sehe oft Motorradfahrer mit Tüchern vorm Mund. Das sind meistens Anhänger
des Jain-Glaubens; sie dürfen auch versehentlich keine Insekten töten oder
verschlucken. Damit sie sie auch nicht zertreten, kehren sie beim Laufen den
Weg vor sich. Und schaden ihnen dadurch bestimmt viel mehr…
Zum
Glück wohne ich diesmal außerhalb, deshalb höre ich auch nicht dauernd das
unerträgliche Geschrei der Muezzins.
Hier
gibt es natürlich auch endlich wieder Rauchmelder. Meine Brandkatastrophe
liegt schon so weit zurück, daß ich sie längst vergessen habe und nur noch
selten entsprechende Alpträume habe.
Jeder
fährt wie er will. Es gibt keine Regeln. Außer links zu fahren, meistens.
Hauptsache, die Hupe macht viel Lärm, auch wenn die Vorderleute im Stau gar
nicht weiterkönnen. Übrigens Hupe, Anil hat noch nicht ein einziges Mal
gehupt; er fährt vorbildlich und könnte ruhig manchmal etwas mehr Gas geben.
Rücksicht auf irgendwelche Fahrzeuge, Menschen, Tiere gibt es nicht. Die überlebenden
Tiere wissen das. Ja, gut, Kühe werden irgendwie umrundet. Totgefahrene Tiere
bleiben am Straßenrand liegen und bekommen dicke Bäuche. Jeder fährt für
sich, gerne auch als Geisterfahrer, wenn es einem persönlich nützt. Niemand
regt sich auf.
Auf
der Landstraße kommen einem ständig riskant überholende Fahrzeuge hupend
und blinkend entgegen, jeder deutsche Autofahrer bekäme sofort einen
Herzinfarkt. Hier ist das alles kein Problem, man muß dann halt mehr oder
weniger stark abbremsen. Meistens stärker. Oder kurzentschlossen auf den
staubigen Straßenrand ausweichen. Oder besser dorthin flüchten.
Auch
wirklich kurz vor einem scheren gerne und unvermittelt entgegenkommende
Fahrzeuge, Autos, Lkw, Motorräder aus, um zu überholen. Ich glaube nicht, daß
hier ein Europäer ein Auto mieten sollte - oder überhaupt bekäme. Ich
lieber auch nicht. Kairo war dagegen noch einigermaßen zivilisiert. Hier ist
alles noch deutlich verschärft.
Ich
bin froh, daß ich noch keinen Durchfall oder Erkältung bekommen habe. Poch,
poch, poch, dreimal-auf-holz-klopf.
Da
es noch etwas länger dauert, rauche ich meine Zigarre ausnahmsweise vor dem
Abendessen. Hier im Hotel gibt es den einzigen Indoor-Pool dieser Reise, aber
natürlich auch nur mit kaltem Wasser.
Der
Restaurantchef kennt keine Gnade mit mir, nicht eine Minute früher als 19:30
Uhr darf ich Platz zum Dinner nehmen. Ich muß ein bißchen betteln und treu
aus den Augen gucken, dann darf ich aber an einem angeblich reservierten Tisch
draußen im wunderschön beleuchteten Innenhof Platz nehmen.
Zum
Abendessen nehme ich wieder dieses wundervolle Thali. Hier ist es aber auch
nicht besser, nur mehr als zweieinhalbmal so teuer. Dazu wie immer ein
Kingfisher. Also alles wie gestern. Thali paßt einfach hervorragend zu mir.
Ich liebe es schon jetzt und könnte es jeden Tag essen.
Montag,
25.02.2013
Jaisalmer
- Jodhpur – Rohet, 350 km, 6 Stunden
Das
Wetter ist nach dem Morgendunst wie immer sonnig und heiß. Wie schon gestern
Morgen singt eine verhangene vermummte Frau im Sari eintönig monotone Gesänge
zum Frühstück. Liebenswerte Pfautauben turteln miteinander im Innenhof.
Abfahrt
um 9:00 Uhr. Anil ist wie immer pünktlich da, er kommt immer nur ein, zwei
Minuten früher als ausgemacht. Er betrachtet dies als zwingende Verpflichtung
und ist damit sehr professionell. Er trägt immer ein hellblaues frisch
gewaschenes Hemd und eine dunkelblaue Hose. Sein Alter beträgt neunundzwanzig
Jahre.
Erneut
sehe ich eine stattliche Anzahl Windräder. Neue sind im Bau.
Bis
jetzt ging es ab Delhi stets in westlicher Richtung, ab heute fahren wir die nächsten
zwei Ziele in südöstlicher Richtung an. Wir müssen erstmal zwei Stunden auf
der 15 zurück, auf der wir vorgestern herkamen.
Als
Sicherheitsabstand genügt eine Fahrzeuglänge - vorausgesetzt, man ist sehr
sicherheitsbedürftig. Hinten auf dem fahrenden Motorrad wird auch gerne mal
gesimst.
Die
Kühe trotten betont gleichmütig, geradezu gemächlich auf der Straße, sie
wissen offenbar, daß ihnen nichts passieren kann. Meistens. Hunde sind oft
etwas unvorsichtiger. Sie sorgen mit ihrer Unbekümmertheit immer mal wieder
dafür, daß mir der Atem stockt.
Vor
und hinter den Bahnübergängen zwingen brutale Speedbrakes jedes Fahrzeug
fast bis zum Stillstand ab.
Anil
tankt in Pokaran. Hat er bisher immer gemacht, wenn ich nicht dabei war.
Diesel kostet 51 Rupien, 70 Eurocent. Das Auto ist morgens immer frisch
gewaschen. Die Scheiben natürlich auch. Innen auch alles sauber. Dazu drei
frische Trinkwasserflaschen. Leere werden gegen volle ausgetauscht. Da gibt es
einfach nichts zu meckern.
11:04
Uhr. Wir biegen hier in Pokaran auch endlich rechts auf die 40 und später auf
die 61 ab. Bisher ist es draußen eintönig, Wüste, Büsche, Kühe, Ziegen,
Schafherden, Stromleitungen. Und Sonne satt. Und wenig Verkehr.
Man
sollte hier nie auf seiner Vorfahrt bestehen, die hast Du nämlich nicht. Da
kannst Du Dir die Seele noch so sehr aus dem Auto hupen. Die entgegenkommenden
scheren einfach betont langsam rechts und links raus und stören sich an
nichts. Halt, doch, auf die Kühe nimmt man Rücksicht. Man lebt hier einfach
in friedlicher Koexistenz.
Ganz
selten sehe ich mal einen Lkw von MAN. Die Lkw sind eigentlich immer von Tata.
Traktoren sind hier meistens neue rote Massey Ferguson MF 1035 DI.
Hohe
Sanddünen wachsen hier. Anil hält leider nicht von selbst an sehenswerten
Stellen an, obwohl er es mir anfangs doch versprochen hat. Bis ich registriert
habe, daß da doch eigentlich etwas fotografiert werden könnte, ist es schon
viel zu spät und wir müßten mühsam wenden, was bei dem Verkehr oft gar
nicht möglich ist. Naja, da fällt sein Trinkgeld zum Schluß auch nicht so
üppig aus. Schade.
Um
kurz nach zwölf wie immer kurze Lunchpause in einem ausnahmsweise mal
wunderschönen und sauberen gepflegten Resort. Unter schattigen Bäumen. Hier
wäre ich gerne über Nacht abgestiegen. Wie mein Hotel heute Abend wohl
werden wird?
Kurz
vor Jodhpur (1 Mio. Einwohner) plötzlich ganz schlechte Straße mit tiefen
Schlaglöchern. Wenn ich das vorher gewußt hätte, wäre ich zuhause
geblieben. Die Straße ist zu schlecht, man wird ständig schwer hin- und
hergeschüttelt. Mühsam geht es von Schlagloch zu Schlagloch. Kaum zu
glauben, daß unser Toyota schon über 160.000 Kilometer drauf hat. Man sieht
es ihm jedenfalls nicht an. Überall Steinbrüche und Steinmetze. Hellen weißen
Sandstein gibt es hier.
14:23
Uhr. Wir machen einen kleinen Schlenker und fahren durch Jodhpur, obwohl merkwürdigerweise
nicht im Programm enthalten. Deshalb muß ich das Eintritt-Ticket für das
Fort Meherangarh hier auch selbst bezahlen. Das spare ich mir und mogle mich
versehentlich einfach unter eine Gruppe Franzosen. Mit einem viel zu kleinen
Aufzug fahren wir hinauf.
Fort
Meherangarh jodhpur - Google-Suche (Fotos)
Die
Stadt wird „Blue City“, blaue Stadt genannt. Die blau angemalten Häuser
der Stadt liegen weit unter mir. Als Grund für die blaue Farbe gibt es
mehrere Erklärungen: Zur Abwehr von Termiten und Moskitos. Als Ausdruck zur
Zugehörigkeit der Kaste der Bramanen. Und, ganz profan: Einer hat vor
vierzig, fünfzig Jahren als Erster sein Haus blau angemalt und alle andern
haben es ihm nachgemacht. Hier werden viele Textilwaren hergestellt.
Hoffentlich mit ungiftigen Farben.
