Ostseeinsel
Rügen Weiße
Kreidefelsen, goldene Strände,
Meine Wanderungen mit Hanni Ein
Fotoreisebericht von Wilfried R. Virmond |
So,
16.09.2012 Zuhause
– Ilsenburg/Harz, 422 km Aufstehen:
9:00 Uhr Wetter
morgens: sonnig, 20 °C Prognose:
warm und sonnig, bis 25 °C Ich
nehme die Autobahn über Frankfurt bis Bebra und dann die Landstraße nach
Ilsenburg. Hier im Harz wimmelt es vor Motorrädern. Sofort fühle ich
mich falsch motorisiert und beneide die Kollegen um ihre Schräglage. Im
Landhaus-Hotel „Zu den Rothen Forellen“ steige ich ab. Ein
freundlicher Mitarbeiter zeigt mir die Räumlichkeiten und informiert mich
über alles, bevor er unser Gepäck aufs Zimmer bringt. Hier fühle ich
mich auf Anhieb wohl. Endlich mal wieder ein empfehlenswertes Hotel, das
ich natürlich gleich in meiner Sammlung „Meine guten Hotels“
einreihe. Die Minibar ist kostenlos. Im
Hotelcafé am Ufer des kleinen Sees gönne ich mir erst einmal einen
hervorragenden Apfelstrudel und Kaffee. Um die anderen Leute nicht zu belästigen,
rauche ich meine Zigarre lieber später draußen beim Gang um den See
herum. Hanni freut sich genauso wie ich über alles, vor allem auch über
das schöne und immer noch warme Spätsommerwetter und hüpft gutgelaunt
herum. Schnell
noch in den Hotelpool und in die Sauna. Danach gibt es für uns beide ein
hervorragendes Abendessen im großen Wintergarten.
Mo,
17.09.2012 Ilsenburg/Harz
– Stralsund, 455 km Aufstehen:
7:30 Uhr Wetter
morgens: sonnig Prognose:
gut Einziger
Minuspunkt im Hotel: Es gibt hier noch nicht mal zehn TV-Programme und
davon ist das Erste auch noch total schlecht. Also gab’s auch kein GJ
zum Einschlafen. (OK, „GJ“ bedeutet Günther Jauch.) Dafür gab‘s
ein Superfrühstück. Erst
einmal mache ich einen Kundenbesuch im nahen Bad Harzburg. Dann nehme ich
die Autobahn über Braunschweig bis ans Ende in Wolfsburg und anschließend
die Landstraße durch Mecklenburg-Vorpommern. Seen, Baumalleen, kleine Dörfer,
die Straße zieht sich. Abends gegen 18.00 Uhr sind wir am Ziel in
Stralsund. Das
Hotel ist neu, aber unfreundlich, hier ist nur eine Mitarbeiterin tätig
und hält den Betrieb am Laufen. (Im gestrigen Hotel hat es nur so vor
Personal gewimmelt.) Natürlich muß ich unser Gepäck wieder selbst
hinaufbringen. Die
wenigen Hotelparkplätze im Hinterhof sind sehr eng, hoffentlich geht das
gut mit meinem Auto. Zum
Abendessen laufen wir über den Damm durch den Knieperteich in die
Altstadt. Hier im Restaurant Torschließerhaus bekomme ich als Hotelgast
sogar zehn Prozent Rabatt, die ich gerne annehme. Später den gleichen Weg
zurück. Endlich, morgen geht es los.
Di,
18.09.2012 1.
Wandertag 12
gelaufene km Aufstehen:
6:30 Uhr Wetter
morgens: sehr bedeckt, später soll es regnen Prognose:
schlecht, Regenwahrscheinlichkeit 85% Um
8:30 laufen wir beide los, den gleichen Weg wie gestern Abend in die
Altstadt, an ein paar respektablen alten Kirchen vorbei. Ums Gepäck
brauche ich mich ab sofort nicht mehr zu kümmern, das wird ab jetzt immer
ins nächste Hotel gebracht. Unser
Ziel ist genau gegenüber, der Hafen. Hier liegt auch die ehemals so
stolze erste „Gorch Fock“, „vorerst“ als Restaurantschiff,
hoffentlich nicht für immer. (Bitte nicht verwechseln: Es gibt noch eine
zweite neuere „Gorch Fock“ als deutsches Segelschulschiff der
Bundesmarine.) Wir
legen pünktlich um 9:20 Uhr ab und fahren auf dem Fahrgastschiff „MS
Hansestadt Stralsund“ zweieinhalb Stunden übers Meer. Hanni benötigt
eine Kinderkarte für teure EUR 6,50. Es geht ihr gut, mir auch, überhaupt,
niemand wird seekrank. Nach einem kurzen Halt in Neuendorf steigen wir
beide um 11.30 Uhr in Vitte aus. Wir sind hier auf der Insel Hiddensee.
