Verrückt bleiben! Reisen!

Diesmal geht’s an die

amerikanische Ostküste.

 

Mit dem Wohnmobil von Washington, D.C. nach Süden runter und über die Great Smoky Mountains in den Appalachen zurück District of Columbia, Maryland, Virginia, North Carolina. Atlantikküste, Blue Ridge Parkway und Skyline Drive.

Ein neuer langweiliger Reisebericht

von Wilfried R. Virmond

Ich empfehle, sämtliche hier angebotenen Links mit der rechten Maustaste zu öffnen, weil sie sich dann auf vielen PCs leichter wieder schließen lassen.

USA Reise 2012 

Inhaltsverzeichnis:

1) Ostermontag, 9. April 2012
Düsseldorf – Frankfurt – Washington, DC

2) Dienstag, 10. April 2012
Stadtbesichtigung Washington, D.C.

3) Mittwoch, 11. April 2012, 
Übernahme des Wohnmobils
Sterling, VA – Millersville, MD

4) Donnerstag, 12. April 2012
Millersville, MD – Quantico, MD

  5) Freitag, 13. April 2012
Quantico, MD – Cheriton, VA

6) Samstag, 14. April 2012
Cheriton, VA – Frisco, NC

7) Sonntag, 15. April 2012
Frisco, NC – Sealevel, NC

8) Montag, 16. April 2012
Sea Level, NC – Durham, NC

9) Dienstag, 17. April 2012
Durham, NC – Marion, NC

10) Mittwoch, 18. April 2012
Marion, NC – Sylva, NC

11) Donnerstag, 19. April 2012
Sylva, NC – Asheville Swannanoa, NC

12) Freitag, 20. April 2012
Asheville Swannanoa, NC – Vilas, NC

13) Samstag, 21. April 2012
Vilas, NC – Salem, VA

14) Sonntag, 22. April 2012
Salem, VA – Staunton, VA

15) Montag, 23. April 2012
Staunton, VA

16) Dienstag, 24. April 2012
Staunton, VA – Haymarket, VA

17) Mittwoch, 25. April 2012
Rückgabe des Wohnmobils und Heimflug
Haymarket, VA – Sterling, VA

 

Jetzt geht’s los:

1) Ostermontag, 9. April 2012
Düsseldorf – Frankfurt – Washington, DC

Ostermontag. Einer wie viele? Nein. Nein!! Heute ist der Ostermontag! Der lang ersehnte Ostermontag! Heute geht’s endlich los! Mein Karma benötigt längst wieder neue Energie…

Es ist 5:30 Uhr. Aufstehen! Es wird ernst! Draußen regnet es. Gestern hat es noch geschneit. Eine Stunde später, um 6:30 Uhr, haben wir schon die erste, noch leere, Sicherheitskontrolle im Flughafen Düsseldorf passiert.

Ingrid meckert mich an, weil man jetzt in der LH-Lounge nicht mehr rauchen darf. Bisher gab es hier einen Glaskasten. Ich kann doch auch nichts dafür. In der Küche hören wir eine Bedienung zur anderen sagen: „Iß keine Frikadelle, die stinken schon...“ Eigentlich taugt kaum noch eine Airline etwas, die LH auch schon lange nicht mehr, aber unter den ganz schlechten ist es halt eine der weniger schlechten. Von „mittel“ oder gar „gut“ entfernt sich die Lufthansa aber immer mehr.

Gottseidank gibt es zurzeit keine Streiks bei den Flughafen-Leuten. Deshalb gab und gibt es mit unserem Flug keine Probleme. Da Ingrid und ich ab Frankfurt mit United weiterfliegen (müssen), durften wir unsere Koffer nicht schon beim Vorabend-Check-In der Lufthansa in Düsseldorf aufgeben. (Bei Interkontinental-Flügen mit einer amerikanischen Airline in die USA ist das nicht möglich!) Aber wenigstens fliegen wir mal wieder Business. Ist aber kein Vergleich mit einem LH-Flugzeug. Bei den letzten beiden Reisen nach Ägypten und in die Türkei, auf denen ich mal wieder in den engen Economy-Sitzen saß, bin ich diesmal wieder froh, im Flieger wenigstens Platz satt zu haben. Unsere Mission: Spaß haben!

Hier die reinen Flugdaten:

08:20 ab Düsseldorf mit LH

12:20 ab Frankfurt mit United Airlines

15:15 Uhr an Washington, D.C. (Sechs Stunden zurück)

Tatsächliche Flugzeit achteinhalb Stunden

(Zurück wird es mit dem üblichen Rückenwind wie immer etwas schneller gehen.)

Immerhin darf ich diesmal meine Feuerzeuge behalten. Und meine Fläschchen mit den anthroposophischen (homöopathischen) Flüssigkeiten muß ich zwar aus dem Rucksack mühsam rauskramen und vorzeigen, darf sie aber (gnädigerweise) weiter mitnehmen.

Neu: Wir werden mit dem Bus zu unserer auf Außenposition stehenden Bombardier CRJ700 gebracht. (Haben wir in Düsseldorf ja noch nie erlebt!) Das eigentlich nicht unelegante Flugzeug ist sehr schmal und lang, die Flügel sind reichlich weit hinten, die beiden Düsentriebwerke sind auch ganz hinten am Seitenleitwerk angeschraubt. Wer Business gebucht hat, bekommt den Platz neben sich (wir sitzen nur 2+2 statt 3+3) geschenkt. (Inzwischen bin ich mir sicher: Die Bombardier paßt gar nicht an die Passagierbrücken. Deshalb also die doofe Busfahrt.)

Jeder Koffer der fünfzig Passagiere muß von den Gepäckleuten unten einzeln im Flugzeug verstaut werden. Da weiß man abends wenigstens, was man tagsüber gemacht hat und warum einem der Rücken wehtut...

Obwohl es so früh am Feiertag natürlich nur wenige Flugbewegungen gibt, starten wir mit zwanzig Minuten Verspätung. Unser schlanker Regionalflieger steigt gar nicht erst auf volle Flughöhe und bleibt lieber im Dunst oberhalb der dicken Regenwolken.

Nach dreißig Minuten Flug landen wir in Frankfurt - schon wieder auf der neuen Startbahn Nord -, und parken natürlich auf einer Außenposition. Das bedeutet erneut eine lange umständliche Busfahrt. (Diese blöden Bombardier-Flieger sollte man schnellstens abschaffen. Die passen hier natürlich auch nicht an die „Finger“.)

Eine Propellermaschine der Luxair startet gerade. Gibt’s überhaupt noch Propellerflugzeuge?

Immerhin, in Frankfurt müssen wir, außer durch eine winzige Paßkontrolle, durch keine weiteren Security-Checks mehr. Auch wieder ungewohnt, sonst muß (mußte) man sich vor jedem Anschlußflug nochmal durch mehrere lästige und nervende Kontrollen quälen. Gerade USA-Flüge taten sich da ja gerne negativ hervor. Die LH-Lounge ist überfüllt wie immer.

Bevor wir in unsere Boeing einsteigen, werden wir mit lächerlichen Sicherheitsfragen gequält, z.B. „Haben Sie etwas von einer anderen Person bekommen und in Ihr Gepäck gepackt“, „Wer hat Ihre aufgegebenen Koffer gepackt“, „Haben Sie Sprengstoff im Gepäck?“ usw. Wer Böses vorhat, wird spätestens jetzt alles gestehen und von seinem bösen Vorhaben ablassen. Und vor allem: Jeder Terrorist wird sich bei diesen scharfen Fragen sofort zu erkennen geben, aufgeben und sich stande pede fesseln und abführen lassen...

USA Reise 2012

 USA Reise 2012

Wir starten fast pünktlich um 12:36 Uhr. Spät hebt der Flieger endlich ab; zum Glück hat die Startbahn beruhigende über viertausend Meter Länge. Unser Fluggerät, eine Boeing 747 der Lufthansa ist schon alt, ziemlich alt, nein, ich muß mich korrigieren, sie ist uralt, und hat bestimmt reichlich viele, zu viele Flugstunden auf der Uhr. Hoffentlich halten die beiden schmutzigen Triebwerke bis zu unserer Landung noch durch. Übrigens, besonders schnell dreht sich so eine Turbinenschaufel (der sog. „Fan“, das „erste große Laufrad der Turbine“) nicht gerade, bestimmt nicht mehr als mit vielleicht 2.000 UpM.

Viertausendzweihundertsechsundzwanzig Meilen liegen vor uns. Alle Leute schieben ihre Jalousien nach unten, denn es gibt sowieso nur Wolken zu sehen.

Vor uns sind zwölf Plätze der ersten Klasse, die mit zwei, drei Leuten besetzt sind, dann ein paar Reihen Business. Hier sind mindestens die Hälfte aller Plätze besetzt. Gut, daß wir beide in der ersten Reihe sitzen, dadurch haben wir noch etwas mehr zusätzlichen Platz nach vorne. Wir sitzen hier 2-3-2. Die Plastik-Fensterscheibe ist reichlich verkratzt. Der TV-Monitor ist alt und klein. Das ganze Flugzeug ist alt und schäbig. Und dafür muß man soviel Geld bezahlen?

In der Economy-Class sind nur noch ein paar ganz wenige Plätze frei. Hier müssen die Leute 2-5-2, also ganz schön eng sitzen.

Wir überfliegen Amsterdam und dann Newcastle upon Tyne in der Mitte Englands zwischen Manchester und Glasgow.

Ausnahmsweise bestelle ich mir auch ein Filet Mignon. Schade, das arme Rind ist vergebens gestorben, (aber ganz sicher hatte es ein sehr langes Leben), wir kriegen beide das trockene Fleisch nicht ganz runter gewürgt. (Da hätte man doch lieber ein paar einfache Schmalzbrote verteilen sollen. Die hätten auf jeden Fall besser geschmeckt…) Aber einem Filet Mignon kann ich einfach nicht widerstehen. Wegen des geringfügigen „besseren“ Essens braucht also niemand Business zu fliegen...

Hätte ich mir die erste Hälfte meines Lebens nicht träumen lassen, oder gar vorstellen können, daß ich mal in die USA oder sonst wohin fliegen würde, geschweige denn so oft.

Bedauerlicherweise bekommen wir auf diesem Flug schon wieder nichts von der wunderschönen Südküste Grönlands mit, es ist einfach zu wolkenverhangen.

Zwischendurch wird der Gegenwind deutlich heftiger, aber als wir endlich das amerikanische Festland erreichen, läßt er doch erheblich nach. Später lichten sich sogar die Wolken und wir bekommen etwas Landschaft mit.

Wir landen achteinhalb Stunden später, gegen 21:05 Uhr, Ortszeit 15:05 Uhr. Die Zeitverschiebung beträgt also sechs Stunden. Eine dreiviertel Stunde später, um 15:50 Uhr, sind wir durch die wie immer lästige Immigration Control und stehen am Gepäckband. Unsere drei Koffer sind schon vom Band heruntergeholt worden und warten sehnsüchtig auf uns. Weitere fünfzig Minuten später, um 16:40 Uhr, sitzen wir im SuperShuttle, einem blauen Van, der uns für vergleichsweise günstige einundvierzig Dollar zum Hotel fährt. Ein Taxi hätte ca. achtzig Dollar plus Tipp gekostet, also mindestens mal doppelt so viel. Immerhin sind es achtundzwanzig Meilen zu unserem Hotel, direkter Weg. (Bus und Metro wären mit dem vielen Gepäck natürlich viel zu umständlich.)

Leider sind noch ein paar andere Leute mit uns im Auto, sodaß wir vorher drei weitere Haltepunkte in Downtown anfahren. Die Autos setzen jeden Fahrgast direkt vor der gewünschten Tür ab. Dafür bekommen wir aber auch eine ebenso kostenlose wie sonnige Stadtrundfahrt geboten. Das Capitol ist weiß und schön, unglaublich weiß, unglaublich schön.

Um 18:00 Uhr sind wir endlich am Hotel und checken ein. Der Typ am Desk ist ein Kind, na gut, OK, ein Jugendlicher. Merkwürdig. Und ungewohnt. Ich frage nach einem möglichst hohen Stockwerk. Und zwei Betten. Und bekomme beides.

USA Reise 2012    

Das Capitol Skyline Hotel hat außer einem hochtrabenden Namen leider nur wenige Vorzüge, dafür aber viele Nachteile. Wichtigster: Der Laden ist total heruntergekommen und müßte schnurstracks abgerissen oder gleich mittels Dynamit gesprengt werden. Allein die Außenfassade sieht schon sehr schmutzig aus. Ich erfahre, daß das Hotel 1961 von dem (damals) angeblich berühmten Architekten Morris Lapidus gebaut worden ist.

Architect Morris Lapidus, creator of Miami’s landmark Fontainbleu Hotel, designed the Capitol Skyline. Graceful exterior curves of our boutique hotel in Washington DC capture the flavor of the sixties, while the interior delights guests with the work of renowned Designers such as Frank Gehry, Eero Saarinen and Philippe Starck.

Damals, das war das berühmte Space-Zeitalter; Sputnik, der Flug zum Mond, Außerirdische, der Weg zu den Sternen waren gerade modern geworden. Die Fassade sollte damals alle diese aktuellen und fortschrittlichen Dinge widerspiegeln. Nach zwanzig Jahren war das Hotel schon total heruntergekommen und wurde von den jetzigen Besitzern (mit Hispano-Hintergrund) billig übernommen. Und die stecken seitdem nur noch das Allernötigste an Geld rein.

Koffer in Empfang nehmen? Doch hier nicht! Ingrid will am liebsten auf dem Absatz umdrehen und ein anderes Hotel suchen. Aber die Hotelbuchung war nicht gerade preiswert, wir haben schließlich viel Geld bezahlt, ich überrede sie mühsam zu bleiben, da muß sie jetzt einfach durch.

Tapeten, Teppichboden, Fenster, Klimaanlage, Badezimmer, einfach alles ist schlimm, kaputt, schmutzig, ekelhaft. Keine Kaffeemaschine im Zimmer, keine Minibar, (beides habe ich in Amerika überhaupt noch nie erlebt!), kein WiFi. Aber wir sind wenigstens im fünften Stock mit ordentlicher Aussicht nach Süden auf die Feuerwehr und ein Stadion. Und auf den schmutzigsten Hotelpool, den ich je in den USA gesehen habe. Aber, ich kriege wenigstens das blöde zugeschraubte Fenster auf...  

USA Reise 2012

USA Reise 2012

Den kostenlosen Shuttlebus zur nächsten Metrostation gibt es „zur Zeit“ nicht, obwohl hier genug Gäste, auch aus Deutschland abgestiegen sind. Das auf der Homepage erwähnte WiFi gibt’s auch nur in der Hotelhalle. (Von WiFi auf den Zimmern steht da ja auch nirgendwo etwas geschrieben...)

Uns gegenüber, auf der anderen Seite der Kreuzung, gibt es immerhin ein MacDonalds, unser neues Zuhause für die nächsten Tage. So können wir uns die überhöhten Preise im leeren Hotel-Restaurant sparen. Die haben hier bei MD sogar rund um die Uhr auf. Und wir sehen von hier aus das Capitol und den Obelisken (Washington Monument).

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Nachdem wir zurück sind, buche ich noch unsere offizielle Sightseeing-Tour für Morgen. (78 Dollar für uns zwei.)

Trotz allem schlafen wir sehr gut in der Nacht. Die Betten sind einwandfrei und haben viele Kissen. Ein abnehmender Vollmond sieht wohlwollend in unser Zimmer und scheint uns sagen zu wollen „Regt Euch nicht auf Leute, ab jetzt wird es nur noch besser werden. Versprochen.“

Ingrids Bemerkungen: Das Hotel ist wirklich eine Zumutung. Wilf hat recht, ich wollte da erst gar nicht rein. Aber unser Flug war bequem, und überhaupt, jetzt wird nicht mehr gemeckert. Ich freue mich auf unsere Reise!

 

2) Dienstag, 10. April 2012
Stadtbesichtigung Washington, D.C.

Aufstehen um sechs Uhr. Im Fernsehen gibt es die üblichen Wetterkatastrophen zu sehen. In Amarillo schwere Hagelstürme mit baseballgroßen Eiern. Verheerende Tornados in Texas. Schlimme Gewitter in Iowa. Jede Menge Schnee in Colorado. Wütende Waldbrände in Kalifornien. Halt das Übliche. Unser Frühstück nehmen wir in unserem neuen Wohnzimmer namens MacDonalds ein. Himmel blau, sonnig, kühl. Der gestrige heftige Wind, fast schon Sturm, ist weitergezogen.

Ein Taxi holt uns um zwanzig vor neun ab und bringt uns zum Startpunkt unserer Stadtbesichtigungstour am Hyatt. Um 9:30 Uhr geht es endlich in einem betagten Bus los. Unser Fahrer heißt Thomas Brown und ist afroamerikanisch, äh, Neger.

Washington D.C.:

Im Jahre 1776 sagten sich dreizehn Kolonien vom Mutterland England los und schlossen sich zu den „United States of America“ zusammen. Ihr Kongreß tagte abwechselnd in New York, Philadelphia und anderen Städten. 1783 beschloß man dann, eine Hauptstadt zu gründen. 1790 fand George Washington die Lösung: Auf der Trennungslinie zwischen Nord und Süd gründete man den „District of Columbia“, eine neue Stadt, die zu keinem der dreizehn Bundesstaaten gehören sollte. Maryland (ca. 65%) und South-Virginia (ca. 35%) spendeten das Land dafür, immerhin zweihundertfünfzig Quadratkilometer. Doch George Washington, 1789 der erste Präsident des neuen Staates, konnte noch nicht im Weißen Haus einziehen, erst sein Nachfolger John Adams tat dies 1800. Britische Soldaten brannten später während des englisch-amerikanischen Handelskrieges die Stadt nieder. Deshalb mußte der fast unzerstört gebliebene vorher gelbe „President‘s Palace“ wegen der Brandflecken neu gestrichen werden, in weiß, deshalb heißt es seitdem „The White House“.

USA Reise 2012

Die Innenstadt wurde damals in vier Viertel unterteilt, NE, NW, SE und SW, Mittelpunkt der kreuzförmigen vier Trennungslinien ist ein ganz bestimmter Stein im Capitol. Kein Gebäude in der City darf höher als das Capitol mit seiner goldenen „Statue of Freedom“ sein. Außerhalb rund um die Stadt schon. Das sind andere US-Staaten. Da gelten andere Gesetze. Hier im Capitol ist das politische Zentrum der USA. Drei U-Bahnlinien verbinden Capitol und die umliegenden Bürogebäude miteinander.

Kapitol (Washington) – Wikipedia

Das Capitol:

Senat und Repräsentantenhaus tagen hier. Jeder US-Staat entsendet zwei Abgeordnete in den Senat und einen oder mehrere Abgeordnete (je nach Einwohnerzahl und Größe dieses Staates) ins Repräsentantenhaus.

Die US-Flagge („The Stars and Stripes“) hat dreizehn rote Streifen für die Gründungsstaaten der USA und fünfzig Sterne für die jetzigen Staaten. Es gibt schon länger und wohl auch weiterhin erfolglose Bestrebungen, Washington D.C. in den einundfünfzigsten Staat umzuwandeln.

Dafür, daß die USA das reichste und mächtigste Land der Welt sein wollen, hängen mir hier eigentlich zu viele Penner und Landstreicher vor den Glaspalästen herum und lassen sich von der Morgensonne aufwärmen.