Immer
wieder absolut ungewohnt ist der Anblick von Frauen in bunten Saris, die auf
Baustellen Steine und Mörtel auf ihren Köpfen schleppen.
16:36
Uhr. Wir kommen am Hotel Rohetgarh in Rohet (auch Rohat) an. Schon wieder
eines dieser Heritage-Hotels. Heritage bedeutet in etwa „denkmalgeschützt“
und die Häuser haben eine lange Geschichte. Es sind in der Regel uralte
Burgen, Schlösser, Paläste. Alles ist schrecklich alt, alles ist stark
heruntergekommen oder war noch nie in Schuß. Der Besitzer hier war wohl früher
mal ein Maharadscha und soll mit seiner Familie im Palast wohnen. Ich persönlich
mag diese Heritage-Hotels einfach nicht so sehr.
Ich
sitze im Garten bei Tea and cakes (Tee übrigens immer vom Teebeutel) und
genieße die wohltuende schattige Kühle auf frischgemähtem englischen Rasen
in der untergehenden freundlichen Sonne. Angenehm, hier im Garten zu sitzen
und etwas auszuruhen. Von einer Dachterrasse aus sieht man auf einen schönen
See.
Natürlich
höre ich auch hier wieder schrecklich viele Engländer mit ihrer
hochgestochenen Aussprache. Mit im Haus wohnt auch ein Hund, ein gutmütiger
hellbrauner Labrador.
Ich
laufe durchs Dorf, kann aber so gut wie nichts fotografieren. Ein kleiner
Junge läuft mit mir und zeigt und erklärt mir alles. Ob ich will oder nicht;
er läßt sich nicht verscheuchen.
19:03
Uhr. Schnell ist es dunkel geworden. Ich bin auf dem Weg ins Restaurant auf
der Dachterrasse, als gerade ein neuer Bus aufgeregter lauter französischer Gäste
eintrifft. Ich habe Glück und das Restaurant ist noch ganz leer. Es gibt
Buffet für 1.200 Rupien (18 Euro). Naja, die können hier ihr Monopol natürlich
ausnutzen, weit und breit bekommt man sonst nichts zu essen. Dazu das
inzwischen längst zur Gewohnheit gewordene Kingfisher, das ja gar nicht mal
so schlecht schmeckt. Das Abendessen ist perfekt. Ich liebe indisches Essen.
Mein
anderer „Freund“, der Muezzin, hat sich auch schon lautstark gemeldet.
Hier oben, im Rooftop-Restaurant, war er jetzt besonders gut
zu vernehmen. Er faßte sich aber kurz und seitdem ist es wieder angenehm
ruhig. Die Franzosen sind offenbar in ihren Zimmern geblieben. Die Hauptstraße
und der eigentliche Ort ist etwa einen wohltuenden Kilometer entfernt.
Romantisch:
Jasmin blüht und duftet direkt vor meiner Zimmertür. Ich liebe Jasmin.
Einfach traumhaft. Aber: Kein TV, kein Rauchmelder, kein Föhn. Mein Bett ist
diesmal sehr hoch, die breite Matratze sehr weich. Kissen hart.
Dienstag,
26.02.2013
Rohet
– Udaipur, 250 km, 5 Stunden
Abfahrt
9:30 Uhr auf der 65. Es ist wie immer sonnig.
Anil
hält unerwartet an einem Parkplatz an. Viele Leute und ein winziger
„Tempel“ sind hier. Ein Motorrad gibt es zu sehen und zu bestaunen. 1998
ist hier ein 22jähriger betrunkener Sohn einer königlichen Familie tödlich
verunglückt. Das Motorrad wurde zur nächsten Polizeidienststelle gebracht.
Erstaunlicherweise ist es dann ganz allein an die Unglücksstelle zurückgefahren.
Das ganze Hin und Her ist in der Nacht damals mehrmals passiert…
Natürlich
muß ich auch hier wieder die Schuhe ausziehen. Diesmal muß ich aber in Staub
und Dreck rumlaufen.
Die
Straße (NH65) ist jetzt wenigstens mal wieder „acceptable“, akzeptierbar.
Wir
kommen auf die 14 mit sehr viel Verkehr; Lastwagen mit Öl aus Iran, Irak und
mit vielen andern Waren aus Karatschi und Mumbai brettern hier durch. Es ist
richtig was los. Die Straße wird gerade vierspurig ausgebaut.
Man
kann an einer Kreuzung Gras kaufen, frisches grünes Wiesengras, um es direkt
an die Kühe zu verfüttern, sie warten schon.
Die
Lkw kennen wenig Gnade, auch mit hochexplosiver Ladung kann man hier verrückt
fahren.
11:17
Uhr, wir biegen links auf die 16 ab und haben kaum noch Lkw um uns herum.
11:22
Uhr. Ein Elefant trottet mit seinem Führer der Straße entlang. Einfach so.
Mittags
nähern wir uns dem Aravilli-Gebirge und machen erneut Halt an einem
Jain-Tempel, sechshundert Jahre alt. Shri Ranakpur Jain Temple. Der Eintritt
ist frei, für die Kamera muß wieder bezahlt werden. Müßte bezahlt werden.
Die Tempelwächter sind aber sehr unfreundlich, mehrere von ihnen untersuchen
und betatschen jeden Besucher, die Taschen müssen komplett geleert werden,
nur Portemonnaie und Kamera dürfen mit. Das ganze Prozedere gefällt mir
nicht und ich verzichte auf den Besuch dieses Tempels.
Unversehens
haben uns die Berge umringt. Wir fahren jetzt eine sehr schmale Straße
bergauf, schon wieder nur einspurig, wie so oft auf dieser Reise. Viele graue
Affen mit dicken langen Schwänzen warten schon am Rand auf Steinen und Mauern
oder auf der Straße sitzend auf uns. Leider will Anil nicht anhalten, die
Affen sind angeblich gefährlich, glaube ich ihm aber nicht. Naja, er trägt
halt auch die Verantwortung für mich. Schade, daß er mir keinen Hinweis
gegeben hat, etwas Futter für sie mitzunehmen.
Zum
Glück quatscht er wenigstens nicht dauernd. Nur die vielen ankommenden SMS
nerven jetzt doch etwas. Und immer öfter seine ständigen Telefongespräche.
12:58
Uhr. Wir machen Pause in einem Restaurant oben auf dem Berg.
Anil
macht erneut einen kleinen Umweg, angeblich fünfundvierzig Kilometer. Es gibt
schon wieder ein Fort zu besichtigen. Kumbhalgarh. Touristen wie ich bezahlen
100 Rupien Eintritt, Inder nur fünf Rupien. (Das ist überall so und in
meinen Augen natürlich völlig in Ordnung.) Steil und lang führt der Weg im
Zickzack aufwärts.
kumbhalgarh
fort - Google-Suche (Fotos)
Meine
Reisekoordinatorin ruft mal wieder an und erkundigt sich bei mir, ob immer
noch alles OK ist. Es ist. Immer noch.
17:26
Uhr. Wir sind am heutigen Ziel in Udaipur. Sieben Seen gibt es hier, alle sind
untereinander verbunden. Udaipur wird deshalb auch Stadt der Seen genannt.
Weil es hier genug Wasser gibt, ist Gemüse gut und günstig.
Die
letzten Kilometer zum Hotel sind katastrophal schlecht. Das Hotel Fateh Garh
liegt auf der Spitze eines spitzen Berges und bietet einen schier
unglaublichen Rundblick, besonders jetzt in der untergehenden Sonne. Ich
bekomme das schöne Zimmer 13. TV ja, aber kein Rauchmelder und kein Föhn.
Dafür mit freistehender, sauber aussehender Badewanne, separater Dusche und
viel Marmor im offenen Bad, über dem Bett sogar kunstvoll mit Blumengirlanden
bemalt. Mein Blick geht wie von mir gewünscht nach Osten über die Stadt und
einen der Seen und Berge im Hintergrund.
Von
hier oben hier sehe ich auch die vielen saftigen Gemüsefelder um mich herum.
Mein
Abendessen erhalte ich direkt am Geländer der Dachterrasse sitzend mit dem
weiten Ausblick auf den See, den riesigen weißen Königspalast und die Stadt.
Und auf den strahlendweißen Monsoon Palace auf der gegenüberliegenden
Bergspitze.
Von
hier oben sieht es einfach nur schön und friedlich aus. Und ruhig. Und
sauber. Ich hätte nicht gedacht, Indien so angenehm zu erleben.
Monsoon
Palace - Wikipedia, the free encyclopedia
Zum
Dinner gibt es Tomatensuppe „oven roasted“, was es auch bedeuten mag, und
köstliche Fettuccine mit Pesto. Dazu Kingfisher.
Im
Osten steigt der anfangs noch rote riesige Vollmond auf. Besser kann es
einfach nicht sein. Bisher der schönste Abend auf dieser Reise. Obwohl die
andern auch nicht schlecht waren. Und als i-Tüpfelchen bekomme ich noch ein
kleines Großfeuerwerk über der Stadt vorgeführt. Ist das Leben nicht schön?!
