Wilf
und Hanni im
„Grand Canyon“ Gorges du Verdon
Ich
empfehle, sämtliche hier angebotenen Links mit der rechten Maustaste zu
öffnen, weil sie sich dann auf Übersichtskarte
der Anfahrt durch Frankreich Örtliche
Übersichtskarte der Einzel-Ziele |
Auszug
aus der Reisebeschreibung: Die Verdonschlucht gehört zu
den spektakulärsten Schluchtlandschaften Europas - bis zu siebenhundert
Meter hat sich der Türkis leuchtende Fluss Verdon in die mächtigen weißen
Kalkmassive eingeschnitten. Zu Recht wird sie daher auch als „Grand Canyon du Verdon“ bezeichnet! Sie entdecken auf Ihren
Wanderungen aber auch die „grüne“ Provence
- Olivenhaine und weite, waldreiche Landschaften mit Hügeln und
Hochplateaus, in die sich kleine Flüsse mit Schluchten und Wasserfällen
eingegraben haben. Auf dem einsamen Plateau
von Valensole leuchten im Frühsommer endlose, lilablaue
Lavendelfelder. Lassen Sie sich vom vielseitigen Charme der Provence verzaubern! Unsere Reise führt Sie zu malerischen, mittelalterlichen Städtchen, die südfranzösisches
Flair und Lebensart verströmen. Bummeln Sie über einen der Märkte, die
die ganze Fülle an Farben und Düften der provenzalischen Produkte
vereinen. Am Abend können Sie den Tag auf der Terrasse Ihres komfortablen
Hotels mit einem Glas Wein ausklingen lassen. Ich
werde mich mal wieder überraschen lassen und wir werden sehen, wieviel
(oder wie wenig) davon übertrieben ist… Ich war ja dieses Jahr schon oft in Urlaub, Ägypten, Türkei, USA,
Bayerischer Wald, München, Wien usw. Alle Reisen waren schön, aber
auch „laut“, womit ich im wahren Sinne des Wortes eher „aufregend“
meine, deshalb bin ich froh, jetzt ein paar ganz ruhige Tage vor mir zu
haben, nur Hanni und ich, so oft wie möglich allein und ohne mich ständig
mit jemandem unterhalten zu müssen. Halt, stopp, liebe Freunde, ich meine
das nicht so negativ, wie es jetzt vielleicht klingt, ich möchte nur mal
wieder ein paar Tage der inneren Einkehr genießen und möglichst wenig
Leute sehen. Und noch etwas weniger Quasseln als sonst. Aber
dazu gehören auch Hin- und Rückfahrt. Die will ich jetzt ebenfalls mal
gemächlich fahrend genießen, nicht immer am Anschlag wie sonst. Nicht,
wie sonst immer, ständig auf der Überholspur. Deshalb freue ich mich
auch auf eine ruhige angenehme Fahrt. Die
Zeit des Wartens vorher habe ich genossen, jetzt geht es endlich los. Rechtzeitig
vorher habe ich an meine eigene Warnung gedacht und Hanni ein
Leishmaniose-Halsband gegen die Stiche der bösartigen Sandmücke gekauft
– und ihr vierzehn Tage vorher umgelegt. (Hier für sehr teure EUR 27,50
in der Apotheke gekauft. Wenn man sich lange genug vorher drum kümmert,
bekommt man es eventuell billiger.) index
(Eine private Leishmaniose-Seite mit vielen Infos. Beim
Googeln findet man noch mehr darüber.) Recht
gemütlich geht es wieder Richtung Süden, nach Frankreich, 20 Grad, mit
viel Sonne, die A61 ist frei, kein Stau, Karlsruhe, Lauterbourg,
Strasbourg. Richtung Besancon, wie immer. Ich werde jetzt mehr auf der
Autobahn bleiben, mehr als auf meinen Urlaubsreisen vorher. Ja, auch ich
werde schließlich älter. Nein, nicht alt, nur älter – und bequemer… Kurz
vor Strasbourg biege ich ab und esse in La Wantzenau, einem kleinen Ort im
Elsaß, zu Mittag. Es ist kurz vor zwölf und alle sechzehn Tische im
Garten sind leer. Kaum sitze ich, strömen aus allen Richtungen Leute
herein und fast alle Tische sind schlagartig besetzt. Kurz nach zwölf,
die Leute haben Mittagspause. Nochmal Glück gehabt. Wer jetzt noch kommt,
muß drinnen Platz nehmen. Ich
will nichts „Normales“ essen (Pizza, Flammkuchen oder so) und bestelle
mir eins der drei hier angebotenen elsässischen Gerichte – und bekomme
eine kleine Schweinshaxe mit Bratkartöffelchen. Tja, man kann nicht immer
Glück haben, Haxen gehören nicht gerade zu den Speisen, die ich üblicherweise,
oder gar gerne esse. Und dann auch noch in der Hitze. Ich tröste mich mit
einem Viertele trinkbaren Rotweins. Der Ober spricht kein Deutsch, oder
will es nicht, es soll hier ja noch immer uralte und unausrottbare
Ressentiments geben. Eigentlich hätte ich mir ja viel lieber etwas mit
Choucroute (Sauerkraut) gewünscht. Gut
gestärkt fahren wir beide weiter und benutzen jetzt endlich mal den
Tunnel kurz vor St. Dié für 7,90 EUR Péage. Wir haben Glück, er wird
heute Abend erst um 19 Uhr für irgendwelche Arbeiten geschlossen. Weiter
geht es auf der mir vom letzten Jahr noch wohlbekannten Landstraße N57
durch die schöne sonnige und hügelige Landschaft. Das Getreide ist
erntereif, alle Felder sind golden. Die
Straße wird vierspurig ausgebaut, aber bei dem schwachen Arbeitseinsatz
wird das noch Jahrzehnte dauern, seit dem letzten Jahr hat sich nicht viel
getan. Eine einzige Baustelle ist verschwunden. Zahlreiche Lkw erschweren
die Fahrt etwas. In Vesoul kommen wir an einer großen Peugeot-Fabrik
vorbei. Ein paar goldgelbe Sonnenblumenfelder gibt es; weniger als letztes
Jahr. Der
MP3-Player des Autos spielt mir meine Lieblingsmusik vor, Buddy Holly,
Elvis, Richie Valens, Jerry Lee Lewis, Easybeats, Chuck Berry, Little
Richard und wie sie alle heißen. Ich
bin immer wieder froh, in der richtigen Zeit geboren worden zu sein und
diese Musik gerade mit dem richtigen Alter aufgesogen zu haben. Ob man die
heutige Musik später in dreißig, vierzig, fünfzig Jahren noch spielen
wird? Aber das war früher ja das gleiche zwischen unseren Eltern und uns
selbst. Trotzdem,
ich halte mich ja für sehr aufgeschlossen, aber Adele, Pink, Gaga und Co.
kann ich eigentlich nicht viel abgewinnen. OK,
nach ein bißchen Überlegung muß ich sagen, es gibt doch noch gute
Musik, auch heute noch, aber man muß sie halt suchen. Und Eva Cassidy,
Colbie Caillat und ein paar Kollegen/Kolleginnen gehören ja nicht gerade
zum Mainstream. Aber
über allem steht die Überschrift: Musik ist Geschmacksache, also etwas
sehr Persönliches! Ein
Rätsel: Die französischen Motorradfahrer sind hier reichlich flott
unterwegs, und das, obwohl sie doch meistens von hinten, also mit dem
Nummernschild, geblitzt werden. Ist die Polizei bei ihnen großzügiger? In
Besancon geht es wieder auf die Autobahn, auf die A36. Die Bahn ist leer,
die Lastwagen stören einen kaum noch und wir kommen gut und ohne Stress
voran. Am
heutigen Ziel in Bourg en Bresse (12,40 EUR Autobahn-Péage) habe ich uns
ein Zimmer in einem Design-Hotel reserviert. (Mit Hund ist es manchmal
etwas schwierig, ein Hotel zu finden. Und wenn er noch so klein und noch
so brav ist.) Das Haus ist innen sehr farbenfreudig und modern (= billig)
eingerichtet. Dafür ist unser Zimmer winzig, ich wußte bisher nicht, daß
es derart kleine Hotelzimmer (und Badezimmer) gibt. Und daß man sich
darin aufhalten kann. Nur gut, daß Hanni so klein ist; nebenan ist ein
Ehepaar mit Golden Retriever…
19:08
Uhr. Immer noch zweiunddreißig Grad. Angenehm und durchaus erträglich. Zum
Essen laufen wir ein paar Schritte in die Stadt. Ich bin noch satt vom
Mittagessen, deshalb bestelle ich mir im Theater-Café nur einen
Hauptgang, ein gratiniertes Steak Mignon mit Kartoffelscheibchen obendrauf
und Salat (mit Maggi-Dressing!). Und das obligatorische (leider kalte) Crème
Brûllet, dem ich ja nie widerstehen kann. Dazu gibt’s einen halben
Liter Rosé und eine meiner Zigarren. Tausende
Schwalben fliegen hier munter herum, und der aufgehende Halbmond schaut
ihnen dabei gut gelaunt zu. Zweiter
Tag, Samstag, 30.06.2012, Hinfahrt, Das
Petit Déjeuner (Frühstück) ist spärlich, aber für französische Verhältnisse
noch ganz OK. Wetter sonnig und heiß. Die Frisur sitzt. Die Landstraße
ist mir noch gut bekannt und wir kommen weiter gut voran. Trotzdem, ich
weiß nicht, was unangenehmer ist, die vielen Blitzer, (Radarwarner
mitnehmen!), die unendlich vielen Kreisverkehre oder die bekloppten
Idioten in den Autos. Nichts Besonderes: Nach zehn Kilometern habe ich
schon fünfzehn Kreisel umrundet. Die
Tour de France wirft ihre Schatten voraus. Ab und zu sehe ich Schilder,
die demnächst Sperrungen ankündigen. 12:08
Uhr. Die Frisur sitzt. Dank der Klimaanlage, die sich alle Mühe gibt. Die
30-Grad-Marke draußen wurde längst überschritten. Wir fahren durchs Val
Blue – Blaues Tal.
