Wilf und Hanni
in der Provence

   Unsere Wanderungen

im „Grand Canyon“ Gorges du Verdon

 Idyllische Landschaften, blühende Lavendelfelder, malerische Orte und südfranzösisches Flair

 
Vom 29. Juni bis 8. Juli 2012


Ein neuer langweiliger Reisebericht
von Wilfried R. Virmond

Ich empfehle, sämtliche hier angebotenen Links mit der rechten Maustaste zu öffnen, weil sie sich dann auf 
vielen PCs leichter wieder schließen lassen.  

Übersichtskarte der Anfahrt durch Frankreich  

Örtliche Übersichtskarte der Einzel-Ziele


Erster Tag, Freitag, 29.06.2012, Hinfahrt, 
Teil 1

Auszug aus der Reisebeschreibung:

Die Verdonschlucht gehört zu den spektakulärsten Schluchtlandschaften Europas - bis zu siebenhundert Meter hat sich der Türkis leuchtende Fluss Verdon in die mächtigen weißen Kalkmassive eingeschnitten. Zu Recht wird sie daher auch als „Grand Canyon du Verdon“ bezeichnet! Sie entdecken auf Ihren Wanderungen aber auch die „grüne“ Provence - Olivenhaine und weite, waldreiche Landschaften mit Hügeln und Hochplateaus, in die sich kleine Flüsse mit Schluchten und Wasserfällen eingegraben haben. Auf dem einsamen Plateau von Valensole leuchten im Frühsommer endlose, lilablaue Lavendelfelder. Lassen Sie sich vom vielseitigen Charme der Provence verzaubern!

Unsere Reise führt Sie zu malerischen, mittelalterlichen Städtchen, die südfranzösisches Flair und Lebensart verströmen. Bummeln Sie über einen der Märkte, die die ganze Fülle an Farben und Düften der provenzalischen Produkte vereinen. Am Abend können Sie den Tag auf der Terrasse Ihres komfortablen Hotels mit einem Glas Wein ausklingen lassen.

Ich werde mich mal wieder überraschen lassen und wir werden sehen, wieviel (oder wie wenig) davon übertrieben ist…

Ich war ja dieses Jahr schon oft in Urlaub, Ägypten, Türkei, USA, Bayerischer Wald, München, Wien usw. Alle Reisen waren schön, aber auch „laut“, womit ich im wahren Sinne des Wortes eher „aufregend“ meine, deshalb bin ich froh, jetzt ein paar ganz ruhige Tage vor mir zu haben, nur Hanni und ich, so oft wie möglich allein und ohne mich ständig mit jemandem unterhalten zu müssen. Halt, stopp, liebe Freunde, ich meine das nicht so negativ, wie es jetzt vielleicht klingt, ich möchte nur mal wieder ein paar Tage der inneren Einkehr genießen und möglichst wenig Leute sehen. Und noch etwas weniger Quasseln als sonst.

Aber dazu gehören auch Hin- und Rückfahrt. Die will ich jetzt ebenfalls mal gemächlich fahrend genießen, nicht immer am Anschlag wie sonst. Nicht, wie sonst immer, ständig auf der Überholspur. Deshalb freue ich mich auch auf eine ruhige angenehme Fahrt.

Die Zeit des Wartens vorher habe ich genossen, jetzt geht es endlich los.

Rechtzeitig vorher habe ich an meine eigene Warnung gedacht und Hanni ein Leishmaniose-Halsband gegen die Stiche der bösartigen Sandmücke gekauft – und ihr vierzehn Tage vorher umgelegt. (Hier für sehr teure EUR 27,50 in der Apotheke gekauft. Wenn man sich lange genug vorher drum kümmert, bekommt man es eventuell billiger.)

index (Eine private Leishmaniose-Seite mit vielen Infos.

Beim Googeln findet man noch mehr darüber.)

Recht gemütlich geht es wieder Richtung Süden, nach Frankreich, 20 Grad, mit viel Sonne, die A61 ist frei, kein Stau, Karlsruhe, Lauterbourg, Strasbourg. Richtung Besancon, wie immer. Ich werde jetzt mehr auf der Autobahn bleiben, mehr als auf meinen Urlaubsreisen vorher. Ja, auch ich werde schließlich älter. Nein, nicht alt, nur älter – und bequemer…

 

Frankreich Juni/Juli 2012

 

Kurz vor Strasbourg biege ich ab und esse in La Wantzenau, einem kleinen Ort im Elsaß, zu Mittag. Es ist kurz vor zwölf und alle sechzehn Tische im Garten sind leer. Kaum sitze ich, strömen aus allen Richtungen Leute herein und fast alle Tische sind schlagartig besetzt. Kurz nach zwölf, die Leute haben Mittagspause. Nochmal Glück gehabt. Wer jetzt noch kommt, muß drinnen Platz nehmen.

Ich will nichts „Normales“ essen (Pizza, Flammkuchen oder so) und bestelle mir eins der drei hier angebotenen elsässischen Gerichte – und bekomme eine kleine Schweinshaxe mit Bratkartöffelchen. Tja, man kann nicht immer Glück haben, Haxen gehören nicht gerade zu den Speisen, die ich üblicherweise, oder gar gerne esse. Und dann auch noch in der Hitze. Ich tröste mich mit einem Viertele trinkbaren Rotweins. Der Ober spricht kein Deutsch, oder will es nicht, es soll hier ja noch immer uralte und unausrottbare Ressentiments geben. Eigentlich hätte ich mir ja viel lieber etwas mit Choucroute (Sauerkraut) gewünscht.

Gut gestärkt fahren wir beide weiter und benutzen jetzt endlich mal den Tunnel kurz vor St. Dié für 7,90 EUR Péage. Wir haben Glück, er wird heute Abend erst um 19 Uhr für irgendwelche Arbeiten geschlossen.

 Frankreich Juni/Juli 2012

Weiter geht es auf der mir vom letzten Jahr noch wohlbekannten Landstraße N57 durch die schöne sonnige und hügelige Landschaft. Das Getreide ist erntereif, alle Felder sind golden.

Die Straße wird vierspurig ausgebaut, aber bei dem schwachen Arbeitseinsatz wird das noch Jahrzehnte dauern, seit dem letzten Jahr hat sich nicht viel getan. Eine einzige Baustelle ist verschwunden. Zahlreiche Lkw erschweren die Fahrt etwas. In Vesoul kommen wir an einer großen Peugeot-Fabrik vorbei. Ein paar goldgelbe Sonnenblumenfelder gibt es; weniger als letztes Jahr.

Der MP3-Player des Autos spielt mir meine Lieblingsmusik vor, Buddy Holly, Elvis, Richie Valens, Jerry Lee Lewis, Easybeats, Chuck Berry, Little Richard und wie sie alle heißen.

Ich bin immer wieder froh, in der richtigen Zeit geboren worden zu sein und diese Musik gerade mit dem richtigen Alter aufgesogen zu haben. Ob man die heutige Musik später in dreißig, vierzig, fünfzig Jahren noch spielen wird? Aber das war früher ja das gleiche zwischen unseren Eltern und uns selbst.

Trotzdem, ich halte mich ja für sehr aufgeschlossen, aber Adele, Pink, Gaga und Co. kann ich eigentlich nicht viel abgewinnen.

OK, nach ein bißchen Überlegung muß ich sagen, es gibt doch noch gute Musik, auch heute noch, aber man muß sie halt suchen. Und Eva Cassidy, Colbie Caillat und ein paar Kollegen/Kolleginnen gehören ja nicht gerade zum Mainstream.

Aber über allem steht die Überschrift: Musik ist Geschmacksache, also etwas sehr Persönliches!

Ein Rätsel: Die französischen Motorradfahrer sind hier reichlich flott unterwegs, und das, obwohl sie doch meistens von hinten, also mit dem Nummernschild, geblitzt werden. Ist die Polizei bei ihnen großzügiger?

In Besancon geht es wieder auf die Autobahn, auf die A36. Die Bahn ist leer, die Lastwagen stören einen kaum noch und wir kommen gut und ohne Stress voran.

Frankreich Juni/Juli 2012 

 

Am heutigen Ziel in Bourg en Bresse (12,40 EUR Autobahn-Péage) habe ich uns ein Zimmer in einem Design-Hotel reserviert. (Mit Hund ist es manchmal etwas schwierig, ein Hotel zu finden. Und wenn er noch so klein und noch so brav ist.) Das Haus ist innen sehr farbenfreudig und modern (= billig) eingerichtet. Dafür ist unser Zimmer winzig, ich wußte bisher nicht, daß es derart kleine Hotelzimmer (und Badezimmer) gibt. Und daß man sich darin aufhalten kann. Nur gut, daß Hanni so klein ist; nebenan ist ein Ehepaar mit Golden Retriever…

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

19:08 Uhr. Immer noch zweiunddreißig Grad. Angenehm und durchaus erträglich.

Zum Essen laufen wir ein paar Schritte in die Stadt. Ich bin noch satt vom Mittagessen, deshalb bestelle ich mir im Theater-Café nur einen Hauptgang, ein gratiniertes Steak Mignon mit Kartoffelscheibchen obendrauf und Salat (mit Maggi-Dressing!). Und das obligatorische (leider kalte) Crème Brûllet, dem ich ja nie widerstehen kann. Dazu gibt’s einen halben Liter Rosé und eine meiner Zigarren.

Tausende Schwalben fliegen hier munter herum, und der aufgehende Halbmond schaut ihnen dabei gut gelaunt zu.

 

Zweiter Tag, Samstag, 30.06.2012, Hinfahrt, 
Teil 2

Das Petit Déjeuner (Frühstück) ist spärlich, aber für französische Verhältnisse noch ganz OK. Wetter sonnig und heiß. Die Frisur sitzt. Die Landstraße ist mir noch gut bekannt und wir kommen weiter gut voran. Trotzdem, ich weiß nicht, was unangenehmer ist, die vielen Blitzer, (Radarwarner mitnehmen!), die unendlich vielen Kreisverkehre oder die bekloppten Idioten in den Autos. Nichts Besonderes: Nach zehn Kilometern habe ich schon fünfzehn Kreisel umrundet.

Die Tour de France wirft ihre Schatten voraus. Ab und zu sehe ich Schilder, die demnächst Sperrungen ankündigen.

12:08 Uhr. Die Frisur sitzt. Dank der Klimaanlage, die sich alle Mühe gibt. Die 30-Grad-Marke draußen wurde längst überschritten. Wir fahren durchs Val Blue – Blaues Tal.