Mittwoch,
27.02.2013
Zweiter
Tag in Udaipur
Die
bellenden Hunde nachts waren lästig aber noch zu ertragen. Ich bekomme einen
wunderschönen Sonnenaufgang geschenkt. Noch dazu im Bett liegend. Ich brauche
nur die Augen zu öffnen und über meine Füße hinweg durch die offene Tür
und die Fenster zu blicken. Es wird also wieder sonnig und warm werden,
trotzdem ist es jetzt noch angenehm kühl. Das Bett war perfekt, wie bisher
immer in Kingsizegröße, und mit weichen Kissen.
In
Indien gibt es offenbar ausschließlich Armaturen mit zwei getrennten Wasserhähnen,
warm ist mal rechts oder links, drehen muß man mal so rum, mal so rum, jede
Kombination ist möglich. Es gibt kein System. Da muß man sich dran gewöhnen.
Auch
an die vielen Gruppen von Lichtschaltern in den Hotels muß ich mich erst noch
gewöhnen. Es sind zu viele und ich weiß nie, welchen ich gerade benötige.
Abfahrt
9:30 Uhr. Anil hat diesmal auf eigene Kosten übernachtet. In den letzten
beiden Hotels konnte er zusammen mit anderen Fahrern und zu fünft oder sechst
zwar kostenlos übernachten, dafür aber unter auch für einen Inder
schrecklichen Umständen. Ich will es gar nicht so genau wissen.
Die
Stadt ist riesig, verkehrsreich - und schmutzig. Viele Moslemfrauen auf
Rollern fallen mir hier auf. Zum ersten Mal sehe ich einen neuen schwarzen
E-Klasse Mercedes. Bestimmt sitzt ein hoher Beamter drin.
Unterwegs
nehmen wir Radj auf, den hiesigen Guide für heute. Erst einmal geht es zu Fuß
am See entlang und durch die altbekannten Gassen. Frauen waschen hier ihre Wäsche.
Oder sich selbst.
Bettler
strecken mir am Boden hockend ihre spindeldürren fragilen Arme und
schmutzigen Hände entgegen. Dann mal wieder zur Abwechslung ein Jain-Tempel.
Unglaublich, wie die früher die Steine „schnitzen“ konnten. Unglaublich
die Pracht. Aber, wie immer, Schuhe aus!
Beim
Geldumtausch bekomme ich diesmal für zweihundert Euro nur um fünfzig Rupien
hochgehandelte 12.650 Rupien statt 14.500 beim letzten Mal in Delhi.
Dann
nähern wir uns auch schon dem Palast. Den Eintritt bezahlt Radj. Fürs
Fotografieren muß ich zweihundert Rupien bezahlen. Der jetzige Maharadscha
(69, aber viel älter aussehend) wohnt in einem Teil des Palasts. Außerdem
gibt es zwei Luxushotels und den öffentlichen Teil. Radj führt kompetent und
erklärt alles ausführlich auf Englisch.
udaipur
palace - Google-Suche (Fotos)
Hier
wird gerade alles für eine gigantische Hochzeitsfeier aufgebaut. Mindestens
200 Leute arbeiten, dazu viel technisches Equipment, unzählige Kabel,
Scheinwerfer, Lautsprecher, Tanzflächen, Deko, Sofas, Tische, Stühle.
Einfach unglaublich dieser Riesenaufwand. Vor allem, wenn man an die
bitterarmen Leute vor dem Palasttor denkt. Radj erzählt, daß hier dieses
Jahr zweiundzwanzig solcher Hochzeiten stattfinden sollen.
Ich
sehe mein Hotel weit gegenüber im Westen hinter dem See und oben auf einem
Berg liegen.
Danach
folgt eine Bootsfahrt um halbeins zur Insel Jagmandir Ghat. Hier befindet sich
ein weiteres Luxushotel. Leider sind hier noch mehr Hochzeitsvorbereitungen im
Gange. Nochmal vorsichtig geschätzte zweihundert Leute. Schade, daß ich
nicht eingeladen bin. Es sollen sogar ein paar Bollywood-Größen kommen.
Jag
Mandir - Wikipedia, the free encyclopedia
jag
mandir udaipur - Google-Suche
(Fotos)
Kaum
vorstellbar, daß die Seen alle paar Jahre mal komplett ausgetrocknet sind.
Sie haben keinen Zulauf und werden nur vom Monsunregen gefüllt.
Am Rande: Das wunderschöne marmorne „Lake Palace Hotel“, hier
mitten im Pichhola-See gelegen, war 1958 und 1959 Drehort für Fritz
Langs Filme „Der Tiger von Eschnapur“ und „Das indische Grabmal“ und 1983 für
ein paar Szenen des James-Bond-Films „Octopussy“
mit Roger
Moore. Ich meine, auch ein großes Boot aus dem Film zu erkennen,
das hier einfach so herumliegt.
Radj
ruft Anil an und der kommt auch unverzüglich. Mit dem Auto fahren wir weiter
durch die Stadt und besuchen einen Aussichtspunkt über dem See.
Dann
geht es quer durch die Stadt in einen Park mit Bäumen und mehreren
Springbrunnen.
Saheliyon Ki Bari. Die Düsen arbeiten
hier nur durch die Schwerkraft des Wassers, nicht durch elektrische
Pumpen. (Jedenfalls wird es mir so gesagt.) Um die Düsen einzuschalten, muß
man in die Hände klatschen, was auch gut funktioniert. Hier wachsen
stattliche Bäume, Sandelholz, Niem, Palmen und viele andere. Dieser Park war
früher Prinzessinnen und ausschließlich Frauen vorbehalten. Alle Männer, außer
den Wächtern, mußten draußen bleiben.
Saheliyon-ki-Bari
- Wikipedia, the free encyclopedia
(englisch)
udaipur
saheliyon ki bari - Google-Suche
(Fotos)
Um
15:30 Uhr bin ich im Hotel zurück. Auch hier: Sehr alte Frauen in bunten
Saris verrichten beim Zimmeraufräumen die niederen Arbeiten, junge Männer in
grünbraunen Uniformen die besseren und führen Aufsicht.
Zum
Dinner nehme ich wieder die hervorragende Tomatensuppe und diesmal
ausgezeichnet gewürzte „Chinese noodles“ mit eiskaltem Kingfisher. (Beim
Bestellen sollte man immer „please, not so spicy“ dazusagen.)
Donnerstag,
28.02.2013
Udaipur
– Deogarh, 150 km, 4 Stunden
Die
Hunde waren mal wieder unerträglich und gaben erst endgültig auf, sobald der
Rand der Sonnenscheibe über dem Horizont erschien.
Zwei
auf Kunden wartende Elefanten unten am Berg prophezeien Glück für diesen
Tag. Derselbe Flötenspieler von gestern macht schon wieder Krach beim Frühstück.
Es ist wirklich schlimm.
Das
Wetter ist wie immer sonnig.
10:05
Uhr. Schon wieder ein Tempel. Sahs-Bahu. An einem schönen See. Auf ihn hätte
ich gerne verzichtet, um stattdessen lieber auf einem der beiden Elefanten zu
reiten.
http://de.wikipedia.org/wiki/Nagda_(Rajasthan)
indien
sas-bahu temple - Google-Suche (Fotos)
Wir
sind jetzt in Rajsamand. Offenbar wird hier Marmor abgebaut, es gibt einen
Marmorladen neben dem andern an der Straße, viele Kilometer weit, das müssen
unzählige sein, es hört gar nicht auf damit. Wie können die alle davon
leben? Aber das Geschäft läuft offensichtlich, ich sehe viele LKWs mit den
schneeweißen glitzernden Marmorblöcken fahren. Granit gibt es auch.
Alle
Lkw, auch die kleinen, und auch die Busse fahren immer mit offenem
Seitenfenster. Ob die gar keine Scheiben haben? Und das bei den schwarzen
Abgasen, die der Vordermann meist ausstößt. Schwere Ladung wird erst gar
nicht gesichert, z.B. Marmorblöcke. Also nichts für die sturköpfigen Deppen
der deutschen Polizei. Die würden hier gleich bei der ersten Kontrolle
irgendeines Lastwagens tot umfallen. Das Wort „Ladungssicherung“ gibt es
gar nicht im Indischen. (Wenn ich den Polizei-Heinis zuhause im Fernsehen
zusehen muß, wie sie sich an den kleinsten Kleinigkeiten aufgeilen und die
Lkw-Fahrer quälen, packt mich meist das kalte Grausen.)
Anil
spricht oft stundenlang kein einziges Wort. Ich auch nicht. Gut. Das mag ich
so.
Kinderwagen
kennt man hier nicht, entweder die Frau trägt ihr Kleinkind, oder es läuft,
und wenn es noch so klein ist.
Praktisch:
An allen Stellen, wo Lkw Rast machen, und an jeder Tankstelle können mit
einer Maschine Reifen repariert werden.
Ankunft
im Deogarh Mahal Heritage Hotel um 12:15 Uhr. Wieder der Palast eines
ehemaligen Maharadschas. Alles ist hier sehr alt, der Aufzug anscheinend auch,
der ist aber in Wirklichkeit erst fünf Jahre alt.
Diesmal
bekomme ich wirklich ein Luxuszimmer, vielmehr eine angebliche Suite, das
Zimmer ist groß und schön, eigentlich sind es drei Zimmer, ich bin ganz
zufrieden. Sogar Föhn im großen Bad. Die Fenster kann man alle öffnen.