Ein
Stückchen Autobahn vor Grenoble kostet läppische EUR 1,50. Hinter der
Stadt wechsle ich dummerweise auf die Route Napoléon (alles ist hier nach
ihm bekannt, Imbisse, Hotels, Campingplätze, Tankstellen…) und quäle
mich durch einen viele Kilometer langen lästigen Stau vor einem
Kreisverkehr in Vizille. Ich kenne die Strecke noch gut von früher, bin
sie vor dreißig, vierzig Jahren oft gefahren. Jetzt geht es erst einmal
steil hoch. Die Frisur sitzt. Im Internet
hatte ich mir die nachfolgenden Bemerkungen vor einiger Zeit
ausgeschnitten. Leider weiß ich die Quelle nicht mehr:
Urfranzösische Dörfer statt Napoleon'scher Hektik
Für
all das hatte Napoleon kein Auge, keinen Sinn, im März 1815. Er war ein
Durchreisender, wollte zurück an die Macht, nach Paris. An seinem
Verbannungsort, der Insel Elba, war er seinen Bewachern entwischt und
hatte sich kein Jahr nach seiner erzwungenen Abdankung– mit 1000
Getreuen bei Cannes auf den Weg gemacht. Dabei wählte er nicht die
naheliegende Route durchs Rhônetal, wo er mit dem Widerstand der königstreuen
Städte rechnen musste. Sondern jenen beschwerlichen Umweg von Grasse über
die Alpen in Richtung Grenoble, die in etwa der heutigen Route Nationale N
85 entspricht. Ganz zufällig war er für sein Comeback auf einer der schönsten
Strecken Frankreichs unterwegs. Sie heißt heute "Route Napoléon".
Der verbannte Kaiser wollte den König und das Volk in den Städten und Dörfern
überrumpeln, ein Gewaltmarsch. Wer heute aber auf dieser 335 Kilometer
langen Strecke reist, wird alles andere als die Napoleon'sche Hektik spüren,
kann urfranzösische Dörfer und Restaurants entdecken, tagelang durch die
Berge wandern und die wenigen Spuren suchen, die Napoleon hinterlassen
hat. Später
geht es noch ein paarmal in engen Serpentinen Berge steil rauf und runter.
Ich frage mich immer wieder, wie der olle Napoléon das alles geschafft
hat. Der Col Bayard ist immerhin 1.248 Meter hoch. Auf den umliegenden
Bergspitzen liegt noch immer Schnee. Zwischen
den vielen ausländischen Touristen ist es mühsam, ordentlich
voranzukommen. Die Frisur sitzt. Die
stark befahrene N85 wurde ja schon immer gerne von Leuten befahren, die
keine Autobahnmaut bezahlen wollten. Deshalb gibt es hier jede Menge
unterschiedliche Automobilisten: Anwohner, Touristen, Lieferwagen, Raser,
Omnibusse, Lastwagen. Und Schleicher. Dazwischen die unzähligen
Wohnwagengespanne und Wohnmobile. Das führt dann auch mal zu riskanten Überholmanövern.
Rasche Erkenntnis: Am besten schwimmt man im Verkehrsfluß einfach mit und
regt sich nicht auf. Dann sitzt auch die Frisur… 14:45
Uhr. Bei der nächstmöglichen Gelegenheit, in Gap, gehe ich dann doch
lieber wieder auf die neugebaute leere Autobahn A51 mit dem ebenso neuen,
blauen und imposanten „Canal de Ventavon“ daneben. Die markante, auf
einem hohen Fels gelegene mittelalterliche Stadt Sisteron zieht rechts
vorbei. Auf der linken Seite tauchen die berühmten spektakulären
„Rochers des Mées“ auf. 37
Grad. Die Frisur sitzt. Trotzdem: Ich beneide alle Motorradfahrer. Nachmittag.
Obwohl die Autobahn total leer ist, passiert es plötzlich: Links werde
ich gerade von einem kleinen 1er-BMW überholt, rechts ist eine Auffahrt
auf die Autobahn und ein bescheuerter Engländer fährt auf der
Beschleunigungsspur – und biegt einfach direkt neben mir auf meine
rechte Fahrbahn ein! Und ich kann nicht nach links ausweichen! Warum hat
der Blödmann nicht in seinen (Entschuldigung) beschissenen Außenspiegel
gesehen?! Es sind nur ein paar Zentimeter, wenn überhaupt, die mich vor
einem Unfall schützen. Zwei verschiedene Ausländer in einem fremden
Land. Das Theater mit der Polizei und den gegnerischen Versicherungen will
ich mir gar nicht erst ausmalen! Da hat bestimmt mein Schutzengel seine
schützende Hand dazwischen gehalten!! Trotzdem, die Frisur sitzt. Später
werden mir noch ein in einer Kurve entgegenkommendes überholendes und vor
mir sehr knapp einscherendes Motorrad (passiert einem ja schon mal…)
sowie zwei Autos, die aus ihren Grundstücken rückwärts und ohne
Aufzupassen herauskommen, ein paar meiner letzten ursprünglich braunen
Haare schlagartig grau werden lassen. 17:44
Uhr. Wir erreichen nach 1.060 km Fahrt unser Hotel in Moissac-Bellevue.
Die Frisur sitzt. Unzählige, bestimmt dreißig, vierzig
Empfehlungsschilder hängen am Eingang und an der Haustür. Es ist ein längliches,
zweistöckiges Haus im Stil eines alten provenzalischen Landgutes mit
einer sehr gepflegten, weitläufigen und parkähnlich mediterranen
Gartenanlage; sämtliche zweiunddreißig Zimmer sehen nach Süden hinaus. Nach
Marseille, St. Tropéz, Nizza, Cannes sind es nur noch jeweils um die
hundert Kilometer. Ich
habe Glück und erwische die allerletzte Lücke auf dem Parkplatz. Ich
sehe einen großen Pool, Tennisplatz, Bouleplatz. Sogar einen
Hubschrauber-Landeplatz gibt es. Wofür eigentlich? Ein
vornehm tuendes Haus, der Chef heißt hier nicht „Patron“ oder viel zu
schnöde einfach nur „Chef“, sondern „Monsieur le Directeur“. Ein
freundliches hübsches Mädchen führt mich durchs Haus und zeigt mir
alles. Reception, Restaurant, Bar, Aufenthaltsräume, überall ist das
Haus sehr geschmackvoll eingerichtet und lädt zum abendlichen Verweilen
ein. Stil und Klasse sind hier perfekt vereint. Geradezu luxuriös, das können
die Franzosen ja. Die
Gartenterrasse ist groß genug. Als Gäste habe ich draußen neben ein,
zwei deutschen Autos fast nur Belgier und Franzosen gesehen. Mein
Zimmer liegt wie immer ganz hinten und im seitlichen Anbau. Gemütlich
eingerichtet, breites Doppelbett mit genügend Kissen, und mit einem sehr
schönen Badezimmer. Endlich habe ich auch mal wieder eine offene,
bequeme, sehr große Dusche. Und noch etwas positives: Unsere vier, fünf
Zimmer im Anbau verfügen über ein Extra-Fenster im Bad, die andern
„normalen“ Zimmer nicht. Vor
ein paar Tagen in Wien, im Radisson ParkInn, hatten wir eine extrem hohe
Badewanne, in die wir zum Duschen geradezu über den Rand klettern mußten.
Wirklich sehr unbequem. Und beim Aussteigen ganz schön glitschig. Von den
drei Nächten auf dem Hinweg im Wildpark-Hotel in Wemding will ich gar
nicht erst reden. Deshalb tut es gut, endlich mal wieder ein ordentliches
Hotel gebucht zu haben. (Freunde hatten billig gebucht. Naja, es ist
sowieso besser, wenn man selbst bucht.) Erstmal
Duschen, es war heiß unterwegs, kurz bis 37 Grad, beim Abendessen ist es
dann wieder OK, aber etwas windig. Trotzdem: Die Frisur sitzt. Noch immer. Das
Lamm im Menu ist schwer umzutauschen, doch ich bekomme schließlich
irgendeinen schwierig zu verstehenden Fisch, aber ich will mich ja auch
nicht mit ihm unterhalten. Da muß ich dann auch nicht wissen, wie er heißt.
Hanni ist wie immer unglaublich brav, geradezu vorbildlich. Ich
bestelle zwei, drei große Hoegarden, weil ein halber Liter offener
unbekannter Rotwein (als Tages-Empfehlung) schier unglaubliche EUR 37,50
kosten soll und weil ich keine Weinkarte vorgelegt bekomme. Und ein kühles
Bier ist mir jetzt auch deutlich lieber als ein warmer Rotwein. Tomatencreme
mit Brot als Amuse-Gueule. Als
Vorspeise gibt es etwas Räucherlachs. Zum
Hauptgang dann der unbekannte Fisch mit etwas Reis und merkwürdigen
Beilagen aus dem Meer. Weil ich Hunger habe, esse ich sie mit. Eine
Scheibe Käse als Nachtisch, Besaufen
kann ich mich hier nicht, das Bier muß schwierig bestellt werden, man
verkauft hier lieber sehr teure Rotweine; als Abschluß und zur
Abwechslung trinke ich noch ein (ekliges) Stella. Hanni
schmeckt es heute Abend nicht, sie verweigert alles; manchmal ist sie
etwas launisch, um nicht zu sagen, zickig. Aber sie ist ja auch
weiblich… Sonntag,
01.07.2012, Salernes - Sillans Den
langen Abend gab es reichlich Krach besoffener Leute unten auf der
Terrasse. Wenn das jeden Abend so ist und die Leute sich derart die Hucke
vollsaufen, dann aber Gute Nacht! Trotzdem, wie immer im Urlaub stehen wir
um acht Uhr auf. Die Kissen waren etwas hart und unbequem, weiche Kissen
finde ich deutlich behaglicher. OK, ich werde mich noch dran gewöhnen.
Ups, draußen ist es reichlich wolkig! Das kenne ich ja gar nicht von der
Provence in dieser Jahreszeit. Ausgiebiges Frühstück auf der Terrasse.
Wenigstens ist es warm. Um
halb elf fahren wir los, um kurz nach elf sind wir nach fünfzehn
Kilometern Anfahrt am Startpunkt in Salernes am Schwimmbad im Fluß. Der
Supermarkt unterwegs in Aups hat sogar sonntagvormittags geöffnet. Das
nenne ich praktisch. Und kundenfreundlich.