Wir halten am White House, am Weißen Haus, wo wir „unsere Ecke“ Constitution Ave/15. NW mal wieder sehen. Hier hatten wir 2007 eine „kurzweilige“, sprich: angsterregende, Zusammenkunft mit jeder Menge Polizeibeamten vom Secret Service, (wir waren plötzlich geradezu umzingelt), nur weil ich zwischen ein paar Blumenkübeln durchfahren wollte, um unser Moped direkt dahinter zu parken. Entfernung zum Weißen Haus: Mindestens noch ein Kilometer. Mir stellen sich jetzt noch immer die Haare auf, wenn ich nur daran denke, wie das hätte ausgehen können...

USA Reise 2012

USA Reise 2012

Aus meinem Bericht „September 2007 – Im Land der Schmetterlinge und Bären“. Damals waren wir beide auf einer GoldWing unterwegs:

Wir fahren erstmal zum Weißen Haus. Kein Parkplatz. Ist aber kein Problem, da vorne komme ich gerade so durch zwei Blumenkübel durch und kann mich da hinstellen. Denke ich. Mein Vorderrad ist erst zu höchstens zehn Zentimetern durch die beiden Blumenkübel, da jaulen hinter uns schon laute Sirenen: Zwei Polizeiautos stehen hinter uns, Scheinwerfer und alle rot/weiß/blauen Lampen auf dem Dach und sämtliche Sirenen an. Wir sind eingekreist! Präsident Bush fühlte sich wahrscheinlich durch unsere GoldWing bedroht und hat uns den Secret Service (steht auf den Autotüren) auf den Hals gehetzt. Doch ganz im Ernst: Es ist absolut erstaunlich, wie schnell die beiden Autos aus dem Nichts aufgetaucht sind; kurz vorher waren sie noch nirgends zu sehen. Ich sehe mich vorsichtig um, doch nirgendwo kann ich die Videokameras entdecken.

Eine strenge Beamtin steigt aus und kommt auf uns zu, ihr Kollege bleibt im Wagen und beobachtet uns, dazu noch die beiden Typen im zweiten Auto, beide Autos mit laufenden Motoren. Ach, und da kommt auch noch ein moppeliger weiblicher Officer auf dem Fahrrad angeradelt und stellt sich lauernd in Positur. Auch sie mit einer schußsicheren Weste, die Brüste drunter platt gequetscht. Die Schutzweste verursacht ihrem Busen sicher arge Schmerzen und sie würde mich bestimmt schon allein deswegen liebend gerne bei der geringsten falschen Bewegung einfach abknallen.

Ich kriege den barschen Befehl, mich sofort hinter das Moped stellen. Bestimmt weil ich so gewalttätig und brutal und überhaupt gefährlich aussehe. „Driver License!“ wird verlangt. Hab ich nicht, nur meinen alten grauen deutschen „Lappen“. (Ja, ich weiß, ich müßte mir unbedingt einen internationalen besorgen…) Mit meinem deutschen Führerschein kann sie aber nichts anfangen und ist davon geradezu angeekelt. Ich strecke ihr schnell meinen Paß hin. Sie schnappt zu und ist damit erstmal zufrieden und zieht sich in ihr Auto zurück. Wenigstens sind die Sirenen jetzt erst einmal aus. Eine viertel Stunde dauert es, bis sie endlich über Funk herausgefunden hat, daß ich wohl offenbar doch kein Terrorist bin. Sie kommt zurück und ermahnt mich streng, so etwas in Zukunft zu unterlassen. Ingrid steht die ganze Zeit bei mir, wird aber nicht überprüft. Die Beteiligten verteilen sich in alle Himmelsrichtungen.

Aber diesmal kann uns nichts passieren, wir sind ja mit dem Bus hier. Übrigens, George Washington, der das White House erbauen ließ, war der einzige Präsident, der nie dort gewohnt hat. Weil er vor der Fertigstellung gestorben ist.

Weißes Haus – Wikipedia

Weitere Fotostopps gibt es

-     am Thomas Jefferson Memorial,

-     am Martin Luther Memorial,

-     am Abraham Lincoln Memorial, (hier sind unglaublich viele Leute, es herrscht Krieg unter den Touristen),

-     und am Iwo Jima Memorial (sprich: Iewo Tschiema)

Inzwischen beträgt die Außentemperatur 60 Grad Fahrenheit. Es ist immer noch sonnig, aber nicht heiß, mit einem Wort ganz angenehm.

 

USA Reise 2012

 

 

 

 

 

 

 

 

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Der große Bus ist noch nichtmal halbvoll, nur neunzehn Leute, auch das ist gut, eine große Gruppe wäre deutlich umständlicher. Wir beiden sind die einzigen Ausländer.

An vielen anderen Sehenswürdigkeiten kommen wir vorbei, The Capitol, The Old Post Office, The FBI Building, The Bureau of Engraving and Printing (hier werden vor allem die kleinen grünen Papiere mit den großen Zahlen, sprich Dollarnoten, gedruckt), jede Menge Ministerien, mehrere Smithonian Museen, davon gibt es hier eine ganze Anzahl, ich glaube neun, und viele andere berühmte Orte, Arlington-Friedhof, Pentagon. Sechzehn Universitäten und Hochschulen soll es hier geben. (Braucht man die wirklich alle?)

Smithsonian Institution – Wikipedia

Die hiesige Bibliothek „Library of Congress“ soll die größte der Welt sein. Glaube ich aber erstmal nicht.

Neben den vielen emsig startenden und landenden Flugzeugen des nahen (nationalen) Ronald-Reagan-Airports gibt es zahlreiche laut knatternde und niedrig fliegende Hubschrauber, wahrscheinlich alle zum und vom nahegelegenen Pentagon unterwegs. (Frage: Warum sind Hubschrauber eigentlich immer derart laut?)

Wir haben eine drei- bis vierstündige Tour gebucht. Vielleicht ist es besser, an der geringfügig teureren Hopp on - Hopp off-Tour teilzunehmen, da kann man an unzähligen Orten aussteigen und nach Lust und Laune mit jedem weiteren Bus der Firma weiterfahren. (Aber Ingrid wäre das zu anstrengend geworden. Für einen ersten Überblick reicht es auch so.) Und natürlich bieten noch ein paar andere Firmen Stadtbesichtigungen an.

Oder sollte man gleich die Segway-Tour nehmen? Das hätte ich natürlich bevorzugt. Aber da muß man einen bescheuerten lächerlichen Fahrradhelm aufsetzen! Und das kommt für mich ja mal gar nicht infrage! Selbst für geschenkt würde ich diese Tour dann nicht machen. Grundsätze müssen schließlich sein. Und ich hätte überhaupt allein, also ohne Ingrid, fahren müssen.

Wer das Besondere liebt, dem stehen auch noch die berühmten „Ducks“ zur Verfügung, ehemalige Militär-Amphibienfahrzeuge, die auf der Straße und auch kurz im Wasser des Potomac herumfahren. Es gibt sie weltweit in vielen Städten, in denen es besonders viel Touristen gibt.

USA Reise 2012  

Man erkennt, es gibt jede Menge Möglichkeiten zur Besichtigung Washingtons.

Auf dem Rückweg sind wir beide alleine, alle anderen Leute aus unserem Bus wollen die Stadt noch weiter auf eigene Faust besichtigen. Mr. Brown, (unser Busfahrer), ist recht freundlich und entgegenkommend, zeigt uns beim Vorbeifahren noch das eine oder andere, und setzt uns mit seinem großen Bus direkt vor unserem Hotel ab. Um 12:50 Uhr sind wir zurück. Und gehen erst mal in unser Wohnzimmer namens MacDonalds. Hier bekomme ich endlich meine erste Zigarre dieser Reise.

Eigentlich wollte ich Ingrid nur ins Hotel bringen und nochmal in die Stadt zurückfahren, um ein, zwei Museen zu besichtigen. Übrigens, alle (?) Washingtoner Museen bieten kostenlosen Eintritt! Aber ich entscheide mich dann doch vernünftigerweise für einen ruhigen Nachmittag im Hotel.

Frage: Warum gibt es hier ein Holocaust Museum? Die Amis sind doch davon eigentlich kaum betroffen. Wir haben ja auch kein Indianer- oder Sklaven-Museum, um der Welt die Schandtaten und Greuel der Amis zu zeigen.

United States Holocaust Memorial Museum – Wikipedia

Sicherheitshalber rufe ich bei El Monte an, ob für Morgen alles OK geht. Tut es, erstaunlicherweise erwartet man uns schon zwischen neun und zwölf Uhr. Da können wir beruhigt für ein erholsames Nachmittagsschläfchen einschlummern. Und stehen gar nicht mehr auf. Wir wollten eigentlich nun doch noch im Hotel-Restaurant zu Abend essen, aber wir sind abends noch satt und bleiben einfach faul und entspannt liegen. Unsere inneren Uhren zeigen ja noch immer sechs Stunden mehr an.

Ingrid: Sehr interessant, die großen Männer Amerikas haben sich riesige Denkmäler gesetzt. Mußte das sein? Wir hätten sie doch auch so nicht vergessen. (Meine Anmerkung dazu: Machen die doch alle in ihren Hauptstädten, Angela in Berlin, Mitterand und Pompidou in Paris und überhaupt jeder, die Liste würde lang. Ist doch einfach, mit Volkes Geld Prunkbauten zu errichten. Die sollten sich schämen, das Geld so zu verschwenden! Wilf)

3) Mittwoch, 11. April 2012
Übernahme des Wohnmobils
Sterling, VA – Millersville, MD = 67 Meilen

Aufstehen um 7:00 Uhr. Gemeinsames Frühstück im „Wohnzimmer“. Der anfangs noch strahlend blaue Himmel hat sich schlagartig zugezogen, als wir wieder rauskommen. Kühl und trüb ist es. Was haben wir gestern bei unserer Sightseeing-Tour ein Glück mit dem Wetter gehabt!

Um 9.05 fahren wir mit einem Taxi nach Sterling raus und kommen dort exakt eine Stunde später an. Der Cab-Driver hat seinen Taxameter abgestellt und der Fahrpreis wird plötzlich zur Verhandlungssache. Ingrid ist wie immer viel zu großzügig und bittet mich, dem Taxifahrer reichliche 85 Dollar (70 + 15 Tipp) zu geben. Er hat unterwegs kein Wort mit uns gesprochen.

Die Wohnmobil-Vermietung ist „unauffällig“ in einer Autowerkstatt untergebracht. Bill macht die Papiere fertig und gibt uns eine kurze Einweisung. Ich darf ihn nicht mit „Sir“ ansprechen, einfach nur „Bill“. Der Chef fläzt sich währenddessen nebenan hinter der offenen Tür in seinem kleinen schäbigen Büro im Drehsessel herum, quasselt ununterbrochen am Telefon und würdigt uns keines Blickes. Er scheint ziemlich unsympathisch zu sein und macht bestimmt Eselsohren in seine Bücher, wenn er Bücher überhaupt anfaßt. Der einzige, der hier Deutsch spricht, ist der 3er BMW eines Kunden in der unaufgeräumten Werkstatt.

Die Firma El Monte ist sehr kundenunfreundlich, z.B. kostet der Transfer zu oder ab einigen wenigen Vermietstationen $ 15 pro Person und es gibt ihn halt auch nur bei einigen Stationen. So etwas kenne ich sonst nicht. Für das Geld kann man auch ein Taxi nehmen. Vor allem, wenn man eine Familie mit drei, vier, fünf Personen ist. Außerdem wird eine obligatorische „Bereitstellungsgebühr“ (Preparation Fee) pro Fahrzeug in Höhe von $ 185 erhoben, die man bei Übernahme bezahlen muß – und auch erst darf. Das ist ja wohl unverschämt. Hinzu kommen so viele weitere knallharte Knebel-Bedingungen, daß sich einem vor Angst die Haare aufstellen. Mir kommen sie jedenfalls noch schlimmer vor, als kürzlich bei Moturis/Campingworld. Man sollte es sich überlegen, ob man hier bucht. Uns blieb leider keine andere Wahl, Washington, DC ist klein und El Monte ist hier der einzige Vermieter, der die großen Wohnmobile anbietet.

Der betagte weißgraue „Fleetwood Flair“ ist bereits über sieben Jahre alt (03/2005) und hat fast siebzigtausend Meilen auf der Uhr. Entsprechend schlecht ist der Allgemeinzustand des Fahrzeugs. Eigentlich müßte das Auto längst aufs Altenteil geschoben werden.

 

USA Reise 2012

USA Reise 2012


Mit etwas Mühe bekomme ich wenigstens noch einen (sehr schmutzigen) Besen ausgehändigt, mit dem Handfeger wäre die tägliche Reinigung etwas umständlich geworden. Auch ein (ein!) zusätzliches Kissen reißt sich Bill aus dem Leib. Mehr gibt’s nicht. (Der Arme ist schwer krank und das ist ihm auch anzusehen.) Leider gibt’s auch keine zurückgegebenen Sachen vorheriger Kunden, „die gehen immer gleich an die Kirche und deren Bedürftige“. Wer's glaubt, wird selig. (Jeder Mieter bringt natürlich irgendwelche Lebensmittel-Reste mit zurück, oft noch ungeöffnet, die dann in ein Regal gestellt werden. Jeder neue Mieter kann sich daran kostenlos bedienen und bringt zum Schluß wieder neue Dinge mit, die er auch wieder ins Regal stellt. So muß nichts weggeworfen werden.)

Das Auto ist deutlich länger als unsere vorherigen Wohnmobile dieser Klasse („Class A“ mit ca. 35 Fuß/10,5 Meter). Wir können zwei Slide‑outs ausfahren und wer will, kann dann im Wohnzimmer tanzen. Gäste könn(t)en wir auch noch zum Tanz einladen.

USA Reise 2012  

Sechs Schlüssel gibt es für die diversen Schlösser. Das Radio bzw. der CD-Spieler kann leider keine MP3-Stücke lesen. Das Handy können wir an einem so alten Radio natürlich auch nicht anschließen. Bisher habe ich immer die altmodischen CDs mitgenommen, (und schon lange nicht mehr gebraucht!), diesmal leider nicht.

Alles andere ist ähnlich wie immer, Kühl- und Gefrierschrank, Herd und Backofen mit Gas, Mikrowelle, (aber kein Toaster und keine Kaffeemaschine wie sonst, nur ein altmodischer Kaffeefilter). Bad mit Toilette (und Wasserspülung!) und Duschkabine. Hinten ein großes Bett, viele Spiegel, jede Menge Kleiderschränke und Schubladen.

Weiter vorne im Wohn- und Eßzimmer gibt’s noch mehr Ablagefächer, einen Eßtisch für vier Personen und eine weitere ausklappbare Schlafcouch (für Kinder).

Die beiden Frontsitze sind ganz OK, aber lange nicht so opulent wie beim letzten Mal. Es gibt eine Rückfahrkamera, die diesmal einwandfrei arbeitet, Fernseher mit hochkurbelbarer aufstellbarer terrestrischer Antenne und Kabelanschluß, und einen DVD-Player. Der Fernseher ist natürlich auch uralt. Ach du Sch... Das ist ja gar kein DVD-Player, das ist doch ein, wie hießen die Dinger früher?, ein Videorekorder! Die gab's im vorigen Jahrhundert mal.

Steckdosen, auch 12 Volt-Steckdosen, sind hier reichlich im Auto verteilt. Die Hauptsteckdose im Armaturenbrett fürs Navi ist allerdings defekt. Aber es gibt noch zwei andere.

Ich habe schon Jahrzehnte keine so dünnen Handtücher mehr gesehen. Bettwäsche, zwei Zudecken, zwei Kissen, drei Töpfe, eine Pfanne, ein paar Besteckteile und Plastikbecher, keine Gläser, alles von erschreckend billiger Schäbigkeit, das entpuppt sich als „Preparation-Kit“ für die überteuerten 185 Dollar. Weitere 25 Dollar Pfand für das englisch/deutsche Handbuch und 80 Dollar für Generatorstunden müssen im Voraus jetzt hier an Ort und Stelle bar bezahlt werden. Gut, daß wir u.a. Spannbettlaken und dicke Badehandtücher mitgebracht haben. (Man kann eigentlich nicht genug Ausstattung selbst mitbringen. Dabei sollte man auch an liebgewordene bzw. gewohnte „Kleinigkeiten“ denken.)

Und da ich schon am Meckern bin: So ein Wohnmobil besteht ja nur aus Holz und Plastikfolie, vielleicht hie und da noch ein bißchen GFK, und bietet deshalb bei einem Crash Null Sicherheit, keinen Aufprallschutz, kein Überlebenskäfig, nichts, nothing, nada.

Deshalb gibt es hier auch erst gar keine Airbags. Nur die üblichen Sicherheitsgurte. Darüber muß man sich im Klaren sein.

Nachdem wir alles aus unseren Koffern in den vielen Ablagen und Fächern verstaut und uns so gut wie möglich wohnlich eingerichtet haben, fahren wir den Kilometer zum nächsten Wal-Mart, um das Nötigste einzukaufen. (Für schlappe 280 Dollar.) Ingrid besorgt sich gleich hier zwei bessere Pfannen. Immer wieder bedauerlich: In den USA gibt es kein vernünftiges Brot, keine Wurst, wenig Käse, noch nichtmal Natur-Joghurt, nur „mit“, und dann auch noch seeehr süß, mir zu süß. Und nur selten Würfelzucker.

Doch dann wird’s endgültig ernst und wir starten in unser neues Abenteuer. Ich will erst einmal runter nach Süden, am Atlantik entlang und dann unterwegs mal weitersehen. Im Atlas sind es so ungefähr 550 Meilen und etwa neun Stunden bis ans anvisierte Ziel Myrtle Beach, SC. Zurück noch einmal das gleiche. Also sollten die jetzt gebuchten vierzehn Tage reine Reisezeit mit dem Wohnmobil ausreichen. Auf jeden Fall habe ich diesmal „unbegrenzte Meilen“ gebucht. Wir können also fahren, wohin wir wollen – bzw. soweit, wie unser Benzingeld reicht…

 

USA Reise 2012

Dazu fällt mir noch eine bescheuerte „Weisheit“ ein: Ein Spiel dauert neunzig Minuten und eine Urlaubsreise dauert vom ersten bis zum letzten Tag…

Sternzeit minus einsdreieinszwo punkt null, also exakt 13 Uhr 12 Minuten. Wir starten in die unendlichen Weiten des Weltalls, nein, des amerikanischen Kontinents. Unser Raumschiff bricht auf, um neue Sterne im Weltall zu erschließen, die nie zuvor von Menschen erforscht worden sind. An Bord Commander Wilf und Lieutenant Hausi. (Sprich: Hier in der Gegend waren wir noch nicht. Und, wir fahren jetzt endlich ab.)

Wir würden ja gerne so richtig durchstarten, aber die andern lassen uns nicht. Auf der Autobahn gibt es fast bis an unser heutiges Ziel nur Stau und zähflüssigen Verkehr. Zweimal muß Maut bezahlt werden, lächerliche 0,75 $ und 1,50 $.

 USA Reise 2012

Da wir nur zwei Achsen haben, werden wir hier tatsächlich als Pkw eingestuft. Auf der letzten Tour mußten wir für unser Wohnmobil noch deutlich höhere Preise als normale Autos bezahlen. Wir wollen von West nach Ost quer durch Washington, DC und dann, nach einer halben Stunde, überqueren wir die erste Staatsgrenze nach Maryland. Später fahren wir dann am Atlantik entlang nach Süden.