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012 

Ein Stückchen Autobahn vor Grenoble kostet läppische EUR 1,50. Hinter der Stadt wechsle ich dummerweise auf die Route Napoléon (alles ist hier nach ihm bekannt, Imbisse, Hotels, Campingplätze, Tankstellen…) und quäle mich durch einen viele Kilometer langen lästigen Stau vor einem Kreisverkehr in Vizille. Ich kenne die Strecke noch gut von früher, bin sie vor dreißig, vierzig Jahren oft gefahren. Jetzt geht es erst einmal steil hoch. Die Frisur sitzt.

Im Internet hatte ich mir die nachfolgenden Bemerkungen vor einiger Zeit ausgeschnitten. Leider weiß ich die Quelle nicht mehr:

Urfranzösische Dörfer statt Napoleon'scher Hektik

Für all das hatte Napoleon kein Auge, keinen Sinn, im März 1815. Er war ein Durchreisender, wollte zurück an die Macht, nach Paris. An seinem Verbannungsort, der Insel Elba, war er seinen Bewachern entwischt und hatte sich kein Jahr nach seiner erzwungenen Abdankung– mit 1000 Getreuen bei Cannes auf den Weg gemacht. Dabei wählte er nicht die naheliegende Route durchs Rhônetal, wo er mit dem Widerstand der königstreuen Städte rechnen musste. Sondern jenen beschwerlichen Umweg von Grasse über die Alpen in Richtung Grenoble, die in etwa der heutigen Route Nationale N 85 entspricht. Ganz zufällig war er für sein Comeback auf einer der schönsten Strecken Frankreichs unterwegs. Sie heißt heute "Route Napoléon". Der verbannte Kaiser wollte den König und das Volk in den Städten und Dörfern überrumpeln, ein Gewaltmarsch. Wer heute aber auf dieser 335 Kilometer langen Strecke reist, wird alles andere als die Napoleon'sche Hektik spüren, kann urfranzösische Dörfer und Restaurants entdecken, tagelang durch die Berge wandern und die wenigen Spuren suchen, die Napoleon hinterlassen hat.

Route Napoléon – Wikipedia

Später geht es noch ein paarmal in engen Serpentinen Berge steil rauf und runter. Ich frage mich immer wieder, wie der olle Napoléon das alles geschafft hat. Der Col Bayard ist immerhin 1.248 Meter hoch. Auf den umliegenden Bergspitzen liegt noch immer Schnee.

Zwischen den vielen ausländischen Touristen ist es mühsam, ordentlich voranzukommen. Die Frisur sitzt.

Die stark befahrene N85 wurde ja schon immer gerne von Leuten befahren, die keine Autobahnmaut bezahlen wollten. Deshalb gibt es hier jede Menge unterschiedliche Automobilisten: Anwohner, Touristen, Lieferwagen, Raser, Omnibusse, Lastwagen. Und Schleicher. Dazwischen die unzähligen Wohnwagengespanne und Wohnmobile. Das führt dann auch mal zu riskanten Überholmanövern. Rasche Erkenntnis: Am besten schwimmt man im Verkehrsfluß einfach mit und regt sich nicht auf. Dann sitzt auch die Frisur…

14:45 Uhr. Bei der nächstmöglichen Gelegenheit, in Gap, gehe ich dann doch lieber wieder auf die neugebaute leere Autobahn A51 mit dem ebenso neuen, blauen und imposanten „Canal de Ventavon“ daneben. Die markante, auf einem hohen Fels gelegene mittelalterliche Stadt Sisteron zieht rechts vorbei. Auf der linken Seite tauchen die berühmten spektakulären „Rochers des Mées“ auf.

 

Frankreich Juni/Juli 2012

37 Grad. Die Frisur sitzt. Trotzdem: Ich beneide alle Motorradfahrer.

Nachmittag. Obwohl die Autobahn total leer ist, passiert es plötzlich: Links werde ich gerade von einem kleinen 1er-BMW überholt, rechts ist eine Auffahrt auf die Autobahn und ein bescheuerter Engländer fährt auf der Beschleunigungsspur – und biegt einfach direkt neben mir auf meine rechte Fahrbahn ein! Und ich kann nicht nach links ausweichen! Warum hat der Blödmann nicht in seinen (Entschuldigung) beschissenen Außenspiegel gesehen?! Es sind nur ein paar Zentimeter, wenn überhaupt, die mich vor einem Unfall schützen. Zwei verschiedene Ausländer in einem fremden Land. Das Theater mit der Polizei und den gegnerischen Versicherungen will ich mir gar nicht erst ausmalen! Da hat bestimmt mein Schutzengel seine schützende Hand dazwischen gehalten!! Trotzdem, die Frisur sitzt.

Später werden mir noch ein in einer Kurve entgegenkommendes überholendes und vor mir sehr knapp einscherendes Motorrad (passiert einem ja schon mal…) sowie zwei Autos, die aus ihren Grundstücken rückwärts und ohne Aufzupassen herauskommen, ein paar meiner letzten ursprünglich braunen Haare schlagartig grau werden lassen.

17:44 Uhr. Wir erreichen nach 1.060 km Fahrt unser Hotel in Moissac-Bellevue. Die Frisur sitzt. Unzählige, bestimmt dreißig, vierzig Empfehlungsschilder hängen am Eingang und an der Haustür. Es ist ein längliches, zweistöckiges Haus im Stil eines alten provenzalischen Landgutes mit einer sehr gepflegten, weitläufigen und parkähnlich mediterranen Gartenanlage; sämtliche zweiunddreißig Zimmer sehen nach Süden hinaus.

Nach Marseille, St. Tropéz, Nizza, Cannes sind es nur noch jeweils um die hundert Kilometer.

Ich habe Glück und erwische die allerletzte Lücke auf dem Parkplatz. Ich sehe einen großen Pool, Tennisplatz, Bouleplatz. Sogar einen Hubschrauber-Landeplatz gibt es. Wofür eigentlich?

Ein vornehm tuendes Haus, der Chef heißt hier nicht „Patron“ oder viel zu schnöde einfach nur „Chef“, sondern „Monsieur le Directeur“.

Ein freundliches hübsches Mädchen führt mich durchs Haus und zeigt mir alles. Reception, Restaurant, Bar, Aufenthaltsräume, überall ist das Haus sehr geschmackvoll eingerichtet und lädt zum abendlichen Verweilen ein. Stil und Klasse sind hier perfekt vereint. Geradezu luxuriös, das können die Franzosen ja.

Die Gartenterrasse ist groß genug. Als Gäste habe ich draußen neben ein, zwei deutschen Autos fast nur Belgier und Franzosen gesehen.

Mein Zimmer liegt wie immer ganz hinten und im seitlichen Anbau. Gemütlich eingerichtet, breites Doppelbett mit genügend Kissen, und mit einem sehr schönen Badezimmer. Endlich habe ich auch mal wieder eine offene, bequeme, sehr große Dusche. Und noch etwas positives: Unsere vier, fünf Zimmer im Anbau verfügen über ein Extra-Fenster im Bad, die andern „normalen“ Zimmer nicht.

Frankreich Juni/Juli 2012 

Vor ein paar Tagen in Wien, im Radisson ParkInn, hatten wir eine extrem hohe Badewanne, in die wir zum Duschen geradezu über den Rand klettern mußten. Wirklich sehr unbequem. Und beim Aussteigen ganz schön glitschig. Von den drei Nächten auf dem Hinweg im Wildpark-Hotel in Wemding will ich gar nicht erst reden. Deshalb tut es gut, endlich mal wieder ein ordentliches Hotel gebucht zu haben. (Freunde hatten billig gebucht. Naja, es ist sowieso besser, wenn man selbst bucht.)

Erstmal Duschen, es war heiß unterwegs, kurz bis 37 Grad, beim Abendessen ist es dann wieder OK, aber etwas windig. Trotzdem: Die Frisur sitzt. Noch immer.

Frankreich Juni/Juli 2012 

Das Lamm im Menu ist schwer umzutauschen, doch ich bekomme schließlich irgendeinen schwierig zu verstehenden Fisch, aber ich will mich ja auch nicht mit ihm unterhalten. Da muß ich dann auch nicht wissen, wie er heißt. Hanni ist wie immer unglaublich brav, geradezu vorbildlich.

Ich bestelle zwei, drei große Hoegarden, weil ein halber Liter offener unbekannter Rotwein (als Tages-Empfehlung) schier unglaubliche EUR 37,50 kosten soll und weil ich keine Weinkarte vorgelegt bekomme. Und ein kühles Bier ist mir jetzt auch deutlich lieber als ein warmer Rotwein.

Tomatencreme mit Brot als Amuse-Gueule.

Als Vorspeise gibt es etwas Räucherlachs.

Zum Hauptgang dann der unbekannte Fisch mit etwas Reis und merkwürdigen Beilagen aus dem Meer. Weil ich Hunger habe, esse ich sie mit.

Eine Scheibe Käse als Nachtisch,
und eine Kugel Eis und ein Keks als Dessert.

Besaufen kann ich mich hier nicht, das Bier muß schwierig bestellt werden, man verkauft hier lieber sehr teure Rotweine; als Abschluß und zur Abwechslung trinke ich noch ein (ekliges) Stella.

Hanni schmeckt es heute Abend nicht, sie verweigert alles; manchmal ist sie etwas launisch, um nicht zu sagen, zickig. Aber sie ist ja auch weiblich…

 

Sonntag, 01.07.2012, Salernes - Sillans

Den langen Abend gab es reichlich Krach besoffener Leute unten auf der Terrasse. Wenn das jeden Abend so ist und die Leute sich derart die Hucke vollsaufen, dann aber Gute Nacht! Trotzdem, wie immer im Urlaub stehen wir um acht Uhr auf. Die Kissen waren etwas hart und unbequem, weiche Kissen finde ich deutlich behaglicher. OK, ich werde mich noch dran gewöhnen. Ups, draußen ist es reichlich wolkig! Das kenne ich ja gar nicht von der Provence in dieser Jahreszeit. Ausgiebiges Frühstück auf der Terrasse. Wenigstens ist es warm.

Um halb elf fahren wir los, um kurz nach elf sind wir nach fünfzehn Kilometern Anfahrt am Startpunkt in Salernes am Schwimmbad im Fluß. Der Supermarkt unterwegs in Aups hat sogar sonntagvormittags geöffnet. Das nenne ich praktisch. Und kundenfreundlich.