Das
Wetter ist weiterhin wolkig, aber mit 25 Grad ist es gut warm. Da hätte
ich mich ja eigentlich gar nicht so dick mit der 50er Sonnencreme
einschmieren müssen. Es geht gleich aufwärts, Hannelore ist sofort guter
Laune und hüpft vor Freude viel herum. Der mitgegebene minutiöse
Wanderplan ist sehr gut vorbereitet und wie immer perfekt, jedes winzige
Detail wird genau angegeben. Dazu gibt es für jeden Tag eine neue farbige
Karte mit dem darin eingezeichneten Weg. Also alles ganz easy. Verlaufen
ist da nur schwer möglich. An
einem kleinen Flüßchen geht es entlang, weit oben am Hang, unter
schattenspendenden hohen Eichen. Hier
ein Auszug aus der Wegbeschreibung: Der
anfängliche Kiefernbestand geht in einen Eichenwald über, in dem Efeu
die Stämme hinaufwächst und die Stechwinde (Smilax aspera) mit ihren
stacheligen Blättern und roten Beeren kletternd die Bäume hochwuchert.
Im Waldunterwuchs finden sich zudem die kleinen Sträucher der
Heckenkirsche (Lonicera) und immer wieder die hauchfein gefiederten beblätterten
Triebe des wilden Spargels (Asparagus). Über Kalksteinmauern wächst
Rosmarin, der in der Sonne stark duftet und mit seinen blauen Blüten
zahlreiche Insekten anlockt… Später
geht es steil runter und über einen etwas glitschigen Saumpfad am Wasser
der Bresque weiter; sie ist wirklich nur fünfzehn Kilometer lang, aber
trotzdem sehenswert. Kalk hat sich hier abgelagert und interessante
Kalksinterstufen ausgebildet. Über
die Kaskaden und die kleinen „Wasserfälle“ fließt unglaublich sauber
aussehendes Wasser mit einer ebenso unglaublichen türkisen Farbe. Oder,
nein, nicht wie ein Türkis, eher noch wie grüne kostbare Jade. Oder an
manchen Stellen in der Farbe wertvoller Smaragde. Schade, daß die Sonne
nicht scheint, das Wasser würde dann viel mehr glitzern und die Farbe käme
noch viel schöner heraus. Wunderschön: Der breite Wasserfall.
Begegnungen:
Keine, wir beide sind allein. Noch. Ganz, wie es mir gefällt. Hier
unten am Wasser ist es rutschig und nicht ganz ungefährlich, außerdem
gibt es ganz schön steile Passagen, umgefallene quer liegende Bäume und
Äste, Steinhaufen, die von Mensch und Tier überklettert werden wollen.
Ich will mich nicht unnötig loben, aber ich kenne viele Leute um mich
herum, die hier nicht herumklettern könnten und keinen, der es mir
gleichtun könnte. Wenn es für einen Außenstehenden vielleicht auch
etwas unbeholfen wirkt. Aber schließlich war ich vor zweieinhalb Jahren
ja noch schwer gelähmt. Und kleine Defizite sind halt geblieben. Später
geht es wieder steil aufwärts, den Berg hinauf. Erneutes Rauschen von
weitem. Hunderte
Betonstufen führen noch einmal steil runter. Nanu, was ist denn hier los?
Mindestens ebenso viele Leute tummeln sich hier unten und machen
„Pique-nique“, was muß hier erst bei sonnigem Wetter los sein? Auch
ein paar Hunde sind da, aber Hanni ist brav und benimmt sich. Und es
kommen noch immer Leute mit Kindern, Hunden, Tragekörben und Kühltaschen
die Treppe herunter. Verrückt und einfach unglaublich. Trotzdem:
„Baignade interdite!“ (Baden verboten!) Schade,
der Weg zum großen Wasserfall ist mit mehreren Zäunen, Gattern und
Verbotsschildern „Chute de Pierres!“ – Steinschlaggefahr! gesperrt.
All dies hat die Leute aber nicht davon abgehalten, sich mittels
verschiedener Durchschlüpfe doch erneut Zugang zum Wasserfall zu
verschaffen. Der Weg dorthin ist Doch
ich werde mit einem atemberaubenden Anblick belohnt, die weite Anfahrt und
der beschwerliche Weg haben sich wirklich gelohnt. Ein hoher üppiger
Wasserfall ergießt sich mehrere hundert Meter in die Tiefe zu mir herab
in ein riesiges, weites, rundes, türkises Wasserbecken. So muß es im
Paradies aussehen! Es fehlen eigentlich nur noch ein paar nackte junge hübsche
willige Gespielinnen, die sich einem hingeben, oder wenigstens ein paar spärlich
bekleidete freundliche Jungfrauen, die mir, bequem auf einem üppigen
Diwan liegend, süßen Wein und saftiges Obst darreichen. Wir beide sind längst
wieder alleine. Der Lärm von vorne dringt kaum noch hierher und es ist,
bis aufs Rauschen des Wassers, angenehm ruhig. Hanni und ich sind ganz
alleine. „Cascade de Sillans“. Koordinaten: 43°33‘44‘‘N / 6°11‘03‘‘E.
Dies
ist einer der schönsten Plätze auf der Welt, schier unglaublich, ich bin
restlos begeistert, und das ist bei mir ja nicht so einfach. Wieder mal
ein magischer Ort. Oder soll ich sagen „verwunschen“? Beides paßt
hier. Die wohltuenden Luft- und Erstrahlen sind hier endlich wieder einmal
deutlich zu spüren. Nur das Wissen um die vielen Menschen vorne an der
Treppe stört etwas die tiefe Ruhe dieses Ortes. Und mit ein bißchen
Sonne wären die Fotos gleich tausendmal besser. Doch
bald heißt es Abschied nehmen und die Betonstufen wieder zu erklimmen. Im
Nachhinein bedauere ich es, mir hier nicht wenigstens eine halbe Stunde länger
gegönnt zu haben. Am
Treppenaufgang ist sogar eine „Buvette“ mitten im Hang, ein Kiosk in
einer Art Container. Nur schade, entweder hat man hier das falsche Angebot
oder die Leute wollen/müssen sparen. Die beiden alten Besitzer machen
jedenfalls keinen erkennbaren Umsatz. Unterdessen
ist es halbzwei geworden, etwas spät für die weitere Bergumrundung, die
mit einer Stunde veranschlagt wird, die sich aber doch wieder deutlich
verlängern wird. Deshalb entscheide ich, daß wir beide die vorgegebene
Runde um den Berg herum hier abbrechen. Stattdessen
wandern wir noch einen Weg den Berg weiter hinauf. Eigentlich will ich zurück
zum Startplatz, abkürzen. Unterwegs soll es ein paar Erdrutsche gegeben
haben, die diesen Weg eigentlich unpassierbar und gefährlich machen.
Leider finde ich den Pfad dann auch nicht, vor allem, weil ich nicht weiß,
ob ich ein Privatgrundstück betreten darf, und wir kommen in der Nähe
oberhalb des längst wieder zu hörenden Wasserfalls heraus. Nicht
schlimm, dann nehmen wir halt den Weg durch Sillan und an der anderen
Seite der Bresque zurück Richtung Auto. Sillan
hat ein recht gut erhaltenes historisches Ortsbild. Das winzige Städtchen
mit seiner mächtigen Befestigungsmauer wird vom großen Schloß (heute
Rathaus) dominiert. In ihrem Halbkreis haben die meisten historischen Häuser
dicht gedrängt Schutz gesucht. Auf
der anderen Flußseite geht es zurück.
Weil
ich nicht richtig aufpasse und eine Abbiegung verschlafe, müssen wir das
letzte Stück auf der Landstraße laufen. Am Auto heil angekommen, sind
wir beide ganz schön groggy, es war gut, abzubrechen. Schließlich bin
ich seit dem Herbst nur selten gelaufen und also nicht mehr im Training.
Ich muß das wieder dringend ändern. Nur gut, daß mir am nächsten Tag
nie etwas weh tut. Gegen
siebzehn Uhr sind wir zurück im Hotel und machen das übliche Nickerchen,
nehmen eine Dusche und dann gibt es schon das Dinner. Heute
leider drinnen im Speisesaal, das Wetter sieht nicht gut aus. Einen
Martini als Aperitif. Wieder
die Fischcreme, hell und dunkel, schmeckt irgendwie nach falschem Kaviar,
mit zweierlei Brotstückchen. Dann
eine Scampi (eigentlich „Scampo“, Einzahl) im Brotmantel, oder ist das
jetzt hier eine Garnele?, als Hauptgang Huhn- und Rind-Scheibchen mit ein paar Kartoffelscheibchen, und
als abschließenden Gang etwas Kräuterquark mit Chutney. Alles
natürlich winzige Portionen, man möchte hier auf Sterneküche machen,
aber schafft es nicht ganz, dazu war ich schon bei zu vielen. Aber dafür
kostet es hier auch nicht ganz so viel... Dessert
ist eine Kugel merkwürdig muffig und nicht wohlschmeckendes Eis und ein Törtchen. Dazu
trinke ich für 30 Euro einen biologischen Rotwein aus der Region, Domaine
de L'Éouve 2010. Espresso,
ist ja klar. (Sollte man in Frankreich unbedingt als „Café“
bestellen, um sich nicht zu blamieren!) Nach
anderthalb Stunden ist alles vorbei. Montag,
02.07.2012, Quinson Aufstehen
um halb neun, Herr Himmel gibt sich immer noch total bewölkt. Frühstück
im Restaurant, es regnet zweimal kurz und heftig. Laut Internet soll es
heute leicht bewölkt sein; unsere Wolken ziehen im Wetterradar alle rauf
nach Deutschland und sind in ein paar Stunden schon bei mir zuhause und
kurz drauf auch über Düsseldorf. Doch das alles ist nicht schlimm, für
heute Nachmittag wird hier schon deutlich besseres Wetter und für die nächsten
Tage nur noch sonniges Wetter angekündigt. Es regnet noch ein paarmal. Gegen
elf Uhr hat es endlich etwas aufgelockert und wir fahren an einigen schönen,
lila blühenden Lavendelfeldern vorbei zum heutigen Startpunkt in Quinson.