Schaukel gibt es auch. Bett wieder sehr breit aber alt, diesmal auch sehr
niedrig. Kein TV, dafür aber Rauchmelder.
Wie
in allen Palästen und Forts auf dieser Reise ist auch hier der Weg zum Zimmer
sehr verzwickt und außerordentlich verwinkelt. Da sollte man besser nüchtern
sein. Man ist immer froh, wenn man sein Zimmer endlich wiedergefunden hat.
(Treppe rauf, durch den offenen Raum, Treppe runter, über den Hof, noch eine
Treppe rauf, über die Terrasse, durch den Türbogen, die enge Treppe runter,
dann den langen Gang entlang, nein, halt, war falsch, zurück, ah ja, hier
abbiegen und, Vorsicht, die Stufe, über den Gang – und schon bin ich da.
Oder auch nicht. - Das Beste ist, hinten in den Hof und dann einfach die
schmale Treppe rauf.)
Im
Garten läuft eine schüchterne Schildkröte herum.
Ein
ganzer Bus deutscher Leute trifft gerade heuschreckenmäßig ein und nimmt
alles lautstark in Beschlag.
Unterwegs
sehen wir mal wieder Affen, die mich aus ihren traurigen schwarzen Augen
bettelnd ansehen, aber ich habe schon wieder nichts für sie dabei.
Bald
sind wir am Bahnhof Phulad. Hier ist Endstation der Bahn, die in den zwanziger
Jahren von den Engländern gebaut worden ist. Die Personenwaggons sind
unglaublich schmutzig, besonders innen, man darf nichts anfassen, alles
strotzt vor klebrigem Schmutz. Unvorstellbar. Besonders auch die oberen Liegen
und das Blechdach darüber. An die Zugtoilette möchte ich gar nicht erst
denken. Eine längere Zugfahrt in Indien dürfte nur etwas für junge Leute
oder abgehärtete widerstandsfähige Traveller sein.
Nach
zehn Minuten Wartezeit setzt sich unser Zug langsam in Bewegung. Wir bummeln
mit 20 km/h langsam in die Berge hinauf, passieren etliche Viadukte und zwei
Tunnels. Alle Türen nach außen sind offen und die Leute sitzen dort gerne,
lassen die Beine gemütlich baumeln und bewundern die vorbeiziehende
Landschaft. Ich auch. Hier hat niemand etwas dagegen. Also nichts für
deutsche Zugschaffner…
An
der nächsten Station halten wir kurz. Hier haben sich hunderte Affen
jeglichen Alters versammelt, die von den Passagieren fleißig gefüttert
werden. Sehr schön. Durchaus das heutige Highlight. Wenn ich gedurft hätte,
wäre das allerdings heute Morgen der Ritt auf dem Elefanten geworden.
Nach
kurzem Aufenthalt zuckelt unser Zug weiter durch die Landschaft und ganz
langsam in die Berge hinauf. Es gibt ein paar Viadukte und zwei, drei Tunnels.
Der Schienenweg scheint in Ordnung zu sein. Die Signaltechnik hinkt etwas
hinterher, unterwegs gibt es jede Menge Leute mit Fahne.
Nach
ca. einer Stunde steigen Ishwar und ich in Khamblighat wieder aus. Anil ist
unterdessen mit dem Auto hier heraufgefahren und wartet schon auf uns.
Ich
bummle noch allein durch den Ort und lasse mir später um sechs eine besonders
wohltuende Massage (eine Stunde für günstige und sich lohnende 2.000 Rupien,
30 EUR) geben.
Abendessen
auf der Dachterrasse. Die Deutschen bekommen langweiliges Buffet.
Freitag,
01.03.2013
Deogarh
– Jaipur, 280 km, 5 Stunden
Abfahrt
um neun Uhr. Wie immer sonnig. Die Nacht war wieder ruhig, die Hunde waren
hier im Innern so gut wie nicht zu hören. Muezzins auch nicht. Die öffentliche
Uhr mit Westminster-Schlag (oder nennt es sich Big Ben-Schlag?) gibt ihr
markantes, weit hörbares Signal nur zwischen 7 und 21 Uhr ab. Ich konnte also
endlich mal wieder absolut ungestört schlummern.
Beim
Frühstück muß ich dem langweiligen und überall selben Smalltalk der
Deutschen zuhören. Sie sind halt immer gleich und erzählen sich angeberisch
gegenseitig über ihre Reisen, obwohl es ihre Gesprächspartner wahrscheinlich
kaum interessiert. Wer war am weitesten oder am teuersten unterwegs. Ich bin
immer wieder froh, alleine zu reisen und mich mit niemand unterhalten zu müssen.
Gleich
nach Abfahrt die erste Mautstelle, 25 Rupien. Diese Investition lohnt sich,
die Straße ist leer. Wir sind immer noch auf der NH8.
Viele
Lkw mit großen weißen, in der Sonne glitzernden Marmorblöcken nutzen die
Straße, leere kommen auf der Gegenseite zurück. Unsere Straße ist zwar nur
zweispurig, aber perfekt.
Man
muß beim Autofahren immer und besonders auf Welpen aufpassen. Ein kleiner
sitzt einfach auf der Fahrbahn und wartet auf seine Mama. Bestimmt wird er
gleich plattgefahren. Mein Herz schmerzt vor Mitleid.
Nach
Delhi sind es 519 Kilometer.
09:38
Uhr. Eine Sau überquert mit zwölf winzigen Ferkeln die Schnellstraße.
Schade, die Kamera braucht zu lange. Junge Schweine haben hier sowieso
offenbar nur eine sehr niedrige Halbwertszeit…
Nochmal
25 Rupien Toll, die Straße ist neu und verbreitert. Anil erzählt, daß sie
früher eng war und daß es hier viel mehr Verkehr gab. Wegen der Maut fahren
hier viele nicht mehr.
Schulkinder
tragen meist die gleiche Kleidung, Mädchen haben meistens einen oder zwei Zöpfe
mit roten Schleifen. Langsam lassen wir die Berge zurück.
Die
Schnellstraße ändert sich in eine sechsspurige Autobahn, sie ist aber nicht
so aufwendig wie bei uns. Aber bald auch etwas langweilig. Und das bleibt auch
so. Leider. Ich hätte ja längst lieber wieder eine kleine abenteuerliche
Straße, aber Anil will ankommen. Erneut kommt uns ein geisterfahrender Lkw
seelenruhig auf unserer Autobahnseite entgegen. Niemand schimpft, ist doch
normal. Später habe auch ich mich an diese Anblicke gewöhnt…
Wir
durchfahren Ajmer und Kishangarh. Schon wieder unheimlich viel Marmor, kommt
hier aus der Nähe. Der Marmor fürs Tadj Mahal kam auch von hier und wurde
aber dort an der Baustelle gesägt und poliert.
Eine
Mautstelle folgt der andern. Jetzt schon 85 Rupien. Jetzt sieht man hier nur
noch Lkw, kaum noch Pkw.
12:14
Uhr. Pause für Anils Lunch. Hier essen auch viele Inder, immer mit den
Fingern, immer ohne jegliches Besteck. Die Fahrer essen immer total
abgeschottet für sich allein und sind nie zu sehen.
Der
Verkehr nimmt zu. Entlang der Straße ist jetzt alles bebaut, „urban“, es
gibt auch etwas bessere Häuser, Hotels, Tankstellen, kleine Winzigfirmen,
insgesamt aber schlimm. Es sind noch fünfzig Kilometer bis zum heutigen Ziel
Jaipur.
Wir
nähern uns Jaipur. Offensichtlich eine Großstadt, die Autobahn ist jetzt
beleuchtet.
Jetzt
gibt es auch mal einen Audi, z.B. Q7 oder einen VW Vento oder einen BMW X3. C-
und E-Klasse Mercedesse.
Rechts
und links gibt es jetzt Zaungitter gegen die Kühe.
Mit
wahnwitzig viel Aufwand wird gerade eine ganz neue Metro auf
Einen
Turban muß man übrigens nicht gegen Helm tauschen.
Jaipur
wird auch „pink city“ genannt, ist aber gar nicht pink. Die Häuser wurden
von einem früheren Maharadscha zu Ehren des Besuchs eines englischen Königs
alle in rosa gestrichen. Weil diese Farbe inzwischen längst zu teuer wurde,
hat man alle Häuser innerhalb der Stadtmauer in Terrakotta angemalt.
Auf
der Main Street ist ein Juwelier neben dem andern. Wovon leben die denn alle?
Anil muß sich durch wahnsinnig dichten Verkehr quetschen und quälen.
Dann
zeigt sie mir mein Zimmer, schön, kommt aber für mich nicht infrage, denn
als ich das Fenster öffne, sehe ich direkt gegen eine Mauer. Also zeigt sie
mir noch ein paar Zimmer, ich nehme das dritte, weil es im hinteren sehr
gepflegten Garten liegt, mit einer gemütlichen Sitzgruppe vor dem Zimmer.