 

Das Wetter ist weiterhin wolkig, aber mit 25 Grad ist es gut warm. Da hätte ich mich ja eigentlich gar nicht so dick mit der 50er Sonnencreme einschmieren müssen. Es geht gleich aufwärts, Hannelore ist sofort guter Laune und hüpft vor Freude viel herum. Der mitgegebene minutiöse Wanderplan ist sehr gut vorbereitet und wie immer perfekt, jedes winzige Detail wird genau angegeben. Dazu gibt es für jeden Tag eine neue farbige Karte mit dem darin eingezeichneten Weg. Also alles ganz easy. Verlaufen ist da nur schwer möglich.

An einem kleinen Flüßchen geht es entlang, weit oben am Hang, unter schattenspendenden hohen Eichen.

Hier ein Auszug aus der Wegbeschreibung:

Der anfängliche Kiefernbestand geht in einen Eichenwald über, in dem Efeu die Stämme hinaufwächst und die Stechwinde (Smilax aspera) mit ihren stacheligen Blättern und roten Beeren kletternd die Bäume hochwuchert. Im Waldunterwuchs finden sich zudem die kleinen Sträucher der Heckenkirsche (Lonicera) und immer wieder die hauchfein gefiederten beblätterten Triebe des wilden Spargels (Asparagus). Über Kalksteinmauern wächst Rosmarin, der in der Sonne stark duftet und mit seinen blauen Blüten zahlreiche Insekten anlockt…

Später geht es steil runter und über einen etwas glitschigen Saumpfad am Wasser der Bresque weiter; sie ist wirklich nur fünfzehn Kilometer lang, aber trotzdem sehenswert. Kalk hat sich hier abgelagert und interessante Kalksinterstufen ausgebildet.

Wikipedia: Sinter (von althochdeutsch sintar ‚Schlacke‘, umgangssprachlich Versinterung), ist eine mineralische Ablagerung. Sinter bildet sich durch Abscheiden (Fällung) von in Wasser gelösten Mineralien, also in Gewässern, Wasserleitungen und -behältern oder in feuchtem Milieu. Er bildet krustenförmige Überzüge an Hängen oder an Terrassen, entsteht in vielfältigster Form in Höhlen und Bergwerken als Speläothem (Höhlensinter), von Sinterhäutchen bis in Form mächtiger Bänke.

Über die Kaskaden und die kleinen „Wasserfälle“ fließt unglaublich sauber aussehendes Wasser mit einer ebenso unglaublichen türkisen Farbe. Oder, nein, nicht wie ein Türkis, eher noch wie grüne kostbare Jade. Oder an manchen Stellen in der Farbe wertvoller Smaragde. Schade, daß die Sonne nicht scheint, das Wasser würde dann viel mehr glitzern und die Farbe käme noch viel schöner heraus. Wunderschön: Der breite Wasserfall.

Frankreich Juni/Juli 2012 

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Begegnungen: Keine, wir beide sind allein. Noch. Ganz, wie es mir gefällt.

Hier unten am Wasser ist es rutschig und nicht ganz ungefährlich, außerdem gibt es ganz schön steile Passagen, umgefallene quer liegende Bäume und Äste, Steinhaufen, die von Mensch und Tier überklettert werden wollen. Ich will mich nicht unnötig loben, aber ich kenne viele Leute um mich herum, die hier nicht herumklettern könnten und keinen, der es mir gleichtun könnte. Wenn es für einen Außenstehenden vielleicht auch etwas unbeholfen wirkt. Aber schließlich war ich vor zweieinhalb Jahren ja noch schwer gelähmt. Und kleine Defizite sind halt geblieben.

Später geht es wieder steil aufwärts, den Berg hinauf. Erneutes Rauschen von weitem.

Hunderte Betonstufen führen noch einmal steil runter. Nanu, was ist denn hier los? Mindestens ebenso viele Leute tummeln sich hier unten und machen „Pique-nique“, was muß hier erst bei sonnigem Wetter los sein?

Auch ein paar Hunde sind da, aber Hanni ist brav und benimmt sich. Und es kommen noch immer Leute mit Kindern, Hunden, Tragekörben und Kühltaschen die Treppe herunter. Verrückt und einfach unglaublich.

Trotzdem: „Baignade interdite!“ (Baden verboten!)

Schade, der Weg zum großen Wasserfall ist mit mehreren Zäunen, Gattern und Verbotsschildern „Chute de Pierres!“ – Steinschlaggefahr! gesperrt. All dies hat die Leute aber nicht davon abgehalten, sich mittels verschiedener Durchschlüpfe doch erneut Zugang zum Wasserfall zu verschaffen. Der Weg dorthin ist mühsam.

Doch ich werde mit einem atemberaubenden Anblick belohnt, die weite Anfahrt und der beschwerliche Weg haben sich wirklich gelohnt. Ein hoher üppiger Wasserfall ergießt sich mehrere hundert Meter in die Tiefe zu mir herab in ein riesiges, weites, rundes, türkises Wasserbecken. So muß es im Paradies aussehen! Es fehlen eigentlich nur noch ein paar nackte junge hübsche willige Gespielinnen, die sich einem hingeben, oder wenigstens ein paar spärlich bekleidete freundliche Jungfrauen, die mir, bequem auf einem üppigen Diwan liegend, süßen Wein und saftiges Obst darreichen. Wir beide sind längst wieder alleine. Der Lärm von vorne dringt kaum noch hierher und es ist, bis aufs Rauschen des Wassers, angenehm ruhig. Hanni und ich sind ganz alleine. „Cascade de Sillans“. Koordinaten: 43°33‘44‘‘N / 6°11‘03‘‘E.

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012 

Dies ist einer der schönsten Plätze auf der Welt, schier unglaublich, ich bin restlos begeistert, und das ist bei mir ja nicht so einfach. Wieder mal ein magischer Ort. Oder soll ich sagen „verwunschen“? Beides paßt hier. Die wohltuenden Luft- und Erstrahlen sind hier endlich wieder einmal deutlich zu spüren. Nur das Wissen um die vielen Menschen vorne an der Treppe stört etwas die tiefe Ruhe dieses Ortes. Und mit ein bißchen Sonne wären die Fotos gleich tausendmal besser.

Doch bald heißt es Abschied nehmen und die Betonstufen wieder zu erklimmen. Im Nachhinein bedauere ich es, mir hier nicht wenigstens eine halbe Stunde länger gegönnt zu haben.

Am Treppenaufgang ist sogar eine „Buvette“ mitten im Hang, ein Kiosk in einer Art Container. Nur schade, entweder hat man hier das falsche Angebot oder die Leute wollen/müssen sparen. Die beiden alten Besitzer machen jedenfalls keinen erkennbaren Umsatz.

Unterdessen ist es halbzwei geworden, etwas spät für die weitere Bergumrundung, die mit einer Stunde veranschlagt wird, die sich aber doch wieder deutlich verlängern wird. Deshalb entscheide ich, daß wir beide die vorgegebene Runde um den Berg herum hier abbrechen.

Stattdessen wandern wir noch einen Weg den Berg weiter hinauf. Eigentlich will ich zurück zum Startplatz, abkürzen. Unterwegs soll es ein paar Erdrutsche gegeben haben, die diesen Weg eigentlich unpassierbar und gefährlich machen. Leider finde ich den Pfad dann auch nicht, vor allem, weil ich nicht weiß, ob ich ein Privatgrundstück betreten darf, und wir kommen in der Nähe oberhalb des längst wieder zu hörenden Wasserfalls heraus.

Nicht schlimm, dann nehmen wir halt den Weg durch Sillan und an der anderen Seite der Bresque zurück Richtung Auto.

Sillan hat ein recht gut erhaltenes historisches Ortsbild. Das winzige Städtchen mit seiner mächtigen Befestigungsmauer wird vom großen Schloß (heute Rathaus) dominiert. In ihrem Halbkreis haben die meisten historischen Häuser dicht gedrängt Schutz gesucht.

Auf der anderen Flußseite geht es zurück.

 Frankreich Juni/Juli 2012

Weil ich nicht richtig aufpasse und eine Abbiegung verschlafe, müssen wir das letzte Stück auf der Landstraße laufen. Am Auto heil angekommen, sind wir beide ganz schön groggy, es war gut, abzubrechen. Schließlich bin ich seit dem Herbst nur selten gelaufen und also nicht mehr im Training. Ich muß das wieder dringend ändern. Nur gut, daß mir am nächsten Tag nie etwas weh tut.

Gegen siebzehn Uhr sind wir zurück im Hotel und machen das übliche Nickerchen, nehmen eine Dusche und dann gibt es schon das Dinner.

Heute leider drinnen im Speisesaal, das Wetter sieht nicht gut aus.

Einen Martini als Aperitif.

Wieder die Fischcreme, hell und dunkel, schmeckt irgendwie nach falschem Kaviar, mit zweierlei Brotstückchen.

Dann eine Scampi (eigentlich „Scampo“, Einzahl) im Brotmantel, oder ist das jetzt hier eine Garnele?, ein Scheibchen Fleisch mit Mango- und Avocado-Stückchen,

als Hauptgang Huhn- und Rind-Scheibchen mit ein paar Kartoffelscheibchen,

und als abschließenden Gang etwas Kräuterquark mit Chutney.

Alles natürlich winzige Portionen, man möchte hier auf Sterneküche machen, aber schafft es nicht ganz, dazu war ich schon bei zu vielen. Aber dafür kostet es hier auch nicht ganz so viel...

Dessert ist eine Kugel merkwürdig muffig und nicht wohlschmeckendes Eis und ein Törtchen.

Dazu trinke ich für 30 Euro einen biologischen Rotwein aus der Region, Domaine de L'Éouve 2010.

Espresso, ist ja klar. (Sollte man in Frankreich unbedingt als „Café“ bestellen, um sich nicht zu blamieren!)

Nach anderthalb Stunden ist alles vorbei.

 

Montag, 02.07.2012, Quinson

Aufstehen um halb neun, Herr Himmel gibt sich immer noch total bewölkt. Frühstück im Restaurant, es regnet zweimal kurz und heftig. Laut Internet soll es heute leicht bewölkt sein; unsere Wolken ziehen im Wetterradar alle rauf nach Deutschland und sind in ein paar Stunden schon bei mir zuhause und kurz drauf auch über Düsseldorf. Doch das alles ist nicht schlimm, für heute Nachmittag wird hier schon deutlich besseres Wetter und für die nächsten Tage nur noch sonniges Wetter angekündigt. Es regnet noch ein paarmal.

Gegen elf Uhr hat es endlich etwas aufgelockert und wir fahren an einigen schönen, lila blühenden Lavendelfeldern vorbei zum heutigen Startpunkt in Quinson. Gleich an der Brücke finde ich einen günstigen (genügend großen) Parkplatz. Der grüne Fluß bildet hier auf der anderen Brückenseite einen ebensolch grünen großen See (Lac-Ste.-Croix). Die Sonne brennt schon wieder heftig auf alles runter, was sich bewegt.