Gleich an der Brücke finde ich einen günstigen (genügend großen)
Parkplatz. Der grüne Fluß bildet hier auf der anderen Brückenseite
einen ebensolch grünen großen See (Lac-Ste.-Croix). Die Sonne brennt
schon wieder heftig auf alles runter, was sich bewegt. Zunächst
geht es über gefährliche schmale Steige und über Abgründe am Verdon
entlang. Zum Glück bin ich nicht zartbesaitet, kenne keinen Schwindel und
habe auch keine Angst vor Gefahren. Hanni noch weniger.
Unglaublich
ist die Farbe des klaren Flußwassers, alles zwischen grün und blau. Wie
entsteht eigentlich diese üppige Farbe? Wie machen die das nur mit der
Farbe? Zweifellos ein erneuter Höhepunkt. Im
Roadbook: Unmittelbar nach dem Einstieg zu dieser Wanderung gibt es einige
steile bzw. exponierte Stellen, die schwindelempfindlichen Wanderern
Probleme bereiten könnten. In diesem Abschnitt wird der Weg an steil ins
Wasser abfallenden Felswänden vorbei bzw. auf in den Fels geschlagenen
Galerien an diesen entlang und durch diese geführt. Ein paar Meter geht
es auch über einen Plankenweg, der auf der einen Seite am Fels verankert
direkt über dem Wasser gebaut wurde. Diese Stellen sind aber mit Geländer
bzw. Halteseilen versehen und somit rein gehtechnisch durchaus machbar.
Wer das „Nadelöhr“ am Anfang überwunden hat, wird dafür mit
grandiosen Ausblicken und Schluchtszenarien des Canyon-Inneren belohnt… Rechts
ist der Fluß, links ein uralter, schmaler, kleiner, trockener Kanal, der
im 19. Jahrhundert zur Wasserversorgung von Aix-en-Provence gebaut wurde.
Wikipedia:
Der „Canal du Verdon“ wurde auf Befehl von Napoléon III erbaut, um
Aix-en-Provence und sein Umland mit Wasser aus dem Mittellauf des Verdon
zu versorgen. Er folgte teilweise dem Verlauf des Flusses. Dazu mußten
zahlreiche Tunnel durch den Fels getrieben werden. Mehr als fünfhundert
Zwangsarbeiter schufteten für dieses Projekt. Nachdem bei Quinson eine 15
m hohe Staumauer gebaut worden war, floß 1868 das erste Wasser. Heute
fließt kein Wasser mehr im Canal du Verdon… Später
soll es dann links in die Berge hoch gehen. Nur gut, daß ich nicht rechts
auf der gegenüberliegenden Flußseite die Steilwand hinauf muß, denke
ich so vor mich hin. Doch ich werde bald eines besseren belehrt, denn auch
unser Felsweg führt an seinem Ende sofort sehr steil bergan. Dazu die
sattsam bekannten losen Geröllsteine. Ein Wunder, daß ich unterwegs
nicht strauchle und den ganzen Weg wieder runterrutsche. Das einzig
Positive ist, daß es heute nur so um die 23 Grad bleibt. Insgesamt aber
ein klarer Fall von „Das-schaffe-ich!-Das-wäre-doch-gelacht!“ Eine
halbe Stunde später komme ich oben total ausgepumpt und naß geschwitzt
an. Blutdruck 300, Puls noch mehr. Ich glaube, Hanni lacht sich schlapp über
mich. Aber dafür hat sie bei Gewitter Angst – und ich nicht. Und ganz
nebenbei: Ich muß ja schließlich auch noch den blöden schweren Rucksack
mit dem Wasser für uns beide ständig mit rumschleppen. Das übersieht
sie gerne… Auszug
aus der Wegbeschreibung: Im Unterwuchs des Waldes finden Sie hier den
immergrünen Stechenden Mäusedorn (Ruscus aculeatus). Dieser meist nur um
die 50 cm hohe und wirklich fürchterlich stechende kleine Strauch ist
eine typische Art dichter mediterraner Laubwälder… Im
Sommer und Herbst fällt der Mäusedorn oft durch seine leuchtend roten
Beeren auf und wird deshalb bisweilen getrocknet in Ziergestecken
verwendet… Oben,
an einer Kreuzung, führt ein langer Weg durch eichenen Krüppelwald nach
rechts bergab und dann wieder leicht bergauf zur „Chapelle Sainte
Maxime“.
Von
hier hat man eine sehr schöne Aussicht und jedem wird sofort klar, wie
sehr sich der Verdon in die mächtigen Kalkfelsmassive eingeschnitten hat.
Weiter sollte man hier nicht gehen, es droht ernsthafte Gefahr durch
Steinschlag – und es gäbe sowieso bald kein Weiterkommen mehr. Der Weg
endet in der Wildnis. Macchia-Büsche wachsen hier weitverbreitet. Auf
dem Rückweg gibt es zwei kurze Begegnungen mit entgegenkommenden Leuten,
die mich nach dem Weg zur Kapelle fragen, sonst bleiben wir die ganze
Wanderung gottseidank einsam und allein. Wir
müssen den gleichen Weg zurück bis zur Kreuzung und dann später relativ
"bequem" über unendlich viele lose Steine und in Serpentinen
oft steil bergab zum Ausgangspunkt am Parkplatz.
Erschöpft
und ausgepumpt fahren wir die achtzehn Kilometer zurück zum Hotel, wo wir
gegen vier Uhr eintreffen und beide gleich einschlafen. Um
19 Uhr Abendessen, zum Glück wieder draußen auf der Terrasse und unter
den wunderschönen bestimmt schon tausend Jahre alten Olivenbäumen. Wie
immer die gewohnte Fischpaste. Dann
eine winzige kleine halbe Tomate mit einem Kügelchen Mozzarella. Der
Oberkellner heißt Philippe und er ist eigentlich gar nicht so arrogant,
wie es in den Hotelbewertungen oft hieß, ganz im Gegenteil, er wird jeden
Abend zutraulicher, vielleicht etwas burschikos, kameradschaftlich, er
gibt mir jetzt als Einzigem sogar jeden Abend die Hand. Ein
paar Kräuter mit Quark bilden den nächsten Gang. Die letzten kleinen Wölkchen
verziehen sich am Abendhimmel, morgen soll es 30 Grad heiß werden.
Zuhause sind es nur 16 Grad, was für ein deutscher Sommer. Hauptgang
ist der Fisch mit der schleimigen grauen Haut vom ersten Abend, diesmal
auf - Graupen. Als
Abschluß gibt es zwei dünne Scheibchen Ziegenkäse. Dessert
ist ein Stückchen Pistazienkuchen mit entsprechend grüner Eiskugel. Ich
trinke die restliche halbe Flasche Rotwein vom Abend vorher. Komisch,
wie weit weg die Fußball-EM ist. Erst jetzt fällt mir ein, daß ich gar
nicht weiß, wer gewonnen hat. Ich muß nach dem Essen gleich mal
nachsehen. Die deutschen grottenschlechten Flaschen sind ja letzte Woche
(leider berechtigt) beim Halbfinale von den Italienern rausgeschossen
worden. (Die Spanier haben übrigens gegen die Italiener gewonnen. 4:0!
Wie langweilig!) Auch
recht seltsam: Noch immer verspüre ich kein Verlangen nach meiner
Zigarre, es ist abends auch zu kühl und einfach nicht gemütlich genug
dafür. Ach,
Waden hat der Mensch? Zwei Stück?! Jetzt weiß ich es! Wußte ich bisher
noch nicht. Mann, die können beim (Treppen-)Laufen ja richtig schmerzen.
Aber wenigstens bekomme ich keine Blasen oder gar Muskelkater. Nie. Dienstag,
03.07.012, Moustiers-Sainte-Marie Ja,
super, Frau Sonne lacht uns wieder vom wolkenlosen Himmel an. Aufstehen
wie immer um viertel nach acht. Frühstück im Garten. Das
Hotel tut ja gerne sehr vornehm, aber mal so am Rande, vor allem das jeden
Morgen bis auf die letzte Kleinigkeit identische Frühstück nervt ganz
schön. Das einzige Unvorhersehbare ist die Reihenfolge der vier großen
Marmeladengläser. Sonst ist alles immer gleich! Erschwerend: Jeden Morgen
läuft dieselbe CD. Und dann die drei gemeinen schrägen Wellen in der
Einfahrt, um die Autos abzubremsen! Egal, wie langsam man drüberfährt,
sie tun einfach weh und schütteln jedes Auto heftig durch. Gegen
elf geht’s los. Unterwegs können wir uns beide erneut an vielen blühenden
Lavendelfeldern erfreuen. Zum Schluß geht die sehr schmale Straße in
engen Windungen und Serpentinen einen steilen Berg hinunter. Eigentlich
eine Art Lombard Street für Arme. Nur die staunenden und
beifallklatschenden Besucher links und rechts fehlen noch. (Die berühmte
Lombard Street liegt in San Francisco und zieht dort unheimlich viele
Touristen an.) Unser
heutiges Ziel ist Moustiers-Ste-Marie, ein prächtiges und berühmtes Künstlerdorf,
das als eines der schönsten Dörfer Frankreichs ausgezeichnet worden sein
soll. Der Ort hat eine lange Tradition in der Fayence-Herstellung (=
glasierte, bemalte Keramik). Moustiers-Sainte-Marie
– Wikipedia moustiers
- Google-Suche (Fotos) Der
Ort ist hübsch eng, sehr hübsch und sehr eng, Autos müssen deshalb draußen
geparkt werden. Viele ablichtenswerte Dinge gibt es hier zu sehen, hohe
Felsen, noch höhere Berge, einen Wasserfall, zahlreiche schöne Geschäfte.
Zur berühmten und sehenswerten Wallfahrtskapelle „Sanctuaire Notre Dame
de Beauvoir“ sollen zweihundertzweiundsechzig (262!) Stufen hinaufführen.