Die Insel ist ca. zwanzig Kilometer lang und oft nur ein, zwei Kilometer
breit. Hier fahren so gut wie keine Autos. Deshalb warten Pferdekutschen
auf jedes ankommende Schiff. Wir
sind beide nach ein paar Schritten auf der gegenüberliegenden Seite der
Insel und biegen rechts ab am Strand entlang Richtung Norden. Blöd, auf
dem Sandstrand dürfen keine Hunde laufen, deshalb bleiben wir auf dem
geteerten Weg. Später
geht es ganz schön steil bergauf. (Und ich dachte, das wird hier ganz
easy.) Der Weg führt unter vielen Bäumen am Hochufer entlang. Steile und
immer länger werdende Treppen bieten sich an, hinunter ans Wasser zu
laufen. Es gibt unzählige Ausblicke auf die Küste und aufs Meer. Leider
sind die Wege meist schlecht markiert, aber verlaufen kann man sich hier
nicht. Ganz
oben kommen wir beide an den berühmten „Leuchtturm am Dornbusch“.
Leider dürfen Hunde nicht mit hoch, sodaß ich auf die Besteigung
verzichte. Zurück,
den Berg hinunter, ist es etwas leichter. Ich belohne uns beide mit einem
Besuch in einem kleinen Gartenrestaurant. Auf
dem Deich geht es später weiter zurück. Die Kraniche sind auch schon da. Wir
sind deutlich früher zurück in Vitte als geplant, sodaß wir beide
gerade noch die fast voll besetzte Fähre „Wappen von Breege“ um 15:15
Uhr erwischen, eine Stunde vor dem eigentlichen Termin. Die
Sonne neigt sich schon, es ist bereits etwas kühl, trotzdem sitzen die
meisten Leute auf dem Oberdeck im Freien und genießen die Fahrt. Unzählige
Schwäne schwimmen hier auf der Ostsee herum, ganze Herden, oder sagt man
bei Schwänen „Schwärme“? Oder „Gruppen“? Unsere
beschauliche Fährfahrt endet im Seebad Breege. Der Weg ins Nachbardorf zu
unserem Hotel in Juliusruh zieht sich schon wieder. Doch zum guten Schluß
erreichen wir unser Hotel, das „Hotel Atrium am Meer“. Obwohl,
„Atrium“ gibt es hier keins, ich habe jedenfalls keins gesehen. Und
„am Meer“ sind wir auch nicht, nur in der Nähe, es gibt noch zwei Häuserreihen
vor uns. Aber unser Gepäck ist wie versprochen schon da. Leider
darf Hanni nicht ins Hotelrestaurant, deshalb essen wir beide in einem
guten Restaurant in der Nähe. Bedauerlicherweise
regnet es gleich nach unserer Ankunft, deshalb müssen wir beide drinnen
sitzen. Die Zigarre danach entfällt aus den gleichen Gründen. Morgen
soll es wirklich den ganzen Tag regnen.
Mi,
19.09.2012 Juliusruh,
Kap Arkona, Juliusruh, 23 km Aufstehen:
8:00 Uhr Wetter
morgens: viele Wolken, Regen Später:
mittags Regen, später Sonne, Sturmwind, 12 ° Hanni
darf auch morgens nicht mit ins Restaurant, ich muß also alleine frühstücken.
Um 9:10 Uhr geht’s los, immer am Strand entlang nach Norden. Die Sonne
ist wieder rausgekommen. Angenehm, so stundenlang am Wasser
entlangzulaufen. Die fast unsichtbaren Wellen versuchen ständig, in meine
Schuhe reinzukriechen; manchmal gelingt es ihnen. Unzählige
Quallen gibt es hier; eigentlich sind das (im Wasser) sehr elegante Tiere.