Noch in DC sehen wir links an der Autobahn hinter hohen Bäumen ein paar schneeweiße Türme hervorblitzen. Den „Washington D.C. Temple“ der Mormonen. Hier steht also auch einer. Und er ist wirklich außerordentlich prächtig anzusehen:

Washington D.C. LDS (Mormon) Temple

Leider hat uns Bill auch sonst nichts Brauchbares mitgegeben. Vor allem vermisse ich eine Landkarte. Nur gut, daß ich meine eigenen USA-Atlanten und ein paar gute Landkarten (wichtig und oft etwas umständlich zu besorgen) mitgenommen habe. (Landkarten, auf denen mehr als nur der jeweilige Staat zu sehen ist, sind eher etwas selten.) Aber noch mehr fehlt mir der dicke Campingplatz-Führer. Den muß man einfach haben! Der muß morgen schnellstens noch besorgt werden.

Nach siebzig Meilen landen wir auf dem KOA Capitol-Campground in Millersville, Maryland. Die Stadtgrenze Baltimores ist nur noch ein paar wenige Meilen entfernt. Unseren Stellplatz empfinde ich als teuer, etwas über sechzig Dollar, wie immer Full Hook-Up, also mit sämtlichen Anschlüssen, Strom, Wasser, Abwasser, Telefon, TV, kostenloses WiFi. (Bitte „WeiFei“ aussprechen.) Kühl ist es hier am Nachmittag, aber die Sonne scheint noch ein bißchen und versucht, uns zu wärmen.

Witzig: Amis stellen sich offenbar ziemlich blöd an, um den ihnen zugeteilten Stellplatz zu suchen. Deshalb fährt nämlich meistens ein Angestellter des Platzes vor dem Motorhome mit seiner Golfkarre her und zeigt dem hinter ihm herfahrenden Gast den Platz. Eigentlich wie die Follow Me-Autos auf den Flughäfen. Hier genauso. Obwohl unser Stellplatz wirklich direkt neben uns an der Registration liegt...

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Nebenbei, alle Stellplätze sind immer deutlich nummeriert und an der Registration erhält jeder neue Gast einen ausführlichen Lageplan. Jeder könnte also seinen Stellplatz leicht selbst finden.

Der Clou an unserem RV ist, daß unter dem Fahrzeug vier eiserne Stützen, „Atwood Levelegs“, ausgefahren werden können. Damit wird unser Auto mit nur einem Knopfdruck automatisch waagerecht ausgerichtet, und wenn der Untergrund noch so schief ist. Hatten wir bisher noch nicht – und das System funktioniert auch noch immer einwandfrei, trotz des hohen Alters. Jetzt schaukelt die Kiste nicht mehr dauernd, wenn Ingrid beim Küchendienst, beim Saubermachen oder bei sonst was hin- und herläuft. Oder bei gemeinsamen Betätigungen.

USA Reise 2012

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Zum Abendessen gibt es von mir ausgesuchte saftige Country Style Ribs mit Gemüse und kleine Kartöffelchen. Gut, daß ich in weiser Vorausahnung auch eine Flasche Rotwein (australisch, Shiraz aus 2009, für 11,99 $) mit Schraubverschluß gekauft habe, der Korkenzieher ist wie die gesamte viel zu teuer zwangsgekaufte Ausstattung unglaublich primitiv, äußerst schäbig und offensichtlich kaum zu gebrauchen. Morgen müssen auf jeden Fall noch Toaster und eben ein vernünftiger Korkenzieher besorgt werden. Und Gläser aus Glas.  

Ich habe zwar immer auf Roadbear und Moturis/CampingWorld geschimpft, aber El Monte ist die Spitze – nach unten! (Bis auf Bill, den Mitarbeiter.) Kundenunfreundlich und nur auf den eigenen Gewinn bedacht. Jetzt weiß ich die beiden anderen Firmen besser zu würdigen und leiste heftig Abbitte. Da gab es immer eine deutlich bessere (und vollständige!) Ausstattung, zuletzt sogar mit Taschenlampe, Feuerzeug und vielem anderen Kleinkram, immer mit einem guten Atlas (auch wichtig!) und vor allem immer mit dem dicken unverzichtbaren Campground-Guide. Eigentlich normale Selbstverständlichkeiten bei so teuren Anmietungen. Ich bin mir jetzt schon sicher, daß ich nach Möglichkeit nicht mehr bei El Monte mieten werde. Ohne dieses wichtige Buch mit den wertvollen Informationen ist man total aufgeschmissen und hat nur wenig Chancen, einen vernünftigen Platz zu finden!

Ingrid: Einkaufen im amerikanischen Supermarkt, wie immer eine Freude. Diese unglaubliche Vielfalt, einfach super. Ich bin froh, dass es jetzt richtig los geht.

 

4) Donnerstag, 12. April 2012
Millersville, MD – Quantico, MD = 155 Meilen

Wir haben gut geschlafen, auf dem Platz war es nachts angenehm ruhig. Aufstehen um 6:30 Uhr, es gibt ein ganz geruhsames Frühstück. Der Wetterbericht kündigt für heute Temperaturen unter 60° F an. Trost: Es wird jetzt jeden Tag etwas wärmer, am Wochenende schon um die 80° F. Die Sonne scheint zusammen mit dem kleiner gewordenen Mond vom wolkenlosen Himmel.

Hätten wir das mal vorher gewußt. Unser KOA-Campground bietet auch eine Stadtbesichtigung Washingtons an. Da hätten wir es in dem kleinen Bus einfacher und kuscheliger haben können. Solch ein Bus ist natürlich viel persönlicher und man kann unterwegs bestimmt ein paar Wünsche äußern.

Um 10:30 Uhr verlassen wir den Platz. Unser Plan: In der Nähe schnell bei Leo's den Campground-Führer besorgen, um dann endlich loszufahren.

Doch die blöden Tussis im KOA-Office haben mir den Weg dorthin völlig falsch erklärt, und den Weg zu Leo's auch noch auf der Skizze mit den wichtigsten Geschäften in der Nähe mit dem Textmarker falsch eingezeichnet. Wir suchen und suchen und finden es natürlich nicht. Bei MacDonalds halten wir an, um im Internet die Adresse nochmal zu überprüfen. Aber im Navi läßt sich dann die Straße immer noch nicht eingeben. Kommt bei „komischen“ Bezeichnungen mit einzelnen Buchstaben und/oder Ziffern im Straßennamen (hier z.B. „Maryland Route 3 N.B.L.“) manchmal vor.

Vorher hatte ich einen Mobile Home-Laden gesehen. Der müßte es doch wissen. Also fahren wir dorthin zurück. Ich frage und bekomme vom Chef auch gleich sehr freundlich den Weg erklärt. Tja, und dann passiert es: Beim Wenden auf dem engen Parkplatz schlägt unser besonders langes Hinterteil (über vier Meter hinter der Hinterachse, fast sechseinhalb sind es vor der Hinterachse bis zum Bug) weit aus - und beschädigt den dort geparkten schwarzen neuen Nissan Altima 2,5S des eben noch so entgegenkommenden und hilfsbereiten Chefs der Mobile Home Firma. Obwohl ich extra im Spiegel aufgepaßt hatte. An unserem Heck sind nur die kleine rote Seitenlampe abgerissen und ein paar unauffällige Kratzer, die später wahrscheinlich noch nicht mal lackiert werden. Aber der arme Nissan! Sein rechter hinterer Kotflügel ist total eingedrückt und zermatscht; das riesige Rücklicht ist zerstört und zersplittert! Ein heftiger Schaden! So etwas kann eigentlich nur einem Anfänger ohne Hirn passieren! Schande auf mein Haupt! Und das mir, wo ich doch weltbester Autofahrer bin! Wo ich doch gemeinhin der Riesen-Wohnmobil-Fahrer par excellence bin. Peinlich, peinlich, peinlich! (Aber man sieht jetzt mal wieder, wie dünn inzwischen Autoblech geworden ist.)

USA Reise 2012  USA Reise 2012

 

Das Allerschlimmste: Ich muß jetzt reingehen und dem Chef alles erklären und ihn darum bitten, daß er die Polizei ruft. Wider Erwarten meckert Gil kaum mit mir. Und schlägt mich auch nicht nieder. Und erschießt mich auch nicht gleich kommentarlos...

Der Schaden am Nissan wird von unserer Haftpflichtversicherung übernommen. Hoffe ich. (Haben wir überhaupt eine?) Und der kleine Schaden am eigenen Wohnmobil wird wieder von unserer zusätzlichen Versicherung übernommen werden. Einen finanziellen Verlust wird es also für uns nicht geben. Nur den an meinem Ego. Und das ist schlimm genug.

Der arme Nissan zürnt uns jetzt bestimmt. Auf die von ihm ausgehende negative Energie hätte ich gerne verzichtet.

Ein Polizist kommt nach ein paar Minuten Wartezeit angefahren, nimmt den Schaden kurz auf und übergibt mir das Papier. Zum Glück bekomme ich kein Ticket von ihm verpaßt, aber seine Eltern kommen ja auch aus Deutschland.

Gil ist total cool und läßt mich auch ein paarmal mit Herrn S. von der Hotline der RV-Vermietung telefonieren, schickt sogar ein Fax hin – und verabschiedet mich händeschüttelnd und mit einer freundlichen Umarmung, fast, als wären wir uralte Freunde. Dafür (und zum Trost) bekommt er einen meiner begehrten und wertvollen alten Silverdollars geschenkt. Danach nehmen wir wieder Fahrt auf mit unserem Schlachtschiff. Wir müssen sieben Meilen zurückfahren.

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Der Gag am Rande: Leo's ist auf dem mitgegebenen Lageplan an der korrekten Stelle fest eingezeichnet. Ich habe ihn mir nur nicht lange genug angesehen oder ihn gar darauf gesucht.

Der Obergag, oder soll ich sagen, der Burner: Ich mußte auf dem Campground einen gelben Papier-Anhänger am Innenspiegel aufhängen, als Zeichen dafür, daß ich und für wie lange ich bezahlt habe. Und der hängt da jetzt immer noch und schaukelt hin und her. Auf der mir zugewandten Wackel-Rückseite steht Leo's Adresse, sehr gut sichtbar, direkt vor meinen Augen. Mit einem Wort: Diese peinliche Blamage wäre gar nicht notwendig gewesen!

Es gibt Momente, da möchte man seinen dummen Schädel direkt gegen eine Mauer schlagen…

Doch Shit happens, von so einem kleinen Malheur lassen wir uns doch (kaum) die gute Laune verderben. Jetzt ist der Weg zu Leo's plötzlich ganz einfach und wir bekommen endlich unseren

„2012 Woodall's North America's

Leading Campground Directory Since 1936“

mit 12.701 Campingplätzen und RV-Parks (1.972 Gramm schwer und 61 Millimeter dick) anstandslos im Tausch gegen 28,40 Dollar übergeben. Das absolute „Must have“ für Reisende in einem Wohnmobil! Ohne dieses Buch kann man einfach nicht überleben! Jetzt steht einer lässigen Weiterfahrt nichts mehr entgegen.

Danach tanken wir direkt gegenüber und ich besuche noch rasch den

Honda-Motorcycle-Dealer nebenan, um endlich mal die neue GoldWing leibhaftig zu sehen und (leider erfolglos) nach ein paar neuen Teilen für mein Moped zu suchen. Nach einem kurzen Mittagessen suche ich uns einen geeigneten schönen Campingplatz für die nächste Nacht aus unserem neuen Buch heraus und dann geht es los. Die Uhr zeigt exakt zwölf Uhr mittags. Wir nehmen weiter Kurs nach Osten.

12: 20 Uhr. Die stählerne Chesapeake Bay-Bridge kostet gut angelegte 4 $ Toll. Das ist sie aber auch dicke wert! Vielleicht die längste, schönste, höchste, spektakulärste Brücke, die wir bisher in den USA, äh, ja, hm, kann man sagen, „weltweit“ befahren haben! Sie schwingt sich in einem eleganten Bogen über die Bay, meistens auf stabilen Betonstützen, in der Mitte an den höchsten Stellen aber auch auf grazilen Stahlpfosten.

 

USA Reise 2012

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Sogar Ingrid ist ausnahmsweise mal ganz aus dem Häuschen und fragt mich dauernd begeistert, wer wohl die Brücke gebaut habe. Als ob ich das wüßte. Vielleicht die Ricola-Schweizer? „Wer hat es erfunden?!“

„Die 1954 gebaute Chesapeake Bay-Bridge im Verlauf der US 5/301 heißt offiziell „Wm. Preston Lane Jr. Memorial Bridge“. 1973 wurde eine parallele Brücke gebaut. Beide bestehen größtenteils aus stählernen Fachwerkträgern. Sie sind knapp sieben Kilometer lang. Um das Eigengewicht der beiden Brücken so leicht wie möglich zu halten, wurde der Straßenbelag aus Leichtbeton hergestellt.“

Wir ändern unseren Kurs und schwenken hier nach Süden runter; wir passieren Oxford, MD, Cambridge, MD und Salisbury, MD. Unser nächstes Etappenziel ist Crisfield, MD, an der Spitze unserer riesigen Halbinsel. Aber bis dahin kommen wir heute nicht, so viele Campgrounds gibt es in Maryland nicht, schon gar nicht die besseren mit Full Hook-Up, wie wir sie bevorzugen.

Der einzige Platz weit und breit ist der „Sandy Hill Family Campground“ in Quantico, MD, den wir gegen 17 Uhr erreichen. Sue gibt mir einen schönen Stellplatz unter vielen hochgewachsenen Kiefern, oder sind das jetzt wieder Pinien?, für fast geschenkte 25 Dollar. Da versuche ich gar nicht erst, noch etwas davon runterzuhandeln. Leider gibt es aber keine Stellplätze direkt am Wasser, die sind alle fest an Dauercamper vermietet. WiFi gibt’s auch nicht, ist aber bei dem niedrigen Preis auch leicht verschmerzbar. Wir sind die einzigen lebendigen Gäste, alle anderen Wohnmobile sind im Moment offenbar unbewohnt.

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Sues Schwiegereltern wanderten 1961 aus Deutschland in die USA aus. Sie ruft sie sofort an und Heinz und Carsta kommen flugs zur Registration rüber, als sie von uns hören. Wir bekommen gleich seinen ganzen interessanten Lebenslauf erzählt. (In den frühen sechziger Jahren Computerspezialist bei Opel in Rüsselsheim, ausgewandert in die USA, Computerastronom bei der University of Maryland, Campingplatzbesitzer im bergigen Norden von Maryland und seit 39 Jahren hiesiger Campgroundbesitzer.) Sue zeigt mir dann mit ihrem Golf-Cart die freien Plätze und ich darf mir den schönsten aussuchen.

 

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Ein Tag, der erst unangenehm begonnen hat, findet so doch noch einen freundlichen Abschluß. Wenn es auch, wie angekündigt, kühl geblieben ist. Also verzichte ich auf meine Zigarre. Dafür bekommen wir einen schönen Sonnenuntergang über dem Meer, hm, über der Bay geschenkt.

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Zum Abendessen bereitet Ingrid Spaghetti zu und kredenzt den restlichen australischen Rotwein, der noch ganz OK schmeckt. Eis gibt es als Dessert.

Ingrid: Nur Blechschaden, alles wird gut! Die Brücken muß man sich anschauen. Gigantisch!!!!! Sogar für mich als Frau. Carsta findet die Brücke hübsch, „hübsch“ ist aber total untertrieben!

  

5) Freitag, 13. April 2012
Quantico, MD – Cheriton, VA = 104 Meilen

 

Freitag, der dreizehnte! Aber der war ja gestern für uns. Vielleicht bleibt der heutige Tag ja mal unfallfrei? Warum müssen mir eigentlich immer diese kleinen Dinge passieren? Na, OK, ich bin trotzdem mit meinem Schutzengel höchst zufrieden, er hat mir schon so oft in wirklich gefährlichen Situationen und in Lebensgefahr geholfen, da darf er schon mal bei Winzigkeiten etwas nachlässig sein, so bleibe ich auch auf dem Teppich und werde nicht allzu übermütig...

Wetter morgens wie immer, sonnig und kalt, nein, nur noch kühl. Fast könnten wir schon draußen sitzen. Trotz der vielen Motorhomes sind wir die einzig lebendigen Personen auf dem großen Campingplatz am Rande des Schilfs. Die Saison hat offensichtlich noch nicht begonnen. Wir teilen uns den Platz mit Eichhörnchen und Vögeln.

Ingrid hat sich jetzt auch akklimatisiert. Beide haben wir wie die Bären im Winterschlaf geschlafen und lassen es auch heute Morgen ganz ruhig angehen. Das Beste am Norden, äh, nein, an unseren USA-Wohnmobil-Touren, sind die Frühstücke...

Heute wollen wir erst einmal weiter runter ans Ende der halben Halbinsel nach Crisfield, MD. Um 10:15 Uhr lichten wir den Anker, nicht ohne vorne an der Registration unsere beiden Abwassertanks geleert haben zu wollen. (Direkt am Stellplatz durften wir nur „Greywater“ ablassen. Auch noch nie erlebt.)

Außerdem will ich mir von Sue noch schnell einen kleinen Schraubenzieher ausleihen, die kleine Lüftungsklappe an der Decke im Bad ist defekt und läßt sich nicht mehr schließen.

Aber: Erst einmal laden uns Heinz und Carsta zu einem gemütlichen Plausch in ihrem Haus ein. Offensichtlich sprechen sie gern mal wieder Deutsch. Sie geben uns sogar ein Paket auf deutsche Art gebackenes Brot mit. Und zum Abschluß schmieren sie uns als Krönung noch zwei (deutsche) Leberwurstbrote. Das Brot müssen sie in Kanada bestellen und es wird dann per UPS geliefert. („Jagdschnitten“ von Dimpflmeier in Spring Water, Toronto.) Und die deutsche Leberwurst kann man hier auch nicht in jedem Laden kaufen.

Außerdem bekommen wir noch eine Führung durchs ganze Haus direkt am Nanticoke River und, als Highlight, die Garage mit ein paar alten Autos gezeigt; ein 1968 gelber Mustang, zwei alte Vorkriegs-Ford und noch ein paar Autos stehen hier herum.

Heinz klärt mich auf: Die Kiefern bzw. Pinien sind in Wirklichkeit „Pines“ und haben nur jeweils drei Nadeln. Daran kann man die spezielle Sorte erkennen, deren Namen ich aber vergessen habe.

Unsere Dachluke ist ein neues Problem. Mit einem Schraubenzieher ist es hier nicht getan, wir brauchen die volle schwere Werkzeugkiste. Und eine große Leiter. Heinz hat als alter versierter Campgroundbesitzer jede Menge Erfahrung mit diesem speziellen Problem. Die Vormieter hatten die Luke offenbar beschädigt und notdürftig nur mit Klebeband zugeklebt. Sie muß ausgetauscht werden. Heinz hat im Laden verschiedene Ausführungen und, ein Wunder, auch die für uns passende neue Klappe. Für 22,47 Dollar. Einbau ist kostenlos! Von außen auf dem Dach des Wohnmobils hockend, wechselt er sie aus, mit seinen immerhin achtundsiebzig Jahren, dann noch die untere Hälfte innen vom Bad aus aufschrauben, die Führung im Gestänge einhängen – und alles klappt wieder.