Zimmer und Bad sind groß, breites Bett, TV, Rauchmelder, Föhn, riesige
gemauerte Marmorbadewanne für vier und mehr Leute, je nachdem…, (nennt man
das eigentlich schon „Pool“?), separate ebenerdige Dusche, sämtliche
Fenster zum Öffnen, noch dazu mit einer Art Privatterrasse vor dem Zimmer und
wunderschönem Blick in den großen duftenden Garten, also einfach alles, wie
ich es gerne habe. Noch kein Luxus, aber doch ganz ordentlich. Monica hätte
mir noch mehr Zimmer zur Auswahl gezeigt. Wenn ich gewollt hätte.
WiFi
gibt’s auch endlich mal wieder, aber ich kriege es diesmal nicht zum Laufen.
Ich bin zu faul, um noch mal vorzulaufen. Das Signal ist hier hinten im Garten
sowieso nur schwach. Wahrscheinlich stimmt das blöde Password nicht. Bevor
ich schlechte Laune bekomme, schalte ich lieber schnell ab. Diese
Internet-Schwierigkeiten sind manchmal etwas lästig. Trotzdem bin ich (noch)
ganz zufrieden. Vorne im großen Innenhof soll es mit dem WiFi überhaupt
besser klappen. Das reicht mir auch.
Drei
Hunde werden hier im Garten ganz hinten vom Sohnemann des Besitzers Gassi geführt.
Um
halbvier geht es mit dem neuen Guide wieder los. Er heißt schon wieder Radj.
Jaipur hat drei Mio. Einwohner. Gleich zu Anfang sehe ich einen aktuellen
schwarzen S-Klasse Mercedes.
Wir
fahren erstmal zum Königspalast „City Palace“ mitten in der Stadt. Der
jetzige König von Rajasthan ist erst 16 Jahre alt und in einem Internat. Mayo
College in Ajmer, durch das wir vorhin kamen. Deshalb weht oben auch nur die
große Flagge. Seine Eltern sind beide gestorben.
City
Palace, Jaipur - Wikipedia, the free encyclopedia (englisch)
city
palace jaipur - Google-Suche (Fotos)
Leider
darf man im Innern nicht fotografieren. Deshalb weigere ich mich, die Räume
zu besichtigen. Radj kann es gar nicht verstehen. Aber wenn man mich keine
Fotos machen läßt, interessiert es mich auch nicht. Ein paar Prinzipien
sollte man haben und auch behalten. Ich hasse es, so gegängelt zu werden.
Aber wenigstens werden die beiden unglaublich großen silbernen runden
Wasserbehälter in Glaskästen gezeigt. In diesen hat ein Maharadscha auf
seinem Besuch in England sein hiesiges Trinkwasser mitgenommen. Was muß das
damals eine Logistik dafür gewesen sein!
Wikipedia:
“There are two huge sterling silver vessels of 1.6 metres height and each
with capacity of 4000 litres and weighing 340 kilograms, on display here. They
were made from 14000 melted silver coins without soldering. They are
officially recorded by the Guinness Book of World Records as the
world's largest sterling silver vessels. These vessels were specially made by
Maharaja Sawai Madho Singh II, who was a highly pious Hindu, to carry the water
of the Ganges to drink on his trip to England in 1901 (for Edward VII's
coronation) as he was finicky about committing religious sin by consuming the
English water. (…weil er Sorge hatte, mit
dem Trinken des englischen Wassers eine Sünde zu begehen. W.R.V.) Hence,
the vessels are named as Gangajelies
(Ganges-water urns).”
Ein
erstes Stück mit neun Kilometern der neuen U-Bahn soll schon in ein paar
Wochen in Betrieb genommen werden. Dabei wurde sie erst im November 2010
begonnen. Erstaunlich für Indien.
Es
folgt noch eine Umrundung der Albert Hall, die früher ein Theater war, bevor
Anil und Radj mich um 16:30 Uhr wieder am Hotel absetzen.
jaipur
albert hall - Google-Suche (Fotos)
Um
19 Uhr holt mich Anil zum Abendessen ab. Wie ausgemacht, bringt er mich in ein
nahegelegenes Restaurant. Das ist immer noch besser, als das überall gleiche
Hotelessen. Und irgendwie authentischer. Finde ich. Ich bestelle mir eine
Minestrone und „mixed vegetables“ mit ein paar Soßen. Dazu wie jeden
Abend ein Kingfisher. 900 Rupien.
Danach
genieße ich noch eine hervorragende Bloody Mary mit Zigarre in der Bar am
Pool. (Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern…)
Leider
denke ich erst an die darin befindlichen Eisstückchen, als ich schon halb
aufgetrunken habe. Hoffentlich passiert mir nichts! Ich weiß ja, daß ich
Eiswürfel wie die Pest meiden muß und predige es jedem gebetsmühlenartig.
Mann, bin ich blöd! Ich war einfach zu entspannt und deshalb unkonzentriert.
Ich könnte mir selbst in den Hintern treten!
Da
die Bar ganz hinten am Pool versteckt liegt, findet sonst keiner der anderen Gäste
hierher und ich bleibe ganz allein. Luxus pur, eine Bar für mich allein.
Stattdessen kommen die Kellner und holen hier die Drinks für die Gäste vorne
in der Lobby.
Samstag,
02.03.2013
Zweiter
Tag in Jaipur
Ich
werde unsanft aus meinen Träumen geweckt. 05:32 Uhr! Allahu
akbar usw.! Die Muezzins schreien sich abwechselnd und zusammen die Seele aus
dem Leib und die hundsgemeinen Terrorlautsprecher geben sich alle Mühe,
weithin zu schallen und mit ihrer Kakophonie brave unschuldige Menschen
unsanft aufzuwecken und ernsthaft zu quälen. Mein Hund heult jedenfalls schöner.
Das geht dann auch über eine halbe Stunde lang. Immer wenn ich denke, jetzt
ist endlich Schluß, fängt ein anderer wieder an. Bei drei Mio. Einwohnern
gibt es hier schließlich genug Moscheen. Trotzdem kann ich danach noch einmal
einschlafen.
Aufstehen
um 7:15 Uhr. Bett und Kissen waren OK. Ich habe Glück gehabt, keine
besonderen Vorkommnisse, der Eiswürfel gestern Abend war also „safe“,
also aus gutem Plastik-Wasser.
Radj
und Anil erwarten mich pünktlich um 08:30 Uhr. Erst einmal fahren wir zum
Amber Fort (auch Amer Fort), das heutige Highlight.
Wir
kommen gerade noch rechtzeitig vor dem Ansturm der Leute an. Ich komme sofort
ohne jegliche Wartezeit dran. Wozu? Na, natürlich zum Ritt auf dem Elefanten!
Nicht auf der Kanonenkugel, aber immerhin. Es gibt jede Menge Elefanten, „Ällifents“
hier niedlich ausgesprochen, Betonung auf der ersten Silbe. Elefanten spielen
hier die tragende Rolle. Sie haben eine rote Decke übergeworfen bekommen und
darauf einen eisernen Sitz für zwei Personen. Die Leute gehen die Treppe auf
eine Steinmauer hinauf, um auf gleicher Höhe zu sein, lassen sich
reinplumpsen und hängen die Beine seitlich raus. Früher waren es vier
Personen, jetzt dürfen es nur noch höchstens zwei Leute sein. Elefanten sind
schließlich schwache und sensible Tiere.
Es
geht sogleich steil aufwärts zum Palast hinauf. Mein Sitz schwankt gefährlich
hin und her. Ich habe mir so einen Ritt viel ruhiger vorgestellt.
Nicht
schlecht, oben angekommen bekomme ich schon die unten gemachten Fotos
ausgedruckt in einem Album angeboten. Zahlreiche Verkäufer, sehr treffend
auch „Hawkers“ genannt, bieten hier ihre Waren an, z.B. zwei echte
geschnitzte Sandelholzfiguren für 50 Rupien, dann für 40, 30, 20 Rupien. Zum
Schluß fünf für fünfzig Rupien.
amber
fort - Google-Suche
(Fotos)
Der
Palast ist gut zu besichtigen und bietet reichlich Aussicht auf das in der Nähe
gelegene Fort aus rotem Sandstein, auf den Ort und den See und auf andere Paläste.
Und natürlich auf die herumstehenden Berge. Hier gibt es viel zu sehen, vor
allem einen „Spiegelsaal“, in dem sich das Kerzenlicht vielfältig
widerspiegeln sollte, um die Decke und den Raum wie einen Sternenhimmel
erscheinen zu lassen.
Eine
unglaublich lange Mauer umgibt das Gelände, sie soll zwanzig Kilometer lang
sein; angeblich weltweit die drittlängste Mauer, direkt nach der chinesischen
und einer anderen. (Wo ist die „andere“ eigentlich??)
Auf
dem Parkplatz erwartet mich ein geregeltes Chaos: Hunderte gleicher weißer
Toyota-Vans! Und ebenso viele gleichaussehende Fahrer daneben. Wo ist unser
Auto? Wo ist Anil? Hilfe, wie soll ich die beiden nur finden?! Aber, don’t
worry, wir leben in einem Zeitalter, in dem Handys extra dafür erfunden
worden sind, einen gleichen unter gleichen ohne Sucherei herbeizurufen. Und
das tut Radj jetzt.