Gestrandete Quallen schubse ich (mit dem Fuß) vorsichtig ins Wasser zurück,
um sie zu retten. Nach
einer Stunde geht es hier unten am Wasser nicht mehr weiter, nur noch
dicke Steine. Deshalb steigen wir zum Hochuferweg rauf, der sich als alter
DDR-Militärweg herausstellt: Zwei Betonspuren, aus Fertigteilen
zusammengesetzt. Dazwischen Gras. Gut zu laufen, aber schlecht für die
Gelenke. Trotzdem, wir sind beide glücklich. Wandernde Leute unterwegs:
So gut wie keine. Nur jede Menge Radfahrer. Die Leuchttürme am Kap Arkona
sind in der Ferne zu sehen. In
dem kleinen Dorf Vitt kommen wir am „Uferbethaus“ vorbei, einer alten
achteckigen halbwegs berühmten Kapelle. Der
Himmel hat sich währenddessen zugezogen und es beginnt jetzt mehr zu
regnen. Da ist es ganz günstig, im uralten Gasthaus „Zum goldenen
Anker“ einkehren zu können. Nach
dem Essen scheint längst wieder die Sonne. Am steinigen Strand entlang
geht es weiter. Hier wimmelt es auch längst wieder vor Leuten. Das
Steilufer ist sandig und fällt fast senkrecht ab, kein Wunder, daß es ständig
abbricht. Aber sehr imposant und angenehm anzusehen. Am
Ende geht es die steile hölzerne Veilchentreppe (230 Stufen) hinauf. Oben
stehen wir dann an ein paar beeindruckenden Aussichtspunkten. Leider darf
die berühmte Jaromarsburg nicht besichtigt werden. Dafür gibt es drei
Leuchttürme. Wir sind hier am berühmten Kap Arkona, 45 Meter über dem
Meer. Unzählige Menschen tummeln sich hier, deshalb machen wir uns beide
bald wieder vom Acker und treten den Rückweg an. Hier oben bläst ein
heftiger Wind, deshalb sind wir beide froh, als wir wieder zum Strand
runter können. Hier im Windschatten läuft es sich viel angenehmer. Die
letzten zweidrittel des Weges sind identisch mit dem Hinweg. Um 16:15 Uhr
sind wir beide zurück. Da
ich eigentlich noch satt bin, lasse ich heute unser Abendessen ausfallen.
Do,
20.09.2012 Juliusruh,
Glowe, Hagen, Königsstuhl, Sassnitz, Aufstehen:
7:00 Uhr Wetter
morgens: sonnig Prognose:
am Nachmittag Regen Zum
Frühstück darf Hanni schon wieder nicht mit. Um 8:50 Uhr laufen wir los,
vor zum Strand und dann aber rechts, nach Süden. Wieder fallen mir als
erstes die unzähligen gestrandeten Quallen auf. Im Wasser sind noch viel
mehr zu sehen. Ein nackter Mann watet ins Meer hinein. Hat der keine Angst
vor den Quallen? Ich hätte jedenfalls keinen Mut dazu. Und meine edlen
Teile schon gar nicht. Wenn sie hier bei uns auch „nur“ tagelanges
Brennen erzeugen, aber nicht lebensgefährlich sind. Nach
zwei Stunden haben wir uns dem kleinen Ort Glowe genähert und die letzten
beiden Kilometer laufen wir dann doch lieber auf weichem (Wald)Boden und
später auf der Strandpromenade. Hier
im Gasthaus müssen wir Stopp machen und essen erst einmal ganz in Ruhe zu
Mittag. Von
der Organisation ist es vorgesehen, daß man von hier aus ein Taxi ruft.