USA Reise 2012
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Immerhin eine Stunde Arbeit, die ich allein ohne Werkzeug und Leiter nie hätte selbstmachen können. Jetzt wird noch schnell gedumpt, d.h. das Abwasser aus den beiden Tanks entleert.

Welch ein Glück, daß wir bei den Beiden übernachtet haben und daß sie Zeit für uns hatten! Der Abschied fällt entsprechend herzlich aus, auf jeden Fall haben wir zwei neue Freunde gefunden, die wir natürlich demnächst unbedingt noch einmal besuchen wollen.

Sue erzählt uns noch, daß sie mich sofort als German erkannt hat: Sandalen und Socken, das tragen hier nur Deutsche...

Um 13:00 Uhr fahren wir endlich ab. Wir machen einen kleinen bogigen Schlenker durch Salisbury, MD und fahren dann auf der US 13 weiter gen Süden. Es bleibt sonnig und es ist, wie versprochen, schon nicht mehr ganz so kühl.

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An unserem heutigen ersten Ziel, Crisfield, MD ist nicht viel los und wir fahren nach kurzem Aufenthalt an der Waterfront gleich weiter. Bald überqueren wir die unspektakuläre und eigentlich auch unsichtbare Grenze nach Virginia. Unsere Straße bleibt weiterhin vierspurig. Die ganze Gegend heißt schon lange Eastern Shore.

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Unseren nächsten Campground habe ich uns in Cheriton, VA ausgesucht. Aber heute ist Freitag der dreizehnte, also muß ja noch irgendetwas passieren: Ein Verkehrsunfall! Nein, nicht wir, zwei Pkw sind gerade auf einer Kreuzung heftig zusammengestoßen. Die Kreuzung ist jetzt gesperrt und wir müssen eine halbe Stunde warten, bis die Unfallfahrzeuge abgeschleppt sind und bis die Feuerwehr die Trümmer, Ölflecken und Verletzten entfernt, abgestreut und abtransportiert hat. Personenwagen werden rechts über eine Seitenstraße abgeleitet, aber wir und noch ein, zwei große Lkw werden festgehalten.

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Gegen 18:00 Uhr erreichen wir unser heutiges Ziel und werfen den Anker. Wir sind im Cherrystone Family Camping Resort. Die Registration ist nicht mehr besetzt. Jeder Neuankömmling nimmt sich einen Briefumschlag aus dem dafür vor dem Office bereitstehenden Kasten, steckt später pauschale 50 $ in bar hinein, (Kreditkarte geht nicht!), sucht sich einen ihm genehmen Stellplatz unter hunderten aus – und wirft den Umschlag mit dem Geld am nächsten Vormittag bei Verlassen des Platzes in einen dafür vorgesehenen Kasten mit dünnem Schlitz neben der Schranke der Ausfahrt.

Wir stellen uns direkt am Meer auf, vor allem „richtig herum“, mit Blick aufs Meer. Wir beobachten immer wieder, daß sich Wohnmobile verkehrt herum hinstellen (müssen/sollen), also mit dem Fahrzeugheck zur Aussicht hin, sodaß man durch die Vorderscheibe nur die unmittelbaren Nachbarn gegenüber sieht. (Und die meist auch nur von hinten.) Die spinnen, die Amis!

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Dann schließen wir uns an die Versorgungsleitungen an und genießen den nahenden Sonnenuntergang. Wollen ihn genießen. Neues Unheil: Unser „Blümchen“, das Klo, bzw. das Rohr in unseren Abwassertank ist verstopft! Aber alles geht gut, ich kriege es rechtzeitig wieder frei. Ich persönlich denke, daß da noch Defizite der frechen, nein, unverschämten und rücksichtslosen Vorbesitzer übrig geblieben waren, denn die entsprechende Kontrollleuchte zeigte von Anfang an einen nur halbleeren Blackwater-Tank an. Schließlich haben sie das Auto auch nur mit halbvollem Benzintank abgegeben, Hauptsache, der Zeiger der Tankuhr stand gerade noch auf Voll. (Ein uralter und ungerechter fieser Trick unter Automietern. Die Vermieter sollten hier viel genauer kontrollieren! Denen ist es aber offenbar egal.)

Trotz allem, wegen der Aussicht aufs Meer, ja, durch die Frontscheibe, ist dies der bisher schönste Standplatz der Reise. (Entschuldigung, Heinz und Carsta. Euer Platz war dafür der freundlichste!)

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Leider auch hier kein WiFi. Die Amis haben das WiFi (unser deutsches WLAN) doch erfunden, vor mindestens mal zwölf Jahren. Und trotzdem bekommt man es (kostenlos) so selten auf den Campingplätzen. Schade. Ich muß da jetzt mehr drauf aufpassen und die Plätze sorgfältiger aussuchen. Die Infos erhält man ja schließlich alle im dicken Campground-Führer.

Nach getaner Arbeit gibt es erst einmal die verdienten kühlen Drinks – und die ebenso heiß ersehnte dicke Zigarre in der warmen roten Abendsonne.

Heute Abend bereitet uns Ingrid die vorhin im Wal-Mart gekaufte Pizza mit halbwegs knusprigen Chicken-Wings zu. Wir haben natürlich auch kein Feuerzeug mit langem Griff für den Herd mitbekommen. Aber ein freundlicher Nachbar, Curt, hilft uns beim Entzünden der Pilotflamme im Herd. Camper helfen sich halt immer gegenseitig. Das ist auf der ganzen Welt so.

Ingrid: Carsta, Heinz und der Atlantik waren die heutigen Highlights. Ich denke, dass mir diese Reise viel Vergnügen machen wird.

6) Samstag, 14. April 2012
Cheriton, VA – Frisco, NC = 181 Meilen 

Heute Nacht habe ich wie ein junger satter Löwe in seinem Nachmittagsschlaf auf den Ästen einer Akazie in Afrika geschlafen. Kein Wunder, auf so einem schönen Platz direkt am Meer ist das nicht schwer.

Ich staune immer wieder darüber, daß ich auf meinen Urlaubsreisen meistens ganz andere Träume als sonst habe, lange Träume, die sich gerne weiterentwickeln und oft auch eine durchgehende Handlung haben, fast wie Filme.

Draußen liegen zwei leere Riesentanker auf Reede und warten auf einen neuen Auftrag. Im Radio bekommen wir einen guten Tipp:

-       Denk nicht über das Geld nach, das Du nicht hast!

-       Vergiß die hohen Benzinpreise!

-       Verdräng die astronomischen Schulden Deines Landes!

-       Freu Dich über das Wetter und die schöne Musik!

-       Du hast Wochenende!

Na, das ist doch mal ein guter Rat. Apropos, die Benzinpreise sind natürlich auch hier in die Höhe geschossen, wie immer, wenn wir hier mit einem Wohnmobil rumfahren. Die Kisten haben einen astronomischen Verbrauch, so „ab“ 36 Liter/10 Gallons auf hundert Kilometer. Die Wohnmobile unserer Größe haben ja den cw-Wert eines Schuhkartons und die Angriffsfläche eines Möbelwagens. Jedenfalls, Benzin kostet im Moment meistens so um die 3,85 $ bis 3,99 $ pro Gallone billigster Qualität. Also etwa 80 Eurocent pro Liter. Hoffentlich sagt jetzt niemand, „geht ja noch“. Ich erwarte viel eher Mitgefühl der mir geneigten Leserinnen und Leser. Im Vergleich mit unseren heimischen Autos verbrauchen wir hier schließlich das Vierfache.

Ingrid brutzelt uns unser Hot Breakfast, während ich uns das neue abendliche Ziel aussuche. Wir haben über 280 Kilometer und mindestens mal sechs Stunden Fahrtzeit vor uns. Dann noch die morgendliche Generalreinigung im Innern des Wohnmobils und Dumpen.

Beim Rausfahren gehe ich doch lieber nochmal in die jetzt geöffnete Registration und brauche hier nur 42,50 $ (statt der pauschalen 50 $ im Umschlag) zu bezahlen. Und los geht die Reise. Es ist 10:45 Uhr. Schnell noch volltanken:

USA Reise 2012  

Kurz danach beginnt die ebenso lange wie spektakuläre Brücke durch die Chesapeake Bay, wegen der ich diese Route gewählt habe.

USA Reise 2012

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Wir haben zwei Spuren auf der alten Brücke vor uns, und zwei Spuren auf der etwas entfernten neuen Brücke zurück für den Gegenverkehr. Zwischendurch kommen zwei enge (wirklich enge!) nur je einspurige Tunnel. Wichtig: Die Gasflasche muß hier rechtzeitig vorher zugedreht werden. Das ganze kostet für uns noch akzeptierbare 17 $, Pkw bezahlen 12 $. Unterwegs gibt es einen Anhalte- und Aussichtspunkt.  

Chesapeake Bay Bridge-Tunnel – Wikipedia

chesapeake bridge - Google-Suche  (Fotos)

Ich weiß längst, daß wir beide, unser Auto und ich, keine Freunde werden können. Die Lenkung ist ausgeschlagen und ich muß ununterbrochen unseren Kurs heftig korrigieren. Waschwasser für den Scheibenwischer kommt keins, obwohl der Behälter noch halbvoll ist. Die mickrigen Scheibenwischer rubbeln und haben sowieso längst ihr Verfallsdatum überschritten; sie kommen ihrer Aufgabe nur noch höchst widerwillig nach. Das Radio ist veraltet. Und das überlange Heck ist überhaupt die größte Zumutung, weil man in den rechten Spiegeln kaum erkennen kann, wo es aufhört. Hinten gab es deshalb offensichtlich schon oft Reparaturen.

Hinzu kommt, daß wir mit der Kiste einen Bremsweg wie ein Supertanker oder wie ein schwer beladener Güterzug haben. Da heißt es, vorausschauend fahren.

Wir überschreiten die Grenze nach North Carolina. Hier heißt die Gegend Currituck. Für ein paar wenige Kilometer Autobahn müssen noch einmal vergleichsweise teure drei Dollar gelöhnt werden. Inzwischen ist es gut warm geworden, die Anzeige an einer Tankstelle meldet immerhin schon 72°F.

Schöne Gegend, alles ist grün, die Knospen der unzähligen Rhododendren sind gerade explodiert und blühen rot. Obwohl, alles ist trocken, es besteht (mal wieder) sehr hohe Waldbrandgefahr. Offene Feuer sind schon längst überall verboten.

Unsere Straße, die US 12, führt uns auf einer schmalen Landzunge über 140 Kilometer durchs Meer, weiter Richtung Süden, rechts der Pamlico Sound, links der Atlantik. Die ersten vierzig Kilometer sind etwas mühselig, nur endlose (schöne) Sommerhäuser, oft auf hölzernen Stelzen, Geschäfte, Einkaufsmärkte und gehässige Ampeln, die gerne kurz vor der Überquerung hinterlistig auf Rot schalten. Später gibt es meistenteils nur noch schmale Dünen und Meer, unsere Straße, und etwas schmales Naturschutzgebiet auf der anderen Straßenseite. Und jede Menge Kite-Surfer hinter den Dünen; Wind haben sie ja genug.

 

USA Reise 2012

USA Reise 2012

Hier in den Hügeln von Kitty Hawk haben die Brüder Wright 1903 ihre ersten Flugversuche gemacht! Wie kurz ist das her? Hundert Jahre, hundertzehn Jahre? Wahnsinn, was daraus entstanden ist. Ein großes Denkmal und ein paar Ausstellungshallen wurden hier zu ihren Ehren gebaut. Aber die Einfahrt ist mir zu eng und ich halte lieber nicht an.

Kitty Hawk – Wikipedia

Piraten haben hier früher oft ihr Unwesen getrieben. Heute nennt man sie „Tankstellen“, denn sie verlangen hier deutlich mehr, oft ab 4,50/4,60 Dollar.

Natürlich gibt es auch wieder eine Brücke, nein, zwei, die zweite ist sehr schmal, hier sind wegen der lose klappernden Stahlplatten nur 25 mph gestattet. Aber wir schaffen es, ohne Unheil durchzukommen. Sie ist auch nur ein paar hundert Meter lang.

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Ganz zum Schluß versuche ich es mal wieder, halte einen entgegenkommenden Fahrradfahrer an und frage ihn nach dem Weg, ich will nicht wieder unnötige Meilen verfahren und umständlich wenden müssen, unser Navi hat den Campingplatz nicht drin und die Adresse läßt sich auch mal wieder nicht eingeben. Und, oh Wunder, er weiß, wo unser Campground ist! Der Platz liegt direkt an unserer Straße, einfach noch sieben Meilen weiter geradeaus nach Süden – und schon sind wir am Ziel, dem Frisco Woods Campground am berühmten Cape Hatteras.

BTW: Die Fragerei ist immer schwierig und ein Risiko, die Leute sind meistens total desinteressiert und kennen oft nicht mal die einfachsten Dinge in ihrer eigenen Umgebung.

(Unser TomTom-Navi ist ja nun schon zehn Jahre alt und vergleichsweise uralt, aber meistens arbeitet es ohne zu murren brav und zuverlässig vor sich hin, warum also ein neues anschaffen? Deshalb darf es immer noch auf jede USA-Reise mit. Jedenfalls solange es nicht mehr als Ingrid herumzickt. Ingrid nehme ich ja auch immer wieder mit… Au! Warum werde ich jetzt geboxt?!)

Es ist 17:50 Uhr. Ich habe es gerne, wenn wir nicht so spät am Ziel ankommen und uns bei einem kühlen Drink und einer freundlichen Zigarre in der noch warmen Spätnachmittagssonne entspannen können. Umso besser läßt sich der zurückliegende Tag reflektieren.

USA Reise 2012

Wir bekommen für vergleichsweise teure fünfzig Dollar einen wunderschönen Stellplatz direkt am Pamlico-Sound (= Sund, Bay, Meeresarm) und haben (hätten!) nur noch ein, zwei Meter bis die Räder im Wasser stünden. Vor uns versinkt die Sonne so schön und langsam im Meer, als wäre es das letzte Mal. Wir sind natürlich schon wieder total begeistert. Hoffentlich kommt sie Morgen früh hinter uns wieder hoch. Erneut ein wunderschöner Reisetag mit vielen neuen schönen und interessanten Impressionen. Vielleicht sogar exklusiv. Denn ich glaube nicht, daß allzu viele Deutsche den Weg hierherfanden...

Kostenloses WiFi ist zwar vorhanden, aber ich habe vorhin vergessen, mir das Kennwort geben zu lassen. Jetzt noch den ganzen weiten Weg zum Office zurücklaufen – und dann vielleicht vor verschlossener Tür stehen, das tue ich mir nicht an. Ingrid nörgelt etwas.

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Alles wäre schön, wenn sich nur die beiden offensichtlichen Lesben gegenüber nicht ununterbrochen provozierend laut unterhielten und die Abendruhe störten. Dabei haben wir bestimmt nichts gegen lesbische Mädchen, wir sind mit ein paar von ihnen gut befreundet.

Da wir noch vom Mittagessen reichlich satt sind, gibt es heute Abend nur noch ein paar Kleinigkeiten zum Essen. Steak und Salat mit Garlic Bread und etwas restlichen Rotwein.

Ich bin erneut reichlich müde und liege schon um neun im Bett. Morpheus empfängt mich freudig mit offenen Armen.

Ingrid: Die Fahrt an der Atlantik-Küste entlang war einfach superschön.

 

7) Sonntag, 15. April 2012
Frisco, NC – Sealevel, NC = 35 Meilen

Ich hab's ja geahnt! Die Sonne ist nicht mehr wiedergekommen! Also deshalb hat sie sich gestern Abend so überwältigend von uns verabschiedet. Es ist auf jeden Fall sehr wolkig. Der weiße Reiher von gestern ist aber wenigstens wieder da und schon fleißig an der Arbeit.

USA Reise 2012  

Nachts haben die beiden Lesben noch reichlich und lange (Ingrid schätzt bis zwei) unheimlich laut geschwatzt. Ich habe mich ständig gewundert, daß sie keiner der anderen Camper zurechtgestutzt oder wenigstens in ihren kleinen Wohnwagen geschickt hat.

Um sieben stehen wir auf. Breakfast wie immer. Inzwischen hat es sich die liebe Frau Sonne überlegt und ist doch noch rausgekommen – und strahlt wie immer. Nochmal Glück gehabt! Temperatur warm. Endlich warm! Ein Kanute kommt vorbeigepaddelt.

Nachdem wir Klarschiff gemacht haben, starten wir gegen 11:15 Uhr. Ist ja Sonntag. Oder doch noch nicht, ich frage vorne in der Registration wegen der Fähre. Die beiden sehr hilfsbereiten Leute helfen mir und machen für uns telefonisch eine Reservierung. Außerdem fülle ich auch noch den Gastank auf. Das LPG-Gas ist hier bestimmt wieder teurer als sonst, aber wir müssen dann auch nicht so sehr nach einer Füllstation suchen. Jetzt sind wir wieder autark.

Der Weg ist leicht, einfach rechts rum, immer Richtung Süden, immer auf Highway 12 bleiben. Nach einer halben Stunde sind wir an der ersten Fähre, die dann um exakt 13:00 Uhr ablegt. Vierzig Minuten Fahrtzeit. Kostenlos!

(Ist in den USA ja oft so, die eine Fähre kostet nichts, die andere kostet, oder sie kosten nur in einer Richtung Geld, oder an einem Tag muß man bezahlen, am andern sind sie gratis...)

Die Gegenfähre begegnet uns auf halbem Weg. Meine Freunde, die Möwen begleiten uns.

USA Reise 2012

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USA Reise 2012

Eine Seefahrt, die ist lustig. Der Käpt'n fährt Schlangenlinien! Nein, er ist nicht besoffen, Alkohol ist auf allen Fähren streng verboten, unsere Fahrrinne ist so kurvig angelegt, überall sind rote und grüne Bojen und wir müssen uns da durchschlängeln.

Um 13:40 Uhr sind wir drüben und schiffen aus. Die Straße bleibt weiterhin wunderschön, links Atlantik und Dünen mit feinem Sand, rechts Natur, Gras, Büsche und die Bay. Ingrid meint sogar nach einem kurzen Stopp, daß das hier der schönste (Atlantik-)Strand ist, den sie je gesehen hat. Aber sie ist wahrscheinlich nur gut drauf. Wenn die Brise nicht wäre, (schließlich sind wir am Meer!), wäre es schon zu heiß, aber so ist es angenehm im warmen Wind.

USA Reise 2012

„Creeks“, kleine Flüßchen, Meeresarme, bei uns sagt man, glaube ich, Priele dazu, durchschneiden die einzigartige Naturlandschaft.

An der nächsten Fähre angekommen, haben wir noch fast zwei Stunden Wartezeit. (Sie fährt wohl nur drei, viermal am Tag.) Wir könnten das Auto hier stehen lassen und in den nahegelegenen Ort laufen, ruhen uns aber lieber aus und genießen die anfängliche Ruhe und den ruhigen Sonntag-Nachmittag. Eis essen und Kaffeetrinken können wir ja trotzdem. Für kurze Zeit sind wir die ersten und einzigen Fahrgäste, die auf die Fähre wollen, aber dann kommen immer mehr Autos an und reihen sich nach und nach hinter uns auf.