Nach
dem Amber Fort bekomme ich noch kurz, viel zu kurz, den „Water Palace“
(Wasserpalast) im See zu sehen.
jaipur
water palace - Google-Suche (Fotos)
Anschließend
darf ich das Observatorium Jantar Mantar besichtigen. Alle „Instrumente“
sind gemauert und stehen im Freien. Riesige Dinger sind das. Gewaltig. Die
gigantische Sonnenuhr zeigt die präzise Zeit an. Offenbar hat man anfangs des
achtzehnten Jahrhunderts (ca. 1730!) schon viele astronomische Kenntnisse
besessen.
jaipur
observatory - Google-Suche (Fotos)
Ein
paarmal sind wir schon am Hawa Mahal (Palast der Winde) mit seinen fast
tausend Fenstern vorbeigekommen. Eigentlich ist nur die Fassade so kunstvoll.
Dahinter soll es eher schlicht sein. Die Front ist eingerüstet, mit wacklig
und sehr instabil aussehenden Bambusstangen. Die Stangen sind mit kurzen, sehr
kurzen Sisalstricken zusammengebunden. Also schon wieder nichts für sture
deutsche Sicherheitsbeauftragte.
Die
Leute vom Gewerbeaufsichtsamt und von der Berufsgenossenschaft sollten Indien
(und überhaupt ganz Asien) den Rücken zukehren und aus ihrer inneren
Landkarte löschen. Sie würden hier vor Kummer sterben. Oder sofort
explodieren.
hawa
mahal - Google-Suche (Fotos)
Dann
läuft Radj mit mir noch ein kleines Stück durch die Hauptstraße, um mir den
Bazar zu zeigen. Das hatte ich mir doch noch etwas authentischer vorgestellt,
denn er macht es kurz. Bereits um 12:15 Uhr verabschiedet Radj sich am Hotel
von mir wieder. Mehr gibt es hier angeblich nicht zu sehen. (Stimmt natürlich
nicht, er macht es sich nur mal wieder sehr einfach.)
Man
hat zwar zwischenzeitlich mein Zimmer gemacht, aber das eigentliche Problem
einfach sich selbst überlassen: Die Toilette ist immer noch verstopft. Sehr
unangenehm. Ich reklamiere es beim Rausgehen an der Rezeption.
Auf
meine Bitte bringt mich Anil noch zu einer Mall. Unterwegs sehe ich auch
wieder „gipsies“ (Zigeuner) am Straßenrand unter schrecklichen Umständen
hausen. Die ganz Armen leben nur in zeltähnlichen Unterschlüpfen, ohne
jegliche Aussicht auf ein besseres Leben.
Die
Mall stellt sich aber als mickrig raus. Der weite Weg hat sich eigentlich
nicht gelohnt. Es gibt nur ein paar wenige kleine Geschäfte auf den fünf
Etagen. Unzählige Security-Leute laufen und stehen herum und machen sich
wichtig. Die Kunden danken es ihnen durch Wegbleiben; ich bin hier so gut wie
der einzige Kunde. Ich probiere zwei Hemden an, die aber nicht passen. Ich
kaufe dann wenigstens noch eine Jockey-Unterhose für umgerechnet ca. 3,50
Euro.
Um
14:30 Uhr bin ich zurück im Hotel. Das Problem im Bad ist endlich beseitigt.
Fragt sich nur, für wie lange. Am besten mache ich jetzt nur noch Pippi und
alles andere morgen Abend im neuen Hotel.
Ich
wasche zwei Hemden, die in der warmen Nachmittagssonne auch gleich wieder
trocken sind.
Da
es noch früh am Tag ist, genehmige ich mir im Spa über der Bar noch eine
„Shirodhara traditional indian ayurveda-massage“, sechzig Minuten für
3.300 Rupien, knapp fünfzig Euro, also gar nicht mal so billig. Zwei hübsche
kleine Thailänderinnen arbeiten hier, aber natürlich wieder total seriös…
Zum
Dinner bestelle ich Tomatensuppe. Da weiß ich wenigstens, was ich bekomme.
Und sie ist auch die beste Tomatensuppe dieser Reise. Schon allein dafür hat
sich diese Reise gelohnt.
Und
erneut ein indisches Thali, das ich wiederum nicht ganz schaffe. Mit dem
obligatorischen Kingfisher. Er soll schließlich reich werden.
Die
in Indien beim Abendessen obligatorische Live-Musik ist hier wenigstens nicht
so laut wie gestern.
Erneut
genehmige ich mir die supergute Bloody Mary mit dem Gewürzrand am Glas und
die übliche Zigarre in der wieder leeren Bar. (Ja, ich weiß, sonst rege ich
mich über langweilige Menschen auf, die immer das gleiche essen und immer auf
dem gleichen Platz sitzen wollen. Aber darf ich ausnahmsweise nicht auch mal
Spießer sein?)
Wenigstens
beim Barkeeper habe ich einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Er weiß
schon, was ich möchte. Und kennt sogar noch meine Zimmernummer auswendig.
Inzwischen
habe ich gelernt, daß Brahma, Vishnu, Shiva die drei größten und
wichtigsten indischen Hindu-Götter sind.
Bis
ein Uhr höre ich in meinem Bett liegend ständig dicke Feuerwerkskracher und
laute Gebete über Lautsprecher. Ob Morgen Feiertag ist?
Sonntag,
03.03.2013
Jaipur
– Agra, 250 km, 5 Stunden
Abfahrt
9:30 Uhr. Der morgendliche Moslem-Terror war eigentlich wieder wie gestern,
aber diesmal war es nicht ganz so schlimm, weil die etwas entfernteren
begonnen hatten und ich so etwas weniger hart aus dem Schlaf gerissen worden
bin.
Beim
Frühstück im Innenhof blickt mich der große Hund fortdauernd von einer
Terrasse oben an. Ob er meint, mich zu kennen?
Auch
hier wühlen überall Schweine neben den Kühen im Müll herum. Jeder muß
halt sehen, wie er zurechtkommt.
Der
neue Tunnel kostet nichts, weil der Premierminister ihn erst noch eröffnen muß.
Der
Vormittag ist sehr dunstig. Alles bleibt flach und grün und fruchtbar.
Zum
zweiten Mal muß heute Toll bezahlt werden, jetzt 45 Rupien, meistens so bis
50 Rupien. Anlieger und Einheimische bezahlen nur fünf Rupien.
Viele
Wasserstellen sehe ich, oft holen Kinder Wasser. Die vierspurige Autobahn ist
ziemlich langweilig, wieder wenig Verkehr. Baustellen sind etwas unorthodox
gekennzeichnet, nämlich gar nicht. Nur zwei Blechtonnen davor und, wenn man
Glück hat, dahinter. Das genügt. Wohlgemerkt auf einer Schnellstraße! Im
Dunkeln möchte ich denen lieber nicht begegnen. Aber im Dunkeln sollte man in
Indien sowieso besser nicht fahren.
Verkehrsschilder?
Die gab es ausgesprochen selten. Von den meisten habe ich überhaupt nur höchstens
eins gesehen. Es ist ja sowieso alles erlaubt, Polizei habe ich auch nur äußerst
selten erblickt.
Heiß.
Nach einer Stunde hat sich der Morgendunst aufgelöst.
Mir
fällt immer wieder auf, viele Leute überholen betont lebensmüde, als hätten
sie wie im Videospiel mehrere Leben zur Verfügung.
Das
häufigste Fortbewegungsmittel ist das Kleinmotorrad. Da paßt dann auch die
ganze Familie drauf, Papa, Mama, Kind und Kleinkind. Manchmal auch noch der
Onkel dazu. Mit Gepäck und Einkäufen. Wird auch gerne als „Taxi“
genommen. Und in der Stadt dann noch die vielen Roller, gerne auch von Frauen
gefahren. Wenn das alles mal Autos geworden sind, bewegt sich hier nichts
mehr.
Plötzlich
jede Menge rote Sandsteinverkäufer auf beiden Seiten, oft sehr künstlerisch,
oft werden außer den langweiligen Steinen Elefanten und andere große Figuren
oder kleine Tempel angeboten. Wir fahren auf der 11.
Alle
Eisenbahngleisbetten, die ich bisher gesehen habe, waren perfekt neu, jetzt
oft sogar mit Oberleitung.
Unterwegs
gibt’s gar keine Info von Anil. Ich frage ihn auch nicht. Immerhin soll es
auf dem Weg nach Agra noch einen Zwischenaufenthalt geben.
12:32
Uhr. Wir überqueren die Grenze nach Uttar Pradesh, ein weiterer Bundesstaat.
Heute nimmt Anil ausnahmsweise keinen Lunch zu sich.
12:46
Uhr. In Fatehpur Sikri erwartet mich mein neuer Guide. Er heißt auch Anil.
Der neue Anil zeigt mir den hiesigen Königspalast aus rotem Sandstein. Anil
II ist jung, außerordentlich sympathisch, und er gibt mir oft Tipps für die
Fotos. Doch zuerst müssen wir vom großen Parkplatz aus mit einem der
zahlreichen Kleinbusse zum Palast fahren.
fatehpur
sikri - Google-Suche (Fotos)
Anil
II ist auto- und motorradbegeistert und fährt immerhin eine 750er Honda.