Frankreich Juni/Juli 2012 

Zunächst geht es über gefährliche schmale Steige und über Abgründe am Verdon entlang. Zum Glück bin ich nicht zartbesaitet, kenne keinen Schwindel und habe auch keine Angst vor Gefahren. Hanni noch weniger.

Frankreich Juni/Juli 2012 

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Unglaublich ist die Farbe des klaren Flußwassers, alles zwischen grün und blau. Wie entsteht eigentlich diese üppige Farbe? Wie machen die das nur mit der Farbe? Zweifellos ein erneuter Höhepunkt.

Im Roadbook: Unmittelbar nach dem Einstieg zu dieser Wanderung gibt es einige steile bzw. exponierte Stellen, die schwindelempfindlichen Wanderern Probleme bereiten könnten. In diesem Abschnitt wird der Weg an steil ins Wasser abfallenden Felswänden vorbei bzw. auf in den Fels geschlagenen Galerien an diesen entlang und durch diese geführt. Ein paar Meter geht es auch über einen Plankenweg, der auf der einen Seite am Fels verankert direkt über dem Wasser gebaut wurde. Diese Stellen sind aber mit Geländer bzw. Halteseilen versehen und somit rein gehtechnisch durchaus machbar. Wer das „Nadelöhr“ am Anfang überwunden hat, wird dafür mit grandiosen Ausblicken und Schluchtszenarien des Canyon-Inneren belohnt…

Rechts ist der Fluß, links ein uralter, schmaler, kleiner, trockener Kanal, der im 19. Jahrhundert zur Wasserversorgung von Aix-en-Provence gebaut wurde.

 Frankreich Juni/Juli 2012

Wikipedia: Der „Canal du Verdon“ wurde auf Befehl von Napoléon III erbaut, um Aix-en-Provence und sein Umland mit Wasser aus dem Mittellauf des Verdon zu versorgen. Er folgte teilweise dem Verlauf des Flusses. Dazu mußten zahlreiche Tunnel durch den Fels getrieben werden. Mehr als fünfhundert Zwangsarbeiter schufteten für dieses Projekt. Nachdem bei Quinson eine 15 m hohe Staumauer gebaut worden war, floß 1868 das erste Wasser. Heute fließt kein Wasser mehr im Canal du Verdon…

Später soll es dann links in die Berge hoch gehen. Nur gut, daß ich nicht rechts auf der gegenüberliegenden Flußseite die Steilwand hinauf muß, denke ich so vor mich hin. Doch ich werde bald eines besseren belehrt, denn auch unser Felsweg führt an seinem Ende sofort sehr steil bergan. Dazu die sattsam bekannten losen Geröllsteine. Ein Wunder, daß ich unterwegs nicht strauchle und den ganzen Weg wieder runterrutsche. Das einzig Positive ist, daß es heute nur so um die 23 Grad bleibt. Insgesamt aber ein klarer Fall von „Das-schaffe-ich!-Das-wäre-doch-gelacht!“

 

Frankreich Juni/Juli 2012

Eine halbe Stunde später komme ich oben total ausgepumpt und naß geschwitzt an. Blutdruck 300, Puls noch mehr. Ich glaube, Hanni lacht sich schlapp über mich. Aber dafür hat sie bei Gewitter Angst – und ich nicht. Und ganz nebenbei: Ich muß ja schließlich auch noch den blöden schweren Rucksack mit dem Wasser für uns beide ständig mit rumschleppen. Das übersieht sie gerne…

Auszug aus der Wegbeschreibung: Im Unterwuchs des Waldes finden Sie hier den immergrünen Stechenden Mäusedorn (Ruscus aculeatus). Dieser meist nur um die 50 cm hohe und wirklich fürchterlich stechende kleine Strauch ist eine typische Art dichter mediterraner Laubwälder…

Im Sommer und Herbst fällt der Mäusedorn oft durch seine leuchtend roten Beeren auf und wird deshalb bisweilen getrocknet in Ziergestecken verwendet…

Oben, an einer Kreuzung, führt ein langer Weg durch eichenen Krüppelwald nach rechts bergab und dann wieder leicht bergauf zur „Chapelle Sainte Maxime“.

 Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Von hier hat man eine sehr schöne Aussicht und jedem wird sofort klar, wie sehr sich der Verdon in die mächtigen Kalkfelsmassive eingeschnitten hat. Weiter sollte man hier nicht gehen, es droht ernsthafte Gefahr durch Steinschlag – und es gäbe sowieso bald kein Weiterkommen mehr. Der Weg endet in der Wildnis. Macchia-Büsche wachsen hier weitverbreitet.

Macchie – Wikipedia

Auf dem Rückweg gibt es zwei kurze Begegnungen mit entgegenkommenden Leuten, die mich nach dem Weg zur Kapelle fragen, sonst bleiben wir die ganze Wanderung gottseidank einsam und allein.

Wir müssen den gleichen Weg zurück bis zur Kreuzung und dann später relativ "bequem" über unendlich viele lose Steine und in Serpentinen oft steil bergab zum Ausgangspunkt am Parkplatz.

 Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Erschöpft und ausgepumpt fahren wir die achtzehn Kilometer zurück zum Hotel, wo wir gegen vier Uhr eintreffen und beide gleich einschlafen.

Um 19 Uhr Abendessen, zum Glück wieder draußen auf der Terrasse und unter den wunderschönen bestimmt schon tausend Jahre alten Olivenbäumen.

Wie immer die gewohnte Fischpaste.

Dann eine winzige kleine halbe Tomate mit einem Kügelchen Mozzarella.

Der Oberkellner heißt Philippe und er ist eigentlich gar nicht so arrogant, wie es in den Hotelbewertungen oft hieß, ganz im Gegenteil, er wird jeden Abend zutraulicher, vielleicht etwas burschikos, kameradschaftlich, er gibt mir jetzt als Einzigem sogar jeden Abend die Hand.

Ein paar Kräuter mit Quark bilden den nächsten Gang. Die letzten kleinen Wölkchen verziehen sich am Abendhimmel, morgen soll es 30 Grad heiß werden. Zuhause sind es nur 16 Grad, was für ein deutscher Sommer.

Hauptgang ist der Fisch mit der schleimigen grauen Haut vom ersten Abend, diesmal auf - Graupen.

Als Abschluß gibt es zwei dünne Scheibchen Ziegenkäse.

Dessert ist ein Stückchen Pistazienkuchen mit entsprechend grüner Eiskugel.

Ich trinke die restliche halbe Flasche Rotwein vom Abend vorher.

Komisch, wie weit weg die Fußball-EM ist. Erst jetzt fällt mir ein, daß ich gar nicht weiß, wer gewonnen hat. Ich muß nach dem Essen gleich mal nachsehen. Die deutschen grottenschlechten Flaschen sind ja letzte Woche (leider berechtigt) beim Halbfinale von den Italienern rausgeschossen worden. (Die Spanier haben übrigens gegen die Italiener gewonnen. 4:0! Wie langweilig!)

Auch recht seltsam: Noch immer verspüre ich kein Verlangen nach meiner Zigarre, es ist abends auch zu kühl und einfach nicht gemütlich genug dafür.

Ach, Waden hat der Mensch? Zwei Stück?! Jetzt weiß ich es! Wußte ich bisher noch nicht. Mann, die können beim (Treppen-)Laufen ja richtig schmerzen. Aber wenigstens bekomme ich keine Blasen oder gar Muskelkater. Nie.

 

Dienstag, 03.07.012, Moustiers-Sainte-Marie

Ja, super, Frau Sonne lacht uns wieder vom wolkenlosen Himmel an. Aufstehen wie immer um viertel nach acht. Frühstück im Garten.

Das Hotel tut ja gerne sehr vornehm, aber mal so am Rande, vor allem das jeden Morgen bis auf die letzte Kleinigkeit identische Frühstück nervt ganz schön. Das einzige Unvorhersehbare ist die Reihenfolge der vier großen Marmeladengläser. Sonst ist alles immer gleich! Erschwerend: Jeden Morgen läuft dieselbe CD. Und dann die drei gemeinen schrägen Wellen in der Einfahrt, um die Autos abzubremsen! Egal, wie langsam man drüberfährt, sie tun einfach weh und schütteln jedes Auto heftig durch.

Gegen elf geht’s los. Unterwegs können wir uns beide erneut an vielen blühenden Lavendelfeldern erfreuen. Zum Schluß geht die sehr schmale Straße in engen Windungen und Serpentinen einen steilen Berg hinunter. Eigentlich eine Art Lombard Street für Arme. Nur die staunenden und beifallklatschenden Besucher links und rechts fehlen noch. (Die berühmte Lombard Street liegt in San Francisco und zieht dort unheimlich viele Touristen an.)

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Unser heutiges Ziel ist Moustiers-Ste-Marie, ein prächtiges und berühmtes Künstlerdorf, das als eines der schönsten Dörfer Frankreichs ausgezeichnet worden sein soll. Der Ort hat eine lange Tradition in der Fayence-Herstellung (= glasierte, bemalte Keramik).

Moustiers-Sainte-Marie – Wikipedia

moustiers - Google-Suche (Fotos)

Der Ort ist hübsch eng, sehr hübsch und sehr eng, Autos müssen deshalb draußen geparkt werden. Viele ablichtenswerte Dinge gibt es hier zu sehen, hohe Felsen, noch höhere Berge, einen Wasserfall, zahlreiche schöne Geschäfte. Zur berühmten und sehenswerten Wallfahrtskapelle „Sanctuaire Notre Dame de Beauvoir“ sollen zweihundertzweiundsechzig (262!) Stufen hinaufführen. Die Aussicht von da oben muß bestechend sein. Aber ich will meine Kraft nicht damit verpulvern, dort hochzuklettern.

Eine weitere berühmte Attraktion des Ortes ist eine 227 Meter lange Kette zwischen zwei hohen Felsen, die sich über einem Tal durch die Luft spannt und an der ein goldener Stern hängt. Der Legende nach hat der Herzog von Blacas während seiner Gefangenschaft bei den Sarazenen im Verlauf eines Kreuzzuges ein entsprechendes Gelübde abgelegt und sein Versprechen später nach seiner glücklichen Rückkehr eingehalten. Kette und Stern sind in den vielen Jahrhunderten natürlich mehrmals erneuert worden.