Die Aussicht von da oben muß bestechend sein. Aber ich will meine Kraft
nicht damit verpulvern, dort hochzuklettern. Eine
weitere berühmte Attraktion des Ortes ist eine 227 Meter lange Kette
zwischen zwei hohen Felsen, die sich über einem Tal durch die Luft spannt
und an der ein goldener Stern hängt. Der Legende nach hat der Herzog von
Blacas während seiner Gefangenschaft bei den Sarazenen im Verlauf eines
Kreuzzuges ein entsprechendes Gelübde abgelegt und sein Versprechen später
nach seiner glücklichen Rückkehr eingehalten. Kette und Stern sind in
den vielen Jahrhunderten natürlich mehrmals erneuert worden. Ich
könnte mich den ganzen Tag im Dorf aufhalten. Nur schade, daß so viele
Ausländer und Touristen den Ort unsicher machen und alle Sträßchen
verstopfen. OK, ich weiß, bin ja selbst einer – und die Geschäftsinhaber
leben schließlich von ihnen. (Dreihundert Einwohnern stehen täglich
geschätzte tausend Besucher gegenüber…)
Heute
ist der Weg noch deutlich anspruchsvoller, fünf steil nach oben führende
"Wege" wollen nach und nach mühselig bezwungen werden, dazu
gibt es, logisch, genauso viele Abstiege. Immer auf wackligem Geröll;
wenn man hier wegrutscht, sind größere Probleme vorprogrammiert. Aber
alles geht gut, nichts passiert, obwohl ich so manches Mal strauchle oder
gar ins Rutschen komme. Ein, zweimal komme ich vom rechten Weg ab, merke
es aber bald. Verirren möchte ich mich hier eigentlich nicht. Unterwegs
gibt es sonst nichts spektakuläres, einfach nur hartes gnadenloses
Hardcore-Wandern, dreiviertel davon unter Bäumen. Begegnungen:
Heute keine. Keine Menschenseele. Auch nicht in der Nähe der wenigen,
verlassen aussehenden, Häuser.
An
der östlichen Brücke des Lac de Sainte-Croix ist das übliche
schreckliche Durcheinander und Touristengewimmel. Mehrere Bootsverleihe
buhlen um Kundschaft, im Moment ist kaum noch eins zu bekommen, fast alle
Boote sind auf dem Wasser. Die Leute können entweder auf den See oder in
die Schlucht hinein. Die meisten haben offenbar die zweite Möglichkeit
gewählt.
Lac
de Sainte-Croix – Wikipedia lac
du ste croix - Google-Suche (Fotos) Die
bekloppte Turmuhr oben im Dorf schlägt, zumindest die Abendstunden,
gewollt oder ungewollt, zweimal hintereinander, mit einer Minute Abstand;
tagsüber weiß ich es nicht, bin ja weg. „Mise
en Bouche“ („In-den-Mund-Legung“, bei uns „Gruß aus der Küche“)
ist heute ein merkwürdiges winziges Glas angebliches Gazpacho: Klarer
roter wässriger undefinierbarer geschmackloser Obst-/Gemüsesaft und ein
halbes Brötchen. Franzosen sind halt manchmal doch etwas eigenartig. Dann
eine hervorragende „Foie gras“ (Gänseleber), die mich wieder mit der
Küche (der Welt und sogar mit den Zeugen Jehova) versöhnt. (Mein
Gewissen meldet sich natürlich sofort knallhart: „Haben wir nicht eine
gemeinsame Abmachung? Du ißt keine Streicheltiere und keine Produkte aus
besonders schlimmen Tierquälereien und ich bleibe dafür still, laß Dich
in Ruhe und plage Dich nicht!“ - Ich verdränge schnell alle trüben
Gedanken und denke an schönere Dinge. Trotzdem: Ich schäme mich wegen
meiner Gier.) Der
Rotwein ist heute ein trinkbarer biologischer 2007er Coup de Foudres, Cru
Classé. Danach
folgt ein hervorragendes (leider viel zu kleines Stück) gegrillten
Thunfischs mit ungewohnter Erdnußcreme darüber und etwas Gemüse. Für
diesen wundervollen Genuß haben sich all die Torturen des heutigen Tages
erneut gelohnt. Sogar Hanni ist ganz angetan und will immer noch mehr
davon. Sie paßt genau auf, daß sie auch exakt die Hälfte abbekommt. Als
nächstes erhalten wir eine hauchdünne Scheibe Münsterkäse mit den üblichen
drübergestreuten Pinienkernen; Hanni futtert erneut die Hälfte mit. Nachtisch ist ein hartes Törtchen mit Aprikose und Eissorbet. (Den Nachtisch-Koch würde ich als erstes rausschmeißen. Endlich,
die erste Zigarre hier, mit meinem Spezial- und Lieblingsdrink. Mmh! Ein
großer runder Vollmond schaut gutmütig auf uns beide runter. Mittwoch,
04.07.2012, Verdon Aufstehen!
8:10 Uhr. Die Sonne scheint. Gestern habe ich mich schon dauernd gefragt,
warum ich mir diese Strapazen antue und ob ich heute nicht mal faulenzen
und ausruhen will. Aber heute morgen bin ich wieder erneut voll neuen
Tatendrangs, und ich bin schon gespannt, wo es hingeht. Aber das sehe ich
mir, wie üblich, erst nach dem Frühstück an. Jeden
Morgen ist die Schale mit den warmen Tomatenscheiben schon leergefressen
(und wird nie nachgefüllt), aber heute ist es schlimmer, katastrophaler,
heute ist auch das Baguette schon aufgefuttert und es gibt kein neues
nach. Ich höre zu, wie sich ein paar Franzosen deshalb etwas aufregen.
Aber es gibt ja noch das große weiche Brot und die kleinen Croissants mit
und ohne Schokofüllung. Niemand muß also verhungern. Um
elf fahren wir los, wieder den gleichen Weg, den wir gestern Nachmittag
zurück nach Hause genommen hatten, wieder an der Brücke des Lac de Ste.
Croix vorbei, 40 km, und dann auf der D952 in die Berge hoch, Richtung
Castellane. Steil geht es mithilfe vieler Windungen aufwärts, rechts der
immer tiefer werdende Abgrund, links die Bergwand, am oder im Gorges du
Verdon entlang, OK, „durch“ die Schlucht des Verdon. Noch weiß ich
nicht, was auf mich/uns zukommt. Eigentlich
heißt es ja „die“ Gorges du Verdon, Plural, also „die Schluchten
des Verdon“, oder sie, die Schlucht, ist ganz einfach weiblich.
Angeblich ist es der größte Canyon Europas und der zweitgrößte nach
dem Grand Canyon in den USA. An manchen Stellen soll es sieben-,
achthundert Meter runtergehen. Der Verdon ist ungefähr 170 Kilometer
lang, aber die spektakulären Stellen des Flusses sind genau hier in der
Gegend zwischen Castellane und dem Lac-Sainte-Croix.
An
einem großen Parkplatz stellen wir das Auto ab und es geht sofort steil,
sehr steil, den Abhang hinunter. Mal so nebenbei, ganz am Rande: Von
„Weg“ kann hier schon wieder gar keine Rede sein. Hoffentlich ist der
Rückweg nicht genauso gemein. Doch es gibt keine Gnade, unser Weg führt
steil bis zum Verdon hinunter und dann an ihm entlang. Obwohl ich nicht
ganz langsam bin, werden wir auf dem Weg nach unten von drei jungen Pärchen
überholt. (Naja, die sollen erstmal so alt werden, wie ich es bald bin
bzw. jetzt schon aussehe.)
Mehrmals
klettern wir hier unten am kühlen Fluß mühsam über große, hm, sagen
wir mal, „unbequeme“ Felsen. Das ist hier wirklich nichts für alte
Leute. Einmal gibt es sogar Halteseile, aber nur für Menschen, nicht für
Hunde. Hanni schlägt sich trotzdem wacker, läßt ihre Zunge lang
rausbaumeln und lacht mich ständig aus (oder an) und will dann immer
gelobt werden. Dafür bekomme ich dann ein heftiges Schwanzwedeln zurück. Zweimal
mache ich lieber vorsichtshalber die Leine als eine Art Sicherheitsseil an
ihrem Geschirr fest, aber sie braucht sie gar nicht und schafft es,
besser, viel besser, als ich. Es macht ihr einfach Spaß, die schlimmsten,
schwersten, höchsten Hindernisse lässig zu überklettern und dann so zu
tun, als wäre nichts gewesen. Angst kennt sie dabei nicht. Eigentlich wie
eine Gemse. Es ist unglaublich. Sie könnte bestimmt im Zirkus auftreten.
Ein
kleiner Bach plätschert glucksend über unsern Weg, eine willkommene
Bereicherung für Hanni, denn sie trinkt/schleckt das kühle Wasser
inzwischen mit großem Vergnügen. Ausnahmsweise. Sonst trinkt sie immer
viel zu wenig. Ich darf ja leider nichts davon trinken… Im
Fluß neben uns tummeln sich jede Menge Boote, Tretboote, Kanus und ein
paar Elektroboote. Die Leute haben auf jeden Fall mehr Vergnügen als wir
beide, aber zum Vergnügen sind wir ja auch nicht hier. Viele
Leute laufen hier unten herum. Wie und wo kommen die alle her? Die meisten
sind offenbar aus den Booten rausgeklettert. Am
Ende unserer Wanderung am Verdon entlang gibt es einen kleinen Wasserfall.
Später werden wir ihn auch nochmal sehen, wie er sich hunderte Meter tief
die senkrechte Wand dekorativ hinunterwirft. Und
dann verliere ich doch tatsächlich meine gute Sonnenbrille! Ich brauche
sie gerade nicht, weil es hier unten schattig genug ist. Zum Glück merke
ich es trotzdem gleich, laufe nochmal zurück – und im Wasser des
Wasserfalls liegt sie und wartet auf mich. Leider
bemerke ich erst jetzt, daß ich wohl vorhin in den Kletterfelsen meinen
Wanderplan und die Karte aus der Seitentasche meiner Hose verloren haben
muß. Im Prinzip nicht schlimm, denn wir müssen jetzt nur noch den gelben
Markierungen den Berg hinauf folgen. Aber ausgerechnet auf dieser Karte
war (ausnahmsweise) auch die morgige Tour mit eingezeichnet. Trotzdem
nicht schlimm, denn morgen will ich sowieso faulenzen. (Jetzt habe ich
endlich einen Grund dafür!) Also insgesamt völlig bedeutungslos.