Um
14:06 Uhr sind wir fertig mit dem Palast. Anil II wird mich auch Morgen
Vormittag begleiten.
Gleich
nach unserer Abfahrt muß wieder Tax bezahlt werden, diesmal für den hier
beginnenden Bundesstaat Uttar Pradesh. Ein Mann läßt den wartenden Leuten
von seinem Affen kleine Kunststücke vorführen.
Vierzig
Kilometer vor Agra wird die Straße nur noch zweispurig und unruhig. Urban.
Bald sind wir in der Stadt und fahren über die MG-Road (Mahatma Gandhi Road)
zum Hotel The Trident Agra, das wir gegen 15:30 Uhr erreichen.
Die
katzenfreundliche Isha zeigt mir das Zimmer. Endlich mal wieder ein (kleines)
westliches Hotel mit allem, was man braucht. Zu meiner Beruhigung mit
Rauchmelder.
Leider
ist keines der Fenster zu öffnen. Na egal, die Nacht wird kurz, da werde ich
das auch überstehen. Wenigstens werde ich hier keine Hunde und schon gar
keine bekloppten Muezzins hören. Leider auch kein WiFi. Auffällig, hier ist
das Personal gleich weniger freundlich als auf dem Land bisher, halt städtischer.
Im
großen Atriumgarten genehmige ich mir zur Zigarre das ein und andere Bier.
Im
Fernsehen sehe ich mir über die DW eine langweilige Markus Lanz-Show an,
bevor ich um sieben von Anil zum Abendessen abgeholt werde.
Ist
ja klar, es muß noch etwas passieren: Ein Auto fährt uns hinten leicht
drauf. Ein leichter Schubs. Anil steigt noch nicht mal dafür aus. Für 1100
Rupien bekomme ich eine wunderbare Gemüsesuppe und dann gemischtes Gemüse
mit Kingfisher. Danach noch eine sehr gute Bloody Mary in der Hotelbar. Dabei
lerne ich John und Jackie aus Manchester kennen. Um 22:00 Uhr liege ich im
Bett. Festes schalldichtes Fenster. Ja, ich weiß mich zu verteidigen. Das
werden auch die mächtigsten Lautsprecher der Muezzins mit ihren gemeinen
Lautsprecher-Salven nicht durchdringen!
Montag,
04.03.2013
Agra
– Delhi und Heimflug
Abholung
um 6:30 Uhr, es wird gerade hell und natürlich wird es wieder sonnig werden.
Wir kommen am berühmten Oberoi-Hotel vorbei. Die Straße ist noch ganz leer.
Vor
einer Sperre müssen Anil II und ich aussteigen. Mit einem Kleinbus geht es
weiter. Den letzten Rest muß man eigenhändig gehend zurücklegen, also
laufen. Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren dürfen sich höchstens bis zu zwei
Kilometer unserem nächsten Zielobjekt nähern! Zum Schutz des Marmors!
Alle
Leute müssen sich in langer Schlange anstellen, es gibt zwei Reihen, eine für
Frauen, eine für Männer. Anil II riet mir schon gestern, alle persönlichen
Dinge im Hotel oder im Auto zu lassen und nichts in den Taschen mitzuführen,
wieder nur Kamera und Geldbeutel.
Abermals
erfolgt eine (diesmal etwas sorgfältigere) Kontrolle, deshalb auch die lange
Schlange. Leider ist es schon etwas spät für den Sonnenaufgang. Der ist
schon seit fast einer Stunde vorbei. (Das Licht am späten Nachmittag soll im
Übrigen noch etwas günstiger für Fotos sein.)
Wir
sind am Taj Mahal. (Achtung, freitags geschlossen.) Endlich! Der absolute Höhepunkt
dieser Reise! Erst kommt man an ein paar großen roten Sandsteingebäuden
vorbei, durchschreitet ein großes Tor
(Darwaza-i-rauza) und erblickt dann endlich das Taj Mahal. Der Anblick
raubt mir schier den Atem, so groß, so schön, so weiß, so makellos ist es.
Die
Leute stehen hier und schießen aus allen Löchern ihrer Kameras. Unglaublich,
was hier an dieser Stelle fotografiert wird. Die Leute ballern, was die Akkus
hergeben und die Speicherkarten aufnehmen.
agra
taj mahal - Google-Suche (Fotos)
Tadj
Mahal ist genau so, wie ich es erwartet habe: Schön! Es ist einfach das Schönste,
was ich je gesehen habe! Ein ganz besonderer Glücksmoment!
Ich
bin total hingerissen von seiner Pracht, von seiner Vollkommenheit und von
seiner Schönheit. Da kommen auch meine bisherigen Favoriten Grand Canyon bei
Sonnenaufgang, Monument Valley bei Sonnenuntergang, Eifelturm am Abend nicht
mit. (Ins Mausoleum reingehen muß man allerdings nicht unbedingt. Zumal man
mal wieder Plastiküberzieher über die Schuhe streifen muß.)
Morgendunst
liegt noch friedlich herum, besonders über dem Fluß, der Yamuna.
Nur
die Touristenmassen stören das Bild. Etwas. Ich stelle mir das Tady Mahal in
fünfhundert Jahren vor, ich bin allein, die Menschheit ist längst
ausgestorben und das Bauwerk wird langsam vom Grün überwachsen und von der
Natur übernommen. Endlich Ruhe.
Oder
die Tore werden alle verschlossen und ich sitze ganz allein hier. Das würde
ich gerne mal träumen…
Ich
würde überhaupt gerne den Rest meines Lebens hier verbringen - oder
wenigstens den ganzen Tag oder, bitte, bitte, nur noch ein, zwei Stunden hier
einfach sitzen bleiben. Oder jetzt und hier einfach Sterben. Aber Nein, es ist
keine Zeit, Anil II drängelt ein bißchen; er hat jetzt grad gar keine Zeit für
Todesfälle. Der Programmplan muß unbedingt eingehalten werden. Sonderwünsche
können heute nicht erfüllt werden…
Übrigens:
Das anfangs in Delhi besichtigte und von mir so bewunderte Humayun-Mausoleum
war ganz schön, kommt aber mit dem Taj Mahal natürlich nicht mit.
Um
halbzehn sind wir zurück am Hotel. Ich frühstücke in Ruhe und checke aus.
Anschließend zeigt mir Anil II das riesige Rote Fort.
agra
rotes fort - Google-Suche (Fotos)
Agra
hat ca. 1,6 Mio. Einwohner. Und das bekommt man überall hautnah zu spüren
und zu riechen. Und zu sehen und zu hören.
Um
zwölf fahren wir weiter, noch einmal unten am Fort und an der Yamuna vorbei.
Die Yamuna ist ein wichtiger indischer Fluß, der auch schon durch Delhi floß.
Das Flußwasser ist total verschmutzt und längst tot.
Hier
beginnt endlich mal ein Stück richtige Autobahn, der „Yamuna Expressway“.
Sechsspurig, jeweils zuzüglich Standspur, mit Grünstreifen und Stacheldraht
rechts, links und in der Mitte. Der Grünstreifen wird per Hand und Schlauch
bewässert. Pkw dürfen 100 km/h fahren, Lkw 60. Die Fahrbahn und alles andere
ist brandneu, noch deutlich besser als in Europa. Meistens hervorragender
Beton.
yamuna
expressway - Google-Suche (Fotos)
Nur
ein paar ganz wenige Pkw fahren hier und wirklich nur ganz selten mal ein Lkw,
auch drüben nicht. Obwohl die Maut nur 320 Rupien (fünf Euro) für die
zweihundert Kilometer bis Delhi kostet. Anil fährt stur seine 90 km/h.
Die
Autobahn ist bequem aber auch langweilig. Zerballerte Leitplanken berichten
von Unfällen und eingeschlafenen Fahrern.
Die
Stacheldrahtzäune müssen mühsam von Leuten überklettert werden. Wer hat
schon einen Seitenschneider ständig dabei? Ab und zu ist ein Hund auf oder in
der Nähe der Fahrbahn zu sehen. Ich würde sie am liebsten mit gezielten
Steinwürfen vertreiben.
Wächter
in kleinen Bretterbuden gibt es gelegentlich am Straßenrand, ich weiß nicht
wofür.
Die
Gegend ist grün und fruchtbar, auf vielen Feldern wird gearbeitet oder
geerntet.
Später
kommen wir am „Buddh International Circuit“, einer brandneuen Rennstrecke
vorbei. (Im Namen steckt Buddha.) Die Anlage sieht gewaltig, teuer und sehr
modern aus.
Buddh
International Circuit - Wikipedia, the free encyclopedia
buddh
circuit - Google-Suche (Fotos)
Das
scheint hier überhaupt eine Großstadt zu sein, Noida. Noch nie davon gehört.
„Noida“ ist ein künstlich zusammengesetzter Name für eine künstlich
erschaffene Großstadt.
Gewaltige
Neubauten entstehen hier gerade, jede Menge, mit meist 20, 30, 40 Etagen,
wahnwitzig, auch von der Fläche her, viele sind schon vorhanden und bewohnt,
unglaublich. Hier endet der Expressway.
Erneute
Maut für den Delhi Flyway. Und dann sind wir auch schon mitten in Delhi.
Jedes etwas bessere Haus hat hohe Mauern und Wächter dazu.