Sarazenen – Wikipedia

Ich könnte mich den ganzen Tag im Dorf aufhalten. Nur schade, daß so viele Ausländer und Touristen den Ort unsicher machen und alle Sträßchen verstopfen. OK, ich weiß, bin ja selbst einer – und die Geschäftsinhaber leben schließlich von ihnen. (Dreihundert Einwohnern stehen täglich geschätzte tausend Besucher gegenüber…)

 Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

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Aber wir haben keine Zeit zum Verweilen, wir müssen los, Startzeit ist 12:02 Uhr, exakt dreieinhalb Stunden liegen vor uns. Unten im Tal drehen wir uns noch einmal kurz um und bewundern den wunderschönen Blick auf den Ort, die Wallfahrtskapelle und die Bergkulisse. Leichtfüßig und gut gelaunt treten wir diese Etappe an.

 Frankreich Juni/Juli 2012

Heute ist der Weg noch deutlich anspruchsvoller, fünf steil nach oben führende "Wege" wollen nach und nach mühselig bezwungen werden, dazu gibt es, logisch, genauso viele Abstiege. Immer auf wackligem Geröll; wenn man hier wegrutscht, sind größere Probleme vorprogrammiert. Aber alles geht gut, nichts passiert, obwohl ich so manches Mal strauchle oder gar ins Rutschen komme. Ein, zweimal komme ich vom rechten Weg ab, merke es aber bald. Verirren möchte ich mich hier eigentlich nicht.

Unterwegs gibt es sonst nichts spektakuläres, einfach nur hartes gnadenloses Hardcore-Wandern, dreiviertel davon unter Bäumen.

 Frankreich Juni/Juli 2012

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Begegnungen: Heute keine. Keine Menschenseele. Auch nicht in der Nähe der wenigen, verlassen aussehenden, Häuser.

Zum Schluß, ich bin mal wieder restlos erschöpft, erreichen wir erneut unseren Ausgangsort, humpeln erschlagen bzw. hüpfen leichtfüßig über eine winzige uralte steinerne Brücke und durchs obere Stadttor in den Ort hinein. Niemand klatscht uns Beifall. Um ehrlich zu sein: Keiner nimmt uns überhaupt zur Kenntnis.

 Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012


Auf kürzestem Weg und ohne Rast in einem der zahlreichen verlockenden Cafés quäle ich mich zum Parkplatz und wir beide fahren schnurstracks, diesmal auf dem "schnellen" Weg, die vierzig Kilometer zurück nach Hause. Hanni hat sich wacker geschlagen, zwischendurch hat sie mit dem linken Vorderbein heftig gehumpelt, aber es hat sich später wieder etwas gegeben. Gut, daß es nicht ganz so heiß war, mittags nur 25 Grad, nachmittags und auf der Heimfahrt sind es dann aber doch wieder 31 Grad.

An der östlichen Brücke des Lac de Sainte-Croix ist das übliche schreckliche Durcheinander und Touristengewimmel. Mehrere Bootsverleihe buhlen um Kundschaft, im Moment ist kaum noch eins zu bekommen, fast alle Boote sind auf dem Wasser. Die Leute können entweder auf den See oder in die Schlucht hinein. Die meisten haben offenbar die zweite Möglichkeit gewählt.

 Frankreich Juni/Juli 2012

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Lac de Sainte-Croix – Wikipedia

lac du ste croix - Google-Suche (Fotos)

Gegen 17:45 Uhr sind wir beide zurück. Eine Stunde dürfen wir schlafen, von sechs bis sieben, dann Duschen und Anziehen fürs Abendessen.

Die bekloppte Turmuhr oben im Dorf schlägt, zumindest die Abendstunden, gewollt oder ungewollt, zweimal hintereinander, mit einer Minute Abstand; tagsüber weiß ich es nicht, bin ja weg.

„Mise en Bouche“ („In-den-Mund-Legung“, bei uns „Gruß aus der Küche“) ist heute ein merkwürdiges winziges Glas angebliches Gazpacho: Klarer roter wässriger undefinierbarer geschmackloser Obst-/Gemüsesaft und ein halbes Brötchen. Franzosen sind halt manchmal doch etwas eigenartig.

Dann eine hervorragende „Foie gras“ (Gänseleber), die mich wieder mit der Küche (der Welt und sogar mit den Zeugen Jehova) versöhnt. (Mein Gewissen meldet sich natürlich sofort knallhart: „Haben wir nicht eine gemeinsame Abmachung? Du ißt keine Streicheltiere und keine Produkte aus besonders schlimmen Tierquälereien und ich bleibe dafür still, laß Dich in Ruhe und plage Dich nicht!“ - Ich verdränge schnell alle trüben Gedanken und denke an schönere Dinge. Trotzdem: Ich schäme mich wegen meiner Gier.)

Der Rotwein ist heute ein trinkbarer biologischer 2007er Coup de Foudres, Cru Classé.

Danach folgt ein hervorragendes (leider viel zu kleines Stück) gegrillten Thunfischs mit ungewohnter Erdnußcreme darüber und etwas Gemüse. Für diesen wundervollen Genuß haben sich all die Torturen des heutigen Tages erneut gelohnt. Sogar Hanni ist ganz angetan und will immer noch mehr davon. Sie paßt genau auf, daß sie auch exakt die Hälfte abbekommt.

Als nächstes erhalten wir eine hauchdünne Scheibe Münsterkäse mit den üblichen drübergestreuten Pinienkernen; Hanni futtert erneut die Hälfte mit.

Nachtisch ist ein hartes Törtchen mit Aprikose und Eissorbet. (Den Nachtisch-Koch würde ich als erstes rausschmeißen. 

Endlich, die erste Zigarre hier, mit meinem Spezial- und Lieblingsdrink. Mmh! Ein großer runder Vollmond schaut gutmütig auf uns beide runter.

 

Mittwoch, 04.07.2012, Verdon

Aufstehen! 8:10 Uhr. Die Sonne scheint. Gestern habe ich mich schon dauernd gefragt, warum ich mir diese Strapazen antue und ob ich heute nicht mal faulenzen und ausruhen will. Aber heute morgen bin ich wieder erneut voll neuen Tatendrangs, und ich bin schon gespannt, wo es hingeht. Aber das sehe ich mir, wie üblich, erst nach dem Frühstück an.

Jeden Morgen ist die Schale mit den warmen Tomatenscheiben schon leergefressen (und wird nie nachgefüllt), aber heute ist es schlimmer, katastrophaler, heute ist auch das Baguette schon aufgefuttert und es gibt kein neues nach. Ich höre zu, wie sich ein paar Franzosen deshalb etwas aufregen. Aber es gibt ja noch das große weiche Brot und die kleinen Croissants mit und ohne Schokofüllung. Niemand muß also verhungern.

Um elf fahren wir los, wieder den gleichen Weg, den wir gestern Nachmittag zurück nach Hause genommen hatten, wieder an der Brücke des Lac de Ste. Croix vorbei, 40 km, und dann auf der D952 in die Berge hoch, Richtung Castellane. Steil geht es mithilfe vieler Windungen aufwärts, rechts der immer tiefer werdende Abgrund, links die Bergwand, am oder im Gorges du Verdon entlang, OK, „durch“ die Schlucht des Verdon. Noch weiß ich nicht, was auf mich/uns zukommt.

Eigentlich heißt es ja „die“ Gorges du Verdon, Plural, also „die Schluchten des Verdon“, oder sie, die Schlucht, ist ganz einfach weiblich. Angeblich ist es der größte Canyon Europas und der zweitgrößte nach dem Grand Canyon in den USA. An manchen Stellen soll es sieben-, achthundert Meter runtergehen. Der Verdon ist ungefähr 170 Kilometer lang, aber die spektakulären Stellen des Flusses sind genau hier in der Gegend zwischen Castellane und dem Lac-Sainte-Croix.

 Frankreich Juni/Juli 2012

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An einem großen Parkplatz stellen wir das Auto ab und es geht sofort steil, sehr steil, den Abhang hinunter. Mal so nebenbei, ganz am Rande: Von „Weg“ kann hier schon wieder gar keine Rede sein. Hoffentlich ist der Rückweg nicht genauso gemein. Doch es gibt keine Gnade, unser Weg führt steil bis zum Verdon hinunter und dann an ihm entlang. Obwohl ich nicht ganz langsam bin, werden wir auf dem Weg nach unten von drei jungen Pärchen überholt. (Naja, die sollen erstmal so alt werden, wie ich es bald bin bzw. jetzt schon aussehe.)

 Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012


Die Schlucht ist wirklich atemraubend. Gewaltige Erdverschiebungen haben sie vor Millionen von Jahren gebildet und sie wurde dann durch den Fluß immer tiefer ausgewaschen. Alles ist deutlich zu erkennen. Genau wie bei ihrer großen Schwester in den USA.

Mehrmals klettern wir hier unten am kühlen Fluß mühsam über große, hm, sagen wir mal, „unbequeme“ Felsen. Das ist hier wirklich nichts für alte Leute. Einmal gibt es sogar Halteseile, aber nur für Menschen, nicht für Hunde. Hanni schlägt sich trotzdem wacker, läßt ihre Zunge lang rausbaumeln und lacht mich ständig aus (oder an) und will dann immer gelobt werden. Dafür bekomme ich dann ein heftiges Schwanzwedeln zurück.

Zweimal mache ich lieber vorsichtshalber die Leine als eine Art Sicherheitsseil an ihrem Geschirr fest, aber sie braucht sie gar nicht und schafft es, besser, viel besser, als ich. Es macht ihr einfach Spaß, die schlimmsten, schwersten, höchsten Hindernisse lässig zu überklettern und dann so zu tun, als wäre nichts gewesen. Angst kennt sie dabei nicht. Eigentlich wie eine Gemse. Es ist unglaublich. Sie könnte bestimmt im Zirkus auftreten.

 Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Ein kleiner Bach plätschert glucksend über unsern Weg, eine willkommene Bereicherung für Hanni, denn sie trinkt/schleckt das kühle Wasser inzwischen mit großem Vergnügen. Ausnahmsweise. Sonst trinkt sie immer viel zu wenig. Ich darf ja leider nichts davon trinken…

Im Fluß neben uns tummeln sich jede Menge Boote, Tretboote, Kanus und ein paar Elektroboote. Die Leute haben auf jeden Fall mehr Vergnügen als wir beide, aber zum Vergnügen sind wir ja auch nicht hier.

 Frankreich Juni/Juli 2012

Viele Leute laufen hier unten herum. Wie und wo kommen die alle her? Die meisten sind offenbar aus den Booten rausgeklettert.