 

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Die Fährpassage (Ocracoke to Cedar Island) kostet für unsere Riesenkiste akzeptable 30 Dollar. Der Rück- und Umweg über Land wäre weit über dreihundert Kilometer lang geworden und hätte ein Vielfaches an Benzin gekostet. Und für das Geld bekommen wir hier eine zweieinhalbstündige Schiffsreise geboten. Abfahrt wieder absolut pünktlich um 16:30 Uhr. Der Käpt'n steuert einen großen weiten Bogen. Lange noch sehen wir das markante schwarzweiße Ocracoke-Lighthouse, den Leuchtturm. Weil die Reise dann aber doch etwas langweilig und eintönig wird, suchen wir einfach unsere mitgebrachten Schlaf- und Ruheräume auf und finden es dort sehr bequem…

Unterwegs begegnet uns auf halber Strecke wieder die Gegenfähre. Das Navi zeigt eine exakte und konstante Geschwindigkeit von immerhin 20 km/h an. Ein paar Autos und die Ducati vor uns bekamen übrigens wieder Bremsklötze untergelegt. Wir auch.

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Erneut werden wir von vielen eleganten Möwen begleitet, die erfolgreich aufpassen, daß unserem Schiff nichts passiert. Leider werden es unterwegs immer weniger.

Fahrplangenau um 18:45 Uhr legen wir wieder an und rollen kurz darauf von Bord. Eine halbe Stunde später sind wir auf dem Cedar Creek Campground in Sealevel, NC. Unser Stellplatz kostet günstige siebenundzwanzig Dollar. Hier spendet uns die Good Sams-Karte erfreuliche zehn Prozent Rabatt. Kostenloses WiFi darf man bei so einem niedrigen Preis allerdings nicht erwarten.

Der Chef kommt später extra noch zu uns an den Wagen und warnt uns vor morgendlichen beißwütigen Horden von Moskitos. Wir müssen ihm versprechen, aufzupassen. (Wie soll das eigentlich gehen?) Eine Abordnung kann es nicht lassen und saugt viel zu früh schon jetzt an uns herum, als wir noch kurz draußen sitzen (wollen). (Dürfen die das so früh abends schon?) Dabei könnte der Campingplatz so schön sein. Doch wir müssen Tribut zollen, denn im Wohnwagen sind sie auch schon; eine kleine Invasion hat zwischenzeitlich stattgefunden. Nach der dreißigsten totgeschlagenen Schnake höre ich auf zu zählen. Obwohl sie mir auch jedes Mal ein wenig leidtun. (Vielleicht werde ich ja mal als Stechmücke wiedergeboren...?)

Angenehm: Wir sind hier auf dem Platz die einzigen Übernachtungsgäste. (Jetzt weiß ich auch warum.) Also wird diesmal alles ruhig bleiben.

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Die fetten, possierlichen, scheuen Gänse, die wir heute schon so oft gesehen haben, meistens Pärchen, sind übrigens „Canadian Geese“, Kanadische Wildgänse, die zu faul geworden sind, für den Sommer zurück in den hohen Norden zu fliegen. Können die überhaupt noch fliegen, bei dem Startgewicht...?

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Zum Abendessen gibt es ein riesiges saftiges T-Bone-Steak mit kleinen „Mäuschen“, (Kartöffelchen), und Gemüse. Dazu trinkbaren Merlot aus Virginia. Und ein Eis. Warum sollen wir hungern und darben? Zuhause stelle ich mich vorerst einfach nicht mehr auf die Waage. Oder drehe sie einfach auf minus 5 Kilo zurück...

Ingrid: Der feine weiche Sand am Atlantikstrand hat mich heute ganz besonders beeindruckt. Und natürlich die Fahrt mit dem Schiff. Und das gemächliche Reisen ohne den sonst üblichen Zeitdruck. So finde ich neue Kraft! Das ist meine liebste Art des Reisens. Für mich ist das Luxus pur!

 

8) Montag, 16. April 2012
Sea Level, NC – Durham, NC = 233 Meilen

Aufstehen um sieben. Sonne scheint, es wird wieder warm werden. Die Gänse sind auch schon wieder da, diesmal sind sie zu dritt. So eine Ménage à trois (Dreierbeziehung) gibt es also auch im Tierreich. Sie watscheln putzig herum und zupfen sich ununterbrochen Gras aus der gemähten Wiese. Seit vorgestern Abend haben wir keine Heizung mehr gebraucht.

Die Klappe eines oberen Regalfachs fällt aus dem Scharnier. Sie wurde bestimmt schon fünfzigmal „repariert“, und ich muß es jetzt mit dem ausgeliehenen Schraubenzieher zum einundfünfzigsten Mal versuchen. Die drei Schraubenköpfe sind halt längst viel zu klein für die Löcher des Scharniers geworden. (Oder die Löcher zu groß.)

Schade, dieser Morgen hätte der angenehmste aller Morgen werden können, aber die schrecklichen blutrünstigen Schnaken sind einfach zu bösartig. Natürlich habe ich auf dieser Reise auch kein Abwehrspray mitgenommen – sonst hatte ich es immer dabei und noch nie wirklich gebraucht...

Heute will ich etwas mehr Kilometer machen, hm, Meilen natürlich, und sehe mir die Karte mal etwas genauer an. Wir haben Halbzeit und ich glaube, wir sollten mal langsam über unseren Rückweg nachdenken. Der zweite Teil der Reise beginnt.

Als nächstes Ziel gebe ich Waynesboro, NC ein; 750 Kilometer quer durch North Carolina nach Westen. Eigentlich wollte ich ja noch weiter nach Süden fahren, wenigstens bis Myrtle Beach, SC, aber das kann ich canceln. Vierzehn Tage sind halt einfach zu wenig. Viel zu wenig...

Wir starten um zehn Uhr. North Carolina bietet (jedenfalls auf der Karte) keine besonders schönen touristischen Straßen an, deshalb nehme ich einfach die (eher langweilige) autobahnähnliche US 70. Die Temperaturanzeigen an den Tankstellen stehen durchweg auf 85 bis 90°F. Jetzt haben wir die Hitze, die wir wollten, und meckern schon gleich wieder drüber...

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Pinien, Pinien, Pinien - Laubbäume sind hier eher selten. Der Verkehr ist OK, wir kommen ganz gut und ohne Stau durch. Rolling home – across the sea, äh, …country!

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An einer großen Shell-Tankstelle in New Bern kontrolliere ich die Luft in den Reifen. Will sie kontrollieren. Doch es ist kaum noch etwas Druck im Kompressor und der Chef muß erst gerufen werden. Er muß mit dem Auto von irgendwoher kommen und den Kompressor wieder flott machen. Dann gibt es keine Uhr dran, nur den nackten Schlauch. (Ist hier in den USA durchaus üblich.) Der primitive kugelschreiberähnliche Luftdruckmesser, den ich innen geliehen bekomme, zeigt nur bis 50 PSI an, wir haben aber mindestens 80 PSI drauf. Und dann kommt man nicht an die Ventile der innenliegenden Reifen der Hinterachse. Ich fülle die erreichbaren Reifen deshalb einfach nach Gefühl etwas auf. Aber man muß hier schon froh sein, wenn die Luft nichts extra kostet. Und wenn man sie überhaupt bekommt.

BTW: Hier in New Bern, NC wurde Pepsi Cola erfunden. Kann man da überhaupt von „Erfinden“ sprechen? Vielleicht sollte ich „entwickelt“ schreiben.

Welcome to the Pepsi Store! The Birthplace of Pepsi Cola.

Am Nachmittag gibt es Probleme. Der angebliche Campground in Raleigh entpuppt sich als total ungeeignet, hier gibt es offenbar nur Dauermieter. Das Office ist geschlossen. Und es gefällt uns hier auch nicht. Deshalb fahren wir zwanzig Meilen weiter nach Durham.

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Der alternative Campground Birchwood in Durham ist schwer zu finden, weil im dicken Buch keine Adresse angegeben ist. Wir müßten anrufen. Ja, solche Dinge gibt es auch. Wir müssen etwas suchen und hin- und herfahren, meistens genau gegen die schon tiefstehende Sonne, finden ihn dann aber letztlich und überraschenderweise doch noch (wie Erlkönig, mit Mühe und Not - aber wir sind wenigstens nicht tot...) und erreichen ihn gegen 19.00 Uhr. Der Chef ist Vietnamese und akzeptiert nur Bargeld. Günstige zweiunddreißig Dollar. Und es gibt keine Quittung. (Die Gründe für die Barzahlung kann ich mir übrigens lebhaft vorstellen...)

Unser Campground liegt ganz angenehm und romantisch mitten im schattig-grünen Wald.

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Ich erfahre von den Nachbarn, daß es hier in Durham ein berühmtes und anerkanntes Krankenhaus gibt, zu dem auch viele Leute aus Deutschland kommen. Und natürlich auch aus vielen anderen Ländern.

Nachdem wir uns lange genug (unnötig) gequält haben, schalte ich doch noch eine der beiden Klimaanlagen ein.

Nach dem Abendessen schreibe ich wie immer am Bericht herum und Ingrid genießt die Freuden des Internets auf ihrem doofen i-Pad. (Ja, ich mag keine Apfel-Produkte!)

Ingrid: Ein schöner gemütlicher Tag, leider ohne Highlights. Nur das abendliche Suchen hätte nicht sein müssen. Aber Wilfchen bleibt dann ja ganz gelassen. Gut, daß es hier endlich WiFi gibt.

 

9) Dienstag, 17. April 2012
Durham, NC – Marion, NC = 200 Meilen

Aufstehen um acht. Wetter sonnig und warm. Golden glitzernde Sonnenstrahlen finden ihren Weg durch das grüne Laubwerk über uns. Heute frühstücken wir zum ersten Mal draußen. Wir stehen in einem großen gepflegten Park mit jeder Menge, endlich, Laubbäumen. Vögel zwitschern nach Herzenslust und picken nach Würmern, Eichhörnchen schlagen Purzelbäume und sausen gut gelaunt die Bäume rauf und runter. Wenn wir Zeit hätten, würden wir es ihnen gerne nachmachen – oder wenigstens noch einen Tag länger bleiben.

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Abfahrt um zwölf. Ich weiß gar nicht, warum es immer soo spät wird? Wir wollen heute noch weiter nach Westen, Zielpunkt ist Cherokee, NC. Laut Navi 436 km. Dort beginnt der Blue Ridge Parkway in den Shenandoah Mountains. Eine lange Autobahnfahrt steht uns bevor. Aber dafür werden uns nicht mehr so viele Ampeln wie gestern nerven.

Als erstes kommen wir durch Orange County, das gibt’s also nicht nur südlich Los Angeles' oder „das richtige“ im Nord-Osten.

Die I-40 ist hügelig, und läuft auf und ab. Und die Lkw sind jetzt auch endlich da. Diese Interstate ist offensichtlich eine wichtige Querverbindung. Ich fahre meistens mit 2.000 bis 2.500 Upm = 60 bis 70 mph. Auf zwei Abschnitten sind offiziell sogar siebzig erlaubt, sonst hier im „Mittleren Osten“ nur 65 mph.

Unsere Kiste ist diesmal nur zwölf Fuß hoch, nicht wie beim letzten Mal dreizehn. So brauchen wir auf niedrige (zu niedrige) Brücken nicht mehr so sehr aufzupassen. Trotzdem ziehen wir dann jedesmal noch immer unwillkürlich die Köpfe ein. Quer oder schräg über die Straße verlegte Telefonkabel bereiten mir auch immer wieder etwas Sorge. Man könnte den berühmten Wunsch für Seefahrer auch etwas abwandeln: Und habt immer eine Handbreit Luft über Eurem Dach!

Ganz schön fortschrittlich: In einer der üblichen Wiegestationen (Weigh Stations) werden die großen Lkw während der Durchfahrt gewogen und brauchen nicht total anzuhalten.

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Nach einer Stunde, gegen 13:00 Uhr, machen wir unsere erste Pause. Bei JR.

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Hier gibt’s den weltweit größten Zigarrenladen, fast so groß wie bei uns so mancher Supermarkt. Frauen können hier ihre Männer abgeben, die gemütlich eine Zigarre rauchen dürfen, während ihre „Muttis“ (sprich Frauen) einkaufen. Eigentlich sehr schade: Ich lasse Vernunft walten und ignoriere die Vielfalt des Angebots, die Auswahl ist mir wirklich viel zu groß, (sooo viel Zeit haben wir nun auch nicht), und die Preise sind mir zu klein gedruckt, ich müßte erst meine Lesebrille im Auto holen. Habe (hatte) ja auch genug Zigarren dabei. (Zwei Kisten à 25 Stück, darf ich das überhaupt? Bin immer zu bequem/faul, um endlich mal nachzusehen.) Zuviel Rauchen ist sowieso ungesund und soll der Potenz schaden.

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Um 14:30 Uhr machen wir Mittagspause auf einem der spärlich gesäten Rastplätze, überhaupt erst der zweite heute. (Insgesamt sehen wir heute nur drei!) Dies ist erneut der heißeste Tag unserer Reise, wir haben draußen deutlich über 90°F. Wir „safteln“ (schwitzen) ganz schön, wie Harry immer sagt.

Ich tanke für zweimal 75,00 Dollar. (Amerikanische Tanksäulen schalten sich gerne bei fünfundsiebzig oder hundert Dollar ab. Man muß dann die Prozedur mit der Kreditkarte einfach wiederholen.) Unser Tank ist trotzdem noch nicht voll; er faßt immerhin locker 75 Gallonen (ca. 280 Liter). Dann kaufen wir nebenan etwas bei Food-Lion ein und als wir ans Auto zurückkommen, nieselt es etwas. In der Ferne hört man es donnern.

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17:30 Uhr. Plötzlich tauchen hohe Berge vor uns auf. Die Great Smoky Mountains. Als wir von der Autobahn runterfahren, sind wir sofort wieder auf der Old US 70, die uns den ganzen weiten Weg vom Atlantik parallel zur I-40 begleitet hat.

Um kurz vor sieben erreichen wir unseren Campground, Buck Creek Campground & Driving Ranch, Marion, NC. Wir sind immerhin schon ca. fünfhundert Meter hoch. Hier kann man Campen und/oder seine Golf-Abschläge trainieren. (Zufällig geht das ja auch schon aus dem Namen hervor.) Wieder muß ich bar bezahlen, durchaus günstige 33 Dollar. Ein Phänomen, das mich immer wieder verwundert. Ich dachte, die USA haben extra Kreditkarten erfunden, um das Bezahlen einfacher zu machen?! Auf der anderen Seite kann man oft kleinste Beträge mit der Karte bezahlen.

Wir haben Glück und können uns einen sehr angenehmen Stellplatz direkt am Rande der Driving Ranch aussuchen, mitten im saftigen Grün. Wir sind auch hier ganz allein. Links neben uns ist ein romantisch rauschender Bach unter vielen Bäumen. Erneut ein wunderschöner Campground. Auch hier würden wir gerne noch einen weiteren Tag bleiben. Sogar mit kostenlosem WiFi. Nur die Abendsonne fehlt uns ein bißchen.

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Unser eigentliches abendliches Ziel habe ich gecancelt, wir hätten noch eine Stunde weiterfahren müssen und Ingrid will lieber Feierabend machen. Sie muß ja auch noch Kochen und Spülen. Und mit den Kindern Skypen. Und Solitär und was weiß ich alles spielen...

Es regnet sich ein. Heftiger Schnürlregen. Blitz und Donner gibt es später gratis dazu. Im Atlas sehe ich, daß der Blue Ridge Parkway hier nur noch zehn Meilen entfernt ist. Bis morgen früh müssen wir uns entscheiden, ob wir dorthin hoch oder zurück zur Autobahn fahren. Unsere Autobahn überquert ihn aber morgen in Ashville auch noch zwei, dreimal. Ich warte mal ab, wie das Wetter morgen früh ist. Ich will jetzt nichts entscheiden.

Zum Abendessen gibt es ein außerordentlich saftiges und zartes Steak mit köstlichen roten Kartöffelchen und Salat.

Um neun liege ich im Bett, Ingrid bleibt noch etwas auf. Die Stiche der frechen Moskitos von vorgestern nerven noch immer.

 

Ingrid: Der Tag war echt heiß und die Autobahn sehr lang, aber ich liebe diese langsame und bequeme Art des Reisens. (Wenn nur die abendliche Spülerei nicht wäre. Eigentlich müßte auch noch eine Spülmaschine mit an Bord sein.) Abends dann die Regentropfen, die auf unser Dach klopfen, einfach gemütlich! Hoffentlich regnet es die ganze Nacht durch. Aber Morgen soll bitte wieder die Sonne scheinen!

 

10) Mittwoch, 18. April 2012
Marion, NC – Sylva, NC = 91 Meilen

Wir stehen um acht auf. Schade: Es regnet nach wie vor die sprichwörtlichen Bindfäden. Google Earth zeigt uns ein riesiges langgestrecktes Regengebiet zwischen Maine und Florida, und wir sind mitten drin. Morgen soll es durch sein und die Sonne wieder scheinen. Also nicht schlimm.

Schlimm ist das mehrmals aufs Neue verstopfte Klo, äh, Blümchen. So alte Mietfahrzeuge taugen halt hinten und vorne nichts. Am Dach dringt längst Regenwasser ein; der Dachhimmel ist schon an verschiedenen Stellen feucht. Die ganze Nacht hat es irgendwo hinter dem Kühlschrank getropft. Jetzt fehlte nur noch, daß wir überall Schüsseln und nicht vorhandene Eimer unterstellen müßten…

Immer wieder witzig: Wir sitzen weit weg von zu Hause und hören die heimischen Staumeldungen in NRW oder Rheinland-Pfalz. Zusätzlicher Trost: Das Wetter zu Hause ist genauso mies wie hier, Regen, 12°C.

Um halbzwölf fahren wir los. Erst ein Stückchen Landstraße, sie mündet von selbst in die I-40, auf der wir heute ein Stück weit bleiben. Erst zum Schluß biegen wir wieder ab und fahren noch vierzig, fünfzig Kilometer autobahnähnliche Landstraße.

Die Berge werden spitzkegelig. Und ungewohnt hoch. Wir sind halt in den Appalachian Mountains. Ein „Paß“ mit immerhin etwas über neunhundert Metern muß überquert werden.

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Ingrid möchte heute wieder etwas ausspannen und nicht so viel Zeit mit Fahren verbringen, deshalb suche ich uns einen schönen Campingplatz in der Nähe. (Das ist eben der Luxus, man hat die Freiheit, überall, wo ein Campground ist, Station zu machen. Er muß nur geöffnet sein. Es gibt hier in der Umgebung eine ganze Reihe Plätze, die nach der Winterpause erst am 1. Mai wieder öffnen. Und WiFi muß es geben. Darauf achte ich jetzt immer.)

Gegen vierzehn Uhr sind wir schon am heutigen Ziel: Fort Tatham RV Park in Sylva, NC, immerhin auf fast tausend Meter Meereshöhe, direkt zwischen Tatham Creek und Savannah Creek, zwei Bächen, sehr romantisch, nein, sehr idyllisch gelegen. Kreditkarte wird sogar akzeptiert. Hier kann man sich sogar noch (kostenlos?) Videokassetten ausleihen. Ich sehe ein ganzes Regal davon.