Trotzdem, wir laufen eine halbe Stunde zurück, um Plan und Karte
vielleicht doch noch zu finden, ich frage auch ein paar entgegenkommende
Leute, bis ich es dann schließlich einsehe und irgendwann vor einem hohen
Hindernis aufgebe. Jetzt müssen wir nur den ganzen Weg wieder zurücklatschen. Zwei
nette Westerwälder, (gibt es die überhaupt?), treffe ich unten und dann
später oben auf der Straße nochmal, wo sie in ihrem Auto extra nochmal für
uns beide anhalten. Eine
Stunde später kommen wir oben fix und fertig an und ändern unsern Weg.
Ab hier nehmen wir lieber die (gefährlich schmale und stark befahrene)
Straße mit den vielen Windungen zurück zum Parkplatz. Immer noch besser,
als auf dem Wanderweg zu bleiben, denn der führt den Berg offenbar wieder
halb runter und dann bestimmt nochmal steil hinauf. Man muß schließlich
flexibel bleiben bei seinen Entscheidungen. Kommt ja letzten Endes aufs
selbe raus, egal, ob wir den Berg runterstürzen und zermatscht unten
ankommen oder hier auf der Straße überfahren und platt gemacht werden… Die
Heimfahrt zieht sich etwas, ich bin wie immer am Ende meiner Kräfte.
Schade,
daß hier in der Gegend ständig Hubschrauber rumknattern, gerne auch in
Rudeln, aber „Rudel“ sagt man, glaub ich, nicht bei Hubschraubern;
gerne auch des Nachts. Auch mal der eine oder andere Düsenjäger. Außer
den nach Nizza/Cannes strebenden Flugzeugen bei ihrem Landeanflug. 16:12
Uhr. Wir sind zurück. Ganz ungewohnt für mich, das Trinkgeld auf dem
Bett wird jeden Tag von den Zimmermädchen verweigert und aufs Sideboard
gelegt. OK, dann geb ich‘s halt zum Schluß. Wir schlafen gleich ein, in
der Ferne donnert es etwas. „Gruß
aus der Küche“ ist heute ein winziges Stückchen Räucherlachs auf
einem Porzellanlöffelchen. Fischtag! Die
„Gambas und Saint-Jacques - Prawns and Scallops“ (Garnelen und
Muscheln) verweigere ich und tausche sie in „Smoked Salmon“ (Räucherlachs)
um, drei Scheiben, ja, nochmal Räucherlachs. Das
„Mignon de porc au colombo“ habe ich abgelehnt und stattdessen lieber
(für 7,50 EUR Aufpreis) „Pavé de thon à la crème de truffle“
(Thunfisch mit ein bißchen Trüffelsoße) bestellt. Fehler: Das ist halt
doch ein Sch…laden hier. Jetzt wird mir ja doch das Fleisch serviert,
obwohl ich den Fisch bestellt hatte. Es ist dann aber kein großes
Problem, wir müssen nur etwas länger warten. Aber das Warten lohnt sich
ob der sinnlichen Genüsse, die uns beiden der freundliche Thunfisch
spendet. Aber sein Tod war wenigstens nicht vergebens. Der Arme. (Ich
bedauere halt jedes tote Tier, das ich aufesse…) Jimmy
hat nicht aufgepaßt. Bei Philippe wäre es wahrscheinlich nicht passiert.
Aber der hat offenbar heute seinen freien Tag. Cyril mit dem kleinen
grauen Pferdeschwanz ist übrigens (fast) nur für die Getränke
verantwortlich. Die hübschen jungen Mädchen räumen ab. Von
gestern ist noch die halbe Flasche Rotwein da. Nachtisch
ist eine Scheibe „Camembert au lait cru“. (Rohmilchkäse, glaub ich.) Zum
Dessert gibt es „Tarte normande“. Dahinter versteckt sich ein kleines
hartes rundes Apfelküchlein - und ein Kügelchen Eis. Übrigens,
heute gab es wieder die helle und dunkle Fischpaste. Warum gibt es sie
nicht jeden Abend? Gab
es gestern keine Fischpaste vorneweg, so gibt es heute die beiden Meringen
nicht hinterher zum Espresso… Donnerstag,
05.07.2012, Ruhetag Heute
stehe ich mal deutlich eher auf und beeile mich etwas. Duschen kann ich
auch später. Ich will endlich mal etwas von den Tomaten sehen und
abbekommen. Nachts gab's Gewitter. Es tröpfelt leise vor sich hin, das
Personal muß alle Außentische wieder abräumen. Hanni will mal wieder
nichts essen. Auf
das Wetter hier in der Provence kann man sich auch nicht mehr verlassen.
Zuhause sind es knapp über 20 Grad, schwere Gewitter sind dort wieder
angekündigt. Hier beträgt die Temperatur die ganzen Tage ständig so um
die 25 Grad und steigt nachmittags auf immer noch aushaltbare 30 Grad. Früher
war es hier in dieser Jahreszeit viel heißer. Es gibt so gut wie keine
Stechmücken, Schnaken, Moskitos; Fenster und Tür können nachts
offenbleiben. Hanni paßt schließlich gut auf mich auf. Besser als jede
Alarmanlage. Ich
möchte heute mal etwas ausruhen und lasse die für heute vorgesehene
Wanderung ausnahmsweise ausfallen. (Habe ja auch den Tagesplan gestern
verloren.) Doch ausgerechnet heute überfällt eine Horde Gärtner das
Anwesen und macht für zwei Stunden schrecklichen Radau mit ihren
benzinmotorbetriebenen Geräten. Wir
machen uns heute einen gemütlichen, um nicht zu sagen, faulen Ausruhtag.
Erste Pläne, ins Dorf zu laufen oder gar noch einmal an den Wasserfall
vom ersten Tag in Sillans zu fahren, verwerfe ich vernünftigerweise
gleich beim ersten Aufkommen. Trotzdem habe ich natürlich ein schlechtes
Gewissen. Leider habe ich mir den falschen Tag ausgesucht, wegen des Lärms
der Gärtner. Im
Fernsehen sehe ich mir nachmittags die heutige Etappe der Tour de France
an: Rouen – St. Quentin, leider eine völlig unspektakuläre Überlandfahrt.
Im Internet liest sich das dann wie folgt. Leider weiß ich die Quelle
nicht mehr: Was für ein grandioser Sieg: Der deutsche Topsprinter André
Greipel hat in einem an Spannung kaum zu überbietenden
Schlussspurt seinen zweiten Etappentriumph bei der Tour
de France in Folge gefeiert. Der 29-Jährige vom Team Omega
Pharma-Lotto setzte sich auf dem fünften Tagesabschnitt mit einem
unwiderstehlichen Antritt im Massensprint vor dem Australier Matthew Goss und Juan José Haedo aus Argentinien durch. Bis
kurz vor dem Zielstrich hatte eine verbissen kämpfende vierköpfige
Ausreißergruppe, die sich auf der 196,5 Kilometer langen Etappe von Rouen
nach Saint-Quentin früh abgesetzt hatte, den Sieg noch vor Augen. Doch
die Sprinterteams machten mächtig Dampf und fingen die Spitzenreiter auf
den letzten 200 Metern noch ab. "Das war der härteste Sprint, den
ich je gefahren bin", sagte ein völlig erschöpfter, aber auch überglücklicher
Greipel. Der nur fünftplatzierte Weltmeister Cavendish, der am Vortag bei
Greipels erstem Triumph wegen eines Sturzes nicht direkt in die
Entscheidung eingreifen konnte, hatte gegen seinen Erzrivalen keine
Chance. Der
Himmel bleibt heute meistenteils bedeckt, es wäre eigentlich
hervorragendes Wetter zum Wandern gewesen. Schade,
beim Abendessen ist der Himmel noch immer bedeckt und man hat deshalb
nicht auf der Terrasse gedeckt. Nach Süden, Richtung Côte d’Azur, ist
der Himmel übrigens immer deutlich freundlicher. Hier in den Hügeln und
Bergen ist es immer etwas wolkiger. Essen gibt’s heute nur im
Speisesaal. Ich genieße bereits Sonderstatus (und fühle mich wie eine
Art Hemingway), denn ich darf als einziger Gastjeden Abend schon gegen
halbsieben (statt um sieben Uhr) Platz nehmen und werde auch immer
sogleich freundlich mit einem Apéritif bedient. So kann uns beiden
niemand unseren gewohnten (und guten) Tisch, drinnen wie draußen,
streitig machen. Menschen sind halt Gewohnheitstiere. Ich manchmal auch,
wenn auch glücklicherweise nur sehr selten. Obwohl ich mich sonst auch
gerne darüber amüsiere. Im
übrigen: Rotwein für über hundert Euro ist hier im Hotelrestaurant
durchaus nichts Seltenes. Ich trinke den schon gehabten, angeblich
biologischen Domaine de L’Éouve für etwas über 30 EUR. Cyril bedient
wieder, Philippe fehlt auch heute. Wie
(fast) jeden Abend gibt’s Fischpaste. Und einen Martini. Heute
gibt es erneut wässriges Rotwein-Gazpacho. Dann
ein Scheibchen Käse auf etwas Salat. Danach
gibt’s entweder Lamm oder „Cabillaud“ (= Kabeljau) mit einer Trüffelcreme
und ich wähle natürlich den Fisch. Lamm (oder ein anderes Streicheltier)
kommt für mich grundsätzlich niemals infrage. Der
Fisch ist nichts besonderes, Hanni nimmt heute nichts davon. Mir kommt es
mit dem Fisch ja entgegen, aber Hanni leidet bestimmt ganz schön Hunger.