Am Ende unserer Wanderung am Verdon entlang gibt es einen kleinen Wasserfall. Später werden wir ihn auch nochmal sehen, wie er sich hunderte Meter tief die senkrechte Wand dekorativ hinunterwirft.

Und dann verliere ich doch tatsächlich meine gute Sonnenbrille! Ich brauche sie gerade nicht, weil es hier unten schattig genug ist. Zum Glück merke ich es trotzdem gleich, laufe nochmal zurück – und im Wasser des Wasserfalls liegt sie und wartet auf mich.

Leider bemerke ich erst jetzt, daß ich wohl vorhin in den Kletterfelsen meinen Wanderplan und die Karte aus der Seitentasche meiner Hose verloren haben muß. Im Prinzip nicht schlimm, denn wir müssen jetzt nur noch den gelben Markierungen den Berg hinauf folgen. Aber ausgerechnet auf dieser Karte war (ausnahmsweise) auch die morgige Tour mit eingezeichnet. Trotzdem nicht schlimm, denn morgen will ich sowieso faulenzen. (Jetzt habe ich endlich einen Grund dafür!) Also insgesamt völlig bedeutungslos. Trotzdem, wir laufen eine halbe Stunde zurück, um Plan und Karte vielleicht doch noch zu finden, ich frage auch ein paar entgegenkommende Leute, bis ich es dann schließlich einsehe und irgendwann vor einem hohen Hindernis aufgebe. Jetzt müssen wir nur den ganzen Weg wieder zurücklatschen.

Zwei nette Westerwälder, (gibt es die überhaupt?), treffe ich unten und dann später oben auf der Straße nochmal, wo sie in ihrem Auto extra nochmal für uns beide anhalten.

Eine Stunde später kommen wir oben fix und fertig an und ändern unsern Weg. Ab hier nehmen wir lieber die (gefährlich schmale und stark befahrene) Straße mit den vielen Windungen zurück zum Parkplatz. Immer noch besser, als auf dem Wanderweg zu bleiben, denn der führt den Berg offenbar wieder halb runter und dann bestimmt nochmal steil hinauf. Man muß schließlich flexibel bleiben bei seinen Entscheidungen. Kommt ja letzten Endes aufs selbe raus, egal, ob wir den Berg runterstürzen und zermatscht unten ankommen oder hier auf der Straße überfahren und platt gemacht werden…

Die Heimfahrt zieht sich etwas, ich bin wie immer am Ende meiner Kräfte.

 Frankreich Juni/Juli 2012

Schade, daß hier in der Gegend ständig Hubschrauber rumknattern, gerne auch in Rudeln, aber „Rudel“ sagt man, glaub ich, nicht bei Hubschraubern; gerne auch des Nachts. Auch mal der eine oder andere Düsenjäger. Außer den nach Nizza/Cannes strebenden Flugzeugen bei ihrem Landeanflug.

16:12 Uhr. Wir sind zurück. Ganz ungewohnt für mich, das Trinkgeld auf dem Bett wird jeden Tag von den Zimmermädchen verweigert und aufs Sideboard gelegt. OK, dann geb ich‘s halt zum Schluß. Wir schlafen gleich ein, in der Ferne donnert es etwas.

„Gruß aus der Küche“ ist heute ein winziges Stückchen Räucherlachs auf einem Porzellanlöffelchen. Fischtag!

Die „Gambas und Saint-Jacques - Prawns and Scallops“ (Garnelen und Muscheln) verweigere ich und tausche sie in „Smoked Salmon“ (Räucherlachs) um, drei Scheiben, ja, nochmal Räucherlachs.

Das „Mignon de porc au colombo“ habe ich abgelehnt und stattdessen lieber (für 7,50 EUR Aufpreis) „Pavé de thon à la crème de truffle“ (Thunfisch mit ein bißchen Trüffelsoße) bestellt. Fehler: Das ist halt doch ein Sch…laden hier. Jetzt wird mir ja doch das Fleisch serviert, obwohl ich den Fisch bestellt hatte. Es ist dann aber kein großes Problem, wir müssen nur etwas länger warten. Aber das Warten lohnt sich ob der sinnlichen Genüsse, die uns beiden der freundliche Thunfisch spendet. Aber sein Tod war wenigstens nicht vergebens. Der Arme. (Ich bedauere halt jedes tote Tier, das ich aufesse…)

Jimmy hat nicht aufgepaßt. Bei Philippe wäre es wahrscheinlich nicht passiert. Aber der hat offenbar heute seinen freien Tag. Cyril mit dem kleinen grauen Pferdeschwanz ist übrigens (fast) nur für die Getränke verantwortlich. Die hübschen jungen Mädchen räumen ab.

Von gestern ist noch die halbe Flasche Rotwein da.

Nachtisch ist eine Scheibe „Camembert au lait cru“. (Rohmilchkäse, glaub ich.)

Zum Dessert gibt es „Tarte normande“. Dahinter versteckt sich ein kleines hartes rundes Apfelküchlein - und ein Kügelchen Eis.

Übrigens, heute gab es wieder die helle und dunkle Fischpaste. Warum gibt es sie nicht jeden Abend?

Gab es gestern keine Fischpaste vorneweg, so gibt es heute die beiden Meringen nicht hinterher zum Espresso…

 

Donnerstag, 05.07.2012, Ruhetag

Heute stehe ich mal deutlich eher auf und beeile mich etwas. Duschen kann ich auch später. Ich will endlich mal etwas von den Tomaten sehen und abbekommen. Nachts gab's Gewitter. Es tröpfelt leise vor sich hin, das Personal muß alle Außentische wieder abräumen. Hanni will mal wieder nichts essen.

Auf das Wetter hier in der Provence kann man sich auch nicht mehr verlassen. Zuhause sind es knapp über 20 Grad, schwere Gewitter sind dort wieder angekündigt. Hier beträgt die Temperatur die ganzen Tage ständig so um die 25 Grad und steigt nachmittags auf immer noch aushaltbare 30 Grad. Früher war es hier in dieser Jahreszeit viel heißer. Es gibt so gut wie keine Stechmücken, Schnaken, Moskitos; Fenster und Tür können nachts offenbleiben. Hanni paßt schließlich gut auf mich auf. Besser als jede Alarmanlage.

Ich möchte heute mal etwas ausruhen und lasse die für heute vorgesehene Wanderung ausnahmsweise ausfallen. (Habe ja auch den Tagesplan gestern verloren.) Doch ausgerechnet heute überfällt eine Horde Gärtner das Anwesen und macht für zwei Stunden schrecklichen Radau mit ihren benzinmotorbetriebenen Geräten.

Wir machen uns heute einen gemütlichen, um nicht zu sagen, faulen Ausruhtag. Erste Pläne, ins Dorf zu laufen oder gar noch einmal an den Wasserfall vom ersten Tag in Sillans zu fahren, verwerfe ich vernünftigerweise gleich beim ersten Aufkommen. Trotzdem habe ich natürlich ein schlechtes Gewissen. Leider habe ich mir den falschen Tag ausgesucht, wegen des Lärms der Gärtner.

Im Fernsehen sehe ich mir nachmittags die heutige Etappe der Tour de France an: Rouen – St. Quentin, leider eine völlig unspektakuläre Überlandfahrt. Im Internet liest sich das dann wie folgt. Leider weiß ich die Quelle nicht mehr:

Was für ein grandioser Sieg: Der deutsche Topsprinter André Greipel hat in einem an Spannung kaum zu überbietenden Schlussspurt seinen zweiten Etappentriumph bei der Tour de France in Folge gefeiert. Der 29-Jährige vom Team Omega Pharma-Lotto setzte sich auf dem fünften Tagesabschnitt mit einem unwiderstehlichen Antritt im Massensprint vor dem Australier Matthew Goss und Juan José Haedo aus Argentinien durch.

Bis kurz vor dem Zielstrich hatte eine verbissen kämpfende vierköpfige Ausreißergruppe, die sich auf der 196,5 Kilometer langen Etappe von Rouen nach Saint-Quentin früh abgesetzt hatte, den Sieg noch vor Augen. Doch die Sprinterteams machten mächtig Dampf und fingen die Spitzenreiter auf den letzten 200 Metern noch ab. "Das war der härteste Sprint, den ich je gefahren bin", sagte ein völlig erschöpfter, aber auch überglücklicher Greipel. Der nur fünftplatzierte Weltmeister Cavendish, der am Vortag bei Greipels erstem Triumph wegen eines Sturzes nicht direkt in die Entscheidung eingreifen konnte, hatte gegen seinen Erzrivalen keine Chance.

Der Himmel bleibt heute meistenteils bedeckt, es wäre eigentlich hervorragendes Wetter zum Wandern gewesen.

Schade, beim Abendessen ist der Himmel noch immer bedeckt und man hat deshalb nicht auf der Terrasse gedeckt. Nach Süden, Richtung Côte d’Azur, ist der Himmel übrigens immer deutlich freundlicher. Hier in den Hügeln und Bergen ist es immer etwas wolkiger. Essen gibt’s heute nur im Speisesaal. Ich genieße bereits Sonderstatus (und fühle mich wie eine Art Hemingway), denn ich darf als einziger Gastjeden Abend schon gegen halbsieben (statt um sieben Uhr) Platz nehmen und werde auch immer sogleich freundlich mit einem Apéritif bedient. So kann uns beiden niemand unseren gewohnten (und guten) Tisch, drinnen wie draußen, streitig machen. Menschen sind halt Gewohnheitstiere. Ich manchmal auch, wenn auch glücklicherweise nur sehr selten. Obwohl ich mich sonst auch gerne darüber amüsiere.

Im übrigen: Rotwein für über hundert Euro ist hier im Hotelrestaurant durchaus nichts Seltenes. Ich trinke den schon gehabten, angeblich biologischen Domaine de L’Éouve für etwas über 30 EUR. Cyril bedient wieder, Philippe fehlt auch heute.

Wie (fast) jeden Abend gibt’s Fischpaste. Und einen Martini.

Heute gibt es erneut wässriges Rotwein-Gazpacho.

Dann ein Scheibchen Käse auf etwas Salat.

Danach gibt’s entweder Lamm oder „Cabillaud“ (= Kabeljau) mit einer Trüffelcreme und ich wähle natürlich den Fisch. Lamm (oder ein anderes Streicheltier) kommt für mich grundsätzlich niemals infrage.

Der Fisch ist nichts besonderes, Hanni nimmt heute nichts davon. Mir kommt es mit dem Fisch ja entgegen, aber Hanni leidet bestimmt ganz schön Hunger. Im Süden gibt es mehrmals ein paar Regenbögen.