Gestern waren wir in Marion, heute (fast) in Sylvia. Ich liebe einfach Orte, deren Namen mir gefallen. Es gibt hier ja ständig Ortsnamen, die einem aus anderen Ländern oder sonst woher bekannt sind.

Wir haben einen schattenspendenden Stellplatz unter hohen Bäumen bekommen. Wie Hermann Hesse liebe ich alle Bäume und suche gerne ihre Nähe.

Übrigens: Man sollte in der Registration immer extra nach einem schönen Platz fragen. Manchmal hilft so etwas. Und sich nicht scheuen, notfalls auch mal zu tauschen. Brauchte ich auf dieser Reise aber noch nicht. Oder „aus Versehen, sorry“, einfach den schöneren Stellplatz neben dem zugeteilten nehmen. Das ging auf unseren Reisemobil-Reisen bisher noch immer gut.

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WiFi gibt’s auch. Ingrid ist zufrieden. Und wenn sie es ist, bin ich es auch. Sogar der Regen hat aufgehört und am Himmel wird es wieder deutlich heller. Der Wetterbericht kündigt für morgen, Donnerstag, und übermorgen, Freitag, wieder Sonne an, danach Regen, Gewitter und Schneeschauer...

Nebelwölkchen („Hexen“) schieben sich durchs Tal. Wenn der Regen mal nicht herunterprasselt, tröpfelt es noch stundenlang von den Bäumen aufs Dach.

Abends regnet es wieder. Also schon wieder keine meiner geliebten Zigarren. Die Eichhörnchen haben sich längst in ihre warmen Baumhöhlen zurückgezogen, räumen ihre Wohnungen auf und trocknen ihre nassen Sachen, also vor allem ihre Pelzkleider.

Als Trost gibt es zum Abendessen eine große Pizza mit knusprigem Garlic Bread. Die Kilos sind doch egal. Ein schöner runder Bauch muß schließlich gut gepflegt werden...

Ingrid: Ein einfacher und trotzdem schöner Urlaubstag geht heute vorbei. Für morgen bin ich wieder zu Allem bereit.

 

11) Donnerstag, 19. April 2012
Sylva, NC – Asheville Swannanoa, NC = 135 Meilen

Um 7 Uhr stehen wir auf. Wo ist das Beschwerdebuch? Frau Sonne ist nicht zur Arbeit erschienen! Vielleicht ist auch unser Tal nur zu eng und tief, und draußen, auf der anderen Seite der Berge, scheint sie schon längst? Na, OK, wenigstens hat der Regen aufgehört.

Um neun lichten sich die Wolken und die Sonne kommt raus. Was wollen wir mehr?

Halbelf. Anker auf! Wir ziehen den Anker hoch und legen ab. Zwanzig, dreißig Kilometer sind es bis nach Cherokee. Dort wollen wir auf den Blue Ridge Parkway abbiegen, dessen offizielles Ende dort ist. Schon lange sind wir in unendlichen Wäldern mit Laubbäumen. Wir lieben die Gegend hier.

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In Sylva nehmen wir ein Frühstück bei Bojangles ein, das uns beiden aber nicht so sehr schmeckt. Auf dem großen Parkplatz ist auch ein Wal-Mart Supercenter und natürlich muß Ingrid dringend da rein. Nur ein paar wichtige Kleinigkeiten...

Danach geht’s endlich los. Nach einer halben Stunde ist Cherokee erreicht. Jede Menge Läden und Tourismus mit entsprechend viel Verkehr. Indianerland.

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Wir diskutieren und überlegen, in welchem der vielen gleichaussehenden Motels am Ufer des Flusses wir letztes Mal übernachtet hatten.

Am Ortsausgang kommen wir an einem riesigen 17stöckigen Spielcasino vorbei. Die gibt es ja in (fast) allen Indianerreservaten. Dieses hier ist zweifellos eine unverzeihliche Bausünde. Das Parkhaus allein hat schon vier, fünf Etagen.

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Wir biegen gleich rechts auf den Blue Ridge Parkway ab, der hier beginnt, nichts kostet und exakt 469 Meilen lang ist.

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Es geht sofort steil in leichten Kurven aufwärts. Zwei Tunnel werden durchfahren, die Höhe ist für unser Auto OK. Wir freuen uns auf eine unkomplizierte gemütliche Fahrt durch die Berge und durch die Frühlingslandschaft.

Driving Skyline Drive - Shenandoah National Park

13:08 Uhr. Tja, der nächste Tunnel ist zu niedrig! Zulässige Durchfahrtshöhe nur elf Feet, wir haben aber zwölf! Das ist wieder typisch für Amerikaner, direkt vor dem Hindernis das Schild, vorher kein Hinweis, keine Warnung, nichts. Umständlich muß ich ein paar hundert Meter zurück rangieren, um unseren Dampfer zu wenden und dann die fünf, sechs Meilen zurückfahren. Im Visitor-Center erkundige ich mich nach den Durchfahrtshöhen der Tunnel und Brücken auf dem Blue Ridge. Auch das ist, wie immer, ein Problem. Die erste Rangerin weiß es gar nicht. (Das ist normal!) Die hinzugezogene zweite meint, daß es nur hier in der Gegend ein paar für uns zu niedrige Durchfahrten gibt und empfiehlt mir, dieses kleine Gebiet zu umfahren. Im weiteren Verlauf soll es dann (wahrscheinlich!) keine Probleme mehr geben. (Später sehe ich nach, es gibt auf dem Blue Ridge vorerst wirklich nur die drei hiesigen für uns zu niedrigen Tunnel.)

Wir folgen dem Vorschlag und sind gegen 14:15 Uhr endlich wieder auf dem Blue Ridge zurück. Alle weiteren, oben abgerundeten, Tunnel (oder heißt der Plural korrekt „Tunnels“?) haben dann mindestens dreizehn Fuß und sind also hoch genug. Wir kratzen nirgends mit unseren Aufbauten entlang.

Im Internet lese ich: John Denver hat die Straße mit seinem Song „Country Roads“ unsterblich gemacht: "Blue Ridge Mountains, Shenandoah River…", singt er, "almost heaven, West Virginia..."

Dem Himmel kommt man wirklich selten so nah wie auf diesem Parkway.

(Am Ende füge ich noch den gesamten Text dieses Liedes ein.)

Das Wetter ist sonnig und warm. Ein schöner Tag. Bald sind wir am höchsten Punkt des Blue Ridge, immerhin 6.047 Feet, knappe respektable zweitausend Meter.

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Viele Bäume sind tot, von Käfern (Borkenkäfern?) zerstört, die aus Europa eingeschleppt sein sollen. Andere Bäume schlagen hier oben jetzt erst aus. Erste Weidenkätzchen sind zu erkennen.

Der Blue Ridge ist eine in den 30er Jahren ausschließlich für touristische Bedürfnisse gebaute schmale Straße. Er führt meist oben auf den Bergen entlang und bietet ständig unglaublich tolle Ausblicke in die weite Landschaft. Gerade sehen wir von hier oben Waynesville und die Autobahn I-40 ganz unten im Tal.

Blue Ridge Parkway – Wikipedia

Reichlich schöne Landschaft kommt uns hier entgegen. Wasser tropft an felsigen Bergwänden herunter. Kleine Wasserfälle sind am Straßenrand, ein, zwei größere im Hintergrund. Die Straße ist sehr schmal, wir benötigen exakt die eine Hälfte, gut, daß uns keine anderen RVs begegnen, wir sind das einzige. Die Saison hat wohl noch nicht richtig begonnen.

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Einer der Nachteile unseres breiten Autos: Man kann nicht einfach mal kurz anhalten oder gar schnell mal wenden. Solche Aktionen werden dann sofort zu einer großen schwierigen Aufgabe…

Zulässige Geschwindigkeit: 45 mph. Die anderen Autos können und wollen uns nicht überholen. Die meiste Zeit besteht sowieso Überholverbot. Zwei durchgezogene gelbe Linien in der Mitte. Ich fahre deshalb gelegentlich mal einen der zahlreichen Overlooks (Aussichtspunkte) an. Zum Glück herrscht wenig Verkehr. Es gibt nur Pkw und Motorräder. Und lästige Fahrräder. Je zu einem Drittel. Gewerblicher Verkehr ist streng verboten. Auch jegliche Art von Werbung, also keinerlei Reklametafeln. Dafür gibt es aber auch so gut wie keine Tankstellen, und nur ein paar ganz, ganz seltene Country-Stores für die wichtigsten Einkäufe in den Visitor-Centers. Die Campgrounds entlang des Blue Ridge halten noch Winterschlaf bis Anfang Mai.

So tief die Abgründe am Straßenrand auch sein mögen – und auch sind, es gibt nur selten Leit“planken“, und dann sind sie auch nur aus Holz.

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Gegen 18:30 Uhr erreichen wir unseren heutigen Campground, den Asheville East KOA in Swannanoa, NC. (Eigentlich mag ich ja keine KOA-Plätze, weil sie oft etwas überteuert sind.) Natürlich, der Platz liegt schon wieder an der US 70, die uns auf dieser Reise ständig begleitet.

Doch unser Stellplatz kostet heute günstige 36,90 Dollar und liegt direkt am Swannanoa River. Obwohl unser Platz nur zehn Meter entfernt und somit direkt vor unserer Nase liegt, werden wir wie immer von einem Mitarbeiter im Golf-Cart hingeführt. Der Typ will, daß wir uns mit dem Hinterteil zum Fluß (und somit gegen die Aussicht auf den Fluß) hinstellen und ich muß ein bißchen mit ihm diskutieren und ihm seine Einwände ausreden. Der Typ guckt mir beim Hin- und Herrangieren noch zu und hofft offensichtlich, daß unsere Leitungen nicht reichen. „Fucking Germans“ denkt er jetzt bestimmt gerade. Doch zum Schluß reichen Stromkabel und Wasserschlauch. Gerade so.

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Putzige Enten kommen bis ans Auto, um zu betteln. Eine sieht aus wie Donald, nur Weste, Fliege und Hütchen fehlen ihr bzw. ihm noch. Daisy kommt auch noch bei uns vorbei. Das WiFi ist diesmal deutlich schneller als die ganzen Tage.

 

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An einem großen Wohnmobil neben uns ist da, wo wir den kleinen Kratzer haben, die linke hintere Ecke richtig aufgerissen. Scheint also öfters vorzukommen.

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Zum Abendessen gibt es erneut köstlich-saftiges Steak. Das können die Amis ja. Und sehr gute Kartöffelchen aus kleinen Plastikbeuteln, die man einfach in die Mikrowelle legt, acht Minuten, und die wir morgens bei Wal-Mart gefunden haben.

Danach bin ich rechtschaffen müde und verschwinde in unserem kuscheligen Bett. Ingrid spielt lieber noch mit ihrem doofen iPad.

Ingrid: Welch ein wunderschöner Tag mit vielen neuen Eindrücken. Ich bin hier sehr gerne. Wilf und das Auto freunden sich immer mehr an und verbünden sich gegen mich!! Trotzdem fühle ich mich bei den beiden gut aufgehoben.

 

12) Freitag, 20. April 2012
Asheville Swannanoa, NC – Vilas, NC = 113 Meilen

Um halbacht stehen wir auf. In der Nacht hat sich noch ein Wohnmobil neben uns gestellt und Radau gemacht. Außerdem sind die I-40 und die US 70 ganz in unserer Nähe - und eine Eisenbahnlinie. Die schöne (leise) Zeit ist also merklich zu Ende. Das schöne Wetter wohl auch. Es ist trüb und kühl. Erstaunlich: Wir haben hier exakt das gleiche Wetter wie zu Hause. Im Moment 60°F/16°C. Ich will nachher mal nachsehen, ob wir die Route ändern. Prompt kommt die Sonne ab und zu raus und scheint uns dann immer zuzurufen: Bleibt doch auf dem Blue Ridge! Na gut, ich bin überredet...

Oder sollen wir hier einen weiteren Tag verweilen? Eine Stadtbesichtigung (Historic Asheville) böte sich an. Und ein ruhiger Nachmittag. Doch ich entscheide mich dagegen, will lieber noch ein Stück fahren. Wer weiß, was kommt, Mittwochmorgen muß das Auto zurückgegeben werden. Und es sind noch 470 Meilen nach Washington, DC.

Wir tanken nochmal voll und sind gleich wieder auf dem Blue Ridge Parkway. Heute gibt es hier noch mehr lästige Radfahrer als gestern. Da heißt es, ständig auf der Lauer zu sein und rechtzeitig unseren Dampfer abzubremsen, falls in dem Moment auch noch Gegenverkehr kommt. Die Straße ist einfach zu schmal.

Es ist wolkig, aber wir sind wettermäßig trotzdem ganz zufrieden, solange es nur nicht regnet. Viele bunte Blumen gibt es am Straßenrand, Löwenzahn hat sich schon in Pusteblumen verwandelt, aber deutsche Butterblumen blühen gelb, (ein Zeichen, daß bald Muttertag kommt), weiße Anemonen, auch wie zu Hause, und was weiß ich alles, wir haben einen guten Zeitpunkt erwischt. Die Bäume werden hier oben auch schon grün, unten sind sie es schon lange. Anfang bis Mitte Mai dürfte die perfekte Reisezeit für den Blue Ridge sein.

Reichlich Nebel schmiegt sich oben um die Bergkuppen und liegt deshalb auch dick und fett auf unserer Straße herum, mit entsprechend sehr kurzer Sichtweite. Hier vermisse ich Radar, um die Radfahrer eher erkennen zu können.

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In zwei Baustellen wird der angehaltene Verkehr jeweils von einem Pilot Car durchgeführt. Ich sag’s ja immer, die Amis stellen sich oft saublöd an…

Und, das ist jetzt kein Witz, sie können (wollen) einfach keine Kurven fahren! Wenn dann doch welche kommen, sind sie oft total hilflos und überfordert…

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Am berühmten Linville-Viadukt (Linn Cove Viaduct, Milepost 304) mache ich ein paar Fotos, aber die Zeichnung auf dem Einband meines USA-Atlasses ist eigentlich viel besser.

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Die Straßenbrücke führt hier nicht gerade von A nach B, von einem Ufer ans andere, sondern schmiegt sich vielmehr seitlich an den Berg und folgt ihm mit mehreren Windungen.

Linn Cove Viaduct, MP 304 - Blue Ridge Parkway  

Nachmittags biegen wir ab und kommen durch Boone, NC, einer sehr „rührigen“ kleinen Stadt mit viel Verkehr. Hier kommt Daniel Boone her und alles Mögliche (und Unmögliche) wurde nach ihm benannt.

16:30 Uhr. Unser Campingplatz ist im nächsten Ort, in Vilas, NC, und heißt Vanderpool Campground. Es ist niemand im Office und so suche ich uns einfach einen uns genehmen Platz im Grünen aus. Das Wohnmobil steht mal wieder sehr schief. Erneut bewährt sich das intelligente altersschwache Anhebesystem mit den vier ausfahrbaren eisernen Beinen, die unser Fahrzeug völlig automatisch hochfahren und dann waagerecht ausrichten. Es hakt manchmal und das eine oder andere Bein steht etwas schief, aber irgendwann funktioniert es dann doch noch ganz zufriedenstellend. Früher mußten wir immer die gelben Plastikfüße drunterlegen und drauffahren, um die Kiste wenigstens halbwegs waagerecht hinzustellen.

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Hier ist es angenehm warm und wir verbringen einen gemütlichen Nachmittag. Später kann ich im Office bezahlen, in bar, für etwas heruntergehandelte 32,25 Dollar. WiFi gibt es auch. Auch hier sind wir schon wieder die ersten Deutschen, die die Frau zu Gesicht bekommt.

Zum Abendessen gibt es erneut hervorragendes Steak, Mikrowellen-Kartöffelchen und ganz normalen Rosenkohl. Warum soll es ihn auch nicht hier geben? Dazu trinkbaren Virginianischen Merlot 2010.

Heute Abend bin ich mal nicht so müde und wir verbringen einen ruhigen Abend mit Eis, Gesprächen, Erinnerungen, Wein, deutschem nächtlichem Radio und schöner Musik aus meinem Handy.

 

Ingrid: Alles in allem ein schöner Tag. An die Kurven habe ich mich gewöhnt und Wilf war besonders lieb zu mir und ist nicht zu schnell durch die Kurven gefahren. Dafür habe ich mir in der Küche besondere Mühe gegeben und verwöhne ihn.

 

13) Samstag, 21. April 2012
Vilas, NC – Salem, VA = 176 Meilen

Aufstehen um acht Uhr. Sonne mit Wolken, 66°F = warm genug. Wir können zum zweiten Mal draußen frühstücken. Abfahrt gegen elf Uhr. Ich bleibe auf unserer ursprünglichen Route.

Immobilien-Makler müssen hier bestimmt hungern und darben. Auf unserer gesamten Tour von Washington zum Atlantik, quer durchs Land und wieder zurück haben wir nur ganz, ganz selten mal ein Haus gesehen, das zum Verkauf stand. Das war kürzlich im Nordosten (in den Neuengland-Staaten Maine, Massachusetts, New Hampshire, Vermont usw.) ganz anders, da war oft fast jedes zweite, dritte Haus zu verkaufen. Hier an der mittleren Ostküste muß es den Leuten noch ganz gut gehen. (Außer Häuser-Maklern!)

Nach einer Stunde, gegen zwölf Uhr, sind wir wieder auf dem Blue Ridge. Heute gibt es noch viel weniger Verkehr als die letzten Tage, auch kaum Radfahrer. Von hinten kommt auch niemand, ich muß kein einziges Mal rechts ran fahren. Dabei ist doch heute Samstag. Aber die Saison beginnt auch erst übernächste Woche, am 1. Mai. Das wissen auch die die vielen Rhododendren am Straßenrand, sie warten noch, bis sie ihre dicken Knospen aufplatzen lassen.

 

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Im Internet hatte ich gelesen, daß es zwei Vollsperrungen auf dem Blue Ridge im Winter gab, die aber ab Anfang April verschwunden sein sollten. Die hiesige Sperrung (Meile 218 bis 237) ist noch nicht freigegeben und so müssen wir auf den Highway 18 durch Sparta ausweichen. Erst sind wir ja etwas unzufrieden, aber schnell merken wir, daß das hier auch eine brauchbare Straße für uns ist, neu gemacht, viele Kurven, eine an der andern, auf und ab, weit gehen unsere Blicke in die Landschaft und dazu immer noch Sonne. Und die Natur ist hier unten auch viel weiter entwickelt.

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Wir sind vergnügt und guter Dinge und genießen die Abwechslung, mal etwas schneller fahren zu können. Ingrid muß natürlich ab und zu ihre Angstgeräusche abgeben. Hier wäre mal wieder eine perfekte Motorradstrecke. Nach dreißig, vierzig Kilometern sind wir wieder auf dem Blue Ridge und ich fahre wieder brav.

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Schade, das Blue Ridge Music Center ist noch geschlossen. Dabei hatten wir uns so sehr darauf gefreut; beim letzten Mal hatten wir viel Vergnügen mit der uns vorgespielten Live-Musik. Na, OK, werde ich halt mal nach ein paar CDs Ausschau halten.

Die Straße bleibt ständig auf um die zweitausend Feet Höhe, also so um die sechs-, siebenhundert Meter und schlängelt sich durch die naturbelassene Gegend. Nur leider sind alle Campgrounds, Visitor-Centers, Restrooms usw. noch geschlossen. Auch Mabry Hill mit seiner berühmten alten Mühle.