Die Fahrt nach Hagen ist bereits im voraus bezahlt und ich verfüge über
einen Voucher. Das
Taxi setzt uns beide nach zwanzig Minuten Fahrt an einem großen Parkplatz
ab. Man könnte von hier aus die drei Kilometer eigentlich zum Königsstuhl
laufen, wir nehmen aber lieber den Shuttle-Bus für 1,65 EUR + Hund 1,10
EUR. Der
Eintritt zum Königsstuhl im „Nationalpark Jasmund“ kostet weitere EUR
7,50. Hunde kosten nichts. Dann noch ein paar Schritte und wir sind am berühmten
„Felsen“ hoch über dem Meer. Leider ist die Sonne schon etwas weit im
Westen und die Kreidefelsen wollen nicht mehr so richtig erstrahlen. Eine
Holztreppe führt zum Strand hinunter. 110 Meter und 412 Stufen. Hanni
macht es wider Erwarten nichts aus. Mir mehr. Runter geht es ja noch, aber
ich sehe gleich, was mir bevorsteht, denn die Leute kommen einem meist
schwer schnaufend entgegen. Kleine Hunde werden getragen. Muß ich das
nachher auch machen? Hanni wiegt immerhin siebeneinhalb Kilo. Fazit:
Ich hätte es mir sparen können. (Aber man meint ja immer, etwas zu
verpassen…) Unten gibt es nicht viel zu sehen. Und der Weg am Wasser
entlang weiter nach Süden scheint viel zu beschwerlich zu sein. Nach
zwei, drei Fotos treten wir den Rückzug an. Es sind immer noch 110 Meter
und 412 Stufen. Oder sind das jetzt nicht noch mehr geworden? Hanni nimmt
die Stufen locker und zeigt keinerlei Schwäche – und auch keine Angst
vor den wackelnden offenen Holzstufen. Weiter
geht es auf unserem Weg. Der berühmte Aussichtspunkt „Viktoriasicht“
zeigt noch einmal ähnliche Ausblicke. Jetzt
wird es wirklich anstrengend. Unser Weg führt rauf und runter, immer auf
dem Hochufer und an der beeindruckenden Kreideküste entlang, ein paarmal
müssen weitere hohe Holztreppen oder steile Auf- und Abstiege bezwungen
werden; insgesamt zieht sich der Weg sehr lang hin. Sehr reizvoll – aber
auch beschwerlich. Entgegenkommende Wanderer fragen mich gerne, wie weit
es noch bis zum Königsstuhl ist… Doch
jeder Weg hat ein Ende, auch dieser. Gegen 17:10 Uhr erreichen wir
Sassnitz (bis 1993 „Saßnitz“). Die Stadt zieht sich noch einmal
kilometerweit am Meer entlang. Unser Hotel ist natürlich am anderen Ende
und wieder höher gelegen. Eine supermoderne stählerne Fußgängerhängebrücke
schwingt sich vom Hafen hinauf in die Oberstadt. Eine Stunde später,
gegen 18:10 Uhr sind wir endlich am Ziel, unser Gepäck ist auch schon da. Das
„Kurhotel“ hat wenig mit „Kur“ zu tun. Es soll zwar einen
„Kurmittel-Bereich“ im Haus geben, aber wo? Ein Kurhotel sieht
jedenfalls anders aus. Es ist einfach ein uralter DDR-Kasten, direkt neben
einem weiteren neunstöckigen früheren DDR-Hotel („Rügenhotel“).
Alles ist aufwendig renoviert, aber trotzdem riecht, fühlt und spürt man
vor allem überall die düstere Vergangenheit. Wettermäßig
hatten wir Glück, erst direkt nach unserer Ankunft beginnt es zu regnen. Unser
Zimmer ist ganz oben unter dem Dach, aber wenigstens haben wir, nach dem
Besteigen eines zweistufigen Holztritts, durch ein kleines Dachfenster
Aussicht auf den Hafen, die Stadt und das Meer. Wir haben ein Einzelbett
und noch nicht einmal eine Minibar. Hanni
darf abends mit ins Restaurant, morgens nicht. Das Abendessen ganz unten
im Kellerrestaurant „Bim Fischer un sin Fru“ paßt ins Bild: Statt des
bestellten Carpaccios bekomme ich Räucherlachs serviert, auf der
Tomatensuppe fehlen die Croutons, und der Matjesteller ist so schwer überladen
und die Bratkartoffeln triefen so sehr vor Fett, daß mir schlagartig der
Appetit vergeht. (Ich wollte in diesem Bericht ja mal nichts vom Essen
schreiben, aber hier muß es doch ausnahmsweise mal sein.)
Fr,
21.09.2012 Sassnitz,
Königsstuhl, Binz, Sellin, 9 km Aufstehen:
7:00 Uhr Wetter
morgens: sieht gut aus, erst noch 6 °C Prognose:
es soll erst nachmittags regnen Das
Frühstücksbuffet läßt mal wieder keine Wünsche offen, trotzdem gefällt
es mir hier nicht. Vor allem, weil Hanni beim Frühstück auf dem Zimmer
bleiben muß. Und ich fühle überall im Haus alte negative Energieströme.