Im Süden gibt es mehrmals ein paar Regenbögen. Der
Schafskäse ist viel zu stark gepfeffert. (Kein Wunder, schließlich heißt
er ja auch so: „Chèvre de Villecroze au poivre“. Schafskäse mit
Pfeffer.) Zum
ersten Mal wird mein Platz bzw. die Tischdecke vor dem Dessert abgebürstet,
was ich ja bekanntermaßen ganz besonders schätze und liebe. Die
beiden Törtchen zum Dessert schaffe ich nicht ganz. Espresso muß ich im
kleinen Salon einnehmen, weil mein Tisch gebraucht wird. Obwohl ich heute
nichts getan habe, falle ich müde ins Bett. Tja, jetzt ist dieser
Geburtstag auch überstanden. Ich habe gar nicht daran gedacht. Freitag,
06.07.2012, Valensole Frau
Sonne freut sich, mich zu sehen und lacht gülden vom blauen Himmel. Beim
Frühstück sind schon wieder noch ein paar gebratene Tomaten für mich übrig,
erstaunlich. Es lohnt sich halt, morgens etwas schneller zu sein. (Der frühe
Aufsteher fängt den Wurm, äh, bekommt die Tomaten.) Sensationell, einen
neuen zusätzlichen Käse gibt es auch. Wie aufregend! Endlich,
heute werden wir endlose Lavendelfelder sehen. Auf der anderen Seite wird
es nur eine kurze einfache Wanderung ohne große Anstrengung werden. Na,
OK, man kann nicht alles haben. Ich bereue es jetzt ein bißchen, gestern
gefaulenzt zu haben. Aber
erst einmal müssen wir eine dreiviertel Stunde nach Valensole (lat.
vallis = Tal, solis = Sonne) fahren, über enge Straßen, teilweise eine
seeehr enge Straße, die nur Platz für ein Auto bietet, sehr idyllisch,
aber bei jeder Begegnung heißt es: Aufpassen! Und fast bis zum Stillstand
Abbremsen!
Leider
habe ich mein Wanderhemd mit den langen Ärmeln nach dem Frühstück
vergessen anzuziehen, deshalb nehme ich kurzerhand die Regenjacke aus dem
Rucksack, geht zur Not schließlich auch, dabei ist die Sonne heute nicht
ganz so stark, große Wolken spenden den Erdlingen wohltuenden Schatten. Es
geht zum Ort hinaus, immer in östlicher Richtung, durch die wunderschönen
sonnigen lila Lavendelfelder. Fleißige Bienen summen unglaublich laut, überall
stehen Bienenkörbe, aber dieses lebhafte Gebrumme ist viel angenehmer als
das nervtötende Gezirpe der blöden Zikaden, von denen es hier aber ein
paar wenige und beileibe nicht so viele wie drüben in den Cevennen gibt.
Diese Etappe ist wunderschön und mit Recht der abschließende Höhepunkt
der Reise. Nur die leider unvermeidlichen Störenfriede, die Handymasten,
Strommasten mit den entsprechenden Leitungen und sogar Radiosendemasten
wollen einfach nicht in das Landschaftsidyll passen und verschandeln die
meisten Fotos.
Hier
in Valensole soll es mehrere Betriebe geben, in denen mithilfe von
Wasserdampf und riesigen Druckkesseln die wertvollen ätherischen Öle aus
den Lavendelblüten herausgelöst und destilliert werden. Hier auf dem
Hochplateau ist eines der wenigen Lavendelzentren Frankreichs. Später
zuhause lese ich folgendes: „Zentrum
des Lavendelanbaus sind die Hochebenen der Haute-Provence.
Echter Lavendel wächst erst ab 600 - 700 m Höhe und braucht 2-4 Jahre
bis man ihn ernten kann. Auf den schier endlosen Lavendelfeldern wächst
aber nur in den seltensten Fällen der echte Lavendel, sondern Lavandin,
ein Lavendelhybrid, also eine Kreuzung zweier Lavendelsorten. Lavendin wächst
in Höhen zwischen 200 und 600 Metern, kann bereits im ersten Jahr
geerntet werden und bringt sehr viel höhere Erträge. Allerdings kann die
Qualität des Lavendins und seiner ätherischen Öle nicht mit dem echten
Lavendel mithalten.“ Nach
vielen Fotos habe ich schon wieder Sorge, ob noch genug lila Farbe in der
Kamera ist. Trotz
der vielen Fahrerei erkenne ich in der Ferne immer wieder die Orte, an
denen ich vorher schon war. Man muß sich also nicht weit weg bewegen. Beim
Wandern fällt mir wieder ein, daß ich hier oft an die USA erinnert
werde, besonders Gorges du Verdon und Grand Canyon bieten einige
(entfernte) Ähnlichkeiten. Aber der Gorges du Verdon nennt sich ja auch
nicht ohne Grund so: Grand Canyon du Verdon. Und der Blick in eine weite
Landschaft ist hier auch gegeben. Zurück
wandern wir durch goldene, kurz vor der Ente stehende Getreidefelder und
später unter schattigen Eichen entlang.
Begegnungen:
Nur einmal zwei ältere Damen, während ihres Picknicks, im schattigen
Gras liegend; Bänke gibt es in Frankreich ja keine. Sonstige
Vorkommnisse: Keine. Heutige
Anforderung: Gering. Hitze:
Ja, aber durchaus erträglich. Zurück
am Auto überfällt mich neuerlicher Schrecken! Ich weiß auch nicht
warum, aber plötzlich denke ich, daß ich vielleicht schon heute morgen hätte
abreisen müssen! Und mein ganzes Gepäck liegt noch im Zimmer! Na, das
wird Ärger geben! Ich eile zurück, und das bei den engen Sträßchen.
Aber alles ist OK, niemand schnauzt mich an, wir werden an der Rezeption
freundlich begrüßt. (Hätte mir ja durchaus passieren können, wo ich
doch oft so schusselig, äh, eher etwas nachlässig, oder, sagen wir mal,
etwas sorglos bin.) Ich bin erleichtert und nehme mir vor, in Zukunft
etwas mehr auf diese „Kleinigkeiten“ zu achten. (Aber ich weiß jetzt
schon, daß mir so etwas bald wieder passieren wird…) Nach
einer freundlichen wohltuenden Dusche schlafen wir erst einmal. Könnte
man sich dran gewöhnen. Die
Zigarre rauche ich heute mal ausnahmsweise vor dem Essen. Im Schatten der
Olivenbäume und Sonnenschirme, auf der von der Sonne beschienenen
Terrasse. Hinterher bin ich doch wieder zu müde - oder zu satt. Oder
beides. Aber
es muß ja immer etwas passieren: Eine unbemerkt eingedrungene freche
Fliege löst lautstarken Alarm im Lexus aus und ich muß unter den ebenso
belästigt tuenden wie vorwurfsvollen Blicken der Leute ans Auto eilen.
Ich lasse sie frei. Naja, lieber jetzt, besser jetzt als nachts. Jetzt
ist es noch eine angenehme Reisezeit, es ist noch nicht so extrem heiß
wie im August. Und für den Lavendel ist es jetzt genau richtig. Nur die
Sonnenblumen blühen leider noch nicht. Das
allabendliche Mineralwasser heißt übrigens Badoit (für unverschämt überteuerte
EUR 8,50 die Flasche!) und kommt aus Saint Galmier. Die Quelle existiert
seit 1778. Auf der letzten Wanderreise habe ich dort noch auf dem Heimweg
übernachtet und war so großartig begeistert. Philippe
ist heute wieder da und zwinkert mir zwischendurch zu. Und Cyril ist auch
da. Jimmy hat heute seinen Ausruhtag. Die
Mädchen im Service, an der Reception und im Housekeeping sind alle der
gleiche Typ, meistens blond, hübsch, jung, schlank. (Nur eine junge Frau
im Restaurant will nicht richtig dazu passen.) In der Beziehung beweist
Monsieur le Directeur einen guten Geschmack und zeigt mir eine hübsche
Sammlung. Leider duftet er mir etwas zu stark, bestimmt zwei Meter im
Umkreis. Find‘ ich unpassend und geradezu schrecklich bei Männern.
„Dezent“ ist jedenfalls etwas anderes. Als
Amuse gueule gibt es heute eine Crevette mit dünnen spaghettiartigen
Kartoffelnudeln umwickelt. Dann
schon wieder ein nichtssagendes Gazpacho, diesmal ein Melonen-Gazpacho mit
etwas belegtem Brot. Statt
des Lamms gibt es schon wieder nur Fisch als Alternative. Dorade. Ich esse
ja gerne Fisch, aber fast jeden Tag? (Oder aber Lamm, doch das kommt für
mich nicht infrage!) Eigentlich schade, das HP-Menu ist jeden Abend
vorgegeben, manchmal kann man aus zwei Gerichten (vor allem bei Vorspeise
und Hauptgang) eines (oft gegen Aufpreis) auswählen. Sonstige Änderungen
werden nur sehr widerwillig entgegengenommen. Hier bestehen durchaus noch
weitere Verbesserungsmöglichkeiten. Zur
Abwechslung spielt heute Abend jemand auf dem Klavier in der Bar. Käse
wie immer, diesmal sogar zwei dünne Scheibchen. Das
Dessert besteht aus einem Obsttörtchen mit Pistazien und einer Kugel
Zitronensorbet. Ach
ja, der Krach der betrunkenen Leute in der ersten Nacht hat sich nicht
wiederholt, das war wohl eine einmalige Feier. Die andern Abende waren OK. Samstag,
07.07.2012, Heimfahrt, Teil 1 Das
Navi meldet viereinhalb bis fünfeinhalb Stunden Fahrtzeit über die A7
(Autoroute du Soleil) bis zum abendlichen Ziel. Da bleibt noch genug
Spielraum für einen Abstecher am Verdon entlang und dann halt leider doch
wieder über die N85, die Route Napoléon. Auschecken,
Rechnung bezahlen. Ich könnte mir gut vorstellen, hier noch ein, zwei
Wochen zu bleiben. Das Leben ist hier nicht so hektisch, alles geht
deutlich spürbar geruhsamer. Hanni kostet für die paar Tage 98 EUR
extra. Wofür eigentlich?! Unverschämt. Sie hat noch nicht einmal eine
Schale Wasser bekommen. Ein anderer deutscher Gast mit Hund hat mir
deshalb schon sein Leid geklagt. Aber ich kann es ja auch nicht ändern. Übrigens,
da ich schon am Meckern bin: Benzin kostet hier gerne schon mal deutlich
über 1,70 EUR. Das ungeliebte E10 so acht bis zehn Cent weniger. In den
Städten ist alles etwas billiger. Eigentlich ungefähr wie bei uns.