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Viele Autos biegen ab, parken, Leute steigen aus und laufen zum Hauptgebäude, nur um vor verschlossenen Türen zu stehen. Auch die Toiletten sind verbarrikadiert. Wir beobachten es während unserer etwas verspäteten Mittagspause. (Das ist wieder so eine typische Situation für Amerika. Kann man kein von der Straße aus sichtbares Schild aufhängen?? Wie viele Leute sich da jeden Tag darüber ärgern müssen.) Nur gut, daß wir unser Klo immer dabei haben. Und Wohnzimmer, Küche, Schlafzimmer…

Ganz unbemerkt haben wir vorhin die Grenze von North Carolina nach Virginia überfahren. (Nein, keine Sorge, es ist ihr dabei nichts passiert, sie ist unverletzt geblieben...)

Mal so nebenbei: Mülltrennung gibt es hier in Amerika nur ganz selten. Die Amis sprechen zwar ständig von Umwelt und Umweltschutz (Environment), ändern aber kaum etwas. Wir bekommen es hautnah auf den Campingplätzen mit. Und wenn es mal ganz selten Müllsortierung gibt, wird sie, hm, doch sehr vernachlässigt, oder, um es ganz offen zu sagen, verweigert. Klimaschutz (Climate Change) ist hier nur ein eher unbeliebtes Wort und hat auch nur eine Alibifunktion. Die Toiletten in den Hotels verschwenden noch immer unglaublich viel Wasser, es gibt nur selten mal eine „Pinkeltaste“, auch da ändert niemand etwas dran. Solarzellen und Sonnenkollektoren für Strom und Wasser, Windräder, alles uninteressant. Nach wie vor werden die Motoren laufen gelassen und Energie verschwendet. Und Wasser natürlich auch. Das Umdenken erfolgt hier nur sehr zaghaft und wird wohl noch Generationen dauern...

Viele Campgrounds gibt es hier in der Umgebung nicht zur Auswahl. Entweder sind sie noch geschlossen oder haben kein Internet. Ich finde schließlich einen in Salem und wir müssen vom Blue Ridge abbiegen. Wir kommen durch Floyd durch. Ist das das Floyd vom ollen Pink? (Nein, ist es nicht, das sind ja Engländer. Hat sich der Ort denn dann nach ihnen benannt? Nein, auch nicht. Beim alten Boone war das gestern die Ausnahme.)

Nach dreißig Kilometern Landstraße und ebensoviel Autobahn sind wir gegen halbsechs am Platz, Dixie Caverns, Salem, VA. Der Campground liegt in einem schmalen Taleinschnitt. Die Frau im Office bleibt hart und läßt diesmal leider nicht mit sich über den Preis verhandeln; ich muß etwas über dreißig Dollar bezahlen. Der Preis ist trotzdem OK. WiFi gibt es, Ingrid freut sich. Jetzt kann sie gleich wieder stundenlang mit den Kindern zuhause videofonieren.

 

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Zur Begrüßung regnet es erstmal kurz und heftig. Erneut liegt ein langes, dickes, fettes Schlechtwettergebiet von Nord nach Süd über der gesamten USA-Ostküste. Einziger Trost: Sogar in Florida regnet es, aber dort ist es zehn Grad wärmer! Ursprünglich wollten wir ja dorthin.

Zum Abendessen gibt es Spaghetti mit brauchbarer Tomatensoße und schrecklichen Plastikflöckchen, angeblichem „Parmesan“, (aber kein Vergleich mit den von uns so heißgeliebten Miracoli), Steak und Salat. Und die restliche halbe Flasche Merlot aus Virginia. Aus der Region also. So soll man es doch machen.

(Tja, jeden Tag Steak, das ist bei mir etwas ungewöhnlich. Wer mich kennt, weiß, daß ich eher selten Fleisch esse, und schon gar nicht jeden Tag. Aber man muß auch schonmal seine Prinzipien vernachlässigen dürfen. Vor allem, wenn das Fleisch um so vieles besser ist als bei uns in Deutschland. - Und das Beste daran: Wir haben noch mehr im Kühlschrank...)

Gute Nachrichten, obwohl ich ja bekanntermaßen nicht der Sportler bin: Dortmund hat die Meisterschaft vorneweg fest in der Tasche, (Kloppi for President!), die Bayern liegen weidwund am Boden auf Platz 2, lecken ihre Wunden und jammern, der HSV bleibt mit etwas Glück in der Bundesliga, Gladbach weiterhin weit oben, Vettel in Bahrain endlich mal wieder auf der Pole. Was will man mehr? Und das Beste: Wenn wir nach Hause zurückkehren, werden wir schönes Wetter bekommen. Endlich Motorradfahren...

Also da trinke ich doch gleich mal einen drauf. Für eine Zigarre ist es mir zu naß da draußen. Um zehn liege ich in meinem Kuschelbettchen.

 

Ingrid: Highway 18. Amerika wie aus dem Bilderbuch. Häuser, Gärten, Landschaft, einfach schön. Sonne gab es heute auch, ich liebe Amerika. Blue Ridge Parkway mit dem frischen jungen Grün, wieder mal perfekt. Urlaub im Wohnmobil ist wirklich angenehm! (Bis auf... Ihr wisst schon: Spülen.)

 

14) Sonntag, 22. April 2012
Salem, VA – Staunton, VA = 137 Meilen

Regenwetter. Trotzdem stehen wir um halbacht auf. Wie jetzt jeden Morgen überlege ich, ob wir unsere Route ändern sollen. Aber das Wetter ist überall gleich schlecht. Um einen Tag länger zu bleiben, dafür ist uns hier der Platz nicht schön genug und auch viel zu eng. Wir wollen Luft und Weite. Ich entscheide, daß wir erst mal auf dem Blue Ridge bleiben. Trost: In Deutschland ist es noch viel mieser, nur zwei bis sechs Grad, da haben wir es mit 15 Grad ja noch sehr gut.

Werte Leserinnen und Leser, liebe Freunde, heute habe ich wirklich nicht viel zu erzählen. Denn der Blue Ridge geniert sich schamhaft und hält sich bedeckt, d.h. er bietet uns heute nur dicken undurchsichtigen Nebel an. Aha, deshalb kommen uns auch nur eine Handvoll Autos in drei Stunden entgegen. Ein paar Fahrradfahrer und (nur) ein Motorrad-Pärchen mit kleinen Kameras auf den Helmen. Von hinten gar nichts. Es hätte mal wieder Atomkrieg sein können und es gibt nur noch ganz wenige Überlebende, so einsam kommen wir uns hier oben vor.

 

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Das Wetter ist heute so schlecht, daß wir nur vier Fotos machen, zwei vom Stellplatz heute Morgen und zwei vom Stellplatz heute Abend. Die Außentemperatur ist entsprechend: 44°F = 6°C. Und wärmer wird’s heute auch nicht. Aber das hindert uns nicht, trotzdem gute Laune zu haben. Nur, die angepriesenen „spektakulären Ausblicke“ bleiben uns so entzogen.

Wir kommen am niedrigsten Punkt des Blue Ridge vorbei: 649 Feet, etwa 200 Meter.

Wir sehen es irgendwann ein und biegen vom Blue Ridge ab und überlassen ihn seiner Einsamkeit; er will es ja nicht besser. Über Lexington, VA nehmen wir dann lieber einen gut ausgebauten Highway bis nach Staunton. Rechts neben uns sehen wir sehr gut die dunklen Blue Ridge Berge mit der dicken Nebeldecke darauf. Oder sind es Wolken? Ja, stimmt, also wir sehen die Berge, die obere Hälfte durchgängig in den Wolken.

Natürlich, ist ja klar, wir müssen unbedingt am Wal-Mart anhalten. Irgendetwas muß immer gekauft werden. Und wenn's etwas zum Anzuziehen ist. Obwohl Sonntag ist, ist er voll mit Kunden. Wenn sie und die Verkäuferinnen nur nicht alle so griesgrämig aus der Wäsche guckten. (Eigentlich ist es so: Hunde müssen an jedem Baum anhalten, wir an jedem Wal-Mart. Nur ganz, ganz selten ist es mir gelungen, mal ohne Abzubiegen dran vorbeizukommen. Wie Odysseus bei den Sirenen...) Zum Nachmittags-Kaffee gibt es besonders leckeres Rosinenbrot. (Statt viel zu süßem Kuchen!)

Als Ausgleich für das schlechte Wetter bekommen wir heute Abend einen wunderschönen Stellplatz, den gepflegtesten der gesamten Reise! (Das Attribut „schönsten“ möchte ich hier nach reiflicher Überlegung nicht vergeben, die waren alle am Atlantik. Und das Wetter spielt natürlich auch noch eine nicht unwichtige Rolle.)

Wir sind auf dem Staunton Walnut Hills KOA-Campground im romantischen Shenandoah Valley und stehen ganz oben am Hang, exklusiv auf dem einzigen hier oben vorhandenen Platz mit Aussicht auf den kleinen See und die anderen Camper auf den einfachen Plätzen! Für echt günstige knappe 45 Dollar! (Ich habe erfolgreich nach einem schönen Platz gefragt. Oft bekomme ich dann zur Antwort: „Unsere Plätze sind alle schön!“ Diesmal hat's aber wieder geklappt.) Vielleicht sollte ich meine Meinung über die KOA-Campgrounds überdenken...

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Und Ingrid bekommt ihr WiFi. Jetzt kann sie wieder endlos lange mit den Kindern quatschen. Wenn jetzt noch der Regen aufhörte und die Sonne schiene, könnten wir es schon gar nicht mehr aushalten vor Freude über unser Glück...

Je nachdem, wie morgen früh das Wetter ist, wollen wir noch einen Tag hierbleiben. Oder gemütlich weiterfahren. Wir haben noch zwei Tage für die 157 Meilen bis ans Ziel. Der Wetterbericht kündigt für Morgen das gleiche Wetter wie heute an.

Blue Ridge Parkway, Skyline Drive und George Washington Forest, sie sind alle von hier aus leicht und schnell zu erreichen. Übrigens Skyline Drive: Er ist die direkte Verlängerung des Blue Ridge Parkways. Wollte ich ursprünglich natürlich auch nochmal „machen“, geht aber wahrscheinlich nicht, wegen des schlechten Wetters und weil unsere Zeit (nur des Urlaubs!) abläuft.

Zum Abendessen gibt es butterzartes, saftiges, innen rosafarbenes, mit Speck umwickeltes, köstliches Rinderfilet mit den restlichen gebratenen Spaghetti von gestern und dazu Salat. Mit einem eiskalten Bier. Und, ja, natürlich, wie immer ein Magnum-Eis am Stiel. Schade, heute bedauere ich es ganz besonders: Regenfeste Zigarren sind noch nicht erfunden worden...

(Ich bitte um Nachsicht wegen meiner für Außenstehende bestimmt sehr lästigen Essensbeschreibungen, aber uns beiden sind sie halt wichtig.)

Für heute Nacht wird möglicher leichter Frost angekündigt. Man spricht hier schon von „Snowpril“ wegen des schlechten Wetters im April.

Und: Sebastian V. hat den GP in Bahrain für sich entschieden. Schumi wieder ganz hinten, diesmal nur auf Platz 10. Geschieht ihm recht, da bin ich voller Schadenfreude, warum konnte er auf seinem Zenit nicht aufhören. Man sollte es einfach wissen, wenn das eigene Verfallsdatum abgelaufen ist.

Ingrid: Nebel und Kälte gefallen mir nicht so sehr. Trotzdem, ich finde Regen super gemütlich – im Wohnwagen. In unserem Wohnwagen!

 

15) Montag, 23. April 2012
Staunton, VA = 0 Meilen  

Aufstehen um 7 Uhr. Wetter regnerisch, 41°F/5°C. Brrr! Außer dem einschläfernden Regen auf dem Dach war es endlich mal wieder absolut ruhig, kein Verkehrslärm, keine Autos, kein Zug, kein gar nichts. Erneut ist es an manchen Stellen etwas feucht im Wohnwagen. Es stört uns nicht sonderlich, dürfte aber auch nicht sein.

Ich bekomme im Internet keine aussagekräftige Info über das Wetter da oben und entscheide nun endgültig: Keine Fahrt auf dem Skyline Drive! Nur im undurchsichtigen Nebel rumfahren, das will ich uns nicht antun. Schade drum.

Offiziell heißt es zum Skyline:

Shenandoah Skyline Drive is a 105-mile-long, mountaintop road within Shenandoah National Park that winds along the rolling ridgetops of the Blue Ridge. It provides all visitors with sweeping vistas of the surrounding mountains and valleys.

„Shenandoah“ kommt aus der Indianersprache und heißt übersetzt "Tochter der Sterne". Der Skyline Drive ist eine 170 km lange Panoramastraße, die sich durch die Mitte des schmalen Nationalparks zieht.

Sternzeit der hiesigen Galaxis: Eins null fünf null. 10:50 Uhr. Wir beschließen endgültig, heute noch hier zu bleiben (nochmal 45 $) und es uns besonders gemütlich zu machen. Morgen fahren wir die zweihundertzwanzig Autobahn-Kilometer (zweieinhalb Stündchen) bis zum letzten Campingplatz auf einer Backe ab und sind dann mittwochs bequem in einer halben Stunde am Rückgabeort.

Es regnet unablässig; der Bach nebenan ist mächtig angeschwollen. Die Vögel haben längst ihr Gezwitscher eingestellt, die Eichhörnchen haben auch keine Lust auf ein nasses Fellkleid und bleiben lieber in ihren gemütlich warmen Höhlen, Menschen erstrecht nicht, die Bären haben auch keinen Bock und haben sich uns erst gar nicht gezeigt, nur den Enten macht der Regen Spaß, sie fühlen sich auch außerhalb des Wassers in ihrem Element, wackeln mit ihrem Bürzel und schnattern vor Freude miteinander. Kein Wunder, auf dem Land ist es fast genauso naß wie im Wasser. Mir fällt wieder mal auf: Es sind eigentlich immer zwei Enten, ein Pärchen, auf Lebenszeit. (Wie kann man nur Ente essen. Oder Kalb, oder, oder...)

Die Kamera bleibt heute in ihrem stromsparenden (sprich: ausgeschalteten) Zustand. Wo sind nur unsere Neoprenanzüge?! Ja gut, für einen von uns beiden müßten zwei aneinander genäht werden...

14:18 Uhr. Jetzt haben wir auch Wassereinbruch vorne auf dem Armaturenbrett! Es tropft aus dem Fernseher darüber! Wir schalten ihn vorerst lieber nicht mehr ein.

Beim Nachmittags-Kaffee sehe ich in die kostenlos ans Auto geworfene (und regenfest in einer Plastiktüte verpackte!) Tageszeitung, die „The News Leader“. Das Wetterradar für die gesamten USA zeigt, daß wir hier in einem Schlechtwetter-Dreieck sitzen, das von Atlanta bis nach Minneapolis und rüber bis nach Boston reicht. Überall sonst im Land ist es sonnig und warm oder sogar (im Süden) heiß. Einziger Trost: Morgen soll es etwas besser werden. Zumindest hat der Regen aufgehört.

18:50 Uhr. Der späte Nachmittag war regenfrei. Und jetzt kann man mit etwas gutem Willen ganz, ganz hinten, eine Auflockerung in der dunklen Wolkenwand erkennen. Ich bin sicher, morgen kehrt die Sonne zurück und erfreut uns wieder mit Licht und Wärme!

Und ganz zum Schluß, 20:10 Uhr, bekommen wir sogar noch ein ebenso wunderschönes wie trostspendendes Abendrot zum Abendbrot geschenkt.

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Zum Abendessen gibt es ganz zartes rosa Schweinefilet, wieder mit den wohlschmeckenden Kartöffelchen aus der Mikrowelle und Erbsenschoten. Ich bin begeistert und habe Angst vor der hundsgemeinen hinterhältigen Waage zu Hause, die mir bestimmt mit ihrem süffisanten Grinsen wieder viel zu hohe Zahlen anzeigen wird.

Frage: Warum kann man diese intelligenten Plastikbeutel mit Kartoffeln nicht zu Hause kaufen?? Die Kartoffeln werden ohne jegliches zusätzliches Wasser besonders schonend (in der eigenen Schale!) gegart und Strom und Zeit spart man auch noch! (Sie brauchen nur acht Minuten plus etwas Nachgarzeit.)

Aber wenn schon, dann kann man auch noch ein Eis dazutun...

Ingrid: Das war der richtige Tag zum Ausruhen. Mir hat's gefallen, jetzt kann die Rückreise beginnen, denn trotz allem habe ich ein bisschen Heimweh.

 

16) Dienstag, 24. April 2012
Staunton, VA – Haymarket, VA = 160 Meilen

Wir stehen um sieben auf. Oh, wie schön: Die Sonne ist wieder da und tut so, als wäre nie etwas gewesen! Der Himmel ist so blau wie er es nur sein kann; die Schlechtwetterfront hat sich spurlos verzogen. Als wäre sie nie da gewesen. Danuma singt passend zum Wetter „Summertime“.

Schade, heute ist unser letzter Tag! Sollen wir jetzt noch schnell über den Skyline Drive fahren? Nein, lieber nicht, ich muß vernünftig bleiben, Ingrid will heute Nachmittag unbedingt in Ruhe unsere Koffer packen. Ich bedauere es ein bißchen.

Die beiden Enten kommen erneut den Hügel zu uns raufgewatschelt und bitten um ihre gewohnte „Brotzeit“, die sie ob des beschwerlichen Weges natürlich auch erhalten.

 

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Einfach ein wunderschöner Frühlingsmorgen wie aus dem Bilderbuch. Unglaublich, wie klar die Luft heute ist. Eigentlich viel zu klar, um nicht über den Skyline zu fahren...

Ingrid habe ich schnell überredet und wir beeilen uns daraufhin etwas mit Frühstück und Aufräumen. Um halbzehn sind wir schon unterwegs. So früh waren wir, glaube ich, auf dieser Tour noch nie unterwegs.

Wir haben besonderes Glück, der Park feiert in diesem Jahr vom 21. bis 29. April „National Park Week“ und jeder darf kostenlos hinein. Fünfzehn Dollar gespart. Immerhin. Und, noch besser, es gibt zwar eine Unterführung auf der Strecke, aber rein rechnerisch passen wir schonmal ganz gut durch.

45 °F. Also kalt. Aber das stört doch einen Wohnmobilmann nicht! Lästig ist nur unser Navi. Es will sich nach langer anstandsloser Zusammenarbeit mal wieder partout nicht mehr einschalten lassen. Aber nach dem Dilemma vor ein paar Jahren in Arizona weiß ich ja, daß es mittels Reinstecken eines dünnen Drahtes in ein winziges Löchlein nur mal wieder gekitzelt (reaktiviert) werden möchte. (Man muß es halt nur wissen – und die versteckte kleine enge Öffnung fürs Reset auch finden...)

Nach ein paar wenigen Kilometern sind wir am Beginn des Skyline Drive am Stadtrand von Waynesboro. Rechts fängt der Blue Ridge an, links der Skyline. Schreck, die beiden Schranken sind zu!! Aber heute ist unser Glückstag, Arbeiter schieben die beiden Schranken gerade zur Seite, um den Skyline rechtzeitig für uns zu öffnen!