Wer weiß, was die hier früher gemacht haben… Um
8:30 Uhr sind wir beide schon wieder unterwegs und laufen über die großzügige
kreisförmig-geschwungene Brücke zum Hafen hinunter. Viele Schiffe fahren
von hier aus zum Königsstuhl, den ich mir unbedingt auch mal von der
Meerseite ansehen möchte. Die „MS Alexander“ ist morgens eines der
ersten Schiffe, die meisten andern Boote fahren später. Wir sind noch
etwas zu früh und trinken gemütlich eine Schokolade, um die Wartezeit
etwas angenehmer zu gestalten. Um zehn geht’s los und um 11:30 Uhr sind
wir zurück. Fahrpreis stolze 13,00 EUR, obwohl Hanni nichts extra kostet.
Alle Ausflugsboote müssen relativ weit ab vom Ufer bleiben, deshalb und
weil es heute etwas dunstig bleibt und die Kreidefelsen nicht allzu weiß
erstrahlen, ist die Tour ganz schön, aber auch nicht mehr. Jetzt
müssen wir mit dem Schiff nach Binz weiterfahren. Die etwas
runtergekommene „MS Dania“ legt, fahrplanmäßig gesehen, mit einer
Viertelstunde Verspätung um 12:15 Uhr ab, das reicht für ein sehr gutes
knuspriges Matjesbrötchen an Land. Vorhin
auf der Alexander habe ich eine günstige Gelegenheit zum Fragen verpaßt,
hier auf der Dania erlaubt es der schlecht gelaunte Käpt‘n nicht, ihn
auf der Brücke kurz für ein Foto zu besuchen. (Wahrscheinlich sieht es
dort viel zu schlimm aus…) Um
12:55 Uhr sind wir am Ziel, der Seebrücke in Binz, aber es sind ja auch
nur 23 km zu Fahren. Fahrpreis günstige 8,-- EUR, Hanni braucht erneut
nichts zu bezahlen. Sie hätte ja auch gar kein eigenes Portemonnaie. Viele
altehrwürdige und jetzt großzügig renovierte, wunderschöne alte Gründerzeit-Villen
stehen hier herum. (Eigentlich wie überall in den Badeorten Rügens. Die
DDR hat die alten Häuser unbehelligt und daher in einer Art Dornröschenschlaf
gelassen.) Am
Strand gibt es plötzlich ein bestaunenswertes Objekt: Einen
stehengebliebenen futuristischen außerirdischen Baywatch-Turm der
Rettungsschwimmer aus der früheren DDR-Zeit. Ein Symbol der Moderne, das
man viel eher einem kapitalistischen Land zuordnen würde. Oder ein
kleines Raumschiff, weit hergekommen, von fremden Lebewesen gesteuert.
Wahnsinn. Der Anblick ist so jäh und unerwartet, daß ich erst meinen
Augen nicht trauen will. Absolut unglaublich! Architekt Ulrich Müther hat
hier 1968 ein wahnsinnig aufregendes und seiner DDR-Zeit weit
vorauseilendes Bauwerk aus „Ferrobeton“ geschaffen. Eine
wirklich schöne Idee: Der „Turm“ wird jetzt beneidenswerterweise als
Trauungsraum verwendet. Wer also einen besonderen Ort für seine Heirat
sucht, sollte auch diese Möglichkeit mit in Erwägung ziehen. Der
Turm ist für mich eindeutig das Highlight der Reise. Schon allein für
dessen Anblick hat sich die weite Anreise gelohnt! Ein zweiter ähnlicher
Turm am anderen Ende des Strandes ist leider „verloren“ gegangen.