Der Schafskäse ist viel zu stark gepfeffert. (Kein Wunder, schließlich heißt er ja auch so: „Chèvre de Villecroze au poivre“. Schafskäse mit Pfeffer.)

Zum ersten Mal wird mein Platz bzw. die Tischdecke vor dem Dessert abgebürstet, was ich ja bekanntermaßen ganz besonders schätze und liebe.

Die beiden Törtchen zum Dessert schaffe ich nicht ganz. Espresso muß ich im kleinen Salon einnehmen, weil mein Tisch gebraucht wird. Obwohl ich heute nichts getan habe, falle ich müde ins Bett. Tja, jetzt ist dieser Geburtstag auch überstanden. Ich habe gar nicht daran gedacht.

 

Freitag, 06.07.2012, Valensole

Frau Sonne freut sich, mich zu sehen und lacht gülden vom blauen Himmel. Beim Frühstück sind schon wieder noch ein paar gebratene Tomaten für mich übrig, erstaunlich. Es lohnt sich halt, morgens etwas schneller zu sein. (Der frühe Aufsteher fängt den Wurm, äh, bekommt die Tomaten.) Sensationell, einen neuen zusätzlichen Käse gibt es auch. Wie aufregend!

Endlich, heute werden wir endlose Lavendelfelder sehen. Auf der anderen Seite wird es nur eine kurze einfache Wanderung ohne große Anstrengung werden. Na, OK, man kann nicht alles haben. Ich bereue es jetzt ein bißchen, gestern gefaulenzt zu haben.

Aber erst einmal müssen wir eine dreiviertel Stunde nach Valensole (lat. vallis = Tal, solis = Sonne) fahren, über enge Straßen, teilweise eine seeehr enge Straße, die nur Platz für ein Auto bietet, sehr idyllisch, aber bei jeder Begegnung heißt es: Aufpassen! Und fast bis zum Stillstand Abbremsen!

Frankreich Juni/Juli 2012 

Frankreich Juni/Juli 2012

Leider habe ich mein Wanderhemd mit den langen Ärmeln nach dem Frühstück vergessen anzuziehen, deshalb nehme ich kurzerhand die Regenjacke aus dem Rucksack, geht zur Not schließlich auch, dabei ist die Sonne heute nicht ganz so stark, große Wolken spenden den Erdlingen wohltuenden Schatten.

Es geht zum Ort hinaus, immer in östlicher Richtung, durch die wunderschönen sonnigen lila Lavendelfelder. Fleißige Bienen summen unglaublich laut, überall stehen Bienenkörbe, aber dieses lebhafte Gebrumme ist viel angenehmer als das nervtötende Gezirpe der blöden Zikaden, von denen es hier aber ein paar wenige und beileibe nicht so viele wie drüben in den Cevennen gibt. Diese Etappe ist wunderschön und mit Recht der abschließende Höhepunkt der Reise. Nur die leider unvermeidlichen Störenfriede, die Handymasten, Strommasten mit den entsprechenden Leitungen und sogar Radiosendemasten wollen einfach nicht in das Landschaftsidyll passen und verschandeln die meisten Fotos.

Frankreich Juni/Juli 2012 

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Hier in Valensole soll es mehrere Betriebe geben, in denen mithilfe von Wasserdampf und riesigen Druckkesseln die wertvollen ätherischen Öle aus den Lavendelblüten herausgelöst und destilliert werden. Hier auf dem Hochplateau ist eines der wenigen Lavendelzentren Frankreichs.

Später zuhause lese ich folgendes:

www.mb-netzwerk.de

„Zentrum des Lavendelanbaus sind die Hochebenen der Haute-Provence. Echter Lavendel wächst erst ab 600 - 700 m Höhe und braucht 2-4 Jahre bis man ihn ernten kann. Auf den schier endlosen Lavendelfeldern wächst aber nur in den seltensten Fällen der echte Lavendel, sondern Lavandin, ein Lavendelhybrid, also eine Kreuzung zweier Lavendelsorten. Lavendin wächst in Höhen zwischen 200 und 600 Metern, kann bereits im ersten Jahr geerntet werden und bringt sehr viel höhere Erträge. Allerdings kann die Qualität des Lavendins und seiner ätherischen Öle nicht mit dem echten Lavendel mithalten.“

Nach vielen Fotos habe ich schon wieder Sorge, ob noch genug lila Farbe in der Kamera ist.

Trotz der vielen Fahrerei erkenne ich in der Ferne immer wieder die Orte, an denen ich vorher schon war. Man muß sich also nicht weit weg bewegen.

 Frankreich Juni/Juli 2012

 

Beim Wandern fällt mir wieder ein, daß ich hier oft an die USA erinnert werde, besonders Gorges du Verdon und Grand Canyon bieten einige (entfernte) Ähnlichkeiten. Aber der Gorges du Verdon nennt sich ja auch nicht ohne Grund so: Grand Canyon du Verdon. Und der Blick in eine weite Landschaft ist hier auch gegeben.

Zurück wandern wir durch goldene, kurz vor der Ente stehende Getreidefelder und später unter schattigen Eichen entlang.

 Frankreich Juni/Juli 2012

Begegnungen: Nur einmal zwei ältere Damen, während ihres Picknicks, im schattigen Gras liegend; Bänke gibt es in Frankreich ja keine.

Sonstige Vorkommnisse: Keine.

Heutige Anforderung: Gering.

Hitze: Ja, aber durchaus erträglich.

Zurück am Auto überfällt mich neuerlicher Schrecken! Ich weiß auch nicht warum, aber plötzlich denke ich, daß ich vielleicht schon heute morgen hätte abreisen müssen! Und mein ganzes Gepäck liegt noch im Zimmer! Na, das wird Ärger geben! Ich eile zurück, und das bei den engen Sträßchen. Aber alles ist OK, niemand schnauzt mich an, wir werden an der Rezeption freundlich begrüßt. (Hätte mir ja durchaus passieren können, wo ich doch oft so schusselig, äh, eher etwas nachlässig, oder, sagen wir mal, etwas sorglos bin.) Ich bin erleichtert und nehme mir vor, in Zukunft etwas mehr auf diese „Kleinigkeiten“ zu achten. (Aber ich weiß jetzt schon, daß mir so etwas bald wieder passieren wird…)

Nach einer freundlichen wohltuenden Dusche schlafen wir erst einmal. Könnte man sich dran gewöhnen.

Die Zigarre rauche ich heute mal ausnahmsweise vor dem Essen. Im Schatten der Olivenbäume und Sonnenschirme, auf der von der Sonne beschienenen Terrasse. Hinterher bin ich doch wieder zu müde - oder zu satt. Oder beides.

Aber es muß ja immer etwas passieren: Eine unbemerkt eingedrungene freche Fliege löst lautstarken Alarm im Lexus aus und ich muß unter den ebenso belästigt tuenden wie vorwurfsvollen Blicken der Leute ans Auto eilen. Ich lasse sie frei. Naja, lieber jetzt, besser jetzt als nachts.

Jetzt ist es noch eine angenehme Reisezeit, es ist noch nicht so extrem heiß wie im August. Und für den Lavendel ist es jetzt genau richtig. Nur die Sonnenblumen blühen leider noch nicht.

Das allabendliche Mineralwasser heißt übrigens Badoit (für unverschämt überteuerte EUR 8,50 die Flasche!) und kommt aus Saint Galmier. Die Quelle existiert seit 1778. Auf der letzten Wanderreise habe ich dort noch auf dem Heimweg übernachtet und war so großartig begeistert.

Philippe ist heute wieder da und zwinkert mir zwischendurch zu. Und Cyril ist auch da. Jimmy hat heute seinen Ausruhtag.

Die Mädchen im Service, an der Reception und im Housekeeping sind alle der gleiche Typ, meistens blond, hübsch, jung, schlank. (Nur eine junge Frau im Restaurant will nicht richtig dazu passen.) In der Beziehung beweist Monsieur le Directeur einen guten Geschmack und zeigt mir eine hübsche Sammlung. Leider duftet er mir etwas zu stark, bestimmt zwei Meter im Umkreis. Find‘ ich unpassend und geradezu schrecklich bei Männern. „Dezent“ ist jedenfalls etwas anderes.

Als Amuse gueule gibt es heute eine Crevette mit dünnen spaghettiartigen Kartoffelnudeln umwickelt.

Dann schon wieder ein nichtssagendes Gazpacho, diesmal ein Melonen-Gazpacho mit etwas belegtem Brot.

Statt des Lamms gibt es schon wieder nur Fisch als Alternative. Dorade. Ich esse ja gerne Fisch, aber fast jeden Tag? (Oder aber Lamm, doch das kommt für mich nicht infrage!) Eigentlich schade, das HP-Menu ist jeden Abend vorgegeben, manchmal kann man aus zwei Gerichten (vor allem bei Vorspeise und Hauptgang) eines (oft gegen Aufpreis) auswählen. Sonstige Änderungen werden nur sehr widerwillig entgegengenommen. Hier bestehen durchaus noch weitere Verbesserungsmöglichkeiten.

Zur Abwechslung spielt heute Abend jemand auf dem Klavier in der Bar.

Käse wie immer, diesmal sogar zwei dünne Scheibchen.

Das Dessert besteht aus einem Obsttörtchen mit Pistazien und einer Kugel Zitronensorbet.

Ach ja, der Krach der betrunkenen Leute in der ersten Nacht hat sich nicht wiederholt, das war wohl eine einmalige Feier. Die andern Abende waren OK.

 

Samstag, 07.07.2012, Heimfahrt, Teil 1

Das Navi meldet viereinhalb bis fünfeinhalb Stunden Fahrtzeit über die A7 (Autoroute du Soleil) bis zum abendlichen Ziel. Da bleibt noch genug Spielraum für einen Abstecher am Verdon entlang und dann halt leider doch wieder über die N85, die Route Napoléon.

Auschecken, Rechnung bezahlen. Ich könnte mir gut vorstellen, hier noch ein, zwei Wochen zu bleiben. Das Leben ist hier nicht so hektisch, alles geht deutlich spürbar geruhsamer. Hanni kostet für die paar Tage 98 EUR extra. Wofür eigentlich?! Unverschämt. Sie hat noch nicht einmal eine Schale Wasser bekommen. Ein anderer deutscher Gast mit Hund hat mir deshalb schon sein Leid geklagt. Aber ich kann es ja auch nicht ändern.