Diesel zwischen 1,30 und 1,40. In den letzten Jahren war das französische
Benzin deutlich billiger als bei uns. Jetzt nicht mehr. (Ich weiß ja auch
noch nicht, daß ich sechs Wochen später in der Toskana deutlich über
zwei Euro bezahlen werde…) Die
Sonne gibt auch heute wieder alles. Erst fahre ich nochmal kurz durch die
Lavendelfelder. Zum Abschiednehmen. Wer weiß, ob ich sie in meinem Leben
nochmal wiedersehe. Lavendel ist schließlich eine meiner Lieblingsblumen.
(Und Fingerhüte. Aber die werde ich erst im Hunsrück sehen, kurz vor
unserer Ankunft zu Hause.)
Der
Verkehr auf der D952 durch den Gorges du Verdon ist noch genauso schlimm
wie vor ein paar Tagen. Frage: Warum hat der liebe Gott Wohnmobile
erschaffen? Und warum läßt er sie von alten Männern fahren?
Erschwerend
kommt hinzu, daß hier auffallend viele Tschechen frech herumfahren und
meinen, die Straße gehöre ihnen. Sind das die neuen Russen? Dabei ist
der Straßenverlauf wunderschön. Oft geht es an mächtigen Felsüberhängen
und Abgründen entlang. Die Motorräder beneide ich.
Die
Straße zieht sich. Dann, endlich in Castellane biege ich links auf die RN
85 ab. Notre Dame du Roc aus dem 12. Jahrhundert thront hier markant und
unübersehbar oben auf einem unglaublich hohen Felsenberg über der Stadt. http://de.wikipedia.org/wiki/Castellane castellane
- Google-Suche (Fotos) Auf
der Nationalstraße herrscht das gleiche Chaos. Vor allem die vielen Ausländer
nerven. Ich
habe ja bestimmt nichts gegen Frauen am Steuer, doch müssen sie
ausgerechnet hier fahren und ihre Männer sitzen faul daneben? Was sind
denn das für Männer?! Könnte ich jedenfalls nicht. Hielte ich einfach
nicht aus. Wie
haben das Napoléon und vor allem die Leute in seinem Tross geschafft? Es
gibt ein paar sehr steile Auf- und Abstiege mit reichlich Serpentinen.
Allein der Col des Leques ist 1.148 hoch.
Leider
ist es später zurück etwas langweilig, denn es ist derselbe Weg wie auf
dem Hinweg. Und er zieht sich. Gegen 16 Uhr sind wir erst in Grenoble. Den
ganzen Tag bleibt es heiß und sonnig, bis über 30 Grad. Die Klimaanlage
gibt sich alle Mühe. Endlich dürfen wir wieder auf die Autobahn.
300
km später und um ca. 30(!) Euro ärmer biege ich endlich gegen 19:00 Uhr
von der Autobahn ab. (Ich dachte, hundert Kilometer kosten ca. fünf Euro?
Übrigens: Ich glaube, mal irgendwo gelesen zu haben, daß die Autobahngebühr
in Frankreich erhoben wird, „bis alle Kosten des Baus…“ damit
beglichen sind. Ich habe aber noch nie erlebt, daß alles bezahlt ist und
die Autobahn plötzlich kostenlos oder zu deutlich günstigeren Gebühren
werden darf. Ganz im Gegenteil, die Maut wird immer teurer.) Erneut
gab es keine besonderen Vorkommnisse, obwohl ich oft deutlich schneller
als erlaubt (und meistens doch wieder auf der Überholspur) gefahren bin.
Ich habe da meine eigene Methode und verlasse mich zusätzlich gerne auf
meine Sinne - und die beiden Radarwarner. Was die Sache noch etwas
einfacher macht: Stationäre Blitzer werden in Frankreich ja fast immer
vorher angekündigt. Aber Aufpassen: Auf der Gegenseite zielten zwei
Motorradpolizisten mit einer Laserpistole auf Raser. Ist ja klar, so etwas
wird (leider) nicht vorher angekündigt. Da habe ich also nochmal Glück
gehabt. Ob mich mein Gefühl da auch vorher gewarnt hätte? Ich fürchte,
nein… Neuerlicher
Schreck am Abend. Das gebuchte Hotel gibt es gar nicht! Ich sehe
jedenfalls keins. Ich krame die Bestätigung raus. Doch, Ort und Straße
stimmen. Hausnummer auch. Wir stehen vor einem uralten Hofgut gegenüber
der Kirche. Das dicke schwere Holztor ist verschlossen und sieht abweisend
aus. Trotzdem, wir müssen da mal rein und wagen es auch. Alles im Grünen
Bereich. Wir sind richtig! Es ist halt kein normales Hotel, eher ein Gästehaus,
ein Geheimtipp. Da braucht man keine Reklameschilder.
Der
Patron empfängt Hanni und mich gleich auf dem Hof und zeigt uns unser
Zimmer. Einfach wunderschön! Fachmännisch und mit alten (alt
aussehenden?) Möbeln rustikal renoviert. Schönes breites hohes weiches
Bett mit dicken weichen prallen Kissen. Uralte abgerundete große
Pflastersteine bilden den urigen Fußboden. Das offene Fenster zeigt mir
einen wunderschönen Ausblick in einen großen grünen parkähnlichen
Garten. Ein Reh soll sich gestern oder heute dort eingeschlichen haben.
Hab ich auch noch nie gehört. Mein
Bad ist entsprechend schön und rustikal, die Dusche ist offen und hat
auch wieder keine dieser oft gefährlich rutschigen Duschtassen im Boden.
Ich bin sehr zufrieden. Obwohl wir noch gar nicht über den Zimmerpreis
gesprochen haben. Da lass ich mich morgen früh einfach mal überraschen.
Der
Patron hat im Nachbardorf einen Tisch zum Abendessen für uns beide für
19:30 Uhr reserviert. Deshalb heißt es, Tasche abstellen und gleich
weiterfahren. Drei, vier Kilometer. Man erwartet mich schon und empfängt
mich mit meinem Namen. Auch hier ist alles uralt. Bis auf meinen Tisch
(und den Nebentisch) ist alles besetzt. Die Sonne scheint noch, alle
sitzen im Freien. Mann, habe ich ein Glück mit Unterkunft und Restaurant!
Die
Hauswand ist ortsüblich aus hellen Feldsteinen mit Zwischenmörtel
gebaut, kein Außenputz. Wahrscheinlich wurden die Steine kürzlich bzw.
vor der Renovierung sandgestrahlt. Das
Abendessen ist ganz OK, ich bin glücklich. Da wir hier in der Bourgogne
sind, trinken wir natürlich entsprechenden regionalen Rotwein (mit
Goldmedaille), der mir etwas ungewohnt schmeckt. Das
vierteilige Käsegebäck ist wundervoll. Ich muß mich sehr beherrschen,
die Stücke vom Nebentisch nicht heimlich zu klauen und mit aufzuessen. Als
Vorspeise habe ich mir die von mir so sehr geschätzten pochierten Eier
mit Schinkenstreifen in Rotweinsoße ausgesucht. Das
Hungern tagsüber hat sich gelohnt. Hanni und mir schmeckt anschließend
die zarte Hühnerbrust in der hellen Soße. Nur die Nudeln sind etwas zu
weich gekocht. Ich bin froh, daß Hanni endlich wieder etwas Vernünftiges
zu sich nimmt. Nur
schade: Hier in der Enge kann ich den um mich herumsitzenden Leuten keinen
Zigarrenqualm zumuten. Mal sehen, vielleicht nachher noch im
"Hotel". Zum
Nachtisch gibt es Weichkäse. Nach
der anstrengenden und etwas stressigen Rückfahrt können wir hier beide
etwas relaxen. Hanni war erneut vorbildlich, sie ist ein perfekter
Autohund, wie man ihn sich nicht besser wünschen könnte. Aber sie ist ja
sowieso mein Ein und Alles. Unter den Tieren. Als
Abschluß bekommen wir ein riesiges Mousse au Chocolat. Von Süden ziehen
dunkle Wolken auf, die stören uns aber noch lange noch nicht. Ob es
nachts oder morgen den für heute und für die Gegend angekündigten Regen
gibt? Aber das juckt mich wirklich nicht mehr. Der obligatorische Café
macht den Abschluß.
Sonntag,
08.07.2012, Heimfahrt, Teil 2 Nachts
gab es tatsächlich reichlich ausdauernde Gewitter. Die arme Hanni hatte
die übliche Angst und konnte mal wieder gar nicht schnell genug zittern.
Heute morgen hat sich alles beruhigt. Geruhsames Frühstück und um zehn
sitzen wir entspannt im Auto. Nach
zwei Minuten sind wir schon auf der Autobahn, Richtung Nancy, Metz,
Luxemburg, Trier und über die Hunsrückhöhenstraße geht es heim. Auf
der Gegenseite gibt es kilometerlange Staus vor jeder Zahlstelle und vor
jedem Autobahnkreuz bzw. –dreieck. Viele Autos mit Anhängern, Wohnanhängern
und Särgen (Dachboxen) auf den Dächern, also streben alle nach Süden,
zum Urlaubmachen. Da unten muß ja bald reichlich was los sein. Gut, daß
ich diesen Trubel nicht mehr miterleben muß. Alle haben sich
wahrscheinlich ausgerechnet, sonntags werden wir bestimmt ganz alleine auf
der Straße sein…
Übrigens,
Baustellen habe ich auf französischen Autobahnen nicht gesehen. Ich weiß
nicht, wie die das machen. Um
17:18 Uhr und nach insgesamt 2.400 (exakt 2.427,1) Kilometern (und mit 8,3
l/100km Super Verbrauch) erreichen wir beide wohlbehalten unser Zuhause.
Wieder nichts Schlimmes passiert, (hoffentlich) keine Strafzettel, keine
Verletzungen, nichts verloren und nichts kaputtgemacht. Alles
in allem ein perfekter Urlaub. Unwichtige Winzigkeiten hätten noch etwas
besser ausfallen können, aber was ist heutzutage schon wirklich perfekt? Und
weil es uns beiden so gut gefallen hat, geht es in zwei Wochen zum Wandern
in die italienischen Alpen… Die
kursiven Auszüge aus den Wegbeschreibungen: ©
Wikinger Reisen GmbH, www.wikinger-reisen.de © 2012 Wilfried R. Virmond - Nachdruck, auch
auszugsweise, grundsätzlich nur mit Genehmigung des Autors. Dies gilt
ganz besonders auch für sämtliche Fotos.
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