Obwohl ich mich gar nicht daran sattsehen kann, müssen wir leider wieder
weiter. (Tipp an alle geneigten Leserinnen und Leser: Unbedingt googeln
und die Fotos anschauen!) Nach
dieser freudigen Überraschung geht es weiter südlich auf der
Kurpromenade entlang, durch die Teufelsschlucht steil hinauf und dann später
auf dem Hochuferweg weiter. Natürlich wieder alte DDR-Militärfahrwege
mit den bereits bekannten beiden Betonspuren. Wieder begegne ich nicht
allzu vielen Leuten zu Fuß und per Rad, aber trotzdem sind es noch viel
zu viele. An der berühmten Kreuzeiche müssen wir links abbiegen. Kurze
Rast machen wir am Schwarzen See, bevor es wieder weiter durch den
Laubwald und am Steilufer entlang geht. Gegen
15:45 Uhr erreichen wir Sellin und bleiben für einen Augenblick oberhalb
der imposanten neu aufgebauten hölzernen weißen Seebrücke stehen und
erfreuen uns an ihrem Anblick, bevor wir unser direkt nebenan gelegenes
„Hotel Bernstein“ aufsuchen. Erfreulich ist, daß unser Gepäck
bereits aufs Zimmer gebracht wurde. (Leider das einzige Mal auf dieser
Reise.) Wir sind im neuen großen Nebengebäude untergebracht, allerdings
wegen des Hundes nur im Erdgeschoß, aber trotzdem noch mit etwas
Meerblick. Auch hier darf der Hund wieder nicht ins Restaurant, morgens
nicht und abends nicht. Sonst würde ich es in die Kategorie „durchaus
ganz zufriedenstellend (2-3)“ einordnen. Also nichts für meine
Sammlung. (Hotels, die keine Hunde zulassen, sind blöd und fallen grundsätzlich
durchs Raster.) Unser Einzelzimmer mit dem schmalen Bett ist klein, lang
und schmal. Auch
hier ist die Toilette wieder sehr niedrig angebracht, wie in allen Hotels
hier auf Rügen, in denen ich jetzt war: Nur um die 42 cm Sitzhöhe. Wo
doch eigentlich viele alte Leute nach Rügen kommen, empfinde ich das
gerade jetzt mit den schmerzenden Beinen als ausgesprochen unkomfortabel
und gästeunfreundlich. (Welches kranke Hirn denkt sich so etwas aus??
Wegen der Kinder?) Später,
zuhause, messe ich mal nach: Auch nur 42 cm Sitzhöhe. Erstaunlich, ist
mir noch nie aufgefallen. Trotzdem, wenn man älter wird, wären ein, zwei
Zentimeter mehr bestimmt angenehmer. Im
Bad gibt es nur ein großes und ein kleines Handtuch. Paßt alles in die
vorerst bestimmt nicht ausrottbare Ossi-Mentalität. Aber
dafür entschädigen der kleine Pool und drei verschiedene Saunen. Und
immerhin gibt es im Zimmer drei große, verschiedene, kostenlose
Mineralwasserflaschen in der Minibar. Immerhin, man freut sich auch schon
mal über Kleinigkeiten… Nach
einem kurzen Schläfchen laufen wir ein paar Schritte um die Ecke in die
Geschäftsstraße und essen dort ganz gut zu Abend. Eine abendliche genüßliche
Zigarre draußen vor dem Restaurant mit Heizstrahler und Kuscheldecke
rundet den Abend ab.
Sa,
22.09.2012 Sellin,
Göhren, Sellin, 12 km Aufstehen:
7:00 Uhr Wetter
morgens: sehr wolkig, kühl Prognose:
ab mittags Regen Nachts
kamen mehrmals besoffene grölende Leute am Hotel vorbei. Hier ist das
Erdgeschoß-Fenster durchaus von Nachteil. Außerdem brachten nachts um 3
Uhr und um 6 Uhr Autos irgendwelche Lieferungen an den Haupteingang,
direkt neben unserem offenen Fenster. Da die Fahrer die Dieselmotoren
ihrer alten rostlaubigen Autos nicht abstellen, ist das Wiedereinschlafen
danach gar nicht so einfach. Unverständlich für ein Hotel mit diesem
Anspruch. Beim
Frühstück sehe ich immer noch die weitentfernte Kreideküste am Königsstuhl
durchs Fenster. Mann, ist das schon wieder lange her… Gleich
am Hotel beginnt der weitere Hochuferwanderweg an der Küste entlang. Beim
kurzen Blick zurück sehen wir die Halbkugel am äußersten Ende der Seebrücke,
die mit Besuchern (ohne Hunde) ab und zu ins Meer abtaucht. Die
Sonne kommt auch bald raus, aber es bleibt etwas kühl, mittags sind es höchstens
15 °C. Auf
der Uferpromenade geht es bis nach Ostseebad Baabe und dann auf dem
Hochuferwanderweg waldmäßig bis nach Ostseebad Göhren. (Ja, alle größeren
kleinen Orte an der Küste haben den Zusatz „Ostseebad“ bzw.