Übrigens, da ich schon am Meckern bin: Benzin kostet hier gerne schon mal deutlich über 1,70 EUR. Das ungeliebte E10 so acht bis zehn Cent weniger. In den Städten ist alles etwas billiger. Eigentlich ungefähr wie bei uns. Diesel zwischen 1,30 und 1,40. In den letzten Jahren war das französische Benzin deutlich billiger als bei uns. Jetzt nicht mehr. (Ich weiß ja auch noch nicht, daß ich sechs Wochen später in der Toskana deutlich über zwei Euro bezahlen werde…)

Die Sonne gibt auch heute wieder alles. Erst fahre ich nochmal kurz durch die Lavendelfelder. Zum Abschiednehmen. Wer weiß, ob ich sie in meinem Leben nochmal wiedersehe. Lavendel ist schließlich eine meiner Lieblingsblumen. (Und Fingerhüte. Aber die werde ich erst im Hunsrück sehen, kurz vor unserer Ankunft zu Hause.)

 Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Der Verkehr auf der D952 durch den Gorges du Verdon ist noch genauso schlimm wie vor ein paar Tagen. Frage: Warum hat der liebe Gott Wohnmobile erschaffen? Und warum läßt er sie von alten Männern fahren?

 Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Erschwerend kommt hinzu, daß hier auffallend viele Tschechen frech herumfahren und meinen, die Straße gehöre ihnen. Sind das die neuen Russen? Dabei ist der Straßenverlauf wunderschön. Oft geht es an mächtigen Felsüberhängen und Abgründen entlang. Die Motorräder beneide ich.

 Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Die Straße zieht sich. Dann, endlich in Castellane biege ich links auf die RN 85 ab. Notre Dame du Roc aus dem 12. Jahrhundert thront hier markant und unübersehbar oben auf einem unglaublich hohen Felsenberg über der Stadt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Castellane

castellane - Google-Suche   (Fotos)

Auf der Nationalstraße herrscht das gleiche Chaos. Vor allem die vielen Ausländer nerven.

Ich habe ja bestimmt nichts gegen Frauen am Steuer, doch müssen sie ausgerechnet hier fahren und ihre Männer sitzen faul daneben? Was sind denn das für Männer?! Könnte ich jedenfalls nicht. Hielte ich einfach nicht aus.

Wie haben das Napoléon und vor allem die Leute in seinem Tross geschafft? Es gibt ein paar sehr steile Auf- und Abstiege mit reichlich Serpentinen. Allein der Col des Leques ist 1.148 hoch.

 Frankreich Juni/Juli 2012

Leider ist es später zurück etwas langweilig, denn es ist derselbe Weg wie auf dem Hinweg. Und er zieht sich. Gegen 16 Uhr sind wir erst in Grenoble.

Den ganzen Tag bleibt es heiß und sonnig, bis über 30 Grad. Die Klimaanlage gibt sich alle Mühe. Endlich dürfen wir wieder auf die Autobahn.

 Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

300 km später und um ca. 30(!) Euro ärmer biege ich endlich gegen 19:00 Uhr von der Autobahn ab. (Ich dachte, hundert Kilometer kosten ca. fünf Euro? Übrigens: Ich glaube, mal irgendwo gelesen zu haben, daß die Autobahngebühr in Frankreich erhoben wird, „bis alle Kosten des Baus…“ damit beglichen sind. Ich habe aber noch nie erlebt, daß alles bezahlt ist und die Autobahn plötzlich kostenlos oder zu deutlich günstigeren Gebühren werden darf. Ganz im Gegenteil, die Maut wird immer teurer.)

Erneut gab es keine besonderen Vorkommnisse, obwohl ich oft deutlich schneller als erlaubt (und meistens doch wieder auf der Überholspur) gefahren bin. Ich habe da meine eigene Methode und verlasse mich zusätzlich gerne auf meine Sinne - und die beiden Radarwarner. Was die Sache noch etwas einfacher macht: Stationäre Blitzer werden in Frankreich ja fast immer vorher angekündigt. Aber Aufpassen: Auf der Gegenseite zielten zwei Motorradpolizisten mit einer Laserpistole auf Raser. Ist ja klar, so etwas wird (leider) nicht vorher angekündigt. Da habe ich also nochmal Glück gehabt. Ob mich mein Gefühl da auch vorher gewarnt hätte? Ich fürchte, nein…

Neuerlicher Schreck am Abend. Das gebuchte Hotel gibt es gar nicht! Ich sehe jedenfalls keins. Ich krame die Bestätigung raus. Doch, Ort und Straße stimmen. Hausnummer auch. Wir stehen vor einem uralten Hofgut gegenüber der Kirche. Das dicke schwere Holztor ist verschlossen und sieht abweisend aus. Trotzdem, wir müssen da mal rein und wagen es auch. Alles im Grünen Bereich. Wir sind richtig! Es ist halt kein normales Hotel, eher ein Gästehaus, ein Geheimtipp. Da braucht man keine Reklameschilder.

 Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Der Patron empfängt Hanni und mich gleich auf dem Hof und zeigt uns unser Zimmer. Einfach wunderschön! Fachmännisch und mit alten (alt aussehenden?) Möbeln rustikal renoviert. Schönes breites hohes weiches Bett mit dicken weichen prallen Kissen. Uralte abgerundete große Pflastersteine bilden den urigen Fußboden. Das offene Fenster zeigt mir einen wunderschönen Ausblick in einen großen grünen parkähnlichen Garten. Ein Reh soll sich gestern oder heute dort eingeschlichen haben. Hab ich auch noch nie gehört.

Mein Bad ist entsprechend schön und rustikal, die Dusche ist offen und hat auch wieder keine dieser oft gefährlich rutschigen Duschtassen im Boden. Ich bin sehr zufrieden. Obwohl wir noch gar nicht über den Zimmerpreis gesprochen haben. Da lass ich mich morgen früh einfach mal überraschen.

 Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Der Patron hat im Nachbardorf einen Tisch zum Abendessen für uns beide für 19:30 Uhr reserviert. Deshalb heißt es, Tasche abstellen und gleich weiterfahren. Drei, vier Kilometer. Man erwartet mich schon und empfängt mich mit meinem Namen. Auch hier ist alles uralt. Bis auf meinen Tisch (und den Nebentisch) ist alles besetzt. Die Sonne scheint noch, alle sitzen im Freien. Mann, habe ich ein Glück mit Unterkunft und Restaurant!

 Frankreich Juni/Juli 2012

Die Hauswand ist ortsüblich aus hellen Feldsteinen mit Zwischenmörtel gebaut, kein Außenputz. Wahrscheinlich wurden die Steine kürzlich bzw. vor der Renovierung sandgestrahlt.

Das Abendessen ist ganz OK, ich bin glücklich. Da wir hier in der Bourgogne sind, trinken wir natürlich entsprechenden regionalen Rotwein (mit Goldmedaille), der mir etwas ungewohnt schmeckt.

Das vierteilige Käsegebäck ist wundervoll. Ich muß mich sehr beherrschen, die Stücke vom Nebentisch nicht heimlich zu klauen und mit aufzuessen.

Als Vorspeise habe ich mir die von mir so sehr geschätzten pochierten Eier mit Schinkenstreifen in Rotweinsoße ausgesucht.

Das Hungern tagsüber hat sich gelohnt. Hanni und mir schmeckt anschließend die zarte Hühnerbrust in der hellen Soße. Nur die Nudeln sind etwas zu weich gekocht. Ich bin froh, daß Hanni endlich wieder etwas Vernünftiges zu sich nimmt.

Nur schade: Hier in der Enge kann ich den um mich herumsitzenden Leuten keinen Zigarrenqualm zumuten. Mal sehen, vielleicht nachher noch im "Hotel".

Zum Nachtisch gibt es Weichkäse.

Nach der anstrengenden und etwas stressigen Rückfahrt können wir hier beide etwas relaxen. Hanni war erneut vorbildlich, sie ist ein perfekter Autohund, wie man ihn sich nicht besser wünschen könnte. Aber sie ist ja sowieso mein Ein und Alles. Unter den Tieren.

Als Abschluß bekommen wir ein riesiges Mousse au Chocolat. Von Süden ziehen dunkle Wolken auf, die stören uns aber noch lange noch nicht. Ob es nachts oder morgen den für heute und für die Gegend angekündigten Regen gibt? Aber das juckt mich wirklich nicht mehr. Der obligatorische Café macht den Abschluß.

Sonntag, 08.07.2012, Heimfahrt, Teil 2

Nachts gab es tatsächlich reichlich ausdauernde Gewitter. Die arme Hanni hatte die übliche Angst und konnte mal wieder gar nicht schnell genug zittern. Heute morgen hat sich alles beruhigt. Geruhsames Frühstück und um zehn sitzen wir entspannt im Auto.

Nach zwei Minuten sind wir schon auf der Autobahn, Richtung Nancy, Metz, Luxemburg, Trier und über die Hunsrückhöhenstraße geht es heim. Auf der Gegenseite gibt es kilometerlange Staus vor jeder Zahlstelle und vor jedem Autobahnkreuz bzw. –dreieck. Viele Autos mit Anhängern, Wohnanhängern und Särgen (Dachboxen) auf den Dächern, also streben alle nach Süden, zum Urlaubmachen. Da unten muß ja bald reichlich was los sein. Gut, daß ich diesen Trubel nicht mehr miterleben muß. Alle haben sich wahrscheinlich ausgerechnet, sonntags werden wir bestimmt ganz alleine auf der Straße sein…

 Frankreich Juni/Juli 2012

Frankreich Juni/Juli 2012

Übrigens, Baustellen habe ich auf französischen Autobahnen nicht gesehen. Ich weiß nicht, wie die das machen.

Um 17:18 Uhr und nach insgesamt 2.400 (exakt 2.427,1) Kilometern (und mit 8,3 l/100km Super Verbrauch) erreichen wir beide wohlbehalten unser Zuhause. Wieder nichts Schlimmes passiert, (hoffentlich) keine Strafzettel, keine Verletzungen, nichts verloren und nichts kaputtgemacht.

Alles in allem ein perfekter Urlaub. Unwichtige Winzigkeiten hätten noch etwas besser ausfallen können, aber was ist heutzutage schon wirklich perfekt?

Und weil es uns beiden so gut gefallen hat, geht es in zwei Wochen zum Wandern in die italienischen Alpen…

Die kursiven Auszüge aus den Wegbeschreibungen:

© Wikinger Reisen GmbH, www.wikinger-reisen.de

© 2012 Wilfried R. Virmond - Nachdruck, auch auszugsweise, grundsätzlich nur mit Genehmigung des Autors. Dies gilt ganz besonders auch für sämtliche Fotos.

 

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