Wir
quälen uns durch den dicken Nachmittagsverkehr Delhis und erreichen das Hotel
Hilton Garden Inn um 15:05 Uhr. Welcome back in the
civilization!
Alles Gepäck wird hier sehr gründlich durchleuchtet. Meine Gepäcktasche
also auch. Die kleine Nagelschere und der Nagelschneider im Waschbeutel werden
wichtigtuerisch erkannt und moniert. Ich darf beides behalten. Einfach lächerliches
Gedöns.
Ich
bekomme ein Zimmer im obersten Stock, siebte Etage mit Blick auf die Stadt.
Naja, was man halt im Dunst erkennen kann.
Hier
wird höchster Komfort geboten. Westlicher Standard eben. Zum ersten Mal in
Indien sogar ein Einhebelmischer. Alles ist eigentlich so wie im Hilton Garden
Inn bei meinem Abflug in Frankfurt. Zwei Wochen ist das erst her? Mir kommt es
irgendwie deutlich länger vor.
Zwei
Anrufe und eine Stunde später treffe ich mich mit der Vertreterin der
Reiseorganisation zum Abschlußgespräch bei einem köstlichen Kaffee in der
Mall neben dem Hotel. Da die Reise perfekt organisiert war, habe ich nichts zu
beanstanden.
Die
Mall hier ist natürlich etwas ganz anderes als in Jaipur. Alles, fast alles,
was es in Deutschland gibt, gibt es hier auch. Klamottenläden, Fast-Food (außer
Burger King, die habe ich hier in Indien nicht gesehen). Viele bekannte
Marken. Hier könnte ich endlich mal eine Hose mit etwas engeren Beinen
kaufen, wie ich sie schon lange suche, habe aber keine Lust auf
Anprobierstress. Eigentlich fehlt nur noch ein Media-Markt oder so etwas ähnliches.
Ich
hole mir dann bei McDonalds nur ein Veggieburger-Menü für 150 Rupien, etwas
über zwei Euro. „Richtige“ Burger gibt es in Indien natürlich nicht,
sonst aber alles: Fischburger, Hähnchen-Nuggets, McChicken, alles wie bei uns
und überall auf der Welt. McDonalds-Café gibt es auch. Alles schmeckt wie
zuhause oder sonstwo.
Im
Applestore gibt es auch das volle Programm. Hat hier in der Mall auch jeder in
der Hand, i-Phone 5, i-Pad oder wenigstens ein Samsung Galaxy.
Um
18:30 Uhr bin ich zurück und ruhe mich aus. Um 22:00 Uhr dusche ich noch
rasch und werde pünktlich um 22:45 Uhr von Anil und Dusha, dem hiesigen
Guide, abgeholt und zum nahegelegenen Airport gebracht, wo ich schon eine
halbe Stunde später wohlbehalten eintreffe.
Auch
auf dieser Fahrt gibt es neue Erkenntnisse: Man fährt auf der Schnellstraße
entweder ohne Licht, mit Licht, oder mit Fernlicht. Fernlicht ist eigentlich
auch empfehlenswert, denn es gibt ständig eben die total unbeleuchteten
Fahrzeuge, die noch nicht einmal Rückstrahler haben und deshalb völlig
unsichtbar sind, wie z.B. die meisten der unzähligen TukTuks oder total
unsichtbare Hindernisse auf der Straße, Schilder, Schlaglöcher, Leute, Kühe
usw.
Oft
schwere Lasten transportierende Fahrradrikschas tun sich da gerne auch negativ
hervor.
Rote
Ampeln werden bei Dunkelheit noch deutlich ungerner akzeptiert.
Anil
und ich nehmen herzlich Abschied voneinander. Ganz im Gegensatz zu seinen
Landsleuten ist er immer betont anständig gefahren. Niemals schneller als 90
km/h. Ich habe nie Angst gespürt. Und er stand immer fünf Minuten vor der
ausgemachten Abholzeit bereit. Insoweit war er absolut perfekt. Noch ein
Beispiel: Er hat auf der gesamten Fahrt nur sechsmal gehupt. Dieses Kontingent
verbrauchen alle andern schon in der ersten Sekunde.
Eine
dreiviertel Stunde später sitze ich heil und gesund in der noch geöffneten
LH-Lounge und delektiere mich an diversen Leckereien.
Wir
starten pünktlich in einem Airbus A330-300 um 02:05 Uhr der Swiss. Wieder
achteinhalb Stunden Flugzeit nach Zürich zurück. Vielleicht ist das hier
dasselbe Flugzeug, wie auf dem Herflug, mindestens aber das gleiche. Kurz nach
Abflug wird ein ekliges Spray versprüht, gegen Insekten, die man sonst in
Europa einschleppen könnte. Empfindliche Leute sollen die Augen schließen
und sich etwas vor die Nase halten. Und überhaupt das Atmen einstellen…
Ich
ziehe mir noch den aktuellen James Bond-Film „Skyfall“ rein, bevor ich
meinen Sitz flach mache und endlich einschlafe.
Morgens
am Bodensee und am Zürisee liegt Schnee und es ist kalt. Der Schwarzwald ist
tief verschneit.
Umsteigen
wie gehabt in Zürich, aber flott, ich habe nur insgesamt 45 Minuten mit zwei
Sicherheitskontrollen und muß den Skymetro wieder benutzen. Mein Anschlußflug
erfolgt pünktlich mit einer A320. Hier in Zürich muß unser Flieger aber
doch noch erst enteist werden.
Um
08:05 Uhr bin ich in Frankfurt und um halbelf zuhause. Wenigstens scheint hier
die Sonne.
Wieder
nichts passiert, vergessen oder kaputtgemacht. Auch kein Ladegerät irgendwo
stecken gelassen. Nicht krank geworden und, allen Unkenrufen Bekannter und
Freunde zum Trotz, vor allem keinen der gefürchteten Durchfälle bekommen.
Insgesamt eine schöne Reise, die ich jedem empfehlen kann.
Vierzehn
Tage betont vegetarisch gegessen und ausschließlich Tee getrunken - und auch
dieses bestens überstanden.
Hier
noch ein paar Informationen:
Der
Reiseverlauf (in beiden Richtungen) ist der Standard dieser Rajasthan-Reisen.
Änderungen sind auf Wunsch möglich.
Deutsche
gab es selten, nur ab und zu mal eine Busladung, meistens sah ich Engländer
und Franzosen.
In
die Steckdosen paßten unsere Eurostecker. Jede Steckdose bietet 110 und 220
Volt an. Ein („englischer“) Reiseadapter kann für vorsichtige Reisende,
vor allem bei Schukosteckern, manchmal nützlich sein.
ec-Karten
funktionieren einwandfrei.
Handyempfang
war eigentlich überall sehr gut.
Mietwagen
gibt es wohl nur mit Fahrer.
Ich
hatte ja „nur“ englischsprachige Führer (und Fahrer). Aber ich hörte
unterwegs immer wieder deutschsprechende Führer. Es gibt sie also.
Die
Pools hatten alle kaltes Wasser und eigneten sich meistens sowieso nicht gut
zum Schwimmen, da auch jede Menge Tauben ein Schwimmbad zu schätzen wissen…
Die
vorherige Beantragung des Visums für Indien per Post war etwas umständlich.
Und mit ca. 75 EUR auch nicht ganz billig. Schließlich lasse ich schon genug
Geld dort. Mir fiel es anfangs eigentlich schwer, in einem Land Urlaub zu
machen, das einem solche Schwierigkeiten schon allein beim Einreisen bereitet.
Aber
das habe ich vor meiner Reise geschrieben. Jetzt denke ich längst umgekehrt:
Wenn man erst einmal den Schock mit Schmutz, Staub, Müll, Armut und Tieren
verdaut, verdrängt, vergessen und sich mehr oder weniger dran gewöhnt hat,
ist Indien eigentlich doch schön, ganz schön schön, bunt, vielfältig,
interessant, anziehend, spannend. Ganz anders als im ersten Moment. Und das blöde
Visum und die damit verbundene Unbill damit sind natürlich längst vergessen.
Ganz im Gegenteil; das Geld dafür hat sich gelohnt!
Eigentlich
sehe ich es schon lange andersherum: Die vielen auf dieser Reise erlebten Glücksmomente
sind unbezahlbar!
Meine wichtigsten Erkenntnisse auf dieser Reise:
Indien
ist ganz anders, als ich es mir vorgestellt habe!
Tief
in meinem Inneren bin ich längst ein Hindu!
Meine
nächste Reise geht in ein paar Tagen nach Florida. Namaste!
„Ich bitte meine Leserinnen und Leser um
Entschuldigung. Oder um ihr Verständnis. Ich schreibe nicht für andere. Ich
schreibe für mich persönlich und versuche, mich mit jedem meiner
Reiseberichte zu identifizieren. Ich schreibe für mich selbst, um damit meine
Erinnerungen an das Erlebte wach und lebendig zu halten. Aber ich freue mich
über jeden Menschen, der meine Reiseberichte liest!“
© 2013 Wilfried
R. Virmond - Nachdruck, auch auszugsweise, grundsätzlich nur mit Genehmigung
des Autors! Dies gilt ganz besonders auch für sämtliche Fotos!