„Seebad“. Klingt besser.) Dort in Göhren nutzen wir einen Weg
hinunter zum Wasser und umrunden eine einsame Halbinsel, das Nordper. Da
ich mal wieder reichlich erschöpft bin, nehmen wir die örtliche
Bimmelbahn, die uns (dank der zuhause vergessenen Kurkarte – man muß
halt nur so gucken als hätte man sie einstecken) kostenlos zum Bahnhof
bringt. Wir
müssen eine dreiviertel Stunde warten, bis uns der „Rasende Roland“ für
zusammen 2,70 EUR zurück nach Sellin bringt. (Der Rasende Roland ist eine
berühmte dampfbetriebene Schmalspurbahn auf Rügen mit zurzeit
wahnwitzigen ca. 25 km Streckenlänge.) Hanni benötigt eine Kinderkarte,
trotzdem ist es für die Viertelstunde Fahrzeit noch ganz günstig. Für
ein schnelles Foto darf ich sogar (ausnahmsweise, mannomann, manche Leute
nehmen sich wirklich wichtig, ich muß etwas betteln) einen Moment auf die
Lok kommen, während sie gerade frisches Wasser aufnimmt. Schade, wenn man
sich rechtzeitig vorher anmeldet und dafür bezahlt, darf man sogar (ohne
Hund) auf der Lok mitfahren… Wir
verbringen Warte- und Fahrzeit im Buffetwagen und trinken ein großes
Radler bzw. eine kleine Schale mitgebrachtes Wasser. Glück
gehabt, bisher jedenfalls, jetzt regnet es leicht; als wir in Sellin-West
aussteigen, regnet es richtig. Deshalb kommen wir beide triefnaß im Hotel
an, das doch schätzungsweise zwei Kilometer vom Bahnhof entfernt ist.
Gut, daß ich Regenjacke und Schirm dabei habe, aber Hanni hat gar nichts
als Schutz. Deshalb dusche ich sie, rubble sie kräftig ab und föhne sie,
genauso wie danach mich selbst. Anschließend besuche ich die Sauna. Ich
bin aber nicht alleine, ein Körperbehinderter ohne Füße leistet mir mit
seinem Betreuer Gesellschaft. Leider kann er auch kaum sprechen. Die
Minibar im Zimmer ist wieder aufgefüllt, verdursten muß man hier also
nicht... Danach
gibt’s noch ein Schläfchen, wer weiß, wie laut es diese Nacht wieder
werden wird. Wir essen danach erneut nebenan in der Wilhelmstraße. Zum
Abschluß gibt es im Freien und mit zwei Kuscheldecken eingehüllt schon
wieder eine abendliche Lieblings-Zigarre. Um 21.55 Uhr liegen wir beide
brav im Bett.