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10:10 Uhr. Am Kassenhäuschen geht alles OK, wir dürfen passieren. Ich staune, daß der Officer uns bei unserer Fahrzeugbreite überhaupt durchläßt. Und tatsächlich ohne die sonst übliche „Fee“ (Gebühr). Sofort geht es gemächlich bergauf. Man darf hier nur 35 mph fahren. Meistenteils besteht Überholverbot.

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Die Ausblicke nach links und rechts sind überwältigend. Keine Leitplanken stören die Augen. Wir sind schon wieder alleine, die nächsten Stunden sehen wir nur ganz wenige Pkw. Und nur eine Harley. Und die obligatorischen Radfahrer. Und zwei Rehe.

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Die höchste Stelle ist 3.680 Feet (ca. 1.200 Meter) hoch. Schon einige Zeit vorher sehen wir rechts und links Schnee. Gestern hat es kräftig geschneit, das war auch der Grund der gestrigen Sperrung. Schneepflüge und zwei Lkw mit Schnee begegnen uns nach getaner Arbeit. Unsere Straße ist längst frei. Natürlich werfen wir uns bei einem Stopp mal wieder ein paar Schneebälle zu, von „Schneeballschlacht“ kann man da im Zusammenhang mit einer Frau ja wohl kaum sprechen.

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Der Skyline Drive ist oft, nein, immer, eng und viel zu schmal und schreit ständig nach einhundert Prozent Aufmerksamkeit. (Genauso wie der Blue Ridge Parkway.) Unterführungen, die durchfahren werden müssen, und Tunnel noch mehr. (Aber eigentlich auch sonst, also auch auf „normalen“ Straßen, vor allem in Städten, auf den Parkplätzen, an den Tankstellen, an Straßenkreuzungen, auf den Campgrounds, einfach überall, von morgens bis abends, ununterbrochen muß man in solch einem Fahrzeug aufpassen und argusaugenmäßig auf der Hut sein!)

Nach zwei Drittel dann besorgte Blicke von Ingrid. Der einzige Tunnel auf dem Skyline Drive naht, Marys Rock Tunnel, 12,8 Feet hoch, wir haben also beruhigende 8 inches (20 Zentimeter) über uns. Leider ist er mal wieder gewölbt. Wo hat man eigentlich die 12‘8“ gemessen, in der Mitte oder mehr an den Außenrändern? Aber egal, nichts kratzt, nichts wird an unserem Dach abgerissen, wir kommen unbehelligt durch! Zum Leidwesen ein paar staunender, Ungemach erwartender, Zuschauer am Parkplatz.

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14:10 Uhr. Wir sind am Ende des Skyline Drive und verabschieden uns herzlich von ihm. Er hat uns viele wunderschöne Aussichten in die weite klare Landschaft geschenkt. Und Frau Sonne hat dazu nach Kräften gestrahlt.

Es folgt ein winzigkleiner Einkauf bei Big K in Front Royal, vor allem noch ein paar Klamotten. Und zwei Flaschen Wasser. Hundertzwei Dollar wechseln von einem Konto aufs andere.

Jetzt haben wir nur noch vierzig, fünfzig Autobahn-Kilometer bis zu unserem Campingplatz Greenville Farm Family Campground in Haymarket, VA.

15:45 Uhr. Wir sind an der Registration. Die 39 $ darf ich mit Kreditkarte bezahlen, kein WiFi, nur vier TV-Stationen im Kabel. Trotzdem, ein schöner und gepflegter Platz auf einer weitläufigen Farm, die bereits 1828 gegründet worden ist. Auch hier sind wir gerne.

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Inzwischen gibt es ein paar harmlose Wölkchen, aber immer noch Sonne. Und endlich gibt’s mal wieder eine Zigarre zum Bier. Danach hole ich unsere Koffer aus den Staufächern im Wagenboden und Ingrid fängt mit dem Packen an.

Unser Abendessen ist umfangreich, u.a. natürlich Garlic Bread, Steaks und rote Kartöffelchen mit Salat und abschließendem Eis.

 

Ingrid: Gut, daß mich Wilf noch überredet hat, den Skyline Drive zu fahren. Er und ich waren auf dieser Reise wieder ein perfektes Team, ich glaube, er wird seinen neuen Freund, den Wohnwagen, schon bald ein wenig vermissen. Es hat uns wie immer riesigen Spaß gemacht. Wilf fährt auch das größte Auto sicher durch die Gegend!! Ich freue mich schon jetzt auf Florida im nächsten Jahr!!!

 

17) Mittwoch, 25. April 2012
Rückgabe des Wohnmobils und Heimflug
Haymarket, VA – Sterling, VA = 31 Meilen

Heute wird es ernst. Um halbsieben stehen wir auf. Kein Wunder, die ersten frühen Frühmaschinen vom Ronald Reagan Airport starten laufend über uns hinweg.

Nach dem einfachen Frühstück quetschen wir die restlichen Sachen in die Koffer. Ein schwieriges Unterfangen. (Warum habe ich Blödmann auch nur einen Koffer mitgenommen? Wir dürfen doch jeder zwei mitnehmen.) Es ist eigentlich jedesmal das gleiche, die Koffer platzen fast. Rätsel: Warum werden Koffer während eines Urlaubs eigentlich immer enger?! Wer macht das??

Alles, was wir an Essenssachen übrig behalten haben, schenken wir den Campern nebenan, die noch schlafen. (Na, die werden Augen machen, wenn sie endlich ihre Tür aufmachen…)

Punkt neun wartet Thomas, der Juniorchef, wie gestern vereinbart, vorne am großen Gastank auf uns, um unseren kleinen aufzufüllen. Wir haben beide Abwassertanks gedumpt und, wie von der Verleihfirma angeordnet, beide Verschlüsse offengelassen. Denn: Restliches Abwasser, zu wenig Gas im Propangastank oder zu wenig Benzin im Tank bedeuten sofortige rigorose 250 Dollar Strafe. Jetzt denken wir gerne an Linda zurück, die bei diesen Regularien letztes Jahr im November auf unserer Neuengland-Reise wirklich sehr großzügig war. Wenn sie auch schlangenzüngig war.

Der Himmel ist und bleibt natürlich absolut wolkenlos, es werden Temperaturen bis 70°F erwartet. Ist ja klar, jetzt, wo wir heimmüssen. Schade, daß wir nicht einfach noch etwas verlängern können. So erst einmal um ein halbes Jahr wäre uns ganz recht.

Ein bißchen Landstraße und Autobahn, kein Problem, obwohl etwas zähflüssig wird es ja zum Schluß kurz vor der Stadt teilweise. Mindestens vier große Kreisverkehre auf ein, zwei Kilometer, hier hat mal wieder jemand kräftig gesponnen. Wo doch Amis mit den seltenen Kreiseln gar nicht gut zurechtkommen. Weil sie sie ja kaum kennen.

USA Reise 2012  

Es sind noch nicht mal fünfzig Kilometer (eine knappe Stunde) bis zur Verleihfirma in Sterling, wo wir rechtzeitig gegen 10:20 Uhr eintreffen. Kurz vorher tanken noch schnell nebenan bei Sam's Club auf, um die Ecke ist dann El Monte. Bill ist da, überprüft unser Auto sehr sorgfältig und wickelt dann die Rückgabe und den Papierkram ab. Die 25 $ Pfand fürs Handbuch und die 80 $ Anzahlung für Generatorstunden, (wir haben ihn nicht benutzt), bekomme ich zurück. Auch die unterwegs ausgelegten knapp fünfundzwanzig Dollar für die Dachluke.

Offiziell muß das Fahrzeug bis elf Uhr zurückgegeben und ausgeräumt sein! Jegliche Verspätung wird teuer bestraft! Aber Bill empfängt uns recht freundlich und wohlgesonnen. Alles ist viel freundlicher, als ich es die ganze Zeit über erwartet (und befürchtet) hatte.

Optimal: Für den kleinen Schaden muß ich nur das kleine rote seitliche Rücklicht bezahlen, kulante zwanzig Dollar. Bill hat genug davon im Regal, weil die ständig zerstört werden. Er kennt das schon, es kommt öfters vor. Die paar Kratzer am Blechkleid der Kunststoffkarosserie bleiben unberücksichtigt. Die Rückgabe läuft korrekt ab, diesmal kann ich mich über nichts bei El Monte beschweren. In der Beziehung war Linda damals doch deutlich geldgieriger.

Bill übernimmt sogar die Endreinigung. Ich atme wieder auf. Alles gutgegangen. Man weiß ja nie. Wir verabschieden uns freundschaftlich und ich wünsche ihm viel Glück.

Für den, der sich dafür interessiert, hier noch die Verbrauchsdaten unserer Reise:

Benzinverbrauch:    858,73 $,          225,197 Gal,        1.826 miles

umgerechnet          686,98 EUR,      852,37 Liter,      2.938 km

Propangas für Heizung, Herd, Kühl- und Eisschrank:   96 $

Wir haben diesmal doch reichliche 29 Liter auf hundert Kilometer verbraucht. (Das soll aber erst einmal jemand unterbieten! Bei den vielen Bergen auf dem letzten Drittel.) Immerhin haben wir auch fast jeden Tag getankt. Die Kiste war mit ihren neuneinhalb Tonnen im Übrigen auch reichlich schwer. Und zehn durstige Zylinder wollen schließlich ständig üppig gefüttert werden…

Eine wunderschöne geruhsame und erholsame Reise. Ich bin sicher, der liebe Gott würde sich für seinen Urlaub auch ein Class A-Wohnmobil mieten, allerdings von einer anderen Vermieterfirma.

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Danach fahren wir mit einem Taxi zum Dulles International Airport. Wir sitzen in einem fast neuen Kia-Van. Der Fahrer stammt aus dem Iran und weiß erstaunlicherweise alles über Bayern München und das heutige CL-Spiel in zwei, drei Stunden gegen Madrid. (Ergebnis: 3:1 nach „dramatischem“ Elfmeterschießen.) 27 Dollar plus 13 Dollar Tipp, Ingrid ist schon wieder viel zu großzügig.

Das Aufgeben der Koffer und das Einchecken am Boarding-Computer ist einfach. Der Security-Check erfolgt ohne jeglichen Stau am Band, einfach und doch umständlich. Angeblich ist der große Apparat, in dem sich jeder drehen muß, „nur“ ein Röntgengerät, ich glaube aber eher, es ist einer dieser gefürchteten Nacktscanner. Egal, beide Gerätearten sind schrecklich und wegen der Strahlen bestimmt gesundheitsschädlich. Danach haben wir frei, es ist noch nicht mal zwölf Uhr mittags.

Vom Hauptterminal werden wir wieder mit einem dieser merkwürdig aussehenden Transporter über das gesamte Flughafengelände zum United-Terminal gebracht. Was sehen meine Augen?! Eine leibhaftige Boeing 747 mit aufgesetztem Space-Shuttle steht am Rande des Rollfelds!! Wahnsinn!! Und ich habe die Kamera mal wieder nicht schußbereit! Nachdem ich Ingrid abgesetzt habe, fahre ich nochmal zurück. Ich versuche es einfach mal und frage die Fahrerin, ob sie für mich nicht einen winzigkleinen Schlenker machen kann. Und tatsächlich, sie tut es! Keiner der anderen Leute meckert. Was hat Obama damals versprochen?: We can do...

USA Reise 2012

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Sie hält sogar extra für mich kurz an, nur, damit ich ein paar Bilder schießen kann. Super! Leider habe ich meine Brille nicht einstecken und kann deshalb nicht scharf genug zoomen. Es ist wirklich eine einmalige Gelegenheit, das Space-Shuttle auf dem Jumbo leibhaftig mit eigenen Augen zu sehen. Ich bin sehr begeistert. Einfach sensationell! Wenn keins der Fotos etwas wird, hänge ich mich endgültig auf.

www.golem.de dazu am 27.04.2012, Autor ist Werner Pluto:

Spaceshuttle Enterprise ist in New York angekommen

Zweimal musste der Transfer des Spaceshuttles von Washington nach New York verschoben werden. Am heutigen Freitag spielte das Wetter mit, und die Enterprise konnte huckepack nach New York fliegen.

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Die Raumfähre Enterprise ist auf dem Weg von der US-Hauptstadt Washington nach New York. Der Transfer des Spaceshuttles zu seinem neuen Ausstellungsort war wegen schlechten Wetters auf den heutigen Freitag verschoben worden.

Gegen 15:45 Uhr Ortszeit habe das Shuttle Carrier Aircraft (SCA) vom Dulles International Airport abgehoben, twitterte die US-Weltraumbehörde Nasa. Knapp zwei Stunden wird der Flug zum New Yorker John F. Kennedy Airport dauern. Vor der Landung wird das SCA mit seiner Ladung noch eine Ehrenrunde über der Stadt drehen. Diese wird unter anderem über die Freiheitsstatue und den Museumsflugzeugträger USS Intrepid gehen.

Der auf dem Hudson River vor Anker liegende Flugzeugträger wird die künftige Heimat der Enterprise. Sie musste ihren Platz im Smithsonian National Air and Space Museum in Chantilly nahe Washington räumen: Dort wird künftig das Shuttle Discovery ausgestellt. Das war in der vergangenen Woche von Cape Canaveral im US-Bundesstaat Florida nach Washington gebracht worden.

Den Transport übernimmt das SCA, eine speziell ausgerüstete Boeing 747. Auf deren Rumpf sind Halterungen angebracht, an denen das Shuttle befestigt wird. Mit Hilfe einer Kranbrücke wird die Raumfähre auf den Transporter gehoben.

Das SCA hatte früher die Spaceshuttles vom Landeplatz, etwa der Luftwaffenbasis Edwards in Kalifornien, zum Startplatz in Florida überführt oder sie zu anderen Orten gebracht, für die ein Transport auf dem Boden nicht infrage kam. Am Anfang des Shuttle-Programms hat die Boeing den Prototyp zu Probeflügen in die Luft gebracht.

Ursprünglich war die Überführung der Enterprise für Montag geplant gewesen. Wegen des schlechten Wetters war der Flug zuerst auf Mittwoch, dann auf den heutigen Freitag verschoben worden.

In New York wird die Enterprise vom SCA heruntergehoben und auf eine Schwimmplattform verfrachtet. Diese wird dann von Schleppern auf den Hudson zur USS Intrepid gebracht. Ein Kran wird sie dann auf das Deck des Flugzeugträgers hieven. Ab Sommer wird sie dann Teil der Ausstellung.

Nachtrag 27. April 2012, 17:30 Uhr:

Nach ihrer Ehrenrunde über New York ist die Boeing 747 mit dem Spaceshuttle Enterprise um 11:24 Uhr Ortszeit in New York gelandet.

Langer Rede, kurzer Sinn: Die Enterprise „flog“ nach New York und wurde also gegen die Discovery (bleibt jetzt in Washington) ausgetauscht.

Wir verbringen die Wartezeit gemütlich und nicht unkomfortabel in der anfangs noch angenehm leeren (und ruhigen) United-Lounge. (BTW: Bei Lufthansa wird dem Fluggast essensmäßig doch deutlich mehr geboten. Hier gibt es nämlich nur armselige Kekse, Käse und Obst. Muß ich auch da reumütig Abbitte leisten?) Wir haben jedenfalls genug Wartezeit zum Relaxen.

USA Reise 2012  USA Reise 2012

Ich werde etwas depressiv, denn normalerweise wäre es jetzt gerade die Zeit, um unseren nächsten Campground für heute Abend herauszusuchen. Eigentlich schade, immer, wenn wir uns gerade perfekt eingespielt haben und jeder genau weiß, was er wann zu tun hat, die morgendlichen und abendlichen Prozeduren flutschen uns wie jahrelang geübt und elegant und lässig von der Hand, müssen wir wieder aufhören und nach Hause fahren...

Zwischendurch besuchen wir noch ein (mieses) Restaurant und bekommen hier den schlechtesten und geschmacklosesten Burger aller Zeiten.

USA Reise 2012  

Während ich noch dort verweile und dann gemütlich zur Lounge zurückkehre, holt sich Ingrid einen Kaffee im Starbucks. (Ich nicht. Ich hasse diese Läden abgrundtief. Lieber verdurste ich!) Dann wandert sie den gefühlten Kilometer zur Raucherlounge im Glaskasten am entgegengesetzten äußersten Ende des Concourse.

Vorhin war es angenehm leer im Flughafengebäude, aber inzwischen ist es rammelvoll geworden. Ingrid berichtet später, daß die Leute zum Schluß im Glaskasten der Raucher-Lounge sogar stehen mußten.

Logisch: Draußen ist es immer noch sonnig und schön. Wir fahren ja auch heim. Auf einem Monitor sehe ich, daß es heute in den USA überall so schön wie hier ist, nur ganz oben im Westen, in der Seattle-Area, gibt es Regen.

Unser Fluggerät, eine Boeing B767-300, ist diesmal neuwertig und wir fühlen uns beide hier drin erheblich besser aufgehoben, als auf dem Herweg in der blöden altersschwachen B767-200. Alles ist hier deutlich moderner und großzügiger. Hier werden wir auch mal wieder mit unseren Namen angesprochen.

Boeing 767 – Wikipedia

Hinten sitzen die Leute 2-3-2, die haben’s also auch wesentlich besser als die Leute auf dem Hinflug. Ich habe diesmal selbst auch mehr Glück und darf für meine Sammlung ein paar Fotos vom Cockpit schießen.

USA Reise 2012  
Wir rollen fast pünktlich los, stehen dann aber „wegen technischer Probleme“ noch eine dreiviertel Stunde auf dem Rollfeld draußen herum, bis wir endlich wirklich starten. Sechstausendsechshundert Kilometer liegen vor uns.

Nach dem Abendessen fahren wir unsere Sitze in die waagerechte Stellung und verschlafen den Flug komplett. Niemand quasselt in unserer Nähe wie beim letzten Heimflug aus den USA.

Wegen der Verspätung landen wir in Frankfurt leider ein paar Minuten zu spät und müssen in der LH-Lounge bis 13 Uhr auf die nächste Maschine nach Düsseldorf warten. Als Ausgleich bekomme ich noch ein paar Cockpitfotos unserer Maschine wohlwollend vom netten Käpt‘n genehmigt. (Man beachte die total unterschiedlichen Cockpits, Farbe, Instrumente usw.)

USA Reise 2012  

Fazit: Mission erfüllt! Wir haben genug Spaß gehabt! Viel Spaß.

 

Ingrid: Bei schönem Wetter fällt der Abschied noch viel schwerer. Eine perfekte Reise. Würde ich jederzeit noch einmal machen!

 

Und hier zum Schluß der Original-Text des Liedes „Country Roads“:

 

Almost heaven, West Virginia
Blue Ridge Mountains, Shenandoah River
Life is old there, older than the trees
Younger than the mountains, growin' like a breeze

Chorus:
Country roads, take me home
To the place I belong
West Virginia, Mountain Mama
Take me home, country roads

All my mem’ries, gather ’round her
Miner’s lady, stranger to blue water
Dark and dusty, painted on the sky
Misty taste of moonshine, teardrop in my eye

Chorus

I hear her voice, in the mornin’ hour she calls me
The radio reminds me of my home far away
And drivin' down the road I get a feeling
That I should have been home yesterday, yesterday

Chorus 2x

© 2012 Wilfried R. Virmond - Nachdruck, auch auszugsweise, grundsätzlich nur mit Genehmigung des Autors. Dies gilt ganz besonders auch für sämtliche Fotos.

 

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