So,
23.09.2012 Sellin,
Moritzdorf, Groß Stresow, Seelvitz, Putbus, Bergen a.R., Stralsund, 14
gelaufene km Aufstehen:
7:00 Uhr Wetter
morgens: sonnig aber kalt Prognose:
es soll so bleiben Frühstück
wie gestern, also ohne Hanni. Abmarsch um kurz vor neun. Wir
müssen den gleichen Weg wie vorgestern zur Bahn-Haltestelle nehmen. (Übrigens:
Falls man hier und an ein paar anderen „Haltepunkten“ aussteigen will,
muß man es vorher dem Schaffner sagen. Der Zug hält aber auch, wenn auf
dem Bahnsteig stehende Reisende „zu erkennen sind, die ihrem
Mitnahmewunsch deutlich Ausdruck geben“. Hanni und ich hatten Glück, daß
gestern ein paar Leute hier einsteigen wollten. Aber da hatte ich es auch
noch nicht gewußt.) Weiter
geht es südlich entlang des „Greifswalder Boddens“ um den Selliner
See herum nach Moritzdorf und dann auf den bekannten Beton-Fahrspuren nach
Westen eine steile Anhöhe hinauf. Die Luft ist heute glasklar und erlaubt
besonders scharfe Fotos. Dann
über Seedorf, Preetz, an den alten „Ziegensteinen“ (Steinzeit-Gräber)
vorbei, nach Klein und Groß Stresow und weiter bis zum Bahn-Haltepunkt
Seelvitz. Die acht Kilometer bis Putbus schaffe ich doch nicht mehr, da
warte ich hier lieber die über eine Stunde auf den Rasenden Roland. Hanni
ringelt sich derweil geduldig auf meiner Regenjacke zusammen. Der
MP3-Player im Samsung Galaxy verkürzt uns auf angenehme Art die
Wartezeit. Und die Sonne scheint dazu. Der
Zug kommt immerhin pünktlich und deshalb sind wir genauso pünktlich in
Putbus. Die Schaffnerin ist zu faul, zu uns nach hinten zu kommen, deshalb
fahren wir ganz günstig ohne Fahrkarte(n). Dann
geht’s ohne Aufenthalt in ein paar Minuten nach Bergen auf Rügen (mit
Ticket) in der Regionalbahn. Nach acht Minuten Wartezeit kommt der
RegionalExpreß der DB, der uns beide in einer Viertelstunde nach Sassnitz
bringt. In
drei Minuten sind wir am schon von weitem zu sehenden Hotel, von dem aus
wir vor fast einer Woche gestartet sind. Gepäck ist da und muß nur noch
hochgebracht werden. Wir ruhen uns erst einmal etwas aus. Abends
laufen wir die bekannte Strecke über den Knieperteich-Damm in die
Altstadt und kehren in der uns noch bekannten Gaststätte ein. Um halbneun
liegen wir schon im Bett.
Mo,
24.09.2012 Stralsund
- Kassel Aufstehen:
7:00 Uhr Wetter
morgens: sonnig Prognose:
egal, wir sitzen ja im Auto Nach
dem Frühstück gibt es erst einmal das die ganzen Tage befürchtete
Problem. Die Batterie des Funkschlüssels meldete sich auf dem Hinweg
schon als leerwerdend und jetzt ist sie es. Der hinzugebetene
Toyota-Kundendienst kann nicht helfen, sie haben diese Spezial-Knopfzellen
(„2412“, also 1,2 mm dünn) natürlich nicht. Deshalb muß ich das
Auto mit dem Notschlüssel öffnen und starten. Aber
nicht genug damit, in der Seite habe ich zwei kleine Macken reingehaut
bekommen, die der Beulendoktor/Lackierer zuhause wieder mühsam
rausmachen werden muß. (Ich hatte gleich beim Einchecken dieses Gefühl
schlechter Strahlen.) Um
9:30 Uhr geht es los. Autobahn und dann die gewohnte Landstraße, z.T. wie
auf dem Herweg. An Wolfsburg vorbei nach Braunschweig zum Lexus-Händler.
Dort bekomme ich endlich die völlig überteuerte Lithium-Knopfzelle für
knapp 15 EUR. (Bei ebay für EUR 5,80 einschl. Versand! Das wird mir eine
Lehre sein und ich nehme mir vor, beim neuen Auto die Batterie schon lange
vorher zu besorgen.) Endlich ist wieder alles im grünen Bereich. Auf
der Autobahn geht’s weiter nach Kassel, um einen alten Bekannten zu
besuchen. Dort übernachten wir beide auch.
Di,
25.09.2012 Kassel-
Düsseldorf Aufstehen:
9.00 Uhr (Meine Freunde sind Langschläfer und wir gingen auch erst um
zwei ins Bett.) Wetter
morgens: Wolkig Prognose:
Egal Abfahrt
gegen 12 Uhr. Über die Autobahn nach Düsseldorf. Alles geht gut,
keinerlei Stau. Ingrid hat heute Geburtstag.
Mein
Fazit: Eine
wunderschöne, nicht zu schwere Wanderung. Der Gepäcktransport hat
hervorragend geklappt. Das Wetter war, bis auf die zweimal Regen, perfekt.
Insgesamt erneut eine Erfahrung, die ich nicht missen möchte. Im
Winter werde ich vielleicht mal zu den Kapverdischen Inseln fliegen. Und
Thailand steht ja auch noch auf meiner Wunschliste. ~~~~~ Und
hier als Zugabe noch ein paar Impressionen unseres Urlaubs in der Toskana
im August 2